Schlagwort 'Hans-Jürgen Urban'

Regierung darf nicht auf halbem Weg stehen bleiben

Donnerstag, 11. Juli 2013 - 08:11

http://www.igmetall.de/cps/rde/xchg/SID-F1B145F3-658DBB18/internet/style.xsl/hans-juergen-urban-dran-bleiben-an-einer-anti-stress-verordnung-12051.htm

Interview mit Hans-Jürgen Urban: Weiter dran bleiben an einer Anti-Stress-Verordnung

Regierung darf nicht auf halbem Weg stehen bleiben

10.07.2013 Ι Betriebe sind jetzt auch bei Arbeitsstress und psychischen Belastungen zur Prävention verpflichtet. Das hat der Bundestag im Arbeitsschutzgesetz jetzt klargestellt. Allerdings dürfe die Regierung nicht auf halbem Weg stehen bleiben, sagt Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. “Jetzt muss der Erlass einer Anti-Stress-Verordnung folgen.” [...]

Maßnahmen gegen Arbeitshetze

Donnerstag, 7. Februar 2013 - 15:39

http://www.igmetall.de/cps/rde/xchg/SID-DCA8B93A-1A81082E/internet/style.xsl/interview-mit-hans-juergen-urban-zur-anti-stress-verordnung-11215.htm

Interview mit Hans-Jürgen Urban zur Anti-Stress-Verordnung

Verbindliche Regelungen zum Schutz der Beschäftigten

07.02.2013 Ι Der kürzlich vorgelegte “Stressreport Deutschland 2012″ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin belegt, wie dringlich Maßnahmen gegen Stress und Arbeitshetze im Betrieb sind. Die IG Metall hat konkrete Vorstellungen, wie mit Hilfe einer “Anti-Stress-Verordnung” die Beschäftigten besser geschützt werden können. Das erläutert Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall

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Mitbestimmung hilft der der Projektplanung

Dienstag, 31. Januar 2012 - 00:51

http://www.fr-online.de/wirtschaft/psychische-belastung-regeln-gegen-den-stress,1472780,11507006.html

… Schwammiger sind die Vorschläge für Angestellte: Beschäftigte würden oft von einem Projekt ins nächste gejagt, meint Urban. Künftig sollten Betriebsräte und Angestellte bei Projektlaufzeiten mitreden dürfen. Auch die Zahl der parallel laufenden Projekte solle begrenzt werden. …

Das Mitreden geht jetzt schon. Es ist schon längst Pflicht. Hier kennen viele Betriebsräte und Personalräte ihre Pflichten noch nicht gut genug.

Es ist ja auch im technischen Arbeitsschutz so, dass bei Änderungen beispielsweise in der Produktion beurteilt werden muss, ob es neue Gefahrenstoffe und Gefährdungen gibt. Da kann man nicht bis zu irgendeinem jährlich stattfindenden Beurteilungsritual warten. Genau so ist das bei der Projekt und Prozessplanung. Auch hier hat die Arbeitgeberin gar keine Wahl: Sie muss beurteilen, ob von Projekten und Prozessen Fehlbelastungen auf die Mitarbeiter wirken können, und zwar bevor diese Wirkung auftritt. Wie diese Beurteilung stattfindet, wird von der Arbeitnehmervertretung mitbestimmt. Dabei geht es nicht nur um “Projektlaufzeiten”, sondern um die gesamte Projektplanung. Das hilft den Projekten auch geschäftlich.

Bei mir ist die Mitbestimmung bei Projekten und Prozessen schon länger ein Thema. Die Nutzung eines vorhandenen Risikomanagements spart außerdem Kosten im Arbeitsschutz. Wo es aber kein Risikomanagement gab, sondern Mogeln, Frickelei und Durchwursteln, kann nun der Arbeitschutz helfen, dass Projekte und Prozesse in Zukunft professioneller geplant werden. Dazu werden innovative und kreative Arbeitnehmervertretungen gebraucht.

Staatlich behinderte Gewerbeaufsicht

Donnerstag, 26. Januar 2012 - 07:53

http://www.igmetall.de/cps/rde/xbcr/SID-577D2ED4-F01794B3/internet/Tipp43_V6_Finale_Screen_0180513.pdf

Gegenwärtig entscheidet jedes Bundesland nach Kassenlage und eigenem Gutdünken, wie viel Personal es für die Gewerbeaufsicht einsetzt. Ich dachte früher, dass eine Steuerprüfung das seltenste Ereignis ist, das einem Betrieb passieren kann. Aber der staatliche Arbeitsschutz schlägt das noch um Längen!

