Kategorie 'Wissenschaft'

Unterste Ebene am stärksten unter Druck

Mittwoch, 25. Juli 2012 - 00:51

Das die unteren Führungskräfte besonders unter Druck sind, war bisher eine häufige (und auch meine) Annahme. Ich muss dazulernen: Bei den Geführten - also den Mitarbeitern auf der untersten Ebene - drückt’s noch mehr.

Burnout-Studie: Mitarbeiter stärker betroffen als Führungskräfte, Nicole Hövel
http://www.newsummits.de/single-view/article/burnout-studie-mitarbeiter-staerker-betroffen-als-fuehrungskraefte/

Stress ist Zündstoff

Freitag, 20. Juli 2012 - 08:23

http://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Wie_chronischer_Stress_krank_macht1771015588393.html

Medizin Psychologie

Wie chronischer Stress krank macht

Von Joachim Czichos

Dauerhafte psychische Belastung hemmt die Wirkung entzündungshemmender Hormone

Pittsburgh (USA) – Chronischer Stress macht anfälliger für Infektionen und Herzkrankheiten. Warum das so ist, haben amerikanische Mediziner jetzt näher untersucht: Eine länger andauernde psychische Belastung verhindert, dass Entzündungsreaktionen wieder abflauen. Dann reagieren Immunzellen nicht mehr auf dämpfend wirkende Hormone und produzieren verstärkt entzündungsfördernde Botenstoffe. Die Ergebnisse helfen, die Bedeutung von Stress für die Gesundheit besser zu verstehen und Schutzmaßnahmen zu entwickeln, schreiben die Forscher im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“. …

(Gemeint ist wohl “psychische Fehlbelastung”, nicht “psychische Belastung”.)

Suche. http://www.google.de/search?q=”Sheldon Cohen” “Carnegie Mellon University” stress

DIE ZEIT: Coach oder Couch

Donnerstag, 5. Juli 2012 - 21:30

http://www.zeit.de/administratives/2012-07/die-zeit (und http://leserservice.zeit.de/diesewoche/2012/28/web/):

Coach oder Couch: Warum viele Menschen bei psychischen Problemen zu spät Hilfe suchen. Hanns-Bruno Kammertöns über die neue ZEIT-Ausgabe.

Den Aufmacher muss man einfach zitieren.

Das Wissen durfte nicht weitergegeben werden

Montag, 25. Juni 2012 - 08:23

Zwei Jahre her, aber wohl seit Beginn der Menschheit aktuell:

Heinz Arnold: Organisation und Katastrophen (markt & technik, 2010-07-30)
http://www.elektroniknet.de/bauelemente/news/article/28700/

Die Toten in Folge der Massenpanik auf der Love Parade in Duisburg haben uns alle erschüttert. Wer in der Elektronikindustrie arbeitet, der fragt sich natürlich gleich, warum nicht zumindest einfache und relativ billige Geräte zum Einsatz kamen, die es zumindest erlaubt hätten, eine sich anbahnende Katastrophe zu erkennen und vielleicht noch abwenden zu können. …

Nach verschiedenen Beispielen zu vorhersehbaren Katastrophen fährt der Autor fort:

… Auch wenn die Beispiele aus ganz unterschiedlichen Umfeldern gewählt sind und jeweils ihre eigenen speziellen Ursachen haben mögen, so gibt es doch auch Gemeinsamkeiten.

In all den Fällen war es nämlich nicht so, dass in den Organisationen das Wissen darüber gefehlt hätte, dass etwas in Gefahr ist, schief zu laufen. Das Wissen durfte nur nicht weitergegeben werden, zumindest nicht in vollem Umfang. Von einer Hierarchiestufe auf die nächste geht so immer ein Teil des Wissens verloren – man will ja nicht negativ sein, man will ja nicht als Bedenkenträger und Verhinderer gelten. Das könnte der Karriere schaden und macht nur Ärger.

