Archiv für Januar, 2012

Mitbestimmung hilft der der Projektplanung

Dienstag, 31. Januar 2012 - 00:51

http://www.fr-online.de/wirtschaft/psychische-belastung-regeln-gegen-den-stress,1472780,11507006.html

… Schwammiger sind die Vorschläge für Angestellte: Beschäftigte würden oft von einem Projekt ins nächste gejagt, meint Urban. Künftig sollten Betriebsräte und Angestellte bei Projektlaufzeiten mitreden dürfen. Auch die Zahl der parallel laufenden Projekte solle begrenzt werden. …

Das Mitreden geht jetzt schon. Es ist schon längst Pflicht. Hier kennen viele Betriebsräte und Personalräte ihre Pflichten noch nicht gut genug.

Es ist ja auch im technischen Arbeitsschutz so, dass bei Änderungen beispielsweise in der Produktion beurteilt werden muss, ob es neue Gefahrenstoffe und Gefährdungen gibt. Da kann man nicht bis zu irgendeinem jährlich stattfindenden Beurteilungsritual warten. Genau so ist das bei der Projekt und Prozessplanung. Auch hier hat die Arbeitgeberin gar keine Wahl: Sie muss beurteilen, ob von Projekten und Prozessen Fehlbelastungen auf die Mitarbeiter wirken können, und zwar bevor diese Wirkung auftritt. Wie diese Beurteilung stattfindet, wird von der Arbeitnehmervertretung mitbestimmt. Dabei geht es nicht nur um “Projektlaufzeiten”, sondern um die gesamte Projektplanung. Das hilft den Projekten auch geschäftlich.

Bei mir ist die Mitbestimmung bei Projekten und Prozessen schon länger ein Thema. Die Nutzung eines vorhandenen Risikomanagements spart außerdem Kosten im Arbeitsschutz. Wo es aber kein Risikomanagement gab, sondern Mogeln, Frickelei und Durchwursteln, kann nun der Arbeitschutz helfen, dass Projekte und Prozesse in Zukunft professioneller geplant werden. Dazu werden innovative und kreative Arbeitnehmervertretungen gebraucht.

Bahn-Chefs kassieren, wenn Mitarbeiter zufrieden sind

Samstag, 28. Januar 2012 - 21:05

http://www.welt.de/wirtschaft/article13835797/Bahn-Chefs-kassieren-wenn-Kunden-zufrieden-sind.html:

Neues Vergütungssystem
Autor: Nikolaus Dol
Bahn-Chefs kassieren, wenn Kunden zufrieden sind

Gute Note, gutes Gehalt: Ein Drittel der Bezüge der Bahn-Vorstände soll künftig von der Bewertung durch Kunden und Mitarbeiter abhängen.

Die Fahrgäste und die Beschäftigten der Deutschen Bahn (DB) AG bestimmen künftig darüber mit, wie viel die Vorstände des Konzerns jährlich verdienen. “Wir haben zum ersten Mal die Zufriedenheit der Kunden und der Mitarbeiter in den Vergütungssystemen unseres Unternehmens verankert”, sagte Vorstandschef Rüdiger Grube in Berlin.

Der Bahn-Chef ist mit seinem Vorstoß zwar kein Vorreiter, denn in Deutschland gibt es bereits eine ganze Reihe von Unternehmen, die die Einschätzung von Kunden oder Beschäftigten für die Festlegung der Vorstandsvergütung heranziehen.

Nikolaus Doll hat’s nicht so richtig verstanden: Ein bisschen ist die Bahn hier schon Vorreiter, denn nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern auch die Mitarbeiterzufriedenheit wird gemessen. Um das würdigen zu können, müsste der Berichterstatter natürlich auch die Mitarbeiterzufriedenheit auf dem Radar haben.

 
Aufmerksam geworden bin ich auf diese Meldung aber nicht in der WELT, sondern in der Süddeutschen Zeitung (2012-01-28, S. 3).

