Schlagwort 'Verantwortungsvermeidung'

Wie ein Betriebsrat die Mitarbeiter entrechten kann

Montag, 25. Juni 2012 - 23:44

Mit der steigenden Aufmerksamkeit für das Thema der psychischen Belastung werden zunehmend mehr Unternehmen in diesem Bereich vor Allem Rechtssicherheit anstreben. Arbeitnehmervertreter müssen hier besonders gut aufpassen, dass sie dabei nicht in Projekten das Gesundheits- und Arbeitsschutzes unfreiwillig instrumentalisiert werden.

 
Das Ziel: Die Verbesserung der Rechtssicherheit des Arbeitgebers ist ein legitimes Ziel von erfolgreich abzuschließenden Projekten zur Einführung der Kategorie der psychischen Belastung in den Arbeitsschutz. Erst mit dem wirksamen Einbezug dieser Belastungskategorie wird aus dem Arbeitsschutz der vorgeschriebene ganzheitliche Arbeitsschutz. Dazu muss vor Projektbeginn klar sein, wie der Erfolg des Projektes gemessen wird.

Der Start: Werden die Regeln des Arbeitsschutzes zu Beginn des Projektes noch nicht vollständig eingehalten, dann sollte das in der Betriebsvereinbarung, die solche Projekte regelt, ebenfalls dokumentiert sein. Das Projekt selbst ist nicht notwendigerweise schon eine Verbesserung des Schutzes der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber darf erst dann die von ihm angestrebte Rechtssicherheit bekommen, wenn das Projekt erfolgreich abgeschlossen wurde.

 
Tatsächlich müssen Unternehmen eine mangelhafte Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen nicht sehr fürchten. Zunächst ist das nur eine Ordnungswidrigkeit. Es muss schon viel passieren, bis die Kriterien für eine Straftat erfüllt sind. Worum es den Unternehmen beim Arbeits- und Gesundheitsschutz natürlich auch geht, ist die Beschränkung ihres Haftungsrisikos. Es ist darum auch eine Aufgabe der Arbeitnehmervertretung, sicherzustellen, dass Unternehmen, die ihre Mitarbeiter krank machen, im Einzelfall zur Verantwortung gezogen werden können. Dazu muss der Grad der Einhaltung der Atrbeitsschutzbestimmungen auch dann geklärt werden, wenn das zu Konflikten führt. Oder umgekehrt: Wenn schon die Beschreibung der Vergangenheit und der Ausgangssituation eines Projektes zu Konflikten führt, dann stellt das auch ein gemeinsames und vertrauensvolles Erreichen des Ziels in Frage.

Warum ist die Beurteilung und Dokumentation des Grades der Einhaltung von Bestimmungen zur Vermeidung psychischer Fehlbelastungen immer wieder wichtig? Psychisch Erkrankte werden so gut wie nie nachweisen können, dass wesentliche Ursachen für ihre Erkrankung im Handlungsspielraum des Arbeitgebers liegen, also möglicherweise eine vom Arbeitgeber zu verantwortende Körperverletzung vorliegt. Leichter ist es, einen fehlenden oder einen ungenügenden Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz nachzuweisen, wenn dieser Einbezug tatsächlich ungenügend war oder ganz fehlte.

Wie die Missachtung von Arbeitsschutzbestimmungen im Einzelfall zu einem Urteil über fehlbelastende Arbeitsbedingungen als Auslöser einer psychischen Erkrankung beiträgt, ist natürlich die Frage. Es ist aber auch eine Tatsache, dass Ursula von der Leyens “knallharter Strafkatalog” trotz zunehmender psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz fast völlig ungenutzt blieb. Die Arbeitnehmer haben hier einfach schlechte Karten. Vielleicht haben die Gewerkschaften doch Recht mit ihren Forderungen nach schärferen Arbeitsschutzregeln im Bereich der psychischen Belastungen.

