Schlagwort 'betriebsspezifische Lösungen'

Hallo??

Montag, 4. Februar 2013 - 08:11

http://www.haufe.de/arbeitsschutz/gesundheit-umwelt/psychische-belastungen-in-der-gefaehrdungsbeurteilung_94_162886.html

04.02.2013
Konsequenzen aus dem Stressreport 2012
Psychische Belastungen gehören in die Gefährdungsbeurteilung …

… Nicht warten, sondern handeln

Es wird voraussichtlich noch eine Weile dauern, bis es allgemein gültige Messverfahren und Grenzwerte geben wird. Doch können Gesundheits- und Arbeitsschützer im persönlichen Gespräch, mit Hilfe von Umfragen oder anonymen Fragebögen ermitteln, ob und welche psychischen Belastungen es an einem Arbeitsplatz gibt und entsprechende Maßnahmen im Unternehmen veranlassen, damit es zur Entlastung kommt.

Es geht schon los: Jetzt sind ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen “Konsequenzen aus dem Stressreport 2012″. Ist das nicht ein bisschen zu spät? Ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen sind schon seit 1996 Konsequenzen aus dem Arbeitsschutzgesetz.

Auch wieder dabei: die Erwartung “allgemein gültiger Messverfahren und Grenzwerte”. Dabei wollten die Arbeitgeber vor 16 Jahren genau das nicht. Sie wollten betriebsspezifische Lösungen. Ja was denn nun? Aber vielleicht war es so, dass die Arbeitgeber hofften, ohne “allgemein gültige” Regeln eigentlich gar nichts tun zu müssen.

Warum weist haufe.de nicht auf den vorgesehenen Weg hin: Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren innerhalb des weiten Rahmens des Arbeitsschutzgesetzes Regeln, wie psychische Belastungen betriebsspezifisch in den Arbeitsschutz zu integrieren sind. Hier sind weiterhin Betriebsräte und Personalräte gefordert. Es geht um ihre Mitbestimmungspflicht.

Unternehmen wünschen mehr Handlungssicherheit

Donnerstag, 31. Januar 2013 - 23:55

http://www.me-arbeitgeber.de/metallindustrie/verbaende.nsf/id/F2254A53C6823A98C1257B030034BC42

Die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie
ME – Arbeitgeber

Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt im Fokus des ifaa

30.01.2013 – Im Zuge der gegenwärtigen Diskussion zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt und der Vorstellung des „Stressreport Deutschland 2012“ durch die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen betont Prof. Dr. Sascha Stowasser, Direktor des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa): „Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung bei der Arbeit ist gegenwärtig mit Fragen der praktischen Umsetzung verbunden – Unternehmen brauchen daher noch mehr Handlungssicherheit. Daher intensiviert das ifaa bei seiner Arbeit die Weiterentwicklung objektiver Methoden und Instrumente zur Erfassung und Messung psychischer Belastung.“.

(Link nachträglich eingefügt)

1996 wünschten sich die Unternehmen mehr Freiheit. Es entstand das Arbeitsschutzgesetz als Rahmengesetz, innerhalb dessen betriebsnahe Lösungen flexibel gestaltet werden sollten. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer hätte hier als Hilfte genutzt werden können. Das hat wohl nicht so recht geklappt. Die Gründe dafür liegen natürlich sowohl bei den Arbeitgebern wie auch bei den Arbeitnehmern. Oder war diese Art von Gesetzgebung realitätsfern?

Jetzt rufen die Unternehmer wieder nach konkreten Handlungsanweisungen, möglichst irgendwelche Listen, in denen man - wie bei der guten alten Arbeitssicherheit - nun auch psychische Belastungen mit einfachen Checkboxen abhaken kann. Es gibt z.B. namhafte Unternehmen, die die paar Beispiele aus einer GDA-Leitlinie in ihre Gefährdungsformulare kopieren und dann ernsthaft meinen, sie könnten damit psychische Gefährdungen vollständig und betriebsspezifisch erfassen und bewerten. Bei den Beispielen handelt es sich um die Zeilen 10.1 bis 10.4 auf Seite 13 der Leitlinie. Geflissentlich übersehen wird die leere Zeile 10.5 mit drei Pünktchen und der Fußnote “Die Aufzählung ist nicht abschließend”. Die betriebsnahe Vervollständigung muss nämlich erst erarbeitet werden. Das war ursprünglich doch die Idee. So wie die Rechtssituation in Deutschland ist, machen sich Arbeitgeber, die hier die Mitbestimmung “vergessen”, zwar strafbar, werden aber nicht bestraft.

Zu allem Übel kommt dann noch dazu, dass sich die überforderte Gewerbeaufsicht mit solchen Formularen tatsächlich einlullen lässt.

