Kategorie 'Betriebsvereinbarungen'

Psychische Fehlbelastungen durch Leistungsbeurteilungen

Sonntag, 8. Januar 2012 - 22:26

http://www.compleo.de/news-archiv/news-archiv-2010/die-angst-vor-subjektiven-leistungsbeurteilungen

Die Angst vor subjektiven Leistungsbeurteilungen

25.10.2010 – 10:25

Immer mehr Arbeitnehmer können aufgrund psychischer Erkrankungen ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen. Die Bundestherapeutenkammer gab im März 2010 Zahlen bekannt, wonach sich die Anzahl der Fehltage, die auf psychische Erkrankungen zurückgehen, seit 1990 mehr als verdoppelt habe.

Mittlerweile lassen sich ca. 11 Prozent aller Fehltage auf psychische Erkrankungen zurückführen. Grund dafür seien oftmals die spezifischen Bedingungen und Belastungen der modernen Arbeitswelt. Nun ist die Feststellung, dass gehäuft anfallende Überstunden oder auch Mobbing zu arbeitsbedingtem Stress und psychischen Erkrankungen führen können, in der modernen Arbeitsmedizin nichts Neues. Diesen bekannten Ursachen für psychische Erkrankungen fügt der an der renommierten Anderson School of Management (University of California, Los Angeles) lehrende Psychologe Samuel A. Culbert nun in seiner neuesten Buchveröffentlichung einen weiteren Grund hinzu: die Leistungsbeurteilung.

(Hervorhebung und Link nachträglich eingefügt)

Tatsächlich ist der Prozess der Leistungsbeurteilungen eine der offensichtlicheren Quellen psychischer Belastungen im Betrieb. Darum haben Arbeitgeber die psychischen Belastungen in ihren Prozessen für Leistungsbeurteilungen (und natürlich auch Verhaltensbeurteilungen) vorschriftsmäßig zu beurteilen, um Fehlbelastungen vermeiden zu können.

Da diese Pflicht inzwischen der Kenntnisstand im Arbeitsschutz ist, wäre es kein Versehen mehr, wenn die psychischen Belastungen bei Leistungs- und Verhaltensbeurteilungen nicht beobachtet würden, sondern es läge eine vorsätzliche Missachtung der Regeln des Arbeitsschutzes vor. Die Missachtung des Arbeitsschutzes könnte in diesem Fall also nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat geahndet werden.

Psychisch belastet werden bei Leistungs- und Verhaltensbeurteilungen nicht nur die beurteilten Mitarbeiter, sondern auch die beurteilenden Vorgesetzten. Der damit verbundene Sozialstress ist bekannt. Deswegen haben Arbeitgeber sicherzustellen, dass aus den mit Leistungsbeurteilungen verbundenen psychischen Belastungen keine psychischen Fehlbelastungen werden. Auch für diesen Prozess ist folglich eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.

In Unternehmen mit Arbeitnehmervertretungen müssen Betriebs- und Personalräte unabdingbar darauf achten, dass die Arbeitgeber diese Pflicht erfüllen. Das können sie beispielsweise zusammen mit einer Betriebsvereinbarung zur Leistungsbeurteilung regeln.

… Culbert begründet seine These damit, dass derartige Beurteilungen oftmals auf rein subjektiver Ebene durchgeführt werden. …

Arbeitgeber werden darum argumentieren, dass ihre Beurteilung objektiv seien. Damit das auch tatsächlich so ist, und sich beispielsweise gerade bei Verhaltensbeurteilungen hinter objektiv aussehenden “Kopfnoten” nicht subjektive Einschätzungen verstecken, müssen in den Beurteilungsprozessen sehr wirksame Korrekturmechanismen eingebaut sein, mit denen sich Mitarbeiter gegen Fehlbeurteilungen wehren können. Das diese Korrekturmechanismen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch praktisch funktionieren, können Arbeitnehmervertreter mit guten Betriebsvereinbarungen sicherstellen.

Wer es noch nicht verstanden hat, warum Leistungsbeurteilungen einiges an psychischen Belastungen zu bieten haben, kann hier weiterlesen: http://blog.psybel.de/nachdenken-uber-beurteilungssysteme/

Übertarifliche, sofort ans Telefon!