Der Chef sei gut – oder schlecht bezahlt.
Die Bahn will das Gehalt ihrer Vorstände davon abhängig machen, wie sie ihre Mitarbeiter bezahlen.
Von Daniela Kuhr

Die Bahn muss nun zeigen, das die neue Vereinbarung nicht nur gut klingt, sondern auch gut ist: Sie muss die Befragung so gestalten, dass daraus ein realistisches Bild entsteht.

Daniela Kuhr hat’s verstanden.

 
Anmerkungen:

 
Interessant auch dieser Artikel (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2011-06-03, Nr. 12)
http://fazjob.net/ratgeber_und_service/beruf_und_chance/fuehrungskraefte/?em_cnt=119366:

Psychische Belastungen im Berufsalltag meistern

Von Hanka Knoche

Die BAHN-BKK scheint hier ein Gleichgewicht zwischen Verhältnis- und Verhaltensprävention gefunden zu haben.

Fürsorge mit Geschmäckle

Samstag, 28. Januar 2012 - 15:39

http://static.dgfp.de/assets/publikationen/2011/Umgang-mit-psychischer-Beanspruchung-Leitfaden.pdf

Mit psychisch beanspruchten Mitarbeitern umgehen –
ein Leitfaden für Führungskräfte und Personalmanager

PraxisPapier 6 / 2011
DGFP e.V. (Hg.)

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. • Düsseldorf • ISSN 1613-2785

Siehe auch: http://blog.psybel.de/leitfaden-zum-umgang-mit-psychisch-beanspruchten-mitarbeitern/

Das ist ein hilfreiches Papier der DGFP zur Verhaltensprävention (oder für den Fall, das es für Prävention schon zu spät ist).

Genau genommen geht es dabei um alle Mitarbeiter, weil psychische Beanspruchung ein Kennzeichen fast jeder Arbeit ist, genauso wie psychische Belastung. Was wir nicht wollen, ist pychische Fehlbeanspruchung und psychische Fehlbelastung.

Mut ihrem Leitfaden erweckt die DGFP den Eindruck, sie wolle sich fürsorglich und verantwortungsvoll um Arbeitnbehmer kümmern.

Die von der DGFP empfohlene Fürsorge hat ein Geschmäckle: Die Zuwendung zum einzelnen beanspruchten Mitarbeiter verdeckt, dass die meisten Arbeitgeber parallel zur oft überwiegend verhaltenspräventionsorientierten Betrieblichen Gesundheitsförderung ihre im Arbeitsschutz gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten bei der Verhältnisprävention vernachlässigen. Der Focus ist nicht auv auffälligen Arbeitsplätzen, sondern auf auffälligen Mitarbeitern. Das erinnert mich dann doch schon an chinesische Verhältnisse: “Auffällige” Menschen landen da ein bisschen zu schnell in der Psychiatrie. Die Partei darf nicht in Frage gestellt werden. In China würde man das vielleicht “Fürsorge – in chinesischer Färbung” nennen.

Das ist keine Polemik: Es ist auch in Deutschland möglich, dass Unternehmen wider besseren Wissens in ihren Gefährdungsbeurteilungen den Eindruck erwecken, dass sie psychische Belastungen beurteilen, obwohl ihnen klar ist, dass sie psychische Belastungen noch nicht in den Arbeitsschutz einbezogen haben. Anstelle von Minderleistungen im Arbeitsschutz identifizieren sie dagegen gerne (ohne eine mitbestimmte Beurteilung der Arbeitsbedingungen) unter ihren Mitarbeitern “Minderleister”. Wenn diese Mitarbeiter nicht “belastbar” sind, trennen sie sich eher von diesen Arbeitnehmern anstatt ihre Pflichten im Arbeitsschutz zu erfüllen.

Das ist möglich, weil die Gewerbeaufsicht zu schwach ist. Mit einer funktionierenden Gewerbeaufsicht, die sich nicht mit auf Vorzeigbarkeit hin optimierten Maßnahmen des Gesundheitsmanagements abspeisen lässt, könnte das heute nicht mehr passieren. Aber die Aufsicht wird (oder wurde bisher) ausgebremst. Schutzgesetze zu schreiben, aber ihre Ausführung auszubremsen, auch das ist eine Methode der kosmetischen 中国特色的Gesetzgebung. (“Auffällig” ist dann der, der Schutzvorschriften ernst nimmt. Diese Einstellung gibt es allerdings auch wieder in Deutschland.)