Wenn Betriebs- und Personalräte nicht aufpassen, dann kann ihre unvorsichtige und naïve Beteiligung an Arbeitsschutzprojekten und an Audits (Berufsgenossenschaften, Gewerbeaufsicht, Zertifizierungsunternehmen usw.) dazu führen, dass Unternehmen zwar wichtige Regeln des Arbeitsschutzes weiterhin missachten, davon betroffene Mitarbeiter eine Missachtung von Arbeitsschutzbestimmungen aber praktisch kaum noch nachweisen können. In solch einem Fall hätte die Arbeitnehmervertretung die durch schlechte Arbeitsbedingungen erkrankten Mitarbeiter entrechtet und deren ohnehin schlechten Chancen noch zusätzlich geschwächt. Dann wäre es für diese Mitarbeiter vielleicht besser gewesen, wenn es keine Beteiligung des Personalrats oder des Betriebsrats gegeben hätte, auf die sich der Arbeitgeber berufen könnte. (Dabei ist zu auch beachten, dass die Zeit zwischen arbeitsbedingter psychischer Verletzung und sich manifestierender psychischer Erkrankung viele Jahre betragen kann.)

 
Zusammengefasst das Wichtigste für Projekte zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz: Nicht nur die Kriterien für die Zielerreichung von Arbeitsschutzprojekten müssen zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmervertretungm vereinbart werden, sondern auch die Ausgangssituation und die Vergangenheit muss klar dokumentiert sein. Eine wichtige Messgröße ist dabei der Grad der Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen. Wenn ein Arbeitgeber trotz tatsächlich ungenügender Beachtung dieser Bestimmungen (womöglich noch unter Berufung auf die Mitwirkung des Betriebsrates) behaupten kann, er beziehe psychische Belastungen bereits vorschriftsmäßig in seinen Arbeitsschutz ein, dann schwächt das sowohl die Mitarbeiter wie auch die Bedeutung von Projekten, mit denen der Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz erst erreicht werden soll.

Nicht radikal böse, aber banal reicht auch schon

Samstag, 17. März 2012 - 18:24

Die Bundesarbeitsministerin zeigt Verständnis für die “Unwissen und Hilflosigkeit” in der Wirtschaft.

 
Ursula von der Leyen: im Interview mit dem SPIEGEL (Februar 2012)
Thema: psychische Belastungen am Arbeitsplatz
in: SPIEGEL WISSEN, Patient Seele – Wie die Psyche wieder ins Gleichgewicht kommt,
(132 Seiten, Druckauflage: ca. 240000, Feb. 2012), Nr. 1/2012, S.49


Das Thema wird in der Wirtschaft noch nicht ernst genug genommen, nicht aus bösem Willen, sondern aus Unwissen und Hilflosigkeit.

Ursula von der Leyen in einem Inteview mit der Saabrücker Zeitung (http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Interviews/interview-vdl-saarbruecker-zeitung-2011_12_27.html, 2011-12-27):


Es gibt ein Thema, das bislang viel zu kurz gekommen ist: die psychischen Belastungen in der Arbeitswelt. Nach dem Arbeitsschutzgesetz muss, wer den Arbeitsschutz auch in seelischer Hinsicht vernachlässigt, mit empfindlichen Strafen bis hin zu Gefängnis oder Betriebsstilllegung rechnen. Wir brauchen also keine schärferen Gesetze. Studien zeigen, dass sieben von zehn Unternehmen das Thema schleifen lassen – meist aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit. Deswegen müssen wir besser informieren, Lösungswege aufzeigen, kontrollieren und die Beteiligten motivieren.

In der FAZ kann man sogar nachlesen, dass die Ministerin das Wort “Arbeitsschutzgesetze” verwendet hat: http://fazjob.net/ratgeber_und_service/beruf_und_chance/fuehrungskraefte/?em_cnt=120637


Die Ministerin will dazu nicht die Gesetze verschärfen, vielmehr müssten Arbeitgeber die geltenden Arbeitsschutzgesetze besser einhalten: Sieben von zehn Unternehmen ließen das Thema “aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit” schleifen, sagte von der Leyen.

Psychotherapeuten, Arbeitssoziologen und Gewerkschafter warnen schon seit Jahren vor den Gefahren einer sich verdichtenden und beschleunigenden Arbeitswelt.

Trotz solcher (und früherer) Angriffe auf ihre Unwissenheit konnten sich die Arbeitgeber erfolgreich gegen die Belästigung durch nicht zielführendes Wissen wehren und damit auch ihre Hilflosigkeit erhalten. Spätestens seit 2005 pflegte die Mehrheit der Arbeitgeber ihre Unwissenheit mit Absicht.

