Archiv für November, 2013

Unsinn aus Karlsruhe

Freitag, 29. November 2013 - 23:19

http://www.landkreis-karlsruhe.de/media/custom/1863_1262_1.PDF

[...] Bausteine des BGM sind in Anlehnung an die DIN SPEC 91020 Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheit, Betriebliches Eingliederungsmanagement und Betriebliche Gesundheitsförderung. [...]

Nein, Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit können sich gemäß DIN nicht an die DIN SPEC 91020 “anlehnen”.

Baden-Württemberg setzt auf den falschen Standard

Freitag, 29. November 2013 - 22:33

http://www2.landtag-bw.de/WP15/Drucksachen/3000/15_3132_d.pdf

Landtag von Baden-Württemberg
15. Wahlperiode
Drucksache 15 / 3132
27. 02. 2013
Antrag der Abg. Wilfried Klenk u. a. CDU
und
Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren

Gesundheitsstrategie der Landesregierung
[...]
Das Landesgesundheitsamt empfiehlt eine Orientierung an der im Juli 2012 erschienenen DIN-Spezifikation 91020 „Betriebliches Gesundheitsmanagement“, die in Fachkreisen eine wachsende Verbreitung und Akzeptanz finde.

Hat die neue Landesrregierung diesem Unsinn immer noch nicht durchschaut? Das Wesen einer nach dem PAS-Verfahren erarbeiteten DIN SPEC liegt gerade darin, dass keine Konsensbildung unter den vom einem Standard Betroffenen gesucht wird. Es fehlt damit also eine wichtige Voraussetzung für “Akzeptanz”. Das mit den “Fachkreisen” hört sich an wie der Originalton der Firma B·A·D, der treibenden Kraft hinter der DIN SPEC 91020. Die Fachkreise für diese DIN SPEC bestehen vor allem aus der geschäftstüchtigen Lobby für diese DIN SPEC und Arbeitgebern, denen die verhältnispräventive Orientierung des Arbeitsschutzes gegen den Strich geht.

Nicht das Landesgesundheitsamt, sondern die Gewerbeaufsicht sollte im Arbeits- und Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern (z.B. Lehrer) das Sagen haben.

Leider verstehen es mit der Arbeitnehmergesundheit wohl durchaus gut meinende Behörden (wie das Landesgedundheitsamt in Baden-Württemberg) oft nicht, dass die DIN SPEC 91020 kein Arbeitzsschutzstandard ist. Der wird aber dringender gebraucht, als ein Standard für das betriebliche Gesundheitsmanagement. Die Werbung für das betriebliche Gesundheitsmanagement als scheinbarer Arbeitsschutz und für die DIN SPEC 91020 ist allerdings ziemlich aggressiv. Der BGM-Industrie gehen dann vielbeschäftigte Politiker zu leicht auf den Leim.

BLV-STANDPUNKT Ausgabe 1/2013 (BLV = Berufsschullehrerverband), über http://www.blv-bw.de/79.0.html aufrufbar:
http://www.blv-bw.de/fileadmin/Dateiordner/veroeffentlichungen/blv_standpunkt/BLV_Standpunkt_01-2013.pdf:

Bringt die neue DIN SPEC 91020 „BGM“ frischen Wind in die Segel?

Leitlinie des neuen Kultusministers A. Stoch zum Thema Lehrergesundheit: „volle Kraft voraus“?

Keine Veränderung seit Grün-Rot
Als „alter Hase“ bei diesem Thema vermag ich [Gerd Baumer] es kaum zu glauben, alldieweil die Veränderungen im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz nach dem Regierungswechsel im März 2011 bisher jedenfalls nicht zu spüren sind. [...] Einzig der leitende Betriebsarzt Dr. Walker wurde zusammen mit der teilzeitbeschäftigten Fachkraft für Arbeitssicherheit, Frau Utsch-Müller, wieder direkt dem Minister zugeordnet.

