Schlagwort 'Sighard Neckel'

Vormoderne Sozialformen
ohne gepuderte Perücken

Donnerstag, 22. März 2012 - 08:49

Gestatten, mein Name ist Geldadel, Interview mit Sighard Neckel
(Titel der Druckausgabe, S.15: “Wir müssen die Jets auf den Boden holen”)
http://www.taz.de/Soziologe-ueber-Finanzkapitalismus/!89976/

… Interessant ist aber auch, dass im globalen Finanzkapitalismus, der als hochmodern gilt und seit etwa 20 Jahren die globale Ökonomie bestimmt, vormoderne Sozialformen wiederkehren.

Zum Beispiel: Die Herkunft ist wieder absolut ausschlaggebend für die soziale Platzierung. Wir sehen, dass dieser Trend in Deutschland für alle, die nach 1960 geboren sind, extrem angestiegen ist. Die soziale Position und der Wohlstand werden buchstäblich vererbt, die Gesellschaft ist sozial undurchlässiger geworden. Der Finanzkapitalismus bringt zudem eine Oberschicht hervor, die wie der frühere Adel jeder gesellschaftlichen Konkurrenz enthoben ist. Dieser moderne Geldadel ist, anders als der bürgerliche Unternehmer, kein Gegner gesellschaftlicher Auseinandersetzungen mehr. Er steht nicht mehr im Konflikt mit anderen Klassen, die an seinem Reichtum teilhaben wollen. Das ist neu. … 

… Um kein Missverständnis zu produzieren: Natürlich gibt es keine Rückkehr zum Adel mit gepuderten Perücken. Mit dem Begriff Refeudalisierung will ich verdeutlichen, dass es in der gesellschaftlichen Bewegung „nach vorne“ zugleich auch eine „zurück“ geben kann. Modernisierungen bringen nicht immer „Neues“ hervor, sondern führen häufig genug zur Wiederkehr älterer Muster unter veränderten Vorzeichen. …

 
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