Betriebliche Lösungen

Montag, 30. Juli 2012 - 23:18

“Betriebsspezifische Lösungen” oder “betriebsnahe Lösungen” sind ein Mittel der “Entbürokratisierung”. Unternehmer wollen lieber innerbetriebliche Regeln anwenden, als sie sich vom Staat überstülpen zu lassen. Allerdings verlagern sich dann bei der Gestaltung der Regeln die Verhandlungen vom parlamentarischen und demokratisch legitimierten Prozess weg in den Betrieb. Wenn dann ein guter Betriebsrat fehlt, kann der Arbeitgeber ohne Verhandlungen durchsetzen, wie die “Verbetrieblichung” aussehen soll.

Zur Vertrieblichung gibt es auch Forschung:
http://www.iaq.uni-due.de/fsgruppen/bra.php

Forschungsgruppe “Betriebliche Regulierung von Arbeit”

Mitglieder: Prof. Dr. Werner Nienhüser (Leitung), Heiko Hoßfeld
Kurzportrait der Forschungsgruppe

Die Forschungsgruppe beschäftigt sich derzeitig schwerpunktmäßig mit dem Thema “Verbetrieblichung”. Verbetrieblichung bezeichnet den Prozess und den Zustand der Verlagerung der Regulierung von Sachverhalten von der überbetrieblichen auf die betriebliche Ebene. Eine Verlagerung von Tarifverhandlungselementen erfolgt etwa über Öffnungsklauseln, auch in der zunehmenden Zahl von Haustarifverträgen drückt sich Verbetrieblichung aus. Diese Entwicklungen haben massive Folgen für die Verhandlungsparteien. Die Forschungsgruppe untersucht die Folgen für die Betriebe – für die Beschäftigten ebenso wie für die Betriebsleitungen. Wir wollen Kenntnisse gewinnen über Formen der Verbetrieblichung und über die (wahrgenommenen) betrieblichen Folgen in Form etwa von Arbeitskosten und Konflikten.

Update: https://www.uni-due.de/apo/Verbetrieblichung/

Gestaltung von Betriebsvereinbarungen zur Gefährdungsbeurteilung

Freitag, 27. Januar 2012 - 20:57

Bei der Gestaltung von Betriebsvereinbarungen zur Gefährdungsbeurteilung gibt es einen großen Spielraum. Nicht ohne Grund ist das Arbeitsschutzgesetz nur ein Rahmengesetz, das betriebsnahe Lösungen ermöglicht. Es macht keinen Sinn, sich gegen betriebsfremde Gängelei zu wehren, dann aber bei der Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes nur auf bereits bekannte Lösungen zu vertrauen. (In vorgegebene Lösung flüchten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch, wenn sie sich gegenseitig nicht vertrauen.) Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer hier nicht kreativ sind, dann werden ihnen irgenwann einmal doch wieder fremdbestimmte Vorschriften übergestülpt, über die sie dann jammern, obwohl sie sich das selbst eingebrockt haben.

Einige Punkte, auf die Arbeitnehmervertretungen achten sollten:

Gleichartige Arbeitsbedingungen: Es ist organisatorisch und ökonomisch sinnvoll, für gleichartige Arbeitsbedingungen eine gemeinsame Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Achten Sie jedoch bei der Gestaltung der Betriebsvereinbarungen zur Gefährdungsbeurteilung darauf, dass auf spezielle Gefährdungen einzelner Arbeitsplätze oder Untergruppen von Arbeitsplätzen fallweise auch mit speziellen Gefährdungsbeurteilungen reagiert werden kann.

Gefährdungsbeurteilungen von Prozessen: Berauben Sie sich in einer BV zur Gefährdungsbeurteilung nicht der Möglichkeit, zusätzlich zu den Gefährdungsbeurteilungen, die Arbeitsplatzgruppen zugeordnet sind, auch Prozesse zu beurteilen. Mir sind hier noch keine Beispiele bekannt, aber eigentlich ist das eine logisch nachvollziebare Lösung, mit der die Nachteile der Zusammenfassung von Arbeitzplätzen kompensiert werden kann.

Gefährdungsbeurteilungen von Projekten: Gute Beispiele für die Gefährdungsbeurteilung von Projekten sind mir auch nicht bekannt. Aber auch eine solche Gefährdungsbeurteilung kann, kostengünstig aufbauend auf dem ohnehin notwendigen Risikomanagement von Prozessen, die Nachteile eines konventionellen Ansatzes der Zusammenfassung von Arbeitzplätzen kompensieren.

BV-Gestaltung als Projekt der Arbeitnehmervertretung: So eine Betriebsvereinbarung entsteht nicht von selbst. Das ist viel Arbeit auf oft ziemlich unbekanntem Terrain, und zwar zusätzlich zur täglichen Arbeit der Arbeitnehmervertretung. Planen Sie diese Arbeit und nehmen sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Lassen Sie sich die Planung durch einen Beschluss im Betriebs- oder Personalrat absegnen. Die Planung ist besonders bei teilfreigestellten Arbeitnehmervertretern sehr wichtig.

(Dieser Artikel ist vielleicht noch nicht ganz abgeschlossen.)

Von wegen geringe Eigeninitiative der Mitarbeiter: Sie bestimmen sogar mit!