Freitag, 6. Januar 2012 - 21:41

Im seinem abeitstattstress-Blog hat macht Dr. Stephan List auf eine putzige Betriebsvereinbarung bei VW aufmerksam: http://www.arbeitstattstress.de/2012/01/verhaeltnis-statt-verhaltenspraevention/

Kurz vor dem Jahreswechsel erreichte uns die Meldung über eine bemerkenswerte Betriebsvereinbarung: Bei VW haben Blackberrys Feierabend. Diese besagt, dass 30 Minuten nach Feierabend keine E-Mails mehr an Mitarbeiter versendet werden, für die ein Tarifvertrag gilt. …

Auch mich macht diese Meldung etwas stutzig. Gilt das Arbeitszeitgesetz bei VW nur für tarifliche Mitarbeiter? Es macht doch erst bei leitenden Angestellten eine Ausnahme. (Es gibt da noch andere ausgenommene Arbeitnehmergruppen, aber die wird man bei VW wohl nicht finden.)

Übrigens: Im Gegensatz zum Arbeitszeitgesetz gilt das Arbeitsschutzgesetz für alle Beschäftigten im Betrieb. Geschützt werden also nicht nur tarifliche und außertarifliche Mitarbeiter, sondern selbst leitende Angestellte dürfen nicht krank gemacht werden.

Früherkennung von Fehlbelastungen

Freitag, 6. Januar 2012 - 14:36

http://www.mobifair.eu/Meldungen/12_01_05_Belastungen_am_Arbeitsplatz_werden_staerker/


mobifair befasst sich im Rahmen eines Projektes mit dem Thema Psychische Belastung am Arbeitsplatz. In Zusammenarbeit mit der TU Dortmund läuft derzeit ein breit angelegter Praxistest. Ziel ist es, eine zuverlässige Handlungshilfe zur Früherkennung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu entwickeln.

TU Dortmund ist in Ordnung, aber “Früherkennung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz” klingt so, als ob psychische Belastung vermieden werden sollte. Das hat die TU vermutlich nicht vor.

Der Fehler ist derzeit noch immer ziemlich populär. Es ist aber so, dass es ohne psychische Belastungen keine Arbeit für Menschen gäbe. Es geht ja nicht darum, Arbeit abzuschaffen, sondern der Arbeitgeber hat Arbeitsplätze dahingehend zu beurteilen, ob von diesen Arbeitsplätzen ausgehend Fehlbelastungen auf die Mitarbeiter wirken. Gegen Fehlbelastungen, die zu Fehlbeanspruchungen der Mitarbeiter führen (also deren physische und psychische Gesundheit gefährden), müssen dann Maßnahmen ergriffen werden.

Dafür gibt das Arbeitsschutz dem Arbeitgeber die Verantwortung. Aber was nun Fehlbelastungen am Arbeitplatz sind, können Arbeitgeber nicht einfach selbst bestimmen, sondern Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhandeln darüber miteinander. Die Wissenschaft und das Recht bieten dafür einen Rahmen, innerhalb dessen beide Seiten betriebsnahe Lösungen erarbeiten und vereinbaren müssen.

Mitbestimmung bei Führungskräfteschulungen

Mittwoch, 2. November 2011 - 17:24

Neuer Artikel: http://blog.psybel.de/2012/01/27/arbeitsschutztraining-von-leitenden-angestellten/

 
Google: http://www.google.de/search?q=Führungskräfteschulung+”psychische+Belastung”

Tagung 15 Jahre Arbeitsschutzgesetz

Dienstag, 30. August 2011 - 07:35

Arbeit und Leben DGB/VHS
Arbeitsgemeinschaft für politische und soziale Bildung im Land Nordrhein-Westfalen e. V.
http://www.aulnrw.de/de/hauptmenu/seminareveranstaltungen-im-ueberblick/seminare/tagungen/15-jahre-arbeitsschutzgesetz/

Das 15jährige Bestehen des Arbeitsschutzgesetzes war Anlass für eine Tagung, die wir zusammen mit dem Büro für Arbeitsschutz & Betriebsökologie, mit den Zeitschriften “Arbeitsrecht im Betrieb”, “gute ARBEIT” und anderen Medienpartnern in Hamburg veranstaltet haben.