Braucht die Gewerbeaufsicht erst Beweise, um nach Beweisen zu sehen? Auditoren und Aufsichtspersonen machen ja nicht einmal von der einfachen Möglichkeit Gebrauch, prinzipiell in Unternehmen mit Bildschirmarbeit die Einhaltung der Bildschirmarbeitsverordnung zu überprüfen und die (manchmal nicht mehr versehentliche) Vorlage unrichtiger Arbeitsschutzdokumente zu ahnden.

Wenn sich ein korrumpierter Arbeitsschutz mit einer auf Vorzeigbarkeit getrimmten Betrieblichen Gesundheitsförderung trifft, dann kann sich Fürsorge schnell in Mobbing verwandeln.

Arbeitsschutztraining von leitenden Angestellten

Freitag, 27. Januar 2012 - 21:05

Ein Arbeitsschutztraining von leitenden Angestellten ist eine wichtige und gute Sache. Drei Dinge sind hierbei jedoch zu beachten:

  1. Mitbestimmung: Wenn ein Training zum Thema der Vermeidung psychischer Fehlbelastung gegenüber Aufsichtspersonen, Auditoren, Bewerbern, der Firmenleitung, den Mitarbeitern, der Öffentlichkeit usw. als Maßnahme des Arbeitsschutzes ausgewiesen werden soll, dann hat der Betriebsrat auch dann mitzubestimmen, wenn an einer solchen Unterweisung nur leitende Angestellte teilnehmen. Die Mitbestimmung betrifft auch die Gestaltung der Unterweisung. Damit die Arbeitnehmervertretung nicht behindert wird, hat sie mitzubestimmen bevor das Training als Arbeitsschutzmaßnahme geltend gemacht wird.
        Eine “Einbindung” von Arbeitnehmervertretern in Entscheidungen über das Training reicht dazu nicht aus, denn bei einer solchen Einbindung könnte es sich ja nur um die Wahrnehmung des umfassenden Informationsrechtes der Arbeitnehmervertretung handeln. Nachgewiesen werden muss eine tatsächliche Mitbestimmung.
        Eine Arbeitgeberin kann die Mitbestimmung nicht deswegen verweigern, weil die Trainees leitende Angestellte sind, sondern die Mitbestimmungspflicht wird dadurch begründet, dass die Arbeitnehmervertretung sicherzustellen hat, dass Arbeitschutzmaßnahmen tatsächlich dem gesetzlich vorgeschriebenen Schutz der von ihr vertretenen Mitarbeiter dienen.
        Beispiele: (a) Ein Training, in dem leitende Angestellte überwiegend zur ihrer eigenen rechtlichen Absicherung lernen, ihre mit dem Arbeitsschutz verbundenen Haftungsrisiken zu minimieren, ist nicht notwendigerweise eine Arbeitsschutzmaßnahme. (b) Als Arbeitsschutzmaßnahme ungeeigntet sind auch Trainings, in denen die im Arbeitsschutz nachrangige Verhaltensprävention (dem “eigenverantwortlichen” Verhalten individueller Mitarbeiter geltende Maßnahmen) Vorrang vor der im Arbeitsschutz vorrangigen Verhältnisprävention (den Arbeitsbedingungen geltende Maßnahmen) hat. (c) Eine Schulung leitender Angestellter, die ihnen helfen soll, Arbeitgeberpositionen zum Thema der psychischen Belastungen zu vertreten, ist keine Maßnahme im Sinn des Arbeitsschutzgesetzes und nicht mitbestimmt.
        Es gibt viele Themen für ein Training leitender Angestellter, die arbeitsschutzbezogen sein können, aber bei denen das Wohl der Mitarbeiter nicht Priorität hat. Darum können solche Trainings nicht automatisch als Arbeitsschutzmaßnahme oder speziell als eine Unterweisung gelten, die den Forderungen des Arbeitsschutzgesetzes entspricht.
  2. Gefährdungsbeurteilung: Vor einer Unterweisung hat eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt zu werden, damit der Unterweisung die konkrete Belastungssituation im Betrieb zugrunde liegt. Grundlage dieser Bedingung ist ein Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes im Jahr 2011. Erwirkt wurde dieser Beschluss von einer Arbeitgeberin, die (so meine persönliche Vermutung) verhindern wollte, dass eine von den Arbeitnehmervertretern geforderte Unterweisung zur gewerkschaftlichen Indoktrination (aus Sicht der Arbeitgeberin) missbraucht wird.
        Die Gefährdungsbeurteilung als Voraussetzung einer als Arbeitsschutzmaßnahme ausweisbaren Unterweisung ist (keine Vermutung, sondern Vorschrift) mitbestimmungspflichtig.
        Die Arbeitnehmervertretung kann nach pflichtgemäßer und fachgerechter Prüfung jedoch feststellen, dass ein konkretes Training von leitenden Angestellten den konkreten Arbeitsschutzanforderungen im Betrieb dient. Dann entspräche die Unterweisung der leitenden Angestellten auch ohne Vorliegen einer Gefährdungsbeurteilung den vom Bundesarbeitsgericht vorgegebenen Anforderungen für eine aus dem betrieblichen Belastungsszenario ableitbare Arbeitschutzmaßnahme.
  3. Dokumentation: Wenn das Training leitender Angestellter als Arbeitsschutzmaßnahme gelten soll, dann ist das gesamte Unterweisungsmaterial Bestandteil der im Arbeitsschutzgesetz geforderten Dokumentation, die der Arbeitnehmervertretung und anderen zur Einsicht Berechtigten vollständig zur Verfügung zu stellen ist.

