Schlagwort 'Deutsche Bahn'

Betriebsrat als Stressbetreuer

Freitag, 1. November 2013 - 11:57

http://www.treffpunkt-betriebsrat.de/node/2323

[...] Nach Auffassung der Gewerkschaft könnten sich Betriebsräte der Bahn nach einer entsprechenden Schulung dieses wichtigen Themas qualifiziert annehmen. Sie könnten dabei von der Bahn-Betriebskrankenkasse (BKK), der Stiftung Bahn-Sozialwerk (BSW) und der ias als Koordinierungsstelle unterstützt werden. Die Fachkonferenz sollte die Grundlage legen, um dieses wichtige Thema in die Betriebe tragen zu können. Seit 24. Oktober sind psychische Gesundheit und Belastung neu ins Arbeitsschutzgesetz aufgenommen (§§ 4 und 5). [...]

Das ist eine Angebot der ias Stiftung (siehe auch Historie). Arbeitnehmnervertreter sollten hier schon ein bisschen Kompetenz mitbringen, damit sie beurteilen können, ob dieser Veranstalter auch das richtige Gleichgewicht zwischen Arbeitsschutz und Gesundheitsmanagement findet. Arbeitsschutz bedeutet Vermeidung schädlicher Belastungen. In der Praxis des Gesundheitsmanagements liegt der Fokus oft eher auf einer individuellen Stressbewältigung, die aber gemäß Arbeitsschutzgesetz nachrangig zur strukturellen Stressminderung ist. Der Unterschied zwischen Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz wird vom Arbeitgeberverband (BDA) übrigens recht gut klargestellt.

DB-Verhaltenskodex

Donnerstag, 15. August 2013 - 13:40

http://www.deutschebahn.com/file/2193682/data/db_verhaltenskodex.pdf

[...] Arbeits- und Gesundheitsschutz

Mit einem konsequenten, präventiven Arbeitsschutz wenden wir Gefährdungen von Personen ab und unterstützen durch gute Arbeitsbedingungen die Gesunderhaltung unserer Mitarbeiter. Die Sicherheit unserer Mitarbeiter ist ein zentrales Gebot unseres unternehmerischen Handelns.

Arbeitsschutz ist aber auch Teil der Eigenverantwortung eines jeden Mitarbeiters. Gefährdungen sind durch vorausschauendes, umsichtiges und sicherheitsbewusstes Verhalten zu vermeiden. Mängel im Arbeitsschutz sind unverzüglich der zuständigen Führungskraft zu melden. [...]

Warum fehlt bei Aussagen von Unternehmen zu einer Eigenverantwortung der Mitarbeiter im Arbeitsschutz so oft die Erklärung, dass das Arbeitsschutzgesetz dem Arbeitgeber die volle Verantwortung für den Arbeitsschutz zuweist? In vielen Unternehmen schieben für ihre Verantwortung hoch bezahlte Top-Manager zu gerne Aufgaben in die unteren Führungsebenen ab, ohne die dortigen Mitarbeiter genügend mit Schulungen zu befähigen und mit Befugnissen zu ermächtigen, diesen Aufgaben dann auch gut gerecht werden zu können. Viele Mitarbeiter und Führungskräfte wissen trotz stolz vorgezeigter Arbeitsschutzmanagementsysteme (AMS) nicht einmal, was eine Gefährdungsbeurteilung ist und wie sie für mentale Arbeitsbelastungen (ISO 10075, der Begriff in der deutschsprachigen Norm ist “psychische Belastung”) durchzuführen ist.

 
Zu den schönen Verhaltenskodizes der Unternehmen gehört auch das Versprechen, dass bestimmte Standards eingehalten werden. Die Bahn möchte bei ihren Zulieferern ein “aktuelles Zertifikat, in dem Sie die Umsetzung Ihres Arbeitsschutzmanagementsystem gemäß anerkanntem Regelwerk nachweisen (z.B. OHSAS 18001 oder SSC)” sehen. Wie sieht es bei der Bahn selbst mit der Selbstverpflichtung aus, die mit so einem Zertifikat verbunden ist? Auf die Schnelle habe ich nur bei DB-Fuhrpark ein Zertifikat gefunden. (Wie kritisch war die Zertifizierungsgesellschaft beim Audit?). Erwähnt wird OHSAS 18001 auch im Nachhaltigkeitsbericht der DB für 2007.

Frage an die Betriebsräte: Kennt Ihr Euch mit OHSAS 18001 aus, wenn Euer Betrieb nach OHSAS 18001 zertifiziert ist? Da sind die Verantwortlichkeiten ziemlich klar geregelt. Wart Ihr beim Zertifizierungsaudit mit dabei? Seid Ihr bei den Zwischenaudits mit dabei und wisst Ihr, wo Ihr da nachhaken könnt? Denkt auch an § 89 BetrVG.