Impressionen

Beiträge:

Praxisberichte:

Private Nutzung des Internets

Sonntag, 31. Juli 2011 - 00:04

Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern eine private Nutzung des Internets erlauben, dann ist das ein positiv zu wertendes Entgegenkommen an die Mitarbeiter. Allerdings gelten die Firmen dann als Telekommunikationsanbieter und dürfen darum die Internet-Nutzung nicht mehr überwachen. Das ist natürlich gefährlich, denn so kann das Internet eine riesige Leckstelle z.B. für Spionage werden. Realistisch gesehen, gibt es wohl in Unternehmen anteilig etwa so viele Leute mit krimineller Energie, wie im Rest der Gesellschaft. Gerade bei großen Unternehmen kann man sich gut ausrechnen, was das bedeutet. (Davon sind auch “Wissensunternehmen” nicht frei. Nur ist die Kriminalität dort vielleicht etwas trickreicher.) Darum dienen die unternehmensinternen Sicherheitsabteilungen mit ihren Überwachungsmaßnahmen auch den eigenen Mitarbeitern.

Zur Sicherung des Unternehmens (und damit auch der Mitarbeiter) können Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter miteinander vereinbarn, wie die Internetnutzung in einer vernünftigen Weise überwacht werden kann. Ich halte das für einen legitimen Preis, den die Mitarbeiter zahlen. Unternehmen mit guten Betriebsräten können hier anständige Lösungen finden.

Dazu kann z.B. eine Kontrollinstanz eingerichtet werden, in der der Betriebsrat mitwirkt und die die zur Unternehmenssicherheit erforderliche Protokollierung (und im Verdachtsfall auch die Analyse von Inhalten) streng getrennt von der Unternehmensleitung vornimmt, damit eine illegitime Überwachung legitimen Verhaltens mit technischen Mitteln ausgeschlossen werden kann.

Betriebsräte sollten in Betriebsvereinbarungen zur privaten Nutzung des Internets sicherstellen, dass der Arbeitgeber die der Betriebsratsarbeit dienende Kommunikation (Inhalte, Betreffzeilen von E-Mails, Verbindungsprotokolle für E-Mail und Webzugriffe) nicht überwachen kann. Eine von der Unternehmensleitung getrennte Kontrollinstanz kann auch hier hilfreich sein, damit die Unternehmensleitung beispielsweise nicht aus den Betreffzeilen des E-Mail-Verkehrs des Betriebsrates Vorteile für Verhandlungen mit dem Betriebsrat gewinnen kann.

Schwieriger wird es in Unternehmen, in denen (oft eher aus ideologischen als aus betriebswirtschaftlichen Günden) versucht wird, den Betriebsrat zu marginalisieren. Denn hier kann der Betriebsrat nicht so gut helfen, die ja legitime und sinnvolle Kontrolle der Internetnutzung so durchzuführen, dass die Mitarbeiter dem Unternehmen vertrauen können.

Vereinbarung über das Anschreiben nicht vergessen

Samstag, 30. Juli 2011 - 23:41

Vereinbaren Sie in Betriebsvereinbarungen auch, wie die Belegschaft über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung informiert werden soll.

Ist die Vereinbarung die Basis für Prozesse (z.B. Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement, Betriebliche Gesundheitsförderung, aber auch: Regelung der Privaten Nutzung des Internets), über die die Belegschaft vor ihrer Implementierung informiert werden soll, dann ist es wichtig, dass das Anschreiben an die Mitarbeiter ebenfalls Gegenstand der Betriebsvereinbarung ist.

Sind von den Mitarbeitern zu unterzeichnende Erklärungen in einem vereinbarten Prozess notwendig (z.B. Teilnahme am Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement, Kenntnisnahme von Regeln, Zustimmung zur Kontrolle der Internetnutzung usw.), dann sollten diese Erklärungen (Inhalt, Termine usw.) ebenfalls in der Betriebsvereinbarung geregelt und ggf. einzelvertragliche Abweichungen ausgeschlossen werden.