Hoffnung durch die neue DIN SPEC 91020?
Nun ist ja der neue Kultusminister erst wenige Wochen im Amt und vermag freilich in dieser kurzen Zeit nicht das „Boot“ in den Wind zu stellen. Also setzten wir alle Hoffnung in die neue DIN SPEC 90120 (DIN-Norm für Betriebliches Gesundheitsmanagement kurz BGM genannt), die die Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) beschreibt und den Landesverwaltungen vom Landesgesundheitsamt eindringlich empfohlen wird.

Was Gesundheit von Qualität lernen kann?
[...] Die DIN SPEC 91020 beschreibt das Managementsystem [für das freiwillige BGM, nicht jedoch für das Management des vorgeschriebenen Arbeitsschutzes], definiert aber keine inhaltliche Ausgestaltung. Eine individuelle Ausrichtung des BGM an dem jeweiligen Bedarf einer Organisation wird nicht eingeschränkt. [Vor allem hilft diese DIN SPEC nicht bei der vorgeschriebenen Minderung arbeitsbezogener Fehlbelastungen.] Dies bedeutet, dass der eingeschlagene Weg mit der personenbezogenen Gefährdungsbeurteilung und die sicherheitstechnische Betreuung beibehalten werden kann. [Ich verstehe das als eine kritische und zutreffende Anmerkung von Gerd Baumer, denn das Arbeitsschutzgesetz verlangt eine arbeitsplatzbezogene Gefährdungsbeurteilung. Das Land Baden-Württemberg ignoriert als die Prioritäten des Arbeitsschutzgesetzes, das den Arbeits- und Gesundheitsschutz regelt. Wenn schon Standard, dann sollte der Minister für Arbeit usw. auf einen Standard für Arbeitsschutzmanagement setzen.]

Grundelemente des BGM

  • Arbeits- und Gesundheitsschutz
    [kann im BGM sein, wird aber von der DIN SPEC 91020 nicht behandelt!]
  • Betriebl. Eingliederungsmanagement
  • Betriebliche Gesundheitsförderung

[...]

Herausgeber: Verband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen in Baden-Württemberg e. V.

(Anmerkungen von psybel.de in eckigen Klammern.)

  • Die DIN SPEC 91020 ist keine “DIN Norm”, sondern ein nach dem PAS-Verfahren ohne Beteiligung der Sozialpartner erarbeiteter Standard.
  • Das Landesgesundheitsamt in Baden-Württemberg empfiehlt eindringlich einen Standard, der kein Arbeitsschutzstandard ist. Falsche Baustelle: Das freiwillige BGM wirkt überwiegend verhaltenspräventiv. Gut gemeind, aber wenn das Amt die DIN SPEC 91020 ohne einen zusätzlichen Arbeitsschutzstandard empfiehlt, dann ist die Behörde wohl der aggressiven Werbung der Lobby für das BGM und die DIN SPEC 91020 zum Opfer gefallen.
  • Standards für Arbeitsschutzmanagementsysteme: Die Lehrer und ihre Berufsorganisationen sollten sich OHSAS 18002:2008 (das ist OHSAS 18001 mit Umsetzungshinweisen), ILO-OSH oder OHRIS ansehen. Der verhältnispräventive Arbeitsschutz ist vorgeschrieben, hat also Vorrang.

 
Links:

Vorgelebte Work-Life-Balance

Freitag, 29. November 2013 - 21:24

Geschickte Führungskräfte geben ein Beispiel für den verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Gesundheit. Sie schalteten einen Gang zurück und verlassen das Unternehmen, in dem die Mitarbeiter nicht mehr für langjährige Anwesenheit am Arbeitsplatz belohnt werden. Der Arbeitgeber beschließt kurz vor dem Aussscheiden der Führungskraft, dass wegen sinkender Belastbarkeit kündigende Top-Manager eine Sonderrente bekommen. Die Firma zeigt damit große Verantwortung zumindest für einen Teil ihrer Mitarbeiter. Anschließend übernehmen die sonderberenteten Top-Manager etwas weniger anstrengende Aufgaben (z.B. in Aufsichtsräten), für die sie von anderen Unternehmen sehr gut bezahlt werden. Solche Führungskräfte zeigen auch dem gewöhnlichen Arbeitnehmer, wie man eigenverantwortlich eine gesunde Balance zwischen Beruf und Familie finden kann. Daran sollten sich auch nicht zu dieser Führungselite gehörende Menschen ein Beispiel nehmen!