Falls Ihr meint, dass solche Zertifizierungen oft nur Showbusiness sind, dann habt Ihr zwar recht, aber das liegt doch auch an Gewerkschaften und Betriebsräten, die sich nicht für die Instrumente interessieren, die ihnen zur Verfügung stehen! Die Arbeitnehmervertreter sind selbst daran schuld, wenn Schutzvorschriften und AMS-Zertifikate in Werbetexten zur Corporate Social Responsibility nur der Dekoration dienen.

Bei OHSAS 18001 ist die Belegschaft der Kunde! Hier haben die Arbeitnehmer und ihre Vertreter also tatsächlich Eigenverantwortung, nämlich für die systematische Wahrung der eigenen Interessen. Macht Euch mit Standards für Arbeitsschutzmanagementsysteme vertraut. Mit Vorkenntnissen im Arbeitsschutz können auch Betriebsratsmitglieder die Befähigung für interne Audits (ISO 19011) Eures AMS erwerben.

Unzureichende Gefährdungsbeurteilungen bei der Bahn

Donnerstag, 15. August 2013 - 09:57

Ich höre gerade in in BR5 (etwa 09:05), dass Alexander Kirchner (Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG) zufolge bei der Lösung der Überlastungsprobleme der Bahn “die Betriebsräte nicht nur alleine, sondern auch die Beschäftigten einbezogen werden” sollen. Das sei ein Novum. Gab es denn bisher keine Umfragen zu Fehlbelastungen, in die die Mitarbeiter “einbezogen” wurden? Selbst die Gewerkschaften stellen immer noch nicht diese wichtige Frage zum Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Vielleicht sollte Kirchner noch einmal über die Aufgaben und Kompetenzen von Betriebsräten nachdenken. Dazu gehört, dass Betriebsräte sich für ordentliche Gefährdungsbeurteilungen einsetzen und die Gewerbeaufsicht bei Betriebskontrollen auf psychische Fehlbelastungen aufmerksam machen, die den Mitarbeitern schaden könnten.

Betriebsräte können, wenn sie kompetent genug sind, Positionen beziehen, die für einzelne Mitarbeiter zu gefährlich sind. Arbeitnehmervertreter können fehlbelastete Mitarbeiter vor mehr oder weniger subtilen Repressalien schützen. Daran sollten Mitarbeiter denken, die vom Arbeitgeber zu “persönlichen” Gesprächen zur Arbeitsbelastung eingeladen werden. Die Fürsorge des Arbeitgebers wird zu leicht zum Danaergeschenk. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber den Schwerpunkt der betrieblichen Gesundheitsförderung auf die Verhaltensprävention setzt.

Belastungsthemen sind Arbeitsschutzthemen. Darum können Mitarbeiter zu Gesprächen darüber ein Mitglied des Betriebsrates hinzuziehen. Das gilt auch für Arbeitsplatzbegehungen. Voraussetzung für eine gute Betreuung der Mitarbeiter durch Betriebsräte ist allerdings, dass die Arbeitnehmervertreter an Belastungsthemen nicht mit der gleichen Hobbypsychogie herangehen, wie viele Arbeitgeber. Auch heute noch sind viele Betriebsräte überfordert, wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter mit verhaltenspräventiven Maßnahmen “fürsorglich” beglücken anstatt ihre Arbeitsorganisation verhältnispräventiv in Ordnung zu bringen. Aus dem Arbeitsschutzgesetz ergibt sich: Wenn es um Belastungen geht, dann kommen zunächst nicht die Mitarbeiter auf die Couch, sondern die Arbeitsbedingungen!

Alexander Kirchner hat möglicherweise noch nicht begriffen, dass in Mainz wieder einmal Probleme zutage getreten sind, die längst in Gefährdungsbeurteilungen hätten dokumentiert werden müssen. Wenn das nicht passiert ist, dann wäre das ein klarer Rechtsbruch! Den hätte dann auch die EVG mitzuverantworten: Wie soll die Gewerbeaufsicht Probleme erkennen, wenn die bei Begehungen anwesenden Arbeitnehmervertreter sie nicht in gut dokumentierter Weise auf Fehlbelastungen der Mitarbeiter aufmerksam macht? Wie die Gewerbeaufsicht werden aber wohl auch die Betriebsräte und die Gewerkschaft in der Nachschau nicht zu Erkenntnissen gelangen wollen, die ihre bisherige Überforderung im Arbeitsschutz deutlich macht.

Von psychische Fehlbelastungen verursachte Schäden können erst viele Jahre nach fehlbelastenden Situationen sichtbar werden. Wenn vergangene Verstöße gegen das Arbeitsschutzgesetz selbst von den Betriebsräten und Gewerkschaften nicht erkannt und dokumentiert werden, dann verraten sie die Mitarbeiter, denen ein ausreichender Schutz durch das Arbeitsschutzgesetz verwehrt wurde. Das ist verantwortungslos.

 
Interessanter Link: http://www.bahnvonunten.de/

Überforderte Gewerbeaufsicht bei der Bahn

Montag, 12. August 2013 - 23:34

http://www.berliner-zeitung.de/politik/verkehr-bahn-fehlt-bundesweit-personal,10808018,23984470.html

[...] Bundesweit sei auch an anderen Schaltstellen die Personaldecke zu dünn, räumte DB-Netz-Vorstandschef Frank Sennhenn ein. [...]