Auf die Arbeitnehmervertretung kommt es an

Montag, 18. Juli 2011 - 00:43

http://openjur.de/u/145965.html

VG Köln, 19.02.2010, 33 K 141/10.PVB: Es geht um die Ablehnung einer Forderung einer Unfallkasse, dass bei einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes eine Gefährdungsbeurteilung mit Einbezug psychischer Belastungen durchgeführt werde. Wichtig ist hier, die Gründe der Ablehnung zu verstehen. Auch hier kann man sehen, dass Arbeitnehmervertretungen (im Vergleich zu Kassen einerseits, aber auch individuellen Mitarbeitern andererseits) die besten Möglichkeiten haben, Arbeitsschutzrechte durchzusetzen, also hier bessere Möglichkeiten, als die Berufsgenossenschaft. Deswegen sind sorgfältig erarbeitete Betriebsvereinbarungen wichtig. Sie sind keine Nebensache. Darum ist der erste Schritt bei der Erarbeitung einer Betriensvereinbarung zur ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung oft die Hinzuziehung von Sachverständigen.

Die Auffassung des Gerichts, dass die Gefährdungsbeurteilung keine Maßnahme sei, sondern die Vorbereitung möglicher Maßnahmen, sollte vielleicht doch noch einmal überdacht werden. Logisch schließt die Tatsache, dass eine Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen vorbereitet, nämlich keineswegs aus, dass die Gefährdungsbeurteilung selbst eine Maßnahme ist. Wenn etwas “Maß nimmt” dann ist das gerade der ganze Prozess der Gefährdungsbeurteilung.

Andererseits stellte das BAG im Jahr 2011 fest, dass die Gefährdungsbeurteilung eine notwendige Voraussetzung für Maßnahmen ist. Das ist wichtig, weil Unternehmen jetzt schnell Maßnahmen beim Einbezug psychischer belastungen in den Arbeitsschut ergreifen, um vor der Berufsgenossenschaft und der Gewerbeaufsicht gut auszusehen. Wenn diese Maßnahmen aber vom Arbeitgeber nicht aus einer Gefährdungsbeurteilung (die vielleicht nicht so gut für das Unternehmen aussähe) abgeleitete werden, dann verstößt er gegen den BAG-Beschluss.

Unabhängig davon darf nicht vergessen werden, dass Arbeitnehmervertretungen bei der Gestaltung des Beurteilungsprozesses (z.B. in einer betriebsvereinbarung geregelt) einer sehr wirksamen Mitbestimmungspflicht gerecht werden müssen. Aus dieser Aufgabe leiten sich weitere wichtige Rechte ab, z.B. im Bereich der Weiterbildung.

Selbst-Audit: Betriebliches Gesundheitsmanagement

Donnerstag, 14. Juli 2011 - 14:57

Update 2011-10-10:
http://www.stmas.bayern.de/arbeitsschutz/managementsysteme/gabegs.htm

Internes Audit – Hilfsmittel und Handlungshilfen

Die Hilfsmittel zum internen Audit und die Handlungshilfe für internes Audit, Prüfung und Anerkennung des Systems (siehe auch Downloads bei Weiterführende Informationen) wurden überarbeitet und das Verfahren zur Erteilung eines Zertifikats angepasst.

Vorsicht: Als Messinstrument benutzen die Bayern die MAF. In ihr werden Verhaltensprävention und Verhältnisprävention vermengt. Das ist nur dann sinnvoll, wenn gemäß Arbeitsschutzgesetz der Vorrang der Verhaltensprävention (Verantwortung des Arbeitgebers) gegenüber der Verhältnisprävention (Mitarbeiter werden in die Verantwortung genommen) respektiert wird. Betriebsräte müssen hier aufpassen, denn Arbeitgeber neigen zur Vernachlässigung der Verhältnisprävention gegenüber der Verhaltensprävention. Entsprechend kompensatorisch müssem die Arbeitnehmervertretungen hier wirken. Sie handeln damit sogar im Einklang mit der FDP, allerdings in Berlin :-).

(Die alten Dateien wurden zum Vergleich mit den aktuellen Dateien in diesem Blog gespeichert.)
 