So kommen auf der Stufe des obersten Managements nur positive Nachrichten an – und zwar genau die, die es hören will. …

(Hervorhebung nachträglich eingefügt)

NRW-Koalitionsvertrag 2012 – 2017:
gute Arbeit, anständige Arbeitsbedingungen

Samstag, 23. Juni 2012 - 12:20

http://www.gruene-nrw.de/fileadmin/user_upload/gruene-nrw/politik-und-themen/12/koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2012-2017.pdf

 
Zeilen 228 – 234

Wir setzen uns gemeinsam mit den Gewerkschaften für gute Arbeit, anständige Arbeitsbedingungen und faire Löhne ein. Wir halten am Ziel der Vollbeschäftigung fest. Wir treten auch in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften für Mindeststandards als Regeln gegen Missbrauch und Lohndumping auf dem Arbeitsmarkt ein. Für uns ist es eine Frage der Verantwortung für den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft, den Menschen durch gute Arbeit wieder Teilhabe und sozialen Aufstieg zu ermöglichen.

 
Zeilen 4815 – 4846

Beschäftigungsfähigkeit kann nur durch gesunde, humane Arbeitsbedingungen gesichert werden. Darauf werden wir den Gesundheits- und Arbeitsschutz in NRW stärker konzentrieren.

Gemeinsam mit Sozialpartnern und Sozialversicherungen werden wir das Programm “Arbeit gestalten – NRW” auflegen und umsetzen, dass sich schwerpunktmäßig mit der Gestaltung von betrieblichen Handlungsfeldern auf folgenden Gebieten befasst: alternde Belegschaften, gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen, Umgang mit Vielfalt und Unterschiedlichkeit in den Belegschaften.

Dies gilt insbesondere für psychische Erkrankungen, die zu hohen Ausfallzeiten führen und der häufigste Grund für Frühverrentungen sind. Wir wollen daher in Kooperation mit interessierten Unternehmen oder Unternehmensverbänden eine auf Selbsthilfegruppen gestützte Präventionsoffensive starten. Dabei gilt es einerseits zu untersuchen, was die Beschäftigten am Arbeitsplatz belastet, um Konzepte zu entwickeln wie menschlicher und intelligenter gearbeitet werden kann und andererseits innerbetriebliche Beratungs- und Krisenhilfe aufzubauen.

Die bestehende Deckelung des Rehabilitations-Budgets nach § 220 Abs. 1 SGB VI seit 1997 ist aufzuheben und dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Der Rechtsanspruch nach dem SGB IX auf Leistungen zur Teilhabe der Versicherten muss zwingend erfüllt werden. Der Grundsatz „Reha vor Rente“, die Tendenzen zur Verdichtung der Arbeit, zunehmende belastende Arbeitsbedingungen, bedingt ein höheres Budget für Rehabilitation, um frühzeitig drohende Leistungsminderung, Erkrankung, Behinderung und Erwerbsminderung zu verhindern.

Wir werden den einheitlichen Arbeitsschutz wiederherstellen. Der einheitliche Arbeitsschutz umfasst dabei das Aufgabenspektrum des technischen und betrieblichen Arbeitsschutzes, denn beides kann nicht unabhängig voneinander gedacht werden. Daher muss er auch in der Organisation in der Verwaltung deutlich zu erkennen und abzugrenzen sein. Die Zahl der Stellen für das Fachpersonal muss auskömmlich sein und vom zuständigen Fachressort fachlich verwaltet werden.

 
Zeilen 5510 – 5527

Wir setzen uns für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Das ist der Wunsch der meisten Familien und es entspricht auch dem wachsenden Fachkräftebedarf in der Wirtschaft. Wir wollen eng mit Arbeitgebern, Gewerkschaften, Betriebsräten, Verbänden und anderen Akteuren zusammenarbeiten, um gute Ansätze für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbreitern. Dazu werden wir die bestehende Aktionsplattform „Familie@Beruf“ weiterentwickeln.

Die Bundesregierung stellt in ihrem 8. Familienbericht, der sich dem Thema „Zeit“ widmet, fest, dass das Arbeitsrecht eine strukturelle „Blindheit“ gegenüber Familien hat. Wir wollen, dass dieser richtigen Erkenntnis auch Taten folgen und werden deshalb in einer Bundesratsinitiative Vorschläge für familienfreundliche Arbeitszeitregelungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und im Teilzeit- und Befristungsgesetz unterbreiten. Dabei geht es uns darum, dass Eltern mehr Einfluss auf die Ausgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen haben, wie Arbeitszeit und Arbeitsort. Ebenso wollen wir erreichen, dass Teilzeitstellen nicht zur Sackgasse werden. So werden wir uns dafür einsetzen, dass Teilzeitmodelle an Lebensphasen orientiert werden und es ein Rückkehrrecht auf Vollzeit gibt.