Das meinte Hans-Jürgen Urban (IG-Metall) zur Gewerbeaufsicht. Nun fordert er strengere Durchführungsverordnungen. Ich sehe das kritisch, aber vielleicht hat er leider doch recht.

Während Ursula von der Leyen (CDU) beklagt, dass die Unternehmen den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz schleifen lassen und Christine Haderthauer (CSU) sogar nach Burnout-Detektiven ruft, versucht Edmund Stoiber (CSU) den Arbeitsschutz noch zusätzlich zu schwächen. Edmund Stoiber arbeitet auf europäischer Ebene daran, ein Instrument zu blockieren, mit dem sich Pflichtverletzungen der Arbeitgeber sehr konkret prüfen lassen. Die Bildschirmarbeitsverordnung ist Edmund Stoiber ein Dorn im Auge. In Betrieben mit Bildschirmarbeit kann man pflichtverletzenden Arbeitgebern mit den Kriterien der Bildschirmarbeitsverordnung sehr leicht ihre Vergehen nachweisen. Es geht da längst nicht mehr nur um Pixelauflösungen, Bildschirmflimmern und technische Parameter. Sondern es geht um die Benutzerfreundlichkeit von Software und die Belastung von Menschen durch Interaktion mit Benutzerschnittstellen. Wenn Arbeitgeber trotz Forderung beispielsweise des Betriebsrates keine Beurteilung der psychischen Belastung durch die Benutzerschnittstellen durchführen, kann auch gezeigt werden, dass sie eine Vorschrift des Arbeitsschutzes vorsätzlich missachten.

Auffallend ist auch die Zurückhaltung der Krankenkassen mit Kritik an der offensichtlichen Missachtung der Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz bei einer Mehrheit der Unternehmen. Das Bundesarbeitsministerium stellte fest: Die psychische Belastung ist unabdinbarer Bestanddteil des Arbeitsschutzes. Die Pflichten der Arbeitgeber sind klar, aber die Kassen trauen sich nicht, die Versäumnisse der Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten als Rechtsbruch zu kritisiern.

Jetzt wird über eine Verpflichtung der gesetzlichen Kassen diskutiert, ihren Versicherten bei ärztlichen Fehlern zu helfen. Die Kassen sollten auch verpflichtet werden, ihrer Versicherten zu helfen, wenn deren Arbeitgeber gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes verstoßen. Was können wir hier von von den Krankenversicherern erwarten, wenn sie schon klaren Rechtsbruch nicht klar ansprechen? Mit Samthandschuhen gehen auch die Berufsgenossenschaften mit Unternehmen um, die den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz schleifen lassen. Unternehmern, die Körperverletzungen ihrer Mitarbeiter schon so lange riskieren, das Vorsatz deutlich wird, wird mehr Verständnis entgegengebracht, als Kleinkriminellen. (Entschuldigung bitte, aber wenn Sie diesen Vorwurf zu krass finden, dann denken Sie bitte einmal darüber nach, was die Gewöhnung an Rechtsbruch mit uns selbst anrichtet.)

Die Aufsichtspersonen auf der unteren Ebene kann man für die Sabotage der Arbeitsschutzaufsicht übrigens nicht haftbar machen. Politiker behindern die Arbeitsschutzaufsicht ja nicht durch offene Anweisungen, aktiv wegzusehen. Sondern sie begrenzen einfach die Ressourcen der Aufsicht. Die kann dann erst aktiv werden, wenn sich die Wahrnehmung von Mängeln überhaupt nicht mehr vermeiden lässt. Auf einer Tagung meinte einmal eine Psychologin (die für eine Organisation im Bereich der Arbeitssicherheit Unternehmen beobachtet) zu mir, dass sie erst tätig werden dürfe, “wenn in einem Unternehmen Zustände herrschen wie bei France Télécom”.

Es muss also erst Tote geben. Und dann lassen sich Ursachenzusammenhänge immer noch kaum nachweisen. Als Haftungsgrund müsste ausreichen, mangelnde Prävention nachzuweisen. Dafür ist eine ausreichend mit Ressourcen und Sanktionsmitteln ausgestattete Aufsicht erforderlich. Das kann von der Zielvereinbarung mit kooperativen Unternehmen bis hin zur Einschaltung des Staatsanwalts reichen.