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Hannah_Arendt zur Banalität des Bösen


In der Einleitung zur deutschen Ausgabe 1964 erläutert Arendt ihre Wortwahl: ,,[...] in dem Bericht kommt die mögliche Banalität des Bösen nur auf der Ebene des Tatsächlichen zur Sprache, als ein Phänomen, das zu übersehen unmöglich war. Eichmann war nicht [...] Macbeth [...]. Außer einer ganz ungewöhnlichen Beflissenheit, alles zu tun, was seinem Fortkommen dienlich sein konnte, hatte er überhaupt keine Motive.” Er sei nicht dumm gewesen, sondern ,,schier gedankenlos”.

1969 formulierte sie in einem Brief an Mary McCarthy: ,,[...] die Wendung »Banalität des Bösen« als solche steht im Gegensatz zu der vom »radikal Bösen« [Kant], die ich [A.] im Totalitarismus-Buch benutze.”

 

Bitte jetzt nicht mit Aufregung über einen Vergleich mit Eichmann vom Thema ablenken. Das Thema ist nicht Eichmann, sondern es geht um die Tatsache, dass das Böse aus Gedankelosigkeit sich in seiner Wirkung vom radikalen Bösen nicht notwendigerweise unterscheiden muss.

(Aktualisierung: 2012-03-20)

Immaterielle Normen

Sonntag, 11. März 2012 - 07:45

Wer bestimmt unsere Arbeitswelt? Wie konstruiert man strukturelle Verantwortungslosigkeit in der Praxis?

http://de.wikipedia.org/wiki/Kommission_Arbeitsschutz_und_Normung

Die Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN) vereint seit 1994 die in Deutschland für den Arbeitsschutz relevanten Institutionen.

Sie hat die Aufgabe, die Normungsarbeit zu beobachten und die Belange des Arbeitsschutzes gegenüber der Normung zur Geltung zu bringen. Ihre Beschlüsse im Bereich von Arbeitsschutz und Normung haben den Charakter von Empfehlungen und stellen den Konsens von Sozialpartnern, Staat, Unfallversicherungsträgern (Berufsgenossenschaften) und des Deutschen Instituts für Normung e. V. dar.

Sie wird vom Verein zur Förderung der Arbeitssicherheit in Europa e. V. (VFA) und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanziert.

Suche: http://www.google.de/search?q=”Verein+zur+Förderung+der+Arbeitssicherheit+in+Europa”+VFA

 
Aktualisierung 2012-07-31:
http://www.kan.de/fileadmin/user_upload/docs/KANBericht/KANBericht_DE/Bericht_34/Beri34.pdf

Einflussmöglichkeiten des Arbeitsschutzes auf die ISO-Normung
KAN-Bericht 34

Verein zur Förderung der Arbeitssicherheit in Europa …

Das ist eine interessante Erläuterung, wie die Gestaltung von Normen durch Mitglieder der Normenausschüsse beeinflusst werden kann, z.B. bei der Gestaltung und Änderung der Normen ISO 10075 (psychische Belastung) und ISO 10667 (Arbeitsfähigkeit, Personaldiagnostik usw.).

 
http://www.dguv.de/inhalt/praevention/praev_netz/kan/index.jsp

Die Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN)

Technische Normen legen in vielen Bereichen sicherheitsrelevante Anforderungen z.B. an Arbeitsmittel und Prüf- und Messverfahren fest. Normen leisten damit einen wichtigen Beitrag, um Unfälle und Erkrankungen zu vermeiden. Die Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN) hat die Aufgabe, die Normungsarbeit aus Sicht des Arbeitsschutzes zu begleiten und dessen Interessen in die Normung einfließen zu lassen.

In der KAN sind die Sozialpartner, der Staat, die gesetzliche Unfallversicherung und das DIN vertreten. Die KAN bündelt die Meinung der verschiedenen Arbeitsschutzkreise – gestützt auf einen breiten Konsens aller Beteiligten – und bringt diese Position über das DIN als Stellungnahmen in laufende und geplante Normungsvorhaben oder zu bereits bestehenden Normen ein. Sie selbst ist jedoch kein Normungsgremium. Auch in normungspolitischen Diskussionen vertritt die KAN die deutsche Arbeitsschutzmeinung. Zusätzlich bringen die in der KAN vertretenen deutschen Arbeitsschutzkreise ihre Positionen über ihre europäischen Partnerorganisationen in die europäische und internationale Normungsdiskussion ein.