 
Zeilen 6046 – 6053

Psychische Erkrankung im Erwachsenalter ist die Erkrankungsart mit der höchsten Steigerungsrate. Ursachen sind sowohl in den veränderten Anforderungen in unserer Gesellschaft, insbesondere am Arbeitsplatz zu suchen. Sie verursachen enorme Kosten im Gesundheitssystem und kommen durch in der Regel langen Arbeitsausfall auch die Unternehmen teuer zu stehen.

Das Thema „psychische Gesundheit“ ist daher auch in der Landesgesundheitspolitik
aufzuwerten.

Fehlt dem “sowohl” hier nicht ein “als auch”?

Das Stichwort “Geschichte” ordnete ich auch diesem Artikel zu, weil psychische Belastungen am Arbeitsplatz hier erstmalig in einem Koalitionsvertrag thematisiert wurden.

“Ad-hoc-Sentiment Analyse für Personen”

Donnerstag, 7. Juni 2012 - 23:02

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schufa-Kritiker-befuerchten-Scoring-via-Facebook-1612731.html

… Allerdings liegen dem NDR interne Dokumente aus dem SchufaLab@HPI vor, die, in Auszügen veröffentlicht, eine deutliche Sprache sprechen. Die Rede ist von einer “Ad-hoc-Sentiment Analyse für Personen”, um aktuelle Meinungsbilder aus sozialen Netzwerken zu destillieren …

Die Schufa kümmert sich um unsere Gefühle.

 
http://www.schufa.de/de/private/presse/aktuellepressemitteilungen/120605.jsp

… Der Leiter des Hasso-Plattner-Institutes, Prof. Dr. Christoph Meinel, hierzu: “Mit der SCHUFA konnten wir ein renommiertes Unternehmen für ein gemeinsames Forschungsprojekt gewinnen, um gesellschaftlich und wirtschaftlich spannende Entwicklungen im Internet zu untersuchen.” …

(Der Link in diesem spannenden Text wurde nachträglich eingefügt.)

Verrat am Selbst

Sonntag, 3. Juni 2012 - 16:18

Ein Buchtip im Beabeablog: http://beabeablog.wordpress.com/2012/04/25/buchtipp-der-verrat-am-selbst/

Versagensängste

Sonntag, 27. Mai 2012 - 15:30

Das Gesundheitsmagazin in B5 aktuell am 27. Mai 2012

http://www.br.de/radio/b5-aktuell/sendungen/gesundheitsmagazin/27052012-gesundheitsmagazin100.html

… Ulrich S., litt sein ganzes Leben lang unter Versagensängsten. Er stand permanent unter Leistungsdruck und hatte immer öfter Panikattacken. Bis sie schließlich unkontrolliert über ihn herfielen. …

Vormoderne Sozialformen
ohne gepuderte Perücken

Donnerstag, 22. März 2012 - 08:49

Gestatten, mein Name ist Geldadel, Interview mit Sighard Neckel
(Titel der Druckausgabe, S.15: “Wir müssen die Jets auf den Boden holen”)
http://www.taz.de/Soziologe-ueber-Finanzkapitalismus/!89976/

… Interessant ist aber auch, dass im globalen Finanzkapitalismus, der als hochmodern gilt und seit etwa 20 Jahren die globale Ökonomie bestimmt, vormoderne Sozialformen wiederkehren.

Zum Beispiel: Die Herkunft ist wieder absolut ausschlaggebend für die soziale Platzierung. Wir sehen, dass dieser Trend in Deutschland für alle, die nach 1960 geboren sind, extrem angestiegen ist. Die soziale Position und der Wohlstand werden buchstäblich vererbt, die Gesellschaft ist sozial undurchlässiger geworden. Der Finanzkapitalismus bringt zudem eine Oberschicht hervor, die wie der frühere Adel jeder gesellschaftlichen Konkurrenz enthoben ist. Dieser moderne Geldadel ist, anders als der bürgerliche Unternehmer, kein Gegner gesellschaftlicher Auseinandersetzungen mehr. Er steht nicht mehr im Konflikt mit anderen Klassen, die an seinem Reichtum teilhaben wollen. Das ist neu. … 

… Um kein Missverständnis zu produzieren: Natürlich gibt es keine Rückkehr zum Adel mit gepuderten Perücken. Mit dem Begriff Refeudalisierung will ich verdeutlichen, dass es in der gesellschaftlichen Bewegung „nach vorne“ zugleich auch eine „zurück“ geben kann. Modernisierungen bringen nicht immer „Neues“ hervor, sondern führen häufig genug zur Wiederkehr älterer Muster unter veränderten Vorzeichen. …

 
Siehe auch:

 

Nicht radikal böse, aber banal reicht auch schon

Samstag, 17. März 2012 - 18:24

Die Bundesarbeitsministerin zeigt Verständnis für die “Unwissen und Hilflosigkeit” in der Wirtschaft.