Gestaltung von Betriebsvereinbarungen zur Gefährdungsbeurteilung

Freitag, 27. Januar 2012 - 20:57

Bei der Gestaltung von Betriebsvereinbarungen zur Gefährdungsbeurteilung gibt es einen großen Spielraum. Nicht ohne Grund ist das Arbeitsschutzgesetz nur ein Rahmengesetz, das betriebsnahe Lösungen ermöglicht. Es macht keinen Sinn, sich gegen betriebsfremde Gängelei zu wehren, dann aber bei der Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes nur auf bereits bekannte Lösungen zu vertrauen. (In vorgegebene Lösung flüchten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch, wenn sie sich gegenseitig nicht vertrauen.) Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer hier nicht kreativ sind, dann werden ihnen irgenwann einmal doch wieder fremdbestimmte Vorschriften übergestülpt, über die sie dann jammern, obwohl sie sich das selbst eingebrockt haben.

Einige Punkte, auf die Arbeitnehmervertretungen achten sollten:

Gleichartige Arbeitsbedingungen: Es ist organisatorisch und ökonomisch sinnvoll, für gleichartige Arbeitsbedingungen eine gemeinsame Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Achten Sie jedoch bei der Gestaltung der Betriebsvereinbarungen zur Gefährdungsbeurteilung darauf, dass auf spezielle Gefährdungen einzelner Arbeitsplätze oder Untergruppen von Arbeitsplätzen fallweise auch mit speziellen Gefährdungsbeurteilungen reagiert werden kann.

Gefährdungsbeurteilungen von Prozessen: Berauben Sie sich in einer BV zur Gefährdungsbeurteilung nicht der Möglichkeit, zusätzlich zu den Gefährdungsbeurteilungen, die Arbeitsplatzgruppen zugeordnet sind, auch Prozesse zu beurteilen. Mir sind hier noch keine Beispiele bekannt, aber eigentlich ist das eine logisch nachvollziebare Lösung, mit der die Nachteile der Zusammenfassung von Arbeitzplätzen kompensiert werden kann.

Gefährdungsbeurteilungen von Projekten: Gute Beispiele für die Gefährdungsbeurteilung von Projekten sind mir auch nicht bekannt. Aber auch eine solche Gefährdungsbeurteilung kann, kostengünstig aufbauend auf dem ohnehin notwendigen Risikomanagement von Prozessen, die Nachteile eines konventionellen Ansatzes der Zusammenfassung von Arbeitzplätzen kompensieren.