Die KAN wird vom Verein zur Förderung der Arbeitssicherheit in Europa e.V. (VFA) getragen und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert. Mitglieder im VFA sind Berufsgenossenschaften und Unfallkassen als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung.

 
http://www.kan.de/uploads/tx_kekandocs/b32-08.pdf
(zu: 10 Jahre KAN; Datei eröffnet: 2004-03, modifiziert: 2007-03)

Reflexionen der in der KAN vertretenen Kreise 

 
Alexander Gunkel, BDA
,,Nach Auffassung der BDA gehört es zu den wichtigen Aufgaben der KAN, einer weiteren Überregulierung im Arbeitsschutz entgegenzuwirken und so einen Beitrag zum dringend notwendigen Bürokratieabbau in Deutschland zu leisten. Eine Deregulierung führt zu mehr Transparenz und Anwenderfreundlichkeit und hat somit unmittelbaren Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im europäischen und internationalen Kontext.”

 
Die europäischen Normen regeln die sicherheitstechnische Beschaffenheit von Arbeitsmitteln. Die EU legt in ihren Richtlinien keine sicherheitstechnischen Details mehr fest, sondern überlässt dies den europäischen Normungsgremien. Dadurch nimmt die Bedeutung der Europäischen Normung erheblich zu. Hier ist das Bewusstsein für die Qualität der Normen, d.h. vor allem ihre Praxistauglichkeit, zu verstärken. Das betrifft die Lesbarkeit, Transparenz und anwenderorientierte Beschaffenheit der Normen.

Kein Normungsgegenstand sind die betrieblichen Belange des Arbeitsschutzes, soweit sie Pflichten des Arbeitgebers, Rechte und Pflichten der Beschäftigten und die Organisation des Arbeitsschutzes betreffen. Diese sind europäisch und national durch verbindliche Vorschriften umfassend und abschließend geregelt. Normen für den Bereich des betrieblichen Arbeitsschutzes sind von Seiten der KAN in Übereinstimung mit dem Gemeinsamen Deutschen Standpunkt (GDS) grundsätzlich abzulehnen.

Die Arbeitgeber sehen in der KAN ein sinnvolles Instrument, um einer ausufernden, besonders die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) belastenden Normungstendenz entgegenzuwirken und dazu beizutragen, die Konsensfindung in Bezug auf Arbeitsschutzfragen in der Normung zu erleichtern. Darüber hinaus sehen die Arbeitgeber in der KAN eine Institution zur stärkeren Beteiligung der Sozialpartner am Normungsgeschehen und ein Gremium zur Verbesserung des Informationsflusses bei der Mandatierung von Normen, insbesondere um Fehlentwicklungen der Normung im Hinblick auf den betrieblichen Arbeitsschutz zu verhindern.

Die Entwicklungen im Bereich ,,Arbeitsschutzmanagementsysteme” haben gezeigt, wie wichtig die KAN für die Abstimmung und Durchsetzung gemeinsamer Arbeitsschutzinteressen ist. Diese Aufgabenstellung dürfte noch weiter an Bedeutung zunehmen. Mit wachsendem Trend zu ,,immateriellen Normen” (Dienstleistungsnormen, Qualitätssicherung, psychische Belastungen, auch Normung im Bereich der Ergonomie u. ä.) wird es notwendig, noch stärker im Bereich der Normungspolitik mitzuwirken, dies nicht nur auf nationaler, sondern vor allem auf europäischer und internationaler Ebene. Insbesondere muß es aber auch darum gehen, eine Ausweitung der Normung auf das sozialpolitische Feld – z.B. auf das Thema ,,soziale Verantwortung von Unternehmen” – zu verhindern.

Immaterielle Normen: Was wichtig in Unternehmen ist, ist daran erkennbar, dass auf Messbarkeit Wert gelegt wird. Ohne Normen kann nicht gemessen werden. Arbeitgeber wollen sich im Arbeitsschutz nicht messen lassen, sondern sind mehr an einer ISO/EN 10667 interesssiert, mit der an Arbeitnehmer eine “immaterielle Norm” angelegt werden soll. Die Strategie der Arbeitgeber (die nicht müde werden, Mitarbeiter an ihre “Eigenverantwortung” zu erinnern) ist also ein Ungleichgewicht der Verantwortungen zu ihrem Vorteil und zum Nachteil der Arbeitnehmer anzustreben. Aber ist das eine Überraschung? Es passt dazu, wenn Top-Manager ihre Einkommen nicht mehr mit Verantwortung rechtfertigen, sondern mit dem “Markt”.