Erst einmal die vorhandenen Arbeitsschutzregeln durchsetzen

Dienstag, 24. Januar 2012 - 20:25

http://www.igmetall.de/cps/rde/xchg/SID-4C613046-9BAEA969/internet/style.xsl/psychische-belastung-am-arbeitsplatz-9358.htm

Psychische Belastung am Arbeitsplatz

Wir brauchen Schutz vor Stress

24.01.2012 – Die IG Metall ist ein wesentlicher Treiber beim Thema Arbeitsstress. Sie fordert mit ihrer Anti-Stress-Initiative, dass es endlich eine verbindliche Verordnung gibt, an die sich die Unternehmen halten müssen. Denn die Erfahrung zeigt: Die bisherige “freiwillige Rahmenvereinbarung” bringt so gut wie nichts.

Das Arbeitsschutzgesetz setzt bereits den heute von der IGM geforderten vorgeschriebenen Rahmen. An den haben wir uns zu halten. Das ist nicht freiwillig.


Die “Anti-Stress-Initiative” der IG Metall hat das Ziel, den Schutz vor psychischer Gefährdung in der Arbeit in eine konkrete Verordnungen zu fassen. Das Arbeitsschutzgesetz gibt dafür den Rahmen vor. “Ich fordere Arbeitsministerin Ursula von der Leyen auf, die Schutzlücke bei psychischen Gefährdungen zu schließen”, sagte Hans-Jürgen Urban auf einer Pressekonferenz in Berlin. Es geht Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, um eine Verbindlichkeit, an die sich Arbeitgeber halten müssen.

(Links nachträglich in das Zitat eingefügt)

Die Verbindlichkeit gibt es doch schon längst. Neue und zusätzliche betriebsübergreifende Regelungen bergen die Gefahr in sich, dass man sich hier auf niedrigstem Niveau einigt und dann Alle meinen, ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. Gewerkschaften, Arbeitgeber, Bundesarbeitsministerin usw. sehen dann gut aus, aber den Menschen in den Unternehmen hilft das nicht.

Hier verstehe ich die Forderungen meiner Gewerkschaft nicht (oder ich verstehe sie vielleicht auch nur falsch). Der Schwerpunkt der Arbeit muss doch darauf liegen, dass überhaupt erst einmal die bestehenden Arbeitsschutzregeln eingehalten werden und genügend Aufsichtspersonal zur Verfügung steht. Diese Fachleute müssen dann den Arbeitsschutz in den Betrieben wirklich aufmerksam und nachhaltig beaufsichtigen dürfen. Auch müssen die Arbeitnehmervertreter (Betriebs- und Personalräte) verstehen, dass Arbeitsschutzrechte unabdingbar sind. Arbeitnehmervertreter haben beim Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz die Pflicht zur Mitbestimmung.

Die IGM schreibt doch selbst:


Der Gesundheitswissenschaftler und Leiter der Forschungsgruppe Public Health, Rolf Rosenbrock, erklärt: “Das zentrale Problem ist nicht das Fehlen von allgemeinen gesetzlichen Vorschriften oder Mängel an gesichertem Wissen. Sondern der Unwille in der Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland, den Vorschriften zu folgen und das Wissen zu nutzen.” Aus seiner gesundheitswissenschaftlichen und -politischen Sicht begrüßt er jede Initiative, die die Thematik auf die betriebliche und politische Tagesordnung bringt.

Aber dann wieder:

…Ohne Regeln und Kontrolle passiert zu wenig. 68 Prozent der IG Metall-Betriebsräte gaben in einer Umfrage an, dass seit der Wirtschaftskrise Stress und Leistungsdruck stark oder sehr stark zugenommen haben. Ein wirklich wirksamer Schutz der Beschäftigten kann nur zustande kommen, wenn es Regeln gibt, die zum Handeln führen. Alle Akteure brauchen dafür einen verbindlichen Rahmen.

Die fehlende Kontrolle ist aus meiner Sicht das Hauptproblem. Es ist einfach so, dass der Zwang zur Erfüllung gesetzlicher Regeln das wichtigste Motiv von Unternehmern ist, sich mit psychosozialen Risiken im Betrieb zu befassen. Die Regeln gibt es, den Zwang nicht. Ohne Durchsetzung sind die Regeln für die Tonne. Gesetze zum Vorzeigen haben wir schon genug. Nicht die Regeln fehlen, sondern ihre Durchsetzung in einem Land, in dem wir uns schon zu sehr an einen sehr “flexiblen” Umgang mit rechtlichen Verpflichtungen gewöhnt haben. Der “Unwille in der Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland, den Vorschriften zu folgen” sollte in einem Rechtsstaat keine unüberwinbare Hürde sein.

Falls Sie es in diesem Blog noch nicht gelesen haben sollten: Die Mehrheit der Arbeitgeber durfte seit 1996 (und auch nach der Konkretisiertung im Jahr 2004 durch das BAG) ohne ein Einschreiten der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaften straflos ihre Pflicht zum Einbezug psychisch wirksamer Belastungen missachten.