Update 2011-08-12:
EDV-Tool Internes Audit (für Microsoft Office) bgm-ia-edvtool.zip (Stand: 21.07.2011, ZIP, 16 KB)

Handlungshilfe für internes Audit, Prüfung und Anerkennung des Systems
bgm-ia-handlhilf.pdf (Stand: 21.07.2011, PDF, 113 KB)

 


2011-07-14:

In http://www.stmas.bayern.de/arbeitsschutz/managementsysteme/gabegs.htm gibt es einen Link zu einem gezippten Spreadsheet:

Selbstaudit Betriebliches Gesundheitsmanagement

EDV-Tool Selbstaudit (für Microsoft Office)
bgm-sa-edvtool.zip (Stand: 15.02.2011, ZIP, 16 KB)

Vereinbarung, Zertifikat (für Microsoft Office)
(Wird derzeit überarbeitet)

Bei all meiner Moserei über die MAF muss ich sagen, dass im Paket “Ganzheitliches Betriebliches Gesundheitsmanagement System (GABEGS)” auch feine Sachen wie dieses Selbst-Audit zu finden sind (“bgm-sa-edvtool.zip” enthält eine Kalkulationstabelle: “bgm-selbstaudit-edv-tool.xls”). Arbeitnehmervertretungen können hier lernen, worauf sie beim Betrieblichen Gesundheitsmanagement achten sollten.

Der Selbst-Audit ist unterteilt in:

  • Unternehmenspolitik,
  • Umsetzung,
  • Gesundheitsförderung,
  • Mitarbeiterbeteiligung,
  • Arbeitsschutz,
  • Notfallmanagement,
  • Fehlzeitenmanagement,
  • Suchtprävention,
  • Gesundheitsbericht.

Die Fragen werden mit einer vierstufigen Skala beantwortet.

Zur Unternehmenspolitik gibt er diese Fragen:

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) funktioniert nur, wenn es als Führungsaufgabe wahrgenommen wird und integriert ist.

  • [Ziele, Verantwortliche] Gibt es eine betriebseigene Handlungsanleitung für das BGM, in der die Ziele des BGM definiert sind und die Akteure des BGM namentlich benannt sind, sowie deren Aufgaben, die Aufgaben der Führungskräfte (Abteilungsleiterebene) und ein Zeitplan?
  • [Mitbestimmung] Gibt es eine betriebseigene Handlungsanleitung für das BGM, die mit der Personalvertretung abgestimmt ist und die die Personalvertretung mit unterschrieben hat?
  • [Budget, Ressourcen] Reichen die bereitgestellten finanziellen und personellen Ressourcen für das reibungslose Funktionieren des BGM aus?
  • [Feedback zu Führungskräften] Gibt es einen Anreiz für Führungskräfte, dass diese regelmäßig ein Führungskräftefeedback bei Ihren Mitarbeitern einholen? (in Form einer schriftlichen anonymen Mitarbeiterbefragung)
  • [Unterweisung an Führungskräfte] Die Führungskräfte haben im Rahmen des BGM spezifische Aufgaben zu erfüllen und guten Führungsstil zu pflegen. Werden die Führungskräfte gezielt daraufhin fortgebildet (im Rahmen von Führungsseminaren, die auch diese Thematik behandeln)?
  • [Arbeitsplatzgestaltung] Wird bei der Planung neuer Arbeitsplätze oder der Veränderung von Arbeitsplätzen oder organisatorischer Veränderungen der Steuerungskreis Gesundheitsmanagement angehört?


Fragen zum Arbeitsschutz:

Arbeitsunfälle und berufsbedingte Erkrankungen können effektiver vermieden werden, wenn auch dem Arbeitschutz eine Systematik zu Grunde liegt (Arbeitsschutzmanagement)