BV-Gestaltung als Projekt der Arbeitnehmervertretung: So eine Betriebsvereinbarung entsteht nicht von selbst. Das ist viel Arbeit auf oft ziemlich unbekanntem Terrain, und zwar zusätzlich zur täglichen Arbeit der Arbeitnehmervertretung. Planen Sie diese Arbeit und nehmen sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Lassen Sie sich die Planung durch einen Beschluss im Betriebs- oder Personalrat absegnen. Die Planung ist besonders bei teilfreigestellten Arbeitnehmervertretern sehr wichtig.

(Dieser Artikel ist vielleicht noch nicht ganz abgeschlossen.)

Ambitionierte Smartology

Donnerstag, 26. Januar 2012 - 21:05

In der deutschen Wikipedia steht unter “SMART (Projektmanagement)“: Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch, Terminierbar (klare Terminvorgabe). Das klingt nach jener anständigen und soliden Projekplanung, die es vor dem Zeitalter des Voodoo-Managements wohl einmal gegeben haben soll.

S.M.A.R.T. stand vor vielen Jahren nämlich für Specific, Measurable, Attainable, Realistic, Tangible. Ausgedacht haben soll sich das unter Anderen Paul J. Meyer (1965, Quelle: John Haggai, Lead On!, 1986). Das war der Erfinder des Goal Setting. Die erste dokumentierte Verwendung soll bei George T. Doran in There’s a S.M.A.R.T. way to write management’s goals and objectives zu finden gewesen sein (Management Review 70/11, 2008-10-15, S. 35-36.) Es gibt aber auch ein paar andere Namen. Was soll’s.
(Mehr zur Geschichte von S.M.A.R.T.: http://rapidbi.com/management/history-of-smart-objectives/)

Es ist aber doch interessant, wie über die Geschichte des Akronyms diskutiert wird. Es wird um seinen “wahren” Ursprung gerungen, also um seine augenblicklich benötigte Auslegung. Gerne wird auch an den Glaubenslehren herumgedichtet, gerade so wie man’s braucht. Darum werden heute den einzelnen Buchstaben in den Akronymen auch andere Begriffe zugeordnet.

Nehmen wir mal das “A”, um zu zeigen, worum es geht. In er englischsprachigen Wikipedia wird das Akronym seit 2004-03-27 aufgelistet. Das “A” stand damals nur für “Achievable“. Mit Datum 2008-11-06 zog dann kommentarlos zu “Appropriate, Achievable, Attainable, Assignable , Actionable, Action-oriented” der Begriff “Ambitious (yet Achievable)” aus dem Wiktionary in den Wikipedia-Artikel ein, wobei “(yet Achieavable)” allerdings dem Umzugschwund zum Opfer fiel. Dass die Erreichbarkeit der Projektziele nun eher schnurz ist, könnte man dann immerhin in der vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung dokumentieren, wenn die Vorschriften irgendwann einmal nicht mehr schnurz sind.

Die Managementlehren werden derweil immer alberner.

Zeitbombe Arbeitsstress

Donnerstag, 26. Januar 2012 - 12:20

Zeitbombe Arbeitsstresshttp://www.gute-arbeit-praxis.de/gute-arbeit-praxis/index.php

Herausgeber:
Lothar Schröder / Hans-Jürgen Urban

Gute Arbeit – Ausgabe 2012
Zeitbombe Arbeitsstress
Bund-Verlag, 496 Seiten, gebunden, 39,90 EUR
ISBN: 978-3-7663-6107-3

 
http://netkey40.igmetall.de/homepages/igm-service/

Sonderausgabe nur für Mitglieder der IG Metall:
€ 6,40 zzgl. € 3,95 Versandkosten
Bestellung
(Login im Extranet erforderlich)

Staatlich behinderte Gewerbeaufsicht

Donnerstag, 26. Januar 2012 - 07:53

http://www.igmetall.de/cps/rde/xbcr/SID-577D2ED4-F01794B3/internet/Tipp43_V6_Finale_Screen_0180513.pdf

Gegenwärtig entscheidet jedes Bundesland nach Kassenlage und eigenem Gutdünken, wie viel Personal es für die Gewerbeaufsicht einsetzt. Ich dachte früher, dass eine Steuerprüfung das seltenste Ereignis ist, das einem Betrieb passieren kann. Aber der staatliche Arbeitsschutz schlägt das noch um Längen!