Fahrdienstleiter sollten erholt und gut ausgeschlafen ihren Dienst tun.

Wo bleibt hier eigentlich die Gewerbeaufsicht? Hat sie den Zuständen bei der Bahn in Mainz und an vielen anderen Orten jahrelang tatenlos zugesehen? Wenn man Gesundheitsmanagement bei der Deutschen Bahn (Magazin für Personalführung, 1/2011) liest, kommen Zweifel auf, ob die DB überhaupt verstehen will, dass Arbeitsbelastung ein Arbeitsschutzthema ist. Der Artikel setzt vorwiegend auf Verhältnisprävention. Aber im Arbeitsschutz hat nicht Verhaltensprävention, sondern Verhältnisprävention Vorrang. Wahrscheinlich ist das aber auch bei vielen Aufsichtpersonen der Gewerbeaufsicht immer noch nicht angekommen.

Die Arbeitnehmervertreter meinen, sie hätten schon früher vor Personalengpässen gewarnt. Bei den Besuchen der Gewerbeaufsicht müssten Arbeitnehmervertreter mit dabei gewesen sein. Ist dokumentiert, dass sie dabei die Gewerbeaufsicht auf die Gefährdung hingewiesen hatten, die durch Überlastung verursacht werden können? Wussten die Arbeitnehmervertreter, dass mentale Arbeitsbelastung (ISO 10075, “psychische Belastung”in der deutschen Norm) ein Arbeitsschutzthema ist, dass sie gegenüber der Gewerbeaufsicht ansprechen müssen? Ohne aufmerksame und kompetente Arbeitnehmervertreter ist die behördliche Aufsicht (mit ihren eigenen Personalengpässen) völlig überfordert.

 
http://www.drehscheibe-foren.de/foren/read.php?3,6080965,6081456#msg-6081456

[...] Und im Störungsfalle muss man sich eh fragen, ob die Auslastung eines Fdl bei 300 % liegt, was er eh logischerweise nicht leisten kann. [...] Wie viele Fdl´s haben eigentlich psychische Probleme wegen Arbeitsüberlastung [...]?

 
Suche: https://www.google.de/search?q=”fahrdienstleiter”+”psychische”

Bahn-Chefs kassieren, wenn Mitarbeiter zufrieden sind

Samstag, 28. Januar 2012 - 21:05

http://www.welt.de/wirtschaft/article13835797/Bahn-Chefs-kassieren-wenn-Kunden-zufrieden-sind.html:

Neues Vergütungssystem
Autor: Nikolaus Dol
Bahn-Chefs kassieren, wenn Kunden zufrieden sind

Gute Note, gutes Gehalt: Ein Drittel der Bezüge der Bahn-Vorstände soll künftig von der Bewertung durch Kunden und Mitarbeiter abhängen.

Die Fahrgäste und die Beschäftigten der Deutschen Bahn (DB) AG bestimmen künftig darüber mit, wie viel die Vorstände des Konzerns jährlich verdienen. “Wir haben zum ersten Mal die Zufriedenheit der Kunden und der Mitarbeiter in den Vergütungssystemen unseres Unternehmens verankert”, sagte Vorstandschef Rüdiger Grube in Berlin.

Der Bahn-Chef ist mit seinem Vorstoß zwar kein Vorreiter, denn in Deutschland gibt es bereits eine ganze Reihe von Unternehmen, die die Einschätzung von Kunden oder Beschäftigten für die Festlegung der Vorstandsvergütung heranziehen.

Nikolaus Doll hat’s nicht so richtig verstanden: Ein bisschen ist die Bahn hier schon Vorreiter, denn nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern auch die Mitarbeiterzufriedenheit wird gemessen. Um das würdigen zu können, müsste der Berichterstatter natürlich auch die Mitarbeiterzufriedenheit auf dem Radar haben.

 
Aufmerksam geworden bin ich auf diese Meldung aber nicht in der WELT, sondern in der Süddeutschen Zeitung (2012-01-28, S. 3).

Der Chef sei gut – oder schlecht bezahlt.
Die Bahn will das Gehalt ihrer Vorstände davon abhängig machen, wie sie ihre Mitarbeiter bezahlen.
Von Daniela Kuhr

Die Bahn muss nun zeigen, das die neue Vereinbarung nicht nur gut klingt, sondern auch gut ist: Sie muss die Befragung so gestalten, dass daraus ein realistisches Bild entsteht.

Daniela Kuhr hat’s verstanden.

 
Anmerkungen:

 
Interessant auch dieser Artikel (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2011-06-03, Nr. 12)
http://fazjob.net/ratgeber_und_service/beruf_und_chance/fuehrungskraefte/?em_cnt=119366:

Psychische Belastungen im Berufsalltag meistern

Von Hanka Knoche

Die BAHN-BKK scheint hier ein Gleichgewicht zwischen Verhältnis- und Verhaltensprävention gefunden zu haben.