Montag, 24. Oktober 2011 - 21:21

booz&co
Vorteil Vorsorge
Die Rolle der betrieblichen Gesundheitsvorsorge
für die Zukunftsfähigkeit des
Wirtschaftsstandortes Deutschland

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S. 12

… Ganzheitlichkeit

Betriebliche Gesundheitsvorsorge zielt inzwischen verstärkt darauf ab, neben Maßnahmen, die auf rein physische Indikationen ausgerichtet sind, die Ursachen und Gegenmaßnahmen für psychisch bedingte Krankheiten zu adressieren. Zahlreiche Studien haben sich mit dem Zusammenhang zwischen Mitarbeiterzufriedenheit, guter Führung und einem niedrigen Krankenstand beschäftigt und die positiven Auswirkungen von Führung und Mitarbeiterzufriedenheit auf den Gesundheitsstand bestätigt.

Laut Gesetzgeber sind Unternehmen seit Anfang 2011 verpflichtet, neben der Grundbetreuung und dem gesetzlichen Mindestmaß an betriebsärztlichen Stunden auch eine jährliche betriebsspezifische Betreuung durchzuführen. Laut Unfallverhütungsvorschrift beinhaltet diese eine betriebsindividuelle Gefährdungsbeurteilung (Beurteilung der Arbeitsbedingungen). Arbeitspsychologische Aspekte sind hierbei ausdrücklich eingeschlossen. Diese umfassen neben Arbeitsaufgaben, Arbeitsrhythmus, Arbeitszeit- und Pausengestaltung sowie Personaleinsatz sogenannte gesundheitsstärkende Faktoren wie gegenseitige Unterstützung bei der Arbeit.

Am Beispiel der RWE AG wird deutlich, wie stark die psychosoziale Verfasstheit der Mitarbeiter und der Gesundheitsstand korrelieren. Unter anderem deutet eine Mitarbeiterbefragung von RWE darauf hin, dass Aspekte, die mit wirksamer Führung zusammenhängen, eine signifikant hohe Korrelation (0,62 bis 0,73) mit dem Gesundheitsstand der Mitarbeiter aufweisen.13

Ganzheitliches Gesundheitsmanagement wendet sich an alle Mitarbeiter. Besonders für Menschen, die außerhalb des Berufs aufgrund mangelnder Informationen oder geringer Eigeninitiative keine entsprechenden Angebote wahrnehmen, spielt das Arbeitsumfeld eine entscheidende Rolle, denn dort können Kollegen und Führungskräfte den richtigen Umgang mit der eigenen Gesundheit vorleben. Das Gesundheitsbewusstsein des einzelnen Mitarbeiters hängt deshalb in hohem Maße auch von dem Stellenwert ab, den der eigene Arbeitgeber dem Wohlbefinden aller beimisst. …

(Links nachträglich eingefügt)

S. 14

… Eine enge Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten und dem Betriebsrat ist für die reibungslose Durchführung von präventiven Maßnahmen unerlässlich. Vor allem von der Unterstützung des Betriebsrats hängt es ab, ob die Mitarbeiter Vertrauen in die betrieblichen Vorsorgeprogramme fassen. …

Wie man sieht, sind den Beratern von booz&co Betriebsräte durchaus bekannt. Aber dass sie schon auf Seite 12 bei der Ganzheitlichkeit eine Mitbestimmungspflicht haben und nicht erst ab Seite 14 beim Datenschutz, das müssen die Berater noch lernen.

Nett, wie fürsorglich sich Unternehmen “besonders für Menschen, die außerhalb des Berufs aufgrund mangelnder Informationen oder geringer Eigeninitiative keine entsprechenden Angebote wahrnehmen” einzetzen wollen. Schwupps, schon ist der schwarze Peter wieder bei den ach so passiven Mitarbeitern, deren Arbeitsplätze seit 2011 “eine jährliche betriebsspezifische Betreuung” erfahren müssen. Im Arbeitsschutzgesetz steht jedoch ganz klar, dass der Arbeitgeber verantwortlich ist. Und die Arbeitnehmer (Arbeitgebende) werden dabei nicht nur entgegenkommend eingebunden, sondern sie bestimmen mit. BAuA/GRAziL:

Fehlende Handlungsbereitschaft: Unternehmen greifen ohne die Impulsgebung durch Gewerkschaften, Betriebsräte bzw. Arbeitsschutzbehörden (vereinzelt) das Thema “Psychische Belastungen” als Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung (GB) i. d. R. nicht auf.

Den Mitarbeitern fehlt die Initiative, sondern es waren die Unternehmen, die das Thema jahrelang verschleppten und aufgrund ihrer Sorge vor Veränderungen, ihres mangelnden Wissens und ihrer geringen Eigeninitiative die Angebote der Arbeitnehmervertreter nicht annehmen wollten.

Das Thema ja nicht erst seit 2011 auf dem Tisch. Dass es spätestens seit 2004 (eigentlich schon seit 1997) klar war, dass in den Betrieben auch die psychisch wirksamem Belastungen in den Arbeitsschutz (und damit in die ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung) einbezogen werden mussten, schreibt booz&co seinen Auftraggebern anscheinend nicht so gerne in das Hausaufgabenbuch.