Das meinte Hans-Jürgen Urban (IG-Metall) zur Gewerbeaufsicht. Nun fordert er strengere Durchführungsverordnungen. Ich sehe das kritisch, aber vielleicht hat er leider doch recht.

Während Ursula von der Leyen (CDU) beklagt, dass die Unternehmen den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz schleifen lassen und Christine Haderthauer (CSU) sogar nach Burnout-Detektiven ruft, versucht Edmund Stoiber (CSU) den Arbeitsschutz noch zusätzlich zu schwächen. Edmund Stoiber arbeitet auf europäischer Ebene daran, ein Instrument zu blockieren, mit dem sich Pflichtverletzungen der Arbeitgeber sehr konkret prüfen lassen. Die Bildschirmarbeitsverordnung ist Edmund Stoiber ein Dorn im Auge. In Betrieben mit Bildschirmarbeit kann man pflichtverletzenden Arbeitgebern mit den Kriterien der Bildschirmarbeitsverordnung sehr leicht ihre Vergehen nachweisen. Es geht da längst nicht mehr nur um Pixelauflösungen, Bildschirmflimmern und technische Parameter. Sondern es geht um die Benutzerfreundlichkeit von Software und die Belastung von Menschen durch Interaktion mit Benutzerschnittstellen. Wenn Arbeitgeber trotz Forderung beispielsweise des Betriebsrates keine Beurteilung der psychischen Belastung durch die Benutzerschnittstellen durchführen, kann auch gezeigt werden, dass sie eine Vorschrift des Arbeitsschutzes vorsätzlich missachten.

Auffallend ist auch die Zurückhaltung der Krankenkassen mit Kritik an der offensichtlichen Missachtung der Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz bei einer Mehrheit der Unternehmen. Das Bundesarbeitsministerium stellte fest: Die psychische Belastung ist unabdinbarer Bestanddteil des Arbeitsschutzes. Die Pflichten der Arbeitgeber sind klar, aber die Kassen trauen sich nicht, die Versäumnisse der Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten als Rechtsbruch zu kritisiern.

Jetzt wird über eine Verpflichtung der gesetzlichen Kassen diskutiert, ihren Versicherten bei ärztlichen Fehlern zu helfen. Die Kassen sollten auch verpflichtet werden, ihrer Versicherten zu helfen, wenn deren Arbeitgeber gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes verstoßen. Was können wir hier von von den Krankenversicherern erwarten, wenn sie schon klaren Rechtsbruch nicht klar ansprechen? Mit Samthandschuhen gehen auch die Berufsgenossenschaften mit Unternehmen um, die den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz schleifen lassen. Unternehmern, die Körperverletzungen ihrer Mitarbeiter schon so lange riskieren, das Vorsatz deutlich wird, wird mehr Verständnis entgegengebracht, als Kleinkriminellen. (Entschuldigung bitte, aber wenn Sie diesen Vorwurf zu krass finden, dann denken Sie bitte einmal darüber nach, was die Gewöhnung an Rechtsbruch mit uns selbst anrichtet.)

Die Aufsichtspersonen auf der unteren Ebene kann man für die Sabotage der Arbeitsschutzaufsicht übrigens nicht haftbar machen. Politiker behindern die Arbeitsschutzaufsicht ja nicht durch offene Anweisungen, aktiv wegzusehen. Sondern sie begrenzen einfach die Ressourcen der Aufsicht. Die kann dann erst aktiv werden, wenn sich die Wahrnehmung von Mängeln überhaupt nicht mehr vermeiden lässt. Auf einer Tagung meinte einmal eine Psychologin (die für eine Organisation im Bereich der Arbeitssicherheit Unternehmen beobachtet) zu mir, dass sie erst tätig werden dürfe, “wenn in einem Unternehmen Zustände herrschen wie bei France Télécom”.

