Arbeitsschutztraining von leitenden Angestellten

Freitag, 27. Januar 2012 - 21:05

Ein Arbeitsschutztraining von leitenden Angestellten ist eine wichtige und gute Sache. Drei Dinge sind hierbei jedoch zu beachten:

  1. Mitbestimmung: Wenn ein Training zum Thema der Vermeidung psychischer Fehlbelastung gegenüber Aufsichtspersonen, Auditoren, Bewerbern, der Firmenleitung, den Mitarbeitern, der Öffentlichkeit usw. als Maßnahme des Arbeitsschutzes ausgewiesen werden soll, dann hat der Betriebsrat auch dann mitzubestimmen, wenn an einer solchen Unterweisung nur leitende Angestellte teilnehmen. Die Mitbestimmung betrifft auch die Gestaltung der Unterweisung. Damit die Arbeitnehmervertretung nicht behindert wird, hat sie mitzubestimmen bevor das Training als Arbeitsschutzmaßnahme geltend gemacht wird.
        Eine “Einbindung” von Arbeitnehmervertretern in Entscheidungen über das Training reicht dazu nicht aus, denn bei einer solchen Einbindung könnte es sich ja nur um die Wahrnehmung des umfassenden Informationsrechtes der Arbeitnehmervertretung handeln. Nachgewiesen werden muss eine tatsächliche Mitbestimmung.
        Eine Arbeitgeberin kann die Mitbestimmung nicht deswegen verweigern, weil die Trainees leitende Angestellte sind, sondern die Mitbestimmungspflicht wird dadurch begründet, dass die Arbeitnehmervertretung sicherzustellen hat, dass Arbeitschutzmaßnahmen tatsächlich dem gesetzlich vorgeschriebenen Schutz der von ihr vertretenen Mitarbeiter dienen.
        Beispiele: (a) Ein Training, in dem leitende Angestellte überwiegend zur ihrer eigenen rechtlichen Absicherung lernen, ihre mit dem Arbeitsschutz verbundenen Haftungsrisiken zu minimieren, ist nicht notwendigerweise eine Arbeitsschutzmaßnahme. (b) Als Arbeitsschutzmaßnahme ungeeigntet sind auch Trainings, in denen die im Arbeitsschutz nachrangige Verhaltensprävention (dem “eigenverantwortlichen” Verhalten individueller Mitarbeiter geltende Maßnahmen) Vorrang vor der im Arbeitsschutz vorrangigen Verhältnisprävention (den Arbeitsbedingungen geltende Maßnahmen) hat. (c) Eine Schulung leitender Angestellter, die ihnen helfen soll, Arbeitgeberpositionen zum Thema der psychischen Belastungen zu vertreten, ist keine Maßnahme im Sinn des Arbeitsschutzgesetzes und nicht mitbestimmt.
        Es gibt viele Themen für ein Training leitender Angestellter, die arbeitsschutzbezogen sein können, aber bei denen das Wohl der Mitarbeiter nicht Priorität hat. Darum können solche Trainings nicht automatisch als Arbeitsschutzmaßnahme oder speziell als eine Unterweisung gelten, die den Forderungen des Arbeitsschutzgesetzes entspricht.
  2. Gefährdungsbeurteilung: Vor einer Unterweisung hat eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt zu werden, damit der Unterweisung die konkrete Belastungssituation im Betrieb zugrunde liegt. Grundlage dieser Bedingung ist ein Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes im Jahr 2011. Erwirkt wurde dieser Beschluss von einer Arbeitgeberin, die (so meine persönliche Vermutung) verhindern wollte, dass eine von den Arbeitnehmervertretern geforderte Unterweisung zur gewerkschaftlichen Indoktrination (aus Sicht der Arbeitgeberin) missbraucht wird.
        Die Gefährdungsbeurteilung als Voraussetzung einer als Arbeitsschutzmaßnahme ausweisbaren Unterweisung ist (keine Vermutung, sondern Vorschrift) mitbestimmungspflichtig.
        Die Arbeitnehmervertretung kann nach pflichtgemäßer und fachgerechter Prüfung jedoch feststellen, dass ein konkretes Training von leitenden Angestellten den konkreten Arbeitsschutzanforderungen im Betrieb dient. Dann entspräche die Unterweisung der leitenden Angestellten auch ohne Vorliegen einer Gefährdungsbeurteilung den vom Bundesarbeitsgericht vorgegebenen Anforderungen für eine aus dem betrieblichen Belastungsszenario ableitbare Arbeitschutzmaßnahme.
  3. Dokumentation: Wenn das Training leitender Angestellter als Arbeitsschutzmaßnahme gelten soll, dann ist das gesamte Unterweisungsmaterial Bestandteil der im Arbeitsschutzgesetz geforderten Dokumentation, die der Arbeitnehmervertretung und anderen zur Einsicht Berechtigten vollständig zur Verfügung zu stellen ist.

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