Die mangelnde Thematisierung dieser Tatsache in den Medien zeigt aber, dass diese Art der Rechtsbruchs bei uns heute schulterzuckend toleriert wird. Unternehmer, die die Schutzrechte von Arbeitnehmern ignorieren, gehören wohl zur akzeptierten Lebenswirklichkeit und scheinen journalistisch uninteressant zu sein.

Siehe auch: http://blog.psybel.de/petition20090202/

Regelungslücke psychische Belastungen schließen

Freitag, 14. Oktober 2011 - 20:50

Hans-Jürgen Urban forderte eine Anti-Stress-Verordnung. Bisher war ich der Meinung, dass es vor allem bei der Durchsetzung bestehender Gesetze hapert. Aber es gibt mehr zu dem Thema: http://www.ergo-online.de/site.aspx?url=html/aktuelles/news100811.htm

Regelungslücke auf dem Feld der psychischen Belastungen 

Download-Dokumentation der IG Metall und der Hans-Böckler-Stiftung

2011 erschien eine Dokumentation der IG Metall und der Hans-Böckler-Stiftung zum Thema Regelungslücke auf dem Feld der psychischen Belastungen. 15 Jahre nach Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes stellt sich für die Autoren die Frage, ob in Deutschland nicht ein Schutzdefizit zu den immer gravierenderen psychosozialen Gefährdungen besteht.

Die Dokumentation besteht aus drei Schwerpunkten:

  • Interview mit dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied der IG Metall, Dr. Hans-Jürgen Urban : “Die Regelungslücke psychische Belastungen schließen”.
  • Gutachten von Herrn Prof. Dr. Wolfhard Kohte: “Psychische Belastungen und arbeitsbedingter Stress – Mögliche rechtliche und sonstige Regulierungen”.
  • Gutachten von Herrn Dr. Wolfgang Bödeker und Herrn Michael Friedrichs: “Kosten der psychischen Erkrankungen und Belastungen in Deutschland”.

 
http://www.ergo-online.de/html/service/download_area/regelungsluecke_psych-belastungen.pdf


Frage: Das spricht in der Tat dafür, dass gegen Stress und Druck am Arbeitsplatz mehr unternommen werden muss. Nun gibt es aber doch seit sieben Jahren schon eine europäische Sozialpartnervereinbarung zu Stress am Arbeitsplatz. Hat die gar nichts geholfen?

Urban: Diese Rahmenvereinbarung aus dem Jahr 2004 hat wenig gebracht. Sie kam nur als freiwillige Vereinbarung zustande, weil die Arbeitgeberverbände eine verbindliche Richtlinie der EU verhindert haben. Die begrenzte Wirkung bestätigt der Evaluierungsbericht, den die EU-Kommission selbst vor Kurzem veröffentlicht hat. Die gerade für Deutschland sehr kritische Bewertung ist auffallend. Die Bundesrepublik gehört demnach zu den wenigen EU-Ländern, in denen kaum gemeinsame Aktivitäten der Sozialpartner zustande kamen. Auch auf der gesetzlichen Ebene hat sich in Deutschland in Bezug auf Stress und psychische Belastungen am Arbeitsplatz nichts getan – im Unterschied zu anderen EU-Ländern. Immerhin zeigt der Bericht, dass es infolge der Rahmenvereinbarung in 13 Mitgliedsländern gesetzliche Regelungen zur Verminderung von Stress am Arbeitsplatz gegeben hat und dass in etlichen weiteren Ländern Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften in diesem Sinne abgeschlossen wurden. In Deutschland aber, so kann die durchaus regierungsfreundliche Kommission nicht umhin festzustellen, ist weitgehend Fehlanzeige zu melden – erst recht in der Praxis. »In Bulgarien, der Tschechischen Republik, Deutschland und Estland sind die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurückgeblieben«, heißt es im Bericht wörtlich – für Deutschland wenig schmeichelhaft. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland bei der Verminderung von Stress am Arbeitsplatz nicht länger Schlusslicht in Europa ist.

IG Metall warnt vor Folgen zunehmender psychischer Erkrankungen in den Betrieben

Mittwoch, 28. September 2011 - 00:17

http://www.igmetall.de/cps/rde/xchg/internet/style.xsl/6763-8555.htm

Pressemitteilung Nr. 41/2011
IG Metall warnt vor Folgen zunehmender psychischer Erkrankungen in den Betrieben
27.09.2011

Berlin – Die IG Metall hat vor den Folgen zunehmender psychischer Erkrankungen in der Arbeitswelt gewarnt und von Arbeitgebern und Politik mehr Bereitschaft zur Prävention gefordert. “Mit der rasanten Zunahme von arbeitsbedingtem Stress und psychischer Erkrankungen tickt eine gesellschaftliche Zeitbombe”, sagte Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall am Dienstag in Berlin. Stress und Burnout hätten längst in Werkstätten, Fabrikhallen und Büros in einem Tempo und einem Ausmaß um sich gegrifen, dass es fahrlässig sei, diese Problem unter ferner liefen zu behandeln. “Wir wollen alle Akteure, die zur Bewältigung dieses Problems beitragen können, aufrütteln”, betonte Urban.

Der Gewerkschafter verwies auf die Ergebnisse einer Umfrage unter Betriebsräten. Danach wird von 86 Prozent der Befragten der Anstieg psychischer Erkrankungen in den Betrieben als ernst zu nehmendes Problem wahrgenommen. Rund 40 Prozent der Betriebsräte geben an, dass psychische Erkrankungen stark bzw. sehr stark im Unternehmen zugenommen haben. Insgesamt 68 Prozent der Betriebsräte geben an, dass arbeitsbedingter Stress und Leistungsdruck in den Unternehmen besonders seit der Krise erheblich gestiegen sind.

Urban stellte eine eklatante Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung des Problems und den tatsächlichen Hilfs- und Präventionsangeboten in den Betrieben fest. In 43 Prozent der Betriebe gab es keine Hilfen und in 26 Prozent zu wenige Hilfen für Burnout-Betroffene. Insgesamt 73 Prozent der Betriebsräte sind der Meinung, dass in den Betrieben mehr für den Gesundheitsschutz getan werden müsste.

Der Sozialexperte kündigte an, die IG Metall werde arbeitsbedingten Stress und seine gesundheitlichen Folgen zum Thema in den Betrieben und gegenüber der Politik machen. “Gesundheit darf nicht hinter betriebswirtschaftlichen Erfolgszahlen und der Wettbewerbsfähigkeit zurückstehen”, kritisierte Urban. Arbeitgeber müssten mehr in den Gesundheitsschutz investieren.

Die IG Metall wolle die Betriebsräte beim Thema psychische Erkrankungen, wie Burnout, stärker unterstützen. Urban stellte die Arbeitshilfe “Burnout. Betriebsräte als Lotsen für Burnout-Betroffene” vor.

Der Gewerkschafter kritisierte, dass bei Gesundheitsgefahren durch arbeitsbedingten Stress und psychische Belastungen eine eklatante Schutzlücke bestehe, die dringend geschlossen werden müsse. “Bei allen klassischen Gesundheitsgefährdungen wie Gefahrstoffe und Lärm gibt es konkrete Präventionsregeln. Bei arbeitsbedingtem Stress: Fehlanzeige”, kritisierte Urban. Hier müsse endlich mit einer Anti-Stress-Verordnung nachgebessert werden.

 
Die “Anti-Stress-Verordnung” gibt es doch schon seit langer Zeit: Arbeitsschutzgesetz (1996) und BAG-Beschlüsse (2004). Und die Bildschirmarbeitsverordnung ist derart konkret, dass die Stoiber-Kommission sie loswerden will. Wie so oft, mangelt es heute nicht an Gesetzen, sondern an deren Durchsetzung. Ansonsten stimmt Vieles in der Pressemeldung der IG-Metall, aber bitte besser fragen! Fragt die Betriebsräte bei solchen Blitzumfragen:

  • Gibt es in Euren Betrieben Gefährdungsbeurteilungen, in die psychisch wirksame Belastungen einbezogen sind?
  • Wenn ja, habt Ihr das mit einer Betriebsvereinbarung geregelt?

Mit diesen Fragen kann man ganz leicht harte Tatsachen ermitteln, die sich nicht so leicht wegdiskutieren lassen wie das Stimmungsbild, das Ihr hier wiedergebt. Nicht das Fehlen einer “Anti-Stress-Verordnung” ist das Problem, sondern die mangelhafte Aufsicht durch die Behörden. Auch fehlt Arbeitgebern oft der Respekt vor der Mitbestimmungsplicht der Betriebsräte.

Siehe auch: http://blog.psybel.de/kategorie/statistik/ (darin speziell: http://blog.psybel.de/ganzheitlicher-arbeitsschutz-nur-bei-16prozent-der-betriebe/)
 

PS: Es mag überraschen, aber ausgerechnet bei der FDP fand ich ein Beispiel für gute Fragen.
 


2011-10-14: Andere Meinung zur Regelungslücke: http://blog.psybel.de/regelungsluecke-psychische-belastungen-schliessen/