  • [Gefährdungsbeurteilung, Maßnahmenfestlegung, Wirksamkeitskontrolle] Gibt es eine schriftlich dokumentierte Gefährdungsbeurteilung, die auch die festgelegten Maßnahmen enthält und jeweils einen Prüfvermerk, ob die Maßnahme erfolgreich war?
  • [Arbeitsschutzausschuss] Gibt es einen betrieblichen Arbeitsschutzausschuss, dem der Arbeitgeber selbst oder ein von ihm Beauftragter angehört, der mindestens einmal im Vierteljahr tagt und in den der Arbeitgeber folgende Ausschussmitglieder berufen hat? (zwei von der Personalvertretung bestimmten Mitgliedern der Personalvertretung falls eine Personalvertretung vorhanden ist, Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte)
  • [Defiziterfassung durch Mitarbeiter] Werden die Mitarbeiter regelmäßig und systematisch an der Ermittlung von Defiziten im Arbeitsschutz beteiligt?
  • [Unterweisung der Mitarbeiter: Nach der Qualität der im Arbeitsschutz vorgeschriebenen Unterweisung wird leider nicht gefragt. Häufig ist sie nur eine Pflichtübung, z.T. auch computergestützt und ohne Dialogmöglichkeit.]
  • [Arbeitsplatzbegehung, Aktualisierung der GB] Führen die Sicherheitsfachkraft und der Betriebsarzt Arbeitsplatzbegehungen durch, deren konkrete Ergebnisse in die Gefährdungsbeurteilung einfließen?
  • [Fehlbelastungserfassung] Werden auch psychische und körperliche Fehlbelastungen und Fehlbeanspruchungen systematisch ermittelt? (z.B. durch regelmäßige Mitarbeiterbefragungen)

(Anmerkungen in eckigen Klammern nachträglich eingefügt)

MAF, das bayerische Danaergeschenk

Mittwoch, 13. Juli 2011 - 21:52

2012-07-13

http://www.caritasmuenchen.de/archive/media1646520.pdf

GANZHEITLICHES BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT SYSTEM
(GABEGS)
HANDBUCH

3.1.1.1 Der Fragebogen
Der Fragebogen erfasst körperliche und psychische Beschwerden als Hinweise
auf Fehlbeanspruchungen.

Anhand der Befragungsergebnisse lassen sich Rückschlüsse ziehen auf:
· physische Fehlbelastungen
· psychomentale Fehlbelastungen
· psychosoziale Fehlbelastungen/ Konflikte
· Führungsverhalten der Vorgesetzten
· Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen

Der Fragebogen ist im Unterschied zu herkömmlichen Konzepten nur ein
Indikator, der neben einer Häufung bestimmter Beschwerden zunächst nur
Hinweise auf die möglichen Ursachen liefert.

Der Vorteil dieses „offenen“ Befragungssystems ist, dass auch diejenigen
Probleme aufgedeckt werden, die mit detailgenauen Fragen nicht erfasst würden.

Der Nachteil ist, dass der Fragebogen den Anforderungen des Arbeitsschutzes nicht genügt, denn es gibt getestete Befragungssysteme, mit denen aus Arbeitsbedingungen hervorgehende psychischen Belastungen direkt erfasst werden können. Darum können Betriebsräte und Personalräte das in GABEGS benutzte Befragungssystem ablehnen, wenn sie das für erforderlich halten. Es ist jedoch möglich, es anonymisiert neben Erhebungsverfahren zu verwenden, mit dem nicht Mitarbeiter analysiert, sondern Arbeitsbedingungen direkt beurteilt werden.

 


2012-07-07

In Bayern wird weiterhin für GABEGS geworben, und damit auch für die MAF, die Mitarbeiterbefragung über Arbeitsbedingungen als Führungselement. Schon die Bezeichnung ist irreführend, denn von den Mitarbeitern wird mehr abgefragt, als nur die Beurteilung ihrer Arbeitsbedingungen bzw. ihrer Arbeitsumwelt. Auch im Umwelt Objekt Katalog Bayern segelt die MAF unter falscher Flagge. Die Themenkategorie ist “Umweltforschung”. Gefragt wird aber auch gründlich nach Gesundheits- und Arbeitsfähigkeisdaten der Arbeitnehmer. Oder habe ich den Begriff der “Umwelt” falsch verstanden? Es könnte ja auch um Arbeitnehmer als Umwelt der in Bayern zu schützenden Arbeitgeber gehen.

Warnung an Arbeitnehmer: Das MAF-Verfahren ist immer noch nicht in der Liste der Test-Verfahren der BAuA geführt. Das Fragebogenverfahren, mit dem auch Gesundheits- und Arbeitsfähigkeisdaten individueller Mitarbeiter ermittelt werden können, ist nicht anonym. Arbeitnehmervertreter sollten das nicht zulassen. Zur Verhältnisprävention im Arbeitsschutz hat der Arbeitgeber Arbeitsplätze zu untersuchen, nicht individuelle Arbeitnehmer zur Verhaltensprävention.

