2010: Ganzheitlicher Arbeitsschutz nur bei 16% der Betriebe

Donnerstag, 3. Februar 2011 - 19:02

Die Ergebnisse aktueller Forschungsprojekte zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung (aus einem Bericht von Ina Krietsch und Thomas Langhoff, Prospektiv GmbH, Dortmund für BAuA/GRAziL, 2007-09 – 2010-04) sehen immer noch so aus:

  1. Fehlende Handlungsbereitschaft: Unternehmen greifen ohne die Impulsgebung durch Gewerkschaften, Betriebsräte bzw. Arbeitsschutzbehörden (vereinzelt) das Thema “Psychische Belastungen” als Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung (GB) i. d. R. nicht auf.
  2. Geringe Handlungskompetenz: Weder bei betrieblichen noch bei überbetrieblichen Arbeitsschutzakteuren ist in der Breite eine ausreichende Kompetenz zum Umgang mit dem Thema “Psychische Belastungen” vorhanden.
  3. Schwierige Kooperation: Von Betriebsrat, Arbeitgeber und betrieblichen Arbeitsschutzakteuren bei der GB zu psychischen Belastungen bzw. unzureichende Abstimmung der Akteure untereinander.

(Siehe dazu auch http://www.arbeitstattstress.de/2011/01/inwieweit-werden-psychische-gefaehrdungen-in-den-betrieben-beurteilt/.)

Die einzige Krankheitskategorie, in der von den Versicherungen eine Zunahme von Fehlzeiten am Arbeitsplatz beobachtet wird, ist die Kategorie der psychischen Erkrankungen. Aber ausgerechnet in diesem Bereich werden in Deutschland die Arbeitsschutzvorschriften nicht durchgesetzt:

Obwohl die Betriebe seit 1996 durch das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet sind, körperliche wie auch psychische Arbeitsbelastung am Arbeitsplatz im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln und sie so gering wie möglich zu halten, ist dies in vielen Betrieben immer noch nicht umgesetzt. Vor allem werden psychische Arbeitsbelastungen dabei nach wie vor kaum berücksichtigt.
(inqa.de, BAuA: Unterweisung, 2006, S. 8)

Aus der Betriebsrätebefragung 2008/06 des WSI (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung) ergibt sich:

Psychische Gefährdungen werden kaum berücksichtigt

Trotzdem steht es um die Gefährdungsbeurteilung und insbesondere um die Berücksichtigung der psychischen Belastungen in den Betrieben nicht gut, wie die WSI- Betriebsrätebefragung 2008/09 ebenfalls zeigt:

  • Gefährdungsbeurteilungen nach dem Arbeitsschutzgesetz werden nur von einer Minderheit der Betriebe (46%) durchgeführt.
  • Aus dieser Teilgruppe berücksichtigen nur 29% der Betriebe auch psychische Belastungen.
  • Also haben nur 16% aller befragten Betriebe in ihren Gefährdungsbeurteilungen auch psychische Arbeitsbelastungen berücksichtigt.

Die entsprechenden Vorschriften des Arbeitsschutzes gibt es seit 1996. Gestärkt wurden sie in den Entscheidungen AZ 1 ABR 4/03 (siehe insbes. Punkte 12 und 33) und AZ 1 ABR 13/03 des Bundesarbeitsgerichtes zur Mitbestimmung aus dem Jahr 2004.


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