(“festgepinnter” Artikel, aktualisiert: 2017-07-10)
Dies ist ein Blog zum Thema psychisch wirksame Belastungen am Arbeitsplatz.
Weitere Schwerpunkte sind Corporate Social Responsibility (CSR) und der Gebrauch und der Mißbrauch der Zertifizierung von Arbeitsschutzmanagementsystemen.
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Der Arbeitsschutz fragt nicht nach “auffälligen” Mitarbeitern,
sondern er fragt nach auffälligen Arbeitsplätzen.
Auffällige Arbeitsplätze sind solche, an denen für Mitarbeiter schädliche Vorfälle auftreten oder auftreten können. Diese Vorfälle sind nach OHSAS 18001:2007 z.B. solche, an denen arbeitsbezogene Ereignisse auftraten oder auftreten können, die eine Verletzung oder Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere) oder einen tödlichen Unfall zur Folge hatten oder hätten zur Folge haben können. Erkrankungen sind erkennbare, nachteilige physische oder mentale Zustände, die durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation entstanden sind und/oder verschlechtert wurden. Entgegen ihrer Selbstverpflichtung erfassen viele nach OHSAS 18001 zertifizierte Unternehmen nur meldepflichtige Unfälle, andere relevante Vorfälle werden ignoriert. Ohne die Erfassung und Untersuchung solcher Ereignisse (“Vorfälle” nach Definition 3.9 in OHSAS 18001:2007) bleibt die Prävention jedoch mangelhaft.
Das Thema der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz wird häufig als ein erst in den letzten Jahren akut gewordenes Thema dargestellt (auch im Vertrag zwischen den Unionsparteien und der SPD zur derzeitigen Koalition), bei dem wichtige Dinge noch erforscht werden müssten, aber Forderungen nach dem Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz sind doch überhaupt nicht neu:
Der in der ISO 10075 definierte Begriff “psychische Belastungen” (mental workload) ist in letzter Zeit häufiger zu lesen. Erstaunlich ist,
- dass wir uns immer dringlicher fragen, wieso aus psychischen Fehlbelastungen resultierende Arbeitsunfähigkeiten zunehmen
- aber dass wir trotzdem nicht genug dagegen unternehmen, dass über 80% der Unternehmen in Deutschland den vorgeschriebenen Einbezug psychischer Belastungen in den ganzheitlichen Arbeitsschutz immer noch missachten dürfen.
Der Großteil der Unternehmen missachtet also die Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes, und trotzdem wird so gut wie überhaupt nicht thematisiert, dass der tägliche Rechtsbruch in diesem Bereich ein wichtiger Grund für die bis heute beobachtete Zunahme psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz sein sein könnte. Was passiert mit den Menschen (und mit dem Staat), wenn Schutzgesetze nachhaltig und sanktionslos missachtet werden dürfen? Aufsichtsbehörden und Zertifizierungsunternehmen sehen überfordert zu.
Spätestens nach 2004 hätten die Unternehmer von der Gewerbeaufsicht und den Berufsgenossenschaften in die Pflicht zum mitbestimmten Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz genommen werden müssen. Haben sich Unternehmer daran gewöhnen dürfen, Schutzvorschriften nicht mehr ernst nehmen zu müssen?
Ein paar Links im Bloggewühl:
- ISO 45001 (Englisch)
- Handlungshilfen für Unternehmen, darunter auch:
Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz
Besonderer Schwerpunkt: psychische Belastung
Ein Praxisleitfaden für Arbeitgeber (PsyGeb) - GDA-Leitlinien (PsyGeb)
- Psychische Belastungen bei 80% der Betriebe nicht beurteilt
- Hans Böckler Stiftung: Mitbestimmung
- Unterfangen, das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz möglichst weit aus den Betrieben herauszuhalten
- Lesetipps zum Arbeitsschutzmanagement (insbesondere OHSAS 18001)
- Gesundheitsmanagement als Schleier
- Psychosoziale Kosten turbulenter Veränderungen
- Motivierende Vorschriften
- Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS)
- Nachrichten
- Geschichte
- Archiv: Empfehlungen bis 2013-03-31
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Zitate sind mit einem grauen Balken an der linken Seite gekennzeichnet. Beispiel (DEKRA 2011-10-07):
[...] Die Betriebe werden im Arbeitsschutz meist nur aktiv, weil sie gesetzliche Vorschriften befolgen müssen (84 Prozent der Nennungen) und nicht, weil sie den wirtschaftlichen Nutzen sehen (31 Prozent) oder aus „ethischen Gründen“ (38 Prozent). [...]
oder Perry Jordans immer noch gültige Feststellung in http://blog.psybel.de/veraenderungen-gehen-ans-eingemachte/, dass
- psychische Belastung oft noch als individuelles Problem angesehen wird (man kennt sie ja, die Workaholiker oder unfähigen Zeitmanager …) bzw. eine gedankliche Trennung zwischen Mensch und Betrieb vornimmt,
- Führungskräfte ahnen/wissen, dass es bei ggf. erforderlichen Veränderungen häufig ans Eingemachte geht – Organisation, Personaleinsatz/ -entwicklung, Führung/ Kommunikation -und man dieses (Diskussions-) Risiko scheut,
- ganz einfach Zusammenhänge nicht klar sind.
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