Archiv für März, 2012

Gefährdungsbeurteilung:
Eine Gefahr für den Arbeitgeber?

Dienstag, 20. März 2012 - 06:03

http://www.arbeitsrechtsforum-hannover.de/JH_Gefaehrdungsbeurteilung_ArbSchG_190110.htm (nicht mehr aktiv)

Die Gefährdungsbeurteilung nach dem ArbSchG
- eine Gefahr für den Arbeitgeber? - 

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Dr. Jörn Hülsemann, Hameln

Was wir heute besprechen wollen:

  • Die rechtliche Verpflichtung zur Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen.
  • Die rechtliche Verpflichtung zur Dokumentation dieser Gefährdungsbeurteilungen.
  • Die arbeitsrechtlichen Rechtsfolgen einer unterbliebenen Gefährdungsbeurteilung
  • Die weiteren Rechtsfolgen einer unterbliebenen Gefährdungsbeurteilung bzw. deren Dokumentation.
  • Bußgeldrechtliche Folgen
  • Strafrechtliche Folgen

 
http://www.hwk-bremen.de/fileadmin/user_upload/PDF/Arbeits-_u._Umweltschutzberatung/01.03.2011_-_Haftung_Arbeitsschutz/Praesentation_-_Haftung_Arbeitsschutz_-_von_Dr._Huelsemann.pdf (nicht mehr aktiv)
Pflichten und Handlungsrisiken im Arbeitsschutz
Dateititel: Der Arbeitgeber zwischen Pflicht und Kür  – Wege zur Rechtssicherheit
Dateidatum: 2011-02-03
58 Seiten

Psychische Belastung und Beanspruchung
in Call-Centern

Montag, 19. März 2012 - 14:40

Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit und RKW Kompetenzzentrum (eine Einrichtung des RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e. V.): http://www.infoline-gesundheitsfoerderung.de/ca/j/hua/

Siehe auch: http://projekte.sozialnetz.de/ca/ud/sgv/ und http://blog.psybel.de/linkliste-call-center/

Versachlichung der Burnout-Debatte

Montag, 19. März 2012 - 07:29

http://psychologienachrichten.de/?p=2805


Wie sehr die breite öffentliche Diskussion um das Thema Burnout und um schädliche psychosoziale Bedingungen unserer Arbeitswelt auch zu begrüßen ist, so sehr muss doch auch vor Missverständnissen und irreführenden Sichtweisen gewarnt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) schafft in einem Positionspapier aus medizinischer Sicht Klarheit. Das Papier wurde am 7. März 2012 im Rahmen des 11. Hauptstadtsymposiums „Burnout – Der Preis für die Leistungsgesellschaft?“ der DGPPN in Kooperation mit der Stiftung Seelische Gesundheit der Öffentlichkeit vorgestellt.


Verantwortung der Betriebe und Verwaltungen gefordert

Die DGPPN fordert, dass „psychisch gesunde“ Arbeitsplätze mehr als bisher in die Verantwortung der Betriebe und Verwaltungen rückt. Dabei sollte die Position von Betriebsärzten gestärkt werden. Wie in den meisten anderen europäischen Ländern sollten auch in Deutschland gesetzliche Regelungen zum Schutz vor gesundheitsgefährdendem psychischem Stress erfolgen. Psychische Belastungen am Arbeitsplatz müssen medizinischen Risiken von Lärm, Licht, Vibrationen oder Toxinen gleichgestellt sein. Dies könnte aus Sicht der DGPPN verhindern, dass das sogenannte Burnout-Problem vornehmlich auf das Gesundheitssystem abgeschoben wird. Hier besteht in Deutschland erheblicher Nachholbedarf.

In der medizinischen Forschung ist der Risikofaktor „psychisch ungesunder Arbeitsplatz“ bisher kaum untersucht. Das Thema „Psychische Krankheit und Arbeitsplatz” muss auch Gegenstand einer breit angelegten wissenschaftlichen Forschungsinitiative der Bundesregierung werden.

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind im Arbeitsschutz jetzt schon medizinischen Risiken von Lärm, Licht, Vibrationen oder Toxinen gleichgestellt. Nur wissen das viele Verantwortliche immer noch nicht.

Nicht radikal böse, aber banal reicht auch schon

Samstag, 17. März 2012 - 18:24

Die Bundesarbeitsministerin zeigt Verständnis für die “Unwissen und Hilflosigkeit” in der Wirtschaft.