 
Ursula von der Leyen: im Interview mit dem SPIEGEL (Februar 2012)
Thema: psychische Belastungen am Arbeitsplatz
in: SPIEGEL WISSEN, Patient Seele – Wie die Psyche wieder ins Gleichgewicht kommt,
(132 Seiten, Druckauflage: ca. 240000, Feb. 2012), Nr. 1/2012, S.49


Das Thema wird in der Wirtschaft noch nicht ernst genug genommen, nicht aus bösem Willen, sondern aus Unwissen und Hilflosigkeit.

Ursula von der Leyen in einem Inteview mit der Saabrücker Zeitung (http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Interviews/interview-vdl-saarbruecker-zeitung-2011_12_27.html, 2011-12-27):


Es gibt ein Thema, das bislang viel zu kurz gekommen ist: die psychischen Belastungen in der Arbeitswelt. Nach dem Arbeitsschutzgesetz muss, wer den Arbeitsschutz auch in seelischer Hinsicht vernachlässigt, mit empfindlichen Strafen bis hin zu Gefängnis oder Betriebsstilllegung rechnen. Wir brauchen also keine schärferen Gesetze. Studien zeigen, dass sieben von zehn Unternehmen das Thema schleifen lassen – meist aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit. Deswegen müssen wir besser informieren, Lösungswege aufzeigen, kontrollieren und die Beteiligten motivieren.

In der FAZ kann man sogar nachlesen, dass die Ministerin das Wort “Arbeitsschutzgesetze” verwendet hat: http://fazjob.net/ratgeber_und_service/beruf_und_chance/fuehrungskraefte/?em_cnt=120637


Die Ministerin will dazu nicht die Gesetze verschärfen, vielmehr müssten Arbeitgeber die geltenden Arbeitsschutzgesetze besser einhalten: Sieben von zehn Unternehmen ließen das Thema “aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit” schleifen, sagte von der Leyen.

Psychotherapeuten, Arbeitssoziologen und Gewerkschafter warnen schon seit Jahren vor den Gefahren einer sich verdichtenden und beschleunigenden Arbeitswelt.

Trotz solcher (und früherer) Angriffe auf ihre Unwissenheit konnten sich die Arbeitgeber erfolgreich gegen die Belästigung durch nicht zielführendes Wissen wehren und damit auch ihre Hilflosigkeit erhalten. Spätestens seit 2005 pflegte die Mehrheit der Arbeitgeber ihre Unwissenheit mit Absicht.

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Hannah_Arendt zur Banalität des Bösen


In der Einleitung zur deutschen Ausgabe 1964 erläutert Arendt ihre Wortwahl: ,,[...] in dem Bericht kommt die mögliche Banalität des Bösen nur auf der Ebene des Tatsächlichen zur Sprache, als ein Phänomen, das zu übersehen unmöglich war. Eichmann war nicht [...] Macbeth [...]. Außer einer ganz ungewöhnlichen Beflissenheit, alles zu tun, was seinem Fortkommen dienlich sein konnte, hatte er überhaupt keine Motive.” Er sei nicht dumm gewesen, sondern ,,schier gedankenlos”.

1969 formulierte sie in einem Brief an Mary McCarthy: ,,[...] die Wendung »Banalität des Bösen« als solche steht im Gegensatz zu der vom »radikal Bösen« [Kant], die ich [A.] im Totalitarismus-Buch benutze.”

 

Bitte jetzt nicht mit Aufregung über einen Vergleich mit Eichmann vom Thema ablenken. Das Thema ist nicht Eichmann, sondern es geht um die Tatsache, dass das Böse aus Gedankelosigkeit sich in seiner Wirkung vom radikalen Bösen nicht notwendigerweise unterscheiden muss.

(Aktualisierung: 2012-03-20)