Missverständlichen Daten des DIN in KAN-Datenbank

Freitag, 29. November 2013 - 07:45

DIN SPEC 91020 in der Datenbank der Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN):

  • Definitions; Employees; Employment; Environment (working); Ergonomics; Health protection; Industrial organization; Management; Management systems; Occupational safety; Personal health; Public health protection; Quality assurance; Quality management; Working conditions (physical); Working load; Working places;

Application areas

  • 35.10 Work organisation
  • 35.15 Health and safety of workers at the workplace

Hazards

  • AA Hazards and stresses in general
  • AB Terminological definitions in standards related to occupational health and safety

ICS 13.100 Occupational safety. Industrial hygiene

(Hervorhebungen nachträglich eingetragen)

 
Die KAN hat in einem Gemeinschaftsprojekt mit der DIN Software GmbH das Recherchetool NoRA zur gezielten Suche nach Normen mit arbeitsschutzrelevanten Inhalten entwickelt. Die NoRA-Daten zur DIN SPEC 91020 basieren auf Angaben des Deutsche Instituts für Normung (DIN).

Für das Mißverständnis ist also das DIN verantwortlich. Das DIN sollte bei sich selbst nachlesen, dass nach dem PAS-Verfahren erarbeitete DIN SPECs nichts mit Arbeits- und Gesundheitsschutz zu tun haben dürfen:

[...] Eine Anfrage für eine DIN SPEC (PAS) zum Arbeits-, Gesundheits-, Umwelt- und Brandschutz wird vom DIN grundsätzlich abgelehnt. [...]

 
Die KAN sieht die DIN SPEC 91020 auch kritisch: http://blog.psybel.de/interessierte-kreise-din-spec-91020/ (2012-05-23)

(Aktualisierung dieses Artikels: 2013-12-02)

Gesunde Strukturen

Donnerstag, 28. November 2013 - 12:45

Veröffentlichungen von (oder mit Beteiligung von) Dr. Ralf Neuner:
http://www.gesunde-strukturen.de/publikationen.html

Abwechslungsreiche Tätigkeit

Donnerstag, 28. November 2013 - 12:30

http://www.bgm-report.de/allgemein/arbeitswelt-im-wandel-zahlen-daten-fakten (über die Broschüre Arbeitswelt im Wandel der BAuA):

[...] Meine besondere Aufmerksamkeit fiel auf die Erkenntnisse zu den Arbeitsanforderungen (S.27). Mitarbeiter empfinden starken Termin- und Leistungsdruck, sowie die gleichzeitige Betreuung mehrerer verschiedenartiger Arbeiten als belastend. Besonders beachtenswert, dass auch die Konfrontation mit neuen Aufgaben für 38,6 Prozent der Männer und 31,6 Prozent der Frauen als belastend empfunden wird. Da eine „abwechslungsreiche Tätigkeit“ sehr häufig als ein gesundheitsfördernder Faktor geführt wird, gilt es für Führungskräfte genau abzuwägen in welchem Maße neuen Aufgaben verteilt werden. Für den Einen förderlich, für den Anderen zusätzlicher Stress – ein Balanceakt. [...]

Guter Hinweis von Ingrid Dickes. Es kommt auf die Art der Abwechselung und auf das richtige Maß an.

Koalitionsvertrag: Ganzheitlicher Arbeitsschutz

Donnerstag, 28. November 2013 - 07:06

https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf und http://www.spd.de/linkableblob/112790/data/20131127_koalitionsvertrag.pdf, Auszug:

Koalitionsvertrag
zwischen CDU, CSU und SPD
18. Legislaturperiode

Ganzheitlicher Arbeitsschutz

Der Schutz der Beschäftigten vor Gefahren am Arbeitsplatz und die Stärkung der Gesundheit bei der Arbeit ist ein wichtiges Gebot sozialer Verantwortung. Ein deutlicher Hinweis auf die Herausforderungen, die eine sich wandelnde Arbeitswelt für den deutschen Arbeitsschutz bedeutet, ist die drastische Zunahme psychischer Erkrankungen. Unser Leitbild ist ein ganzheitlicher, physische und psychische Belastungen umfassender Gesundheitsschutz bei der Arbeit. Die Zusammenarbeit mit der allgemeinen Gesundheitspolitik wird ausgebaut. Betriebliche Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz werden enger verknüpft. Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) wollen wir stärken und mehr Verbindlichkeit erreichen.