 
Ursula von der Leyen: im Interview mit dem SPIEGEL (Februar 2012)
Thema: psychische Belastungen am Arbeitsplatz
in: SPIEGEL WISSEN, Patient Seele – Wie die Psyche wieder ins Gleichgewicht kommt,
(132 Seiten, Druckauflage: ca. 240000, Feb. 2012), Nr. 1/2012, S.49


Das Thema wird in der Wirtschaft noch nicht ernst genug genommen, nicht aus bösem Willen, sondern aus Unwissen und Hilflosigkeit.

Ursula von der Leyen in einem Inteview mit der Saabrücker Zeitung (http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Interviews/interview-vdl-saarbruecker-zeitung-2011_12_27.html, 2011-12-27):


Es gibt ein Thema, das bislang viel zu kurz gekommen ist: die psychischen Belastungen in der Arbeitswelt. Nach dem Arbeitsschutzgesetz muss, wer den Arbeitsschutz auch in seelischer Hinsicht vernachlässigt, mit empfindlichen Strafen bis hin zu Gefängnis oder Betriebsstilllegung rechnen. Wir brauchen also keine schärferen Gesetze. Studien zeigen, dass sieben von zehn Unternehmen das Thema schleifen lassen – meist aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit. Deswegen müssen wir besser informieren, Lösungswege aufzeigen, kontrollieren und die Beteiligten motivieren.

In der FAZ kann man sogar nachlesen, dass die Ministerin das Wort “Arbeitsschutzgesetze” verwendet hat: http://fazjob.net/ratgeber_und_service/beruf_und_chance/fuehrungskraefte/?em_cnt=120637


Die Ministerin will dazu nicht die Gesetze verschärfen, vielmehr müssten Arbeitgeber die geltenden Arbeitsschutzgesetze besser einhalten: Sieben von zehn Unternehmen ließen das Thema “aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit” schleifen, sagte von der Leyen.

Psychotherapeuten, Arbeitssoziologen und Gewerkschafter warnen schon seit Jahren vor den Gefahren einer sich verdichtenden und beschleunigenden Arbeitswelt.

Trotz solcher (und früherer) Angriffe auf ihre Unwissenheit konnten sich die Arbeitgeber erfolgreich gegen die Belästigung durch nicht zielführendes Wissen wehren und damit auch ihre Hilflosigkeit erhalten. Spätestens seit 2005 pflegte die Mehrheit der Arbeitgeber ihre Unwissenheit mit Absicht.

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Hannah_Arendt zur Banalität des Bösen


In der Einleitung zur deutschen Ausgabe 1964 erläutert Arendt ihre Wortwahl: ,,[...] in dem Bericht kommt die mögliche Banalität des Bösen nur auf der Ebene des Tatsächlichen zur Sprache, als ein Phänomen, das zu übersehen unmöglich war. Eichmann war nicht [...] Macbeth [...]. Außer einer ganz ungewöhnlichen Beflissenheit, alles zu tun, was seinem Fortkommen dienlich sein konnte, hatte er überhaupt keine Motive.” Er sei nicht dumm gewesen, sondern ,,schier gedankenlos”.

1969 formulierte sie in einem Brief an Mary McCarthy: ,,[...] die Wendung »Banalität des Bösen« als solche steht im Gegensatz zu der vom »radikal Bösen« [Kant], die ich [A.] im Totalitarismus-Buch benutze.”

 

Bitte jetzt nicht mit Aufregung über einen Vergleich mit Eichmann vom Thema ablenken. Das Thema ist nicht Eichmann, sondern es geht um die Tatsache, dass das Böse aus Gedankelosigkeit sich in seiner Wirkung vom radikalen Bösen nicht notwendigerweise unterscheiden muss.

(Aktualisierung: 2012-03-20)

Motivationsdruck auf Mitarbeiter

Freitag, 16. März 2012 - 18:04

Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
http://blog.psybel.de/grundsaetze-der-behoerdlichen-systemkontrolle/

… Ursachen für Arbeitsschutzmängel müssen aufgedeckt werden. Dabei kann die Ursachenprüfung nicht beim Fehlverhalten des Arbeitnehmers enden, denn allzu häufig finden sich Fehler in der Delegationskette, in der Bereitstellung von Informationen, oder es sind Zuständigkeiten oder Abläufe unklar. …

 

SPIEGEL WISSEN, Patient Seele – Wie die Psyche wieder ins Gleichgewicht kommt,
(132 Seiten, Druckauflage: ca. 240000, Feb. 2012), Nr. 1/2012, S. 115

… Wenn ein Mitarbeiter aber über längere Zeit nichts unternimmt, um sein Problem anzugehen, dann könnte der Vorgesetzte in weiteren Gesprächen auch den Motivationsdruck erhöhen, sagt er [Dr. Werner Kissling, CFDM]. Das könnte dann so klingen: “Wir werden nicht mehr zwölf Monate abwarten, bis Sie etwas unternehmen, um gesund zu werden. Durch klare Ansagen erreiche man oft doch, “dass professionelle Hilfe angenommen wird” …, meint der Psychotrainer. Das letztlich auch im Interesse des erkrankten Mitarbeiters.

Das Modell hat nur einen Haken: Wer auf der Burnour-Spirale schon weit hinabgerutscht ist, hat längst seinen unverstellten Blick dafür verloren, was Gesundheit für ihn mal bedeutet hat. …

Darum schlägt Werner Kissling ein solches “Modell” auch nicht so vor, wie es sich einem unkritischen SPIEGEL-Leser auf den ersten Blick darstellen könnte. In seinen Seminaren rät er Mitarbeitern und Vorgesetzten klar davon ab, Arzt zu spielen. Laien können und dürfen weder “Probleme” von Mitarbeitern als Krankheit diagnostizieren noch Mitarbeiter als psychisch “erkrankt” einstufen.

Werner Kissling ist kein “Psychotrainer”, sondern ein seriöser Psychiater, dessen Institut (der TU-München) Vorträge, Schulungen und Beratung anbietet. Dabei betont er, dass ein funktionierender Arbeitsschutz eine Grundvoraussetzung ist und dass Gefährdungen vorschriftsgemäß beurteilt werden müssen. Im Gegensatz zum SPIEGEL kennt und respektiert Werner Kissling den Arbeitsschutz und die Mitbestimmung. Er bietet auch Betriebsräten Schulungen an.

All das hat der SPIEGEL ignoriert und erweist damit sowohl seinen Lesern wie auch dem von ihm zitierten Arzt keinen Dienst. Auch in dem ganzen 132seitigen Heft habe ich nichts zum Arbeitsschutz und seiner Vernachlässigung durch die Mehrheit der Arbeitgeber gefunden. In Sachen Arbeitsschutz bleiben die Leser unwissend und hilflos.

Die Vernachlässigung der psychischen Belastungen im Arbeitsschutz dermaßen zu ignorieren, muss inzwischen ziemlich anstrengend für Journalisten geworden sein. Diese Vernachlässigung ist inzwischen klar belegt. Die meisten Journalisten ignorieren die Fakten trotzdem: Etwa 70% der Unternehmen beziehen psychisch wirksame Belastungen nicht in den Arbeitsschutz ein. Der SPIEGEL weiß, dass es hier Probleme gibt, kommt aber nicht auf die Idee, dass die beharrliche Missachtung wichtiger Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes das Risiko der Mitarbeiter erhöht, durch ihre Arbeitsbedingungen verletzt zu werden. Unter welchen Bedingungen arbeiten eigentlich die Mitarbeiter des SPIEGEL? Ist der Einbezug psychischer Belastungen an den Bildschirmarbeitsplätzen in der SPIEGEL-Redaktion ein Tabu?

Von wichtige Fakten ausblendende Journalisten zu Politikern, die sich eigentlich um die Gesundheit der Bürger kümmern sollten: Auf der Rückseite des Heftes wirbt das FDP-geführte Bundesministerium für Gesundheit (BMG):

Die Vermeidung von zu viel Stress am Arbeitsplatz ist eine gemeinsame Aufgabe. Daran haben alle ihren Anteil.

Ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber: Zu viel Stress schadet uns allen. Nehmen Sie die betriebliche Gesundheitsförderung nicht auf die leichte Schulter. Machen Sie auch mit: www.Unternehmen-unternehmen-Gesundheit.de

Die Bundesregierung erlässt Gesetze, an die sich die Arbeitgeber zu halten haben. Anstatt die Missachtung des Arbeitsschutzgesetzes anzusprechen und die Verantwortung der Arbeitgeber für den Arbeits- und Gesundheitsschutz anzusprechen, macht dieses Ministerium (im Gegensatz zum CDU-geführten Bundesarbeitsministerium) Täter und Opfer gleichermaßen für die Gesundheitsförderung verantwortlich. Dabei ist erwiesen, dass sich Arbeitgeber ohne Motivationsdruck durch die Aufsicht beim Arbeitsschutz mehrheitlich nicht an ihre Pflichten halten würden. Ein zu großer Teil der Klientel der FDP drückt sich davor, den gesetzlichen Verpflichtung zur Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes nachzukommen.

(Aktualisierung: 2012-03-19)

Mehr Eigenverantwortung der Beschäftigten

Freitag, 16. März 2012 - 18:03

http://www.gutearbeit-online.de/archiv/beitraege/2009/2009_08_05_07.pdf

Arbeitgeber gegen „Neue Kultur der Arbeit“ 

Eine neue Kultur der Arbeit ist nicht erforderlich, es gibt sie schon. Im Grunde ist die Arbeitswelt völlig in Ordnung, was fehlt, ist lediglich mehr Eigenverantwortung der Beschäftigten. Mit dieser Herangehensweise haben Arbeitgeberverbände nicht nur erwartungsgemäß die Initiativen der Gewerkschaften für Gute Arbeit angegriffen, sondern auch dem gerade erst gestarteten Projekt des Bundesarbeitsministeriums für eine Neue Kultur der Arbeit in der vorgeschlagenen Form eine deutliche Absage erteilt. …

… Die vom BMAS gewählte Bezeichnung „Neue Kultur der Arbeit“ wurde von der BDA rundweg abgelehnt. Sie impliziere eine Kritik an der jetzt schon bestehenden „Kultur der Arbeit“, die nicht akzeptiert werden könne. „Menschenwürdige und menschengerechte Arbeitsbedingungen“ seien in Deutschland eine „Selbstverständlichkeit“, das Arbeitsschutzniveau sei hoch und liege „europaweit über dem Durchschnitt“. Als alternativen Titel schlug die BDA vor: „Für eine moderne Kultur der Arbeit – gemeinsam Arbeits-und Beschäftigungsfähigkeit sichern“. Weiter bestehende „Beschäftigungshemmnisse“ müssten beseitigt werden; dazu wird z.B. eine Fortsetzung der vergangenen Arbeitsmarkt-„Reformen“ angemahnt. Sie dürften nicht „verwässert oder rückgängig gemacht“ werden. …

… Eine auch nur vorsichtige Kritik der Kurzfristökonomie, die die Finanz-und Wirtschaftskrise maßgeblich verursacht hat, wird ebenfalls zurückgewiesen. Die BDA verlangt, den vom BMAS vorgeschlagenen Satz „Mit einer kurzfristig ausgerichteten Wettbewerbstrategie werden Unternehmen den neuen Herausforderungen immer weniger gerecht“ zu streichen. Der Satz enthalte eine „unangebrachte, verallgemeinerte Kritik an den Unternehmen“. …

Beschäftigte sollen mehr „Eigenverantwortung“ zeigen

Eine „moderne Kultur der Arbeit“, wie die Arbeitgeber sie sehen, liegt nach Auffassung der BDA „in der Verantwortung aller“, „insbesondere der Beschäftigten“. Diese „Eigenverantwortung“ der Beschäftigten wird im BDA-Papier in vielen Zusammenhängen immer wieder nachdrücklich hervorgehoben. „Eigenverantwortung“ ist ein neoliberales Lieblingsschlagwort – gemeint ist immer die Verantwortung der anderen, in diesem Fall der Beschäftigten. Der Grundgedanke des Arbeitsschutzgesetzes, dass nämlich der Arbeitgeber die Letztverantwortung dafür trägt, dass die Beschäftigten unter Bedingungen arbeiten, die ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden nicht beeinträchtigen, ist hier völlig aus dem Blickfeld.

So müssten die Arbeitnehmer „verstärkt Eigenverantwortung und -initiative in der beruflichen Weiterbildung übernehmen“, diese also offenbar in ihrer Freizeit und auf eigene Kosten absolvieren, weil sie selbst ja auch von ihr profitierten. Auch für den Erhalt ihrer „Arbeits-und Beschäftigungsfähigkeit“ sollen sie „Eigenverantwortung“ übernehmen. Sie sollen z.B. „selbst ihr Möglichstes tun, um ihre Arbeits-und Beschäftigungsfähigkeit bis zur Rente zu erhalten“. Auch die betriebliche Gesundheitsförderung soll dazu beitragen, die „Eigenverantwortung“ zu stärken. „Bei der Gesunderhaltung“, so heißt es im BDA-Papier weiter, „kommt es in erster Linie auf die Eigenverantwortung und die Bereitschaft des Einzelnen zur Mitwirkung an“. Bisherige Regelungen, die den Beschäftigten ein sozialverträgliches früheres Ausscheiden aus dem Arbeitsleben ermöglichen, sind so gesehen „Fehlanreize“, die diese Eigenverantwortung behindern. Selbst wenn man dem allem zustimmen würde, bliebe doch immer noch die Frage, welchen konkreten Beitrag die Arbeitgeber denn zur Gesunderhaltung der Beschäftigten zu leisten gedenken: Außer der Beteuerung, dass ja schon alles getan werde, findet sich dazu aber kein einziger Gedanke. An einigen Stellen wird lediglich auch an die Verantwortung der Politik erinnert. Die Verantwortung der Arbeitgeber selbst kommt nicht vor. …


Arbeitgeber nicht zur Prävention verpflichtet?

Schließlich wird noch fälschlich die betriebliche Gesundheitsförderung mit Prävention gleichgesetzt. Betriebliche Gesundheitsförderung sei eine freiwillige Maßnahme der Betriebe. Weiter heißt es dann: „Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und darf deshalb nicht zur Pflicht der Arbeitgeber umgemünzt werden.“ …

Werden Arbeitgeber Arbeitgeber, dann übernehmen sie damit die Veraltwortung für die im Arbeitsschutz vorgeschriebene Verhältnisprävention. Der letzten Absatz zeigt jedoch, wie die BDA den seit etwa 2005 eindeutig pflichtverletzenden Umgang von etwa 70% der Arbeitgeber mit dem Arbeitsschutz zur Norm erklären möchte. Der Trick der BDA geht aber noch ein bisschen weiter: Sie sieht die Prävention als gesellschaftliche Aufgabe. Darin bettet sie auch die “Betriebliche Gesundheitsförderung” ein. Und die ist tatsächlich eine freiwillige Leistung der Arbeitgeber. Arbeitgeber können solche Leistungen natürlich viel leichter einstellen oder zurücknehmen, wenn die Arbeitnehmer sich “einmischen”. “Mitbeteiligung” oder “Einbezug des Betriebsrates” finden Arbeitgeber akzeptabel, “Mitbestimmung” mögen sie nicht so sehr. Forderungen der Vertreter der Arbeitnehmer, beim Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz mitzubestimmen, können sie nicht so einfach mit der Rücknahme vorgeschriebener Leistungen abwehren. Das sollte hier eigentlich die Mitbestimmung sichern.

Die Strategie der Arbeitgeber ist nun, auch den vorgeschriebenen Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz in die freiwillige Gesundheitsförderung einzubauen. Bei Unternehmen, die verantwortlich handeln, ist das durchaus sinnvoll. Jedoch bei Unternehmen, in denen wichtige Regeln des Arbeitsschutzes bisher schon beharrlich missachtet wurden, könnte nun versucht werden, zwei Fliegen mit einer Klappe zu erschlagen - wenn der Betriebsrat nicht sehr kompetent und durchsetzungsfähig ist:

  • Die Verhältnispravention kann gegenüber der Verhaltensprävention leichter marginalisiert werden.
  • Die Grenzen zwischen freiwilligen und vorgeschriebenen Leistungen werden unscharfer, was wiederum die Mitbestimmung erschwert. Auf diese Weise kann die Mitbestimmung elegant behindert werden, ohne dass daraus eine Straftat wird.

Die Gesundheitsförderung wird dabei den Mitarbeitern als ein Angebot verkauft, das sie “eigenverantwortlich”, “erwachsen” und “selbstbestimmt” annehmen können - oder auch nicht. Man kann die Leute ja nicht zu ihrem Glück zwingen. Viele Arbeitgeber, die (leider auch unter den Augen der Gewerbeaufsichten, Berufsgenossenschaften und Krankenversicherungen) ihrer eigenen Verantwortung zum Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz seit vielen Jahren nachhaltig nicht gerecht wurden, könnten nun mit einer Strategie zur Vermeidung eigener Verantwortung und Haftung versuchen, die Gesundheitförderung zur Holschuld der Mitarbeiter zu machen. Wenn die Mitarbeiter diese Angebote nicht eigenverantwortlich nutzen, dann sind die Mitarbeiter daran selbst schuld.

Dazu passt, dass Topmanager ihre Spitzengehälter vorwiegend mit dem rechtfertigen, “was der Markt will”. Dann müssen solche Einkommen nicht mehr mit hoher Verantwortung begründet werden.

 
Links:

 

Miniteilhabe: 25% der Jobs sind Minijobs

Mittwoch, 14. März 2012 - 08:38

Die Vermögensverteilung in Deutschland weist eine beträchtliche Disparität auf. Tendenziell nimmt diese seit geraumer Zeit zu, wie ein Vergleich der EVS-Daten von 1973, 1978, 1983 und 1988 zeigt. (Die Ergebnisse der EVS von 1993 sind mit früheren EVS-Daten nur eingeschränkt vergleichbar). Die Reichen sind reicher geworden, weil sie ihr Geldvermögen durch ansehnliche Vermögenserträge aufstocken konnten. Doch auch die unterschiedliche Entwicklung der funktionellen Einkommen hat zur Zunahme der Disparität in der Vermögensverteilung beigetragen: 1996 waren die entnommenen Gewinne und Vermögenseinkommen mehr als dreimal, die Nettolohn- und -gehaltsumme aber nur doppelt so hoch wie 1980.

DIW, 1998 (also schon vor 14 Jahren)

 
 

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/studie-entfacht-neue-gerechtigkeitsdebatte-jeder-vierte-beschaeftigte-erhaelt-nur-niedriglohn-1.1308326

Studie entfacht neue Gerechtigkeitsdebatte 

Jeder vierte Beschäftigte erhält nur Niedriglohn

14.03.2012, 06:30
Von Thomas Öchsner, Berlin

Deutschland, Land des Niedriglohns: Eine Studie belegt, dass acht Millionen Menschen weniger als 9,15 Euro brutto pro Stunde verdienen, knapp 1,4 Millionen verdienen nicht einmal fünf Euro. 800.000 Vollzeit-Beschäftigte müssen von einem Monatslohn von weniger als 1000 Euro brutto leben. …

 

Siehe auch:

 
 

… in einem freien Volke, wo die Sklaverei verboten ist, [besteht] der sicherste Reichtum in einer großen Menge schwer arbeitender Armer. Denn … ohne sie [würde] es keinen Lebensgenuss geben, und kein Erzeugnis irgendeines Landes hätte mehr einen Wert. Um die Gesellschaft glücklich und die Leute selbst unter den niedrigsten Verhältnissen zufrieden zu machen, ist es notwendig, dass ein beträchtlicher Teil davon sowohl unwissend wie auch arm sei. Kenntnisse vergrößern und vervielfachen unsere Bedürfnisse, und je weniger Dinge ein Mensch begehrt, um so leichter kann er zufriedengestellt werden.

Bernard de Mandeville, 1714

Zeit für Verantwortung in der Familie

Mittwoch, 14. März 2012 - 08:25

Heute stellt die Bundesregierung ihren 8. Familienbericht vor. Der Titel soll “Zeit für Verantwortung in der Familie” lauten, ein Thema, dass sich die Familienministerin Kristina Schröder schon seit einiger Zeit auf die Fahnen geschrieben hat.

http://www.google.de/search?q=”Zeit+für+Verantwortung+in+der+Familie”+Kristina-Schröder+Familienbericht

 
Wir reden über Kindertagesstätten. Die Franzosen bieten eine gute Vorschule.

http://www.kindergartenpaedagogik.de/913.html

Kindergartenpädagogik
- Online-Handbuch -
Herausgeber: Martin R. Textor

Kindertagesbetreuung in Frankreich, Finnland und Schweden

Birgit Fix

FOCUS spirituell

Dienstag, 13. März 2012 - 22:54

Der FOCUS 11/2012 (12. März) hat den Titel “So bleibt das ICH stark”. Es gibt vier Beiträge.

  • Kraft aus der Ruhe: Wie gezielte Auszeiten die Psyche stärken und einem Zusammenbruch vorbeugen
  • Starkes Dutzend: Zwölf Regeln für das Gleichgewicht der Seele
  • Pause im Alltag: Drei Übungen, die auch im größten Stress Entspannung bringen
  • Selbsttest: So belastbar sind Sie

Die Autoren Gregor Dolak (Politik), Petra Hollweg (Report), Dr. Christian Pantle (Forschung & Technik / Medizin) und Sylvia Sandides (?) glauben ernsthaft, Martin Seligmann sei eine “Koryphäe der positiven Psychologie”. Ratschlag Nr. 12 auf Seite 78 mag der Grund für diese Erleuchtung sein:

An etwas glauben

Lassen Sie Spiritualität in ihr Leben. Wer an eine höhere Macht glaubt, so Studien, kann Krisen leichter bewältigen.

(Den Link zu staypositiv.com habe ich nachträglich in das Zitat eingebaut.)

Das sind wahrlich umwälzende Erkenntnisse. (Hat sich schon jemand die Arbeitsbedingungen beim FOCUS angesehen? Wie mögen die das Thema der psychischen Belastungen an ihren eigenen Arbeitsplätzen angehen?)

 
Gut, dass der FOKUS so konsequent antiaufklärerisch ist. Der SPIEGEL stand ja auch schon mit einem Fuß in diesem trüben Pfuhl, der allerdings jetzt von Dr. Hubert Burdas buntem Laberblatt besetzt ist. Glücklicherweise gibt es ja auch noch die ZEIT für die etwas aufgeweckteren Leser: http://www.zeit.de/2012/01/Glueck-Unglueck

Glücksphilosophie

Im Herzen der Sekte

Ein schrecklich harmonischer Tag mit Glücksguru Martin Seligman. Am Ende bleibt nur die Flucht. …

… Seligman untersuchte also vorhandene Glückskonzepte, befragte Leute nach ihrem gefühlten Glückspegel (zwischen 1 und 10) und fand die Glücksformel: G=V+L+W. Glück ist Vererbung plus Lebensumstände plus Wille. Wille heißt, durch selbstständiges Tun etwas verändern: durch den Kauf von Seligmans Büchern zum Beispiel …

Selbstmanagement und Skate Schuhe

Dienstag, 13. März 2012 - 17:52

http://www.lifestyle-experte.de/2012/03/ und http://www.lifestyle-experte.de/2012/02/


March 12th, 2012
Selbstmanagement – selbstverständlich oder eine Zumutung?

… Fakt ist, dass das Leben früher einfacher strukturiert und leichter zu organisieren war.

Ein Grund hierfür ist, dass unsere heutige Jugend von der Konsumwelt dermaßen beeinflusst wird, dass es ihr zum Teil sehr schwer fällt, ihr Leben vorteilhaft zu organisieren. Damals brauchte man kein Coaching um einen gesunden Ausgleich zwischen Arbeit und Vergnügen zu schaffen. Heute sind nicht nur Kinder und Jugendliche mit dieser Aufgabe überfordert, sondern auch eine Menge Erwachsener. Wie sollte es auch anders sein, wenn es auf dem Weg ins Erwachsenenleben kein Coaching zur Selbstorganisation gegeben hat? Unsere Bevölkerung muss sich überlegen, wie sie durch individuelles Selbstmanagement zu einem Weg findet, der ein erfolgreiches und glückliches Leben ermöglicht.

February 22nd, 2012
Skate Schuhe – Was man beim Kauf beachten sollte

Skate Schuhe sind meist besonders robust konstruierte und mit speziellen Features versehen Sneaker, die man von normalen Alltags- und Turnschuhen kaum unterscheiden kann. Das ist ein Grund dafür, warum man beim Kauf eines Skate Schuhs genau hinsehen und sich gut über die Eigenschaften des Sneakers informieren sollte. Auf welche Punkte genau man achten muss, verraten wir im Folgenden. …

Man hat ja sonst keine Probleme. Wir sind jetzt so weit, dass einem von einem Lifestyle-Experten für das alltägliche Leben Coaching für ein individuelles Selbstmanagement verkauft werden soll.

Noch etwas zur Selbstorganisation: http://www.arbeitstattstress.de/2011/11/schutz-vor-selbst-ausbeutung/