Darüber hinaus kann die KAN dazu beitragen, einer weiteren Überregulierung im Arbeitsschutz entgegenzuwirken und so einen Beitrag zum dringend notwendigen Bürokratieabbau in Deutschland zu leisten. Eine Deregulierung führt zu mehr Transparenz und Anwenderfreundlichkeit und hat somit unmittelbaren Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im europäischen und internationalen Kontext.

Normung entbindet den Gesetzgeber von der Erarbeitung detaillierter Rechtsvorschriften. Mit dem Prinzip der Neuen Konzeption ist dies in Europa für den Bereich der Produktnormung realisiert worden. Es liegt im Interesse der Wirtschaft, diesen Ansatz auch auf die internationale Ebene zu transferieren.

Zusammengefasst: Die Arbeitgeber sehen in der KAN

  • eine Institution zur Stärkung der Beteiligung der Sozialpartner an der Normung und zur Verbesserung des Informationsflusses bezüglich Normungsvorhaben,
  • ein Gremium zur Vermeidung von Fehlentwicklungen der Normung im Hinblick auf den betrieblichen Arbeitsschutz,
  • ein wirkungsvolles Instrument zur nationalen Meinungsbildung im Bereich der arbeitsschutzrelevanten Normung,
  • ein Instrument zur Durchsetzung der nationalen Arbeitsschutzposition auf europäischer und internationaler Ebene sowie
  • ein Mittel, um der Überregulierung im Arbeitsschutz entgegen zu wirken.

(Link nachträglich eingetragen)

 
http://www.kan.de/de/normal/themen/uebergreifende-themen/normungspolitik.html#c206

Rolle der Normung in Bezug auf den betrieblichen Arbeitsschutz – Gemeinsamer Deutscher Standpunkt (GDS)
Ansprechpartnerin: Angela Janowitz

Der “Gemeinsame Deutsche Standpunkt (GDS) zur Normung im Bereich der auf Artikel 118a des EG-Vertrags gestützten Richtlinien” trägt der Tatsache Rechnung, dass in diesem sozial-politischen Bereich das Europäische Rechtssystem eine vollständige Harmonisierung nicht vorsieht. Auf europäischer Ebene stützen sowohl die Normung als auch der EU-Vertrag und die EU-Institutionen unverändert die Position, dass im Bereich der Sozialpolitik Normen grundsätzlich nur sehr begrenzt einsetzbar sind. Dennoch stellen nationale, europäische und internationale Normen immer wieder Anforderungen an den betrieblichen Arbeitsschutz. Hier gilt es, dies zu verhindern oder, wenn das nicht möglich ist, eine klare Trennung von Produktanforderungen und betriebliche Anforderungen anzustreben. Gleichzeitig aber stellt die zunehmende Internationale Normung den Arbeitsschutz vor die Aufgabe, seine Strategie zum Thema Normung und betrieblichen Arbeitsschutz weiterzuentwickeln. Als einen Schritt hat die KAN im KANBrief 2/09 die heute bestehenden Grenzen und Spielräume für betriebliche Arbeitsschutznormung dargestellt.

Weitere Informationen:

 
Deregulierung hilft den Betrieben nur dann, wenn die Arbeitgeber ihre Gestaltungspflicht ausfüllen und wenn Arbeitnehmervertretungen stark und kompetent mitbestimmen. In der Praxis zeigt sich, das die Mehrheit der Arbeitgeber ihre Freiheit, die ja mit einer Pflicht verbunden war, als Einladung zum Nichtstun verstanden hat: Selbst die Bundesarbeitsministerin bestätigt heute, dass die Arbeitgeber den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz schleifen ließen.

Esoterische Unterwanderung

Dienstag, 9. August 2011 - 00:35

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2011/04/Dossier-Esoterik-Esoterisierung (Bernd Kramer, Juni/Juli 2011)

Pseudowissenschaften
Esoteriker unterwandern die deutschen Hochschulen
Irrationale Esoterik-Lehren findet man bereits allerorten, auch in Behörden und Unternehmen. Der Unterschied zwischen Wissenschaft und Unsinn verwischt.