Gesundheitszirkel in den Betrieben haben sich in der Praxis als erfolgreicher Ansatz erwiesen. Wir wollen erreichen, dass in Unternehmen in Kooperation mit den gesetzlichen Krankenkassen solche Zirkel vermehrt eingerichtet werden. Wir werden die Entwicklung neuer Präventionskonzepte und betrieblicher Gestaltungslösungen bei psychischer Belastung in enger Zusammenarbeit mit den Trägern der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie vorantreiben, den Instrumenteneinsatz besser ausrichten, auf eine verbesserte Kontrolle des Arbeitsschutzes hinwirken und in bestehenden Arbeitsschutzverordnungen, die noch keine Klarstellung zum Schutz der psychischen Gesundheit enthalten, dieses Ziel aufnehmen. Es erfolgt eine wissenschaftliche Standortbestimmung, die gleichzeitig eine fundierte Übersicht über psychische Belastungsfaktoren in der Arbeitswelt gibt und Handlungsoptionen für notwendige Regelungen aufzeigt. Im Lichte weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse schließen wir insoweit auch verbindliche Regelungen in der Form einer Verordnung gegen psychische Erkrankungen nicht aus.

Der Schutz und die Stärkung der physischen Gesundheit in besonders belastenden Tätigkeiten werden weiter verbessert, die entsprechende Forschung unter Begleitung der Tarifpartner intensiviert und Lösungsvorschläge zur Vermeidung arbeitsbedingter Verschleißerkrankungen und Frühverrentungen erarbeitet.

Kontrolle des Arbeitsschutzes: Im 1. Entwurf (Stand 24.11. 20:00) stand: “auf eine Personalaufstockung bei der Kontrolle des Arbeitsschutzes hinwirken”. Im finalen Text steht “auf eine verbesserte Kontrolle des Arbeitsschutzes hinwirken”. Wir sollten uns also in Erinnerung behalten, dass in den Koalitionsverhandlungen der Personalmangel bei der Gewerbeaufsicht angesprochen wurde. Es sind noch andere Schwächen zu beheben (die in der Vergangenheit aus meiner Sicht wegen der Fehleinschätzung des unternehmerischen Verantwortungsbewusstseins bewusst von der Politik toleriert wurden). Konkrete Maßnahmen müssen aber bezahlt werden.

Arbeitsschutz in Zusammenarbeit mit der allgemeinen Gesundheitspolitik: In der Vergangenheit hatten sich nach meinem Eindruck das CDU-geführte Bundesministerium für Arbeit (mit dem verhältnispräventiv orientierten Arbeitsschutz) und das FDP-geführte Ministerium für Gesundheit (mit einer überwiegend verhaltenspräventiv angelegten Gesundheitsförderung) nicht sonderlich gut abgestimmt. Zusammenarbeit ist gut, aber mit dem beabsichtigten Ausbau der Zusammenarbeit des Arbeitsschutzes mit der allgemeinen Gesundheitspolitik könnte weiterhin versucht werden, die Kosten des Arbeitsschutzes weg von den Arbeitgebern hin zu den Mitarbeitern und der Gemeinschaft der Krankenversicherten und Steuerzahler zu verschieben.
        Darum ein wichtiger Hinweis: Verkauft ein Arbeitgeber z.B. der Gewerbeaufsicht, den Auditoren, seinen Mitarbeitern usw. Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitförderung als “Arbeitsschutzmaßnahmen”, dann muss der Arbeitgeber die Kosten tragen und vor der Durchführung der Arbeitsschutzmaßnahme die Mitbestimmungspflicht des Betriebsrates oder des Personalrates beachtet haben. Wenn die Maßnahme überwiegend verhaltenspräventiv ist, dann ist sie nachrangig gegenüber den im Arbeitsschutz vorgeschriebