Faktenvermeidung in der Süddeutschen Zeitung

Mittwoch, 25. Januar 2012 - 22:26

http://www.sueddeutsche.de/karriere/stress-am-arbeitsplatz-einfach-mal-den-off-knopf-druecken-1.1265582

… Dauerhafte Fehlbelastung führe zu Erkrankungen und Störungen, sagt BAuA-Sprecher Feldmann. “Das gilt für zu geringe als auch zu starke Belastung.” Dazu hat er interessante Zahlen parat: 15 Prozent der Arbeitnehmer fühlen sich einer Studie zufolge fachlich unterfordert, nur fünf Prozent überfordert. “Bei der Leistungsfähigkeit ist das Bild genau anders herum: Da fühlen sich nur fünf Prozent unterfordert, aber rund 17 Prozent überfordert.” …

Das, um wenigstens mit etwas Positivem zu beginnen, war für mich der interessanteste Teil eines Artikels von Verena Wolff in der Süddeutschen Zeitung von heute. Aber retten konnte das den Artikel auch nicht mehr. Denn Verena Wolff missbrauchte die gestern durch die Presse gegangene Meldung zu den IGM-Forderungen nur als Aufhänger für Positionen, die wohl vor Allem die Anzeigenkunden der Karriere-Rubrik zufriedenstellen sollten. Nicht einmal eine anständige Kritik der IGM-Forderungen brachte Verena Wolff zustande, denn dann hätte sie sich damit ja auseinandersetzen müssen. So gab sie sich Mühe, eine wichtige Passage aus der IGM-Meldung einfach nicht wahrzunehmen:


Der Gesundheitswissenschaftler und Leiter der Forschungsgruppe Public Health, Rolf Rosenbrock, erklärt: “Das zentrale Problem ist nicht das Fehlen von allgemeinen gesetzlichen Vorschriften oder Mängel an gesichertem Wissen. Sondern der Unwille in der Mehrzahl der Unternehmen in Deutschland, den Vorschriften zu folgen und das Wissen zu nutzen.” Aus seiner gesundheitswissenschaftlichen und -politischen Sicht begrüßt er jede Initiative, die die Thematik auf die betriebliche und politische Tagesordnung bringt.

(Schon einmal in http://blog.psybel.de/erst-einmal-die-vorhandenen-arbeitsschutzregeln-durchsetzen/ zitiert)

Das passt in die wohl nicht mehr ganz so journalistisch orientierte Karriere-Rubrik der Süddeutschen Zeitung anscheinend nicht mehr so gut hinein, und dann wird schon einmal versucht, von dieser Tagesordnung schnell wieder abzulenken. Im Artikel von Verena Wolff blieb diese lästige Unannehmlichkeit dann auch unerwähnt. Gewiss, es gibt immer ein paar schwarze Schafe unter den ansonsten ja so verantwortungsvollen Arbeitgebern. Jedenfalls möchten wir das gerne glauben. Dass es nur wenige weiße Schafe unter den Unternehmern gibt, passt vermutlich nicht in das Weltbild der Karriere-Redaktion.


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