Einige esoterische Lehren sind auch deswegen attraktiv, weil sie ein Glaubensgerüst und Rechtfertigungsethiken bieten, die ihren Anhängern erlauben, sich anderer Menschen rücksichtslos bedienen zu dürfen. Der Trick der Gewissensbefreiung: Wenn unter Druck gesetzte Menschen ihre inneren Kräfte nicht selbst zur Erhaltung ihrer Gesundheit nutzen, dann sind sie selbst schuld. Esoterik bietet der Verantwortungslosigkeit nützliche Strukturen.

Überhaupt bietet die ZEIT Einiges zum Thema Esoterik: http://www.zeit.de/schlagworte/themen/esoterik.
Stichworte: Theosophie, Anthroposophie, Zukunftsdeutung, Radiästie, Geistheiler, The Secret, Reiki, Parapsychologie. Reinkarnationstherapie, Engeltherapie, Rebirthing, Fernheilung, Familienaufstellung.

Es gibt auch ein Video Dr. Max: Geister am Telefon – ZEIT WISSEN: http://www.youtube.com/watch?v=FdYdnYUrnJ0

Managerismus

Mittwoch, 27. Juli 2011 - 23:16

Bei dem folgenden Link geht es weniger um die psychische Belastung von Arbeitnehmern als vielmehr um eine Geschäftsidee, die auf die psychische Verfasstheit frustrierter Unternehmer (im KMU-Sektor) setzt:
http://www.unternehmer-loge.de/detailinformation/heutige-situation-in-den-firmen.html (Seite gelöscht).

Die Unternehmer-Loge tritt auch ein bisschen als Wutbürgerbund auf (sogar mit einer wohl nicht ganz billigen Fernsehwerbung), mit all den damit verbundenen Vereinfachungen.

Der Nährstoff, der das Geschäftsmodelll der Unternehmer-Loge speist, ist unter Anderem die Wut auf Managementprozesse in Großunternehmen, die sich ja tatsächlich oft zu ausgefuchsten Systemen der Vermeidung von Verantwortungswahrnehmung entwickelt haben. Das ist ein Kennzeichen des Managerismus.

Beispielsweise bei den Siemens-Prozessen am Anfang dieses Jahrhunderts fiel mir auf, dass für je mehr Verantwortung Top-Manager bezahlt werden, desto wichtiger ist es ihnen, Handlungsbedarf sichtbar machendes Wissen zu vermeiden. Ein nicht unwesentlicher Teil ihrer Arbeit schien darin zu bestehen, Haftungspflicht begründendes Wissen in unteren Managementebenen abfangen zu lassen, bevor es ins Top-Management gelangt. Für diese Pufferfunktion gibt es zum Beispiel “Compliance Officers”.

Managerschelte (mit vielen inzwischen populären Klischees, die aber leider zum Teil zutreffen) kommt längst nicht mehr nur aus der “linken” Ecke. Der Konsens ist so breit, dass man damit jetzt auch Geschäfte machen kann. Die Unternehmer-Loge trifft den Nerv – zusammen mit Galaxy-Kapital. Aufmerksamkeit bei der Verfolgung der Entwicklung und Ziele beider Unternehmen kann sicherlich nicht schaden.

 
An der über einen zweiten Link erreichbaren Managerismus-Kritik ist etwas dran: http://www.managerismus.com/themen/managerismus/begriff. Das Problem ist aber, das in beiden Websites Komplexität nicht verstanden wird. Ihre Zunahme ist die natürliche Folge der Art von Wachstum, von dem wir unser Wirtschaftssystem abhängig gemacht haben. Das Wachstum findet aber in einem nur beschränkt offenen System statt, dass sich wachsender Entropie nur in einem begrenztem Maß entledigen kann. Managerismus ist auch so ein System. Besser, als ihm mit Vereinfachungen und der Fehldarstellung afklärerischen Denkens (http://www.managerismus.com/dz16_komplexitaet.html) zu Leibe zu rücken, ist es, die den Managerismus kennzeichnende versteckte Auslagerung von Komplexität in untere Hierarchieebenen zu verhindern. Das einer der Gründe für die häufigen Forderung von Arbeitnehmervertretungen an Unternehmensleitungen nach umfassenden Informationen, also nach Transparenz.

Im ganzheitlichen Arbeitsschutz ist die vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung und die vorgeschriebene Dokumentation eines der Instrumente, mit denen die Transparenz verbessert werden kann. Die Begeisterung für diese Instrumente ist je nach Interessenlage unterschiedlich.