Das ist keine kategorische Ablehnung der Verhaltensprävention. Fragebögen, mit denen sich auch für die Verhaltensprävention ein Bild über das Befinden und die Beanspruchung der Mitarbeiter gewinnen lässt, lassen sich durchaus zusätzlich zu den für den Arbeitsschutz geeigneten verhältnispräventiv orientierte Fragebogenverfahren zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen einsetzen. Aber die Anonymität muss sichergestellt bleiben.

Zumindest aus Arbeitnehmersicht hat das bayerische “Zukunftsministerium” wohl die falschen Berater. Es besteht die Gefahr, dass mit GABEGS der Arbeitsschutz missbraucht wird, um für Arbeitgeber Gesundheits- und Arbeitsfähigkeits-Daten individueller Mitarbeiter zu gewinnen. Solche Daten werden aber im Arbeitsschutz gar nicht benötig. Die Berater der bayerischen Landesregierung spekulieren möglicherweise auch darauf, dass sich viele Arbeitnehmervertreter mit der Thematik nicht gut auskennen und GABEGS nicht kritisch verstehen. Auch darum muss in den Betriebsräten und Personalräten dringend mehr Kompetenz aufgebaut werden.

Thematisierung in “den Medien”: Leider versteht auch kaum eine Journalistin und kaum ein Journalist, wie man das oft überwiegend Gesundheitsmanagement verhaltensorientierte als Vehikel zur Beobachtung einzelner missbrauchen und dabei den verhältnisorientierten Arbeitsschutz marginalisieren kann. Es ist heute für Unternehmen noch zu leicht, mit einem freiwilligen Gesundheitmanagement in der Öffentlichkeit Punkte zu gewinnen, ohne das überprüft wird, ob in diesem Gesundheitsmanagement der vorgeschriebene Arbeitsschutz wenigstens ausreichend berücksichtigt wurde.

 
Gesundheitsmanagement:

 


2012-02-23

Die Links im ursprünglichen Blog-Eintrag sind zum Teil nicht mehr aktuell.

Neue Links:

 


2011-07-13

Mitarbeiterbefragung über Arbeitsbedingungen als Führungselement (MAF):

Die BAuA listet die MAF nicht auf. Der Handlungsleitfaden soll in einer wissenschaftlich begleiteten Pilotphase in etwa fünf Unternehmen bis zum Jahr 2005 auf Praxistauglichkeit getestet worden sein. Vielleicht passt die MAF nicht in den Anwendungsbereich des Arbeitsschutzes oder sie erfüllt andere Kriterien der BAuA nicht oder die Bayern haben kein Interesse daran, dass die BAuA den Fragebogen in ihre Sammlung mit aufnimmt. Wer weiß.

Der MAF-Fragebogen ist verhaltens- und verhältnisorientiert. Er ist brauchbar, aber sein Einsatz (vorwiegend wohl in Bayern) blockiert die Anwendung besserer Verfahren, die auch geeigneter für den vorgeschriebenen Arbeitsschutz sind, also für den “Pflichtteil” des Gesundheitsmanagements. Die Auswahl eines schlechteren Instruments aus einem großen Angebot an besseren Instrumenten schadet darum auch der Qualität des Zertifikats “Betriebliches Gesundheitsmanagement” bayerische Betriebe, wenn sie diesen Fragebogen als Instrument des Ganzheitlichen Betriebliches Gesundheitsmanagement Systems (GABEGS) einsetzen.

Betriebsräte sollten (ggf. mit guten Sachverständigen) in der Mitbestimmung bessere Verfahren auswählen. Dabei bieten das MAF-Handbuch und das Betriebshandbuch für eine Betriebsvereinbarung durchaus eine gute Struktur und viele Anregungen zu Regelungen, für die man Arbeitgeber mit Hinweis auf den staatlich-bayerischen MAF vielleicht leichter gewinnen könnte. Das Betriebshandbuch ist eine Vorlage, die betriebsspezifisch verändert werden kann. Das MAF-Fragebogenverfahren selbst sollte aber zugunsten für den Arbeitsschutz geeigneterer Verfahren (z.B ISTA) nicht übernommen werden.