Es muss also erst Tote geben. Und dann lassen sich Ursachenzusammenhänge immer noch kaum nachweisen. Als Haftungsgrund müsste ausreichen, mangelnde Prävention nachzuweisen. Dafür ist eine ausreichend mit Ressourcen und Sanktionsmitteln ausgestattete Aufsicht erforderlich. Das kann von der Zielvereinbarung mit kooperativen Unternehmen bis hin zur Einschaltung des Staatsanwalts reichen.

Faktenvermeidung in der Süddeutschen Zeitung

Mittwoch, 25. Januar 2012 - 22:26

http://www.sueddeutsche.de/karriere/stress-am-arbeitsplatz-einfach-mal-den-off-knopf-druecken-1.1265582

… Dauerhafte Fehlbelastung führe zu Erkrankungen und Störungen, sagt BAuA-Sprecher Feldmann. “Das gilt für zu geringe als auch zu starke Belastung.” Dazu hat er interessante Zahlen parat: 15 Prozent der Arbeitnehmer fühlen sich einer Studie zufolge fachlich unterfordert, nur fünf Prozent überfordert. “Bei der Leistungsfähigkeit ist das Bild genau anders herum: Da fühlen sich nur fünf Prozent unterfordert, aber rund 17 Prozent überfordert.” …

Das, um wenigstens mit etwas Positivem zu beginnen, war für mich der interessanteste Teil eines Artikels von Verena Wolff in der Süddeutschen Zeitung von heute. Aber retten konnte das den Artikel auch nicht mehr. Denn Verena Wolff missbrauchte die gestern durch die Presse gegangene Meldung zu den IGM-Forderungen nur als Aufhänger für Positionen, die wohl vor Allem die Anzeigenkunden der Karriere-Rubrik zufriedenstellen sollten. Nicht einmal eine anständige Kritik der IGM-Forderungen brachte Verena Wolff zustande, denn dann hätte sie sich damit ja auseinandersetzen müssen. So gab sie sich Mühe, eine wichtige Passage aus der IGM-Meldung einfach nicht wahrzunehmen:


Der Gesundheitswissenschaftler und Leiter der Forschungsgruppe Public Health, Rolf Rosenbrock, erklärt: “Das zentrale Problem ist nicht das Fehlen von allgemeinen gesetzlichen Vorschriften oder Mängel an gesichertem Wissen. Sondern der Unwille in der Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland, den Vorschriften zu folgen und das Wissen zu nutzen.” Aus seiner gesundheitswissenschaftlichen und -politischen Sicht begrüßt er jede Initiative, die die Thematik auf die betriebliche und politische Tagesordnung bringt.

(Schon einmal in http://blog.psybel.de/erst-einmal-die-vorhandenen-arbeitsschutzregeln-durchsetzen/ zitiert)

Das passt in die wohl nicht mehr ganz so journalistisch orientierte Karriere-Rubrik der Süddeutschen Zeitung anscheinend nicht mehr so gut hinein, und dann wird schon einmal versucht, von dieser Tagesordnung schnell wieder abzulenken. Im Artikel von Verena Wolff blieb diese lästige Unannehmlichkeit dann auch unerwähnt. Gewiss, es gibt immer ein paar schwarze Schafe unter den ansonsten ja so verantwortungsvollen Arbeitgebern. Jedenfalls möchten wir das gerne glauben. Dass es nur wenige weiße Schafe unter den Unternehmern gibt, passt vermutlich nicht in das Weltbild der Karriere-Redaktion.

Tatsächliche und gefühlte Belastung

Dienstag, 24. Januar 2012 - 20:47

http://www.gawo-ev.de/Material/PsyBel%20Fragebogen%20oGC.pdf?phpMyAdmin=3ff319a86a720ca633f7d8bfe08952c0

  • psychische Belastung
  • gefühlte psychische Belastung

Das muss nicht unbedingt dasselbe sein!

Vorgetragen auf dem BDA-Symposium “Zielgerichtete Prävention – Psychische Belastung bei der Arbeit sicher erkennen und einordnen.” (Berlin, 21. November 2006) und gefunden in http://www.gawo-ev.de/cms/index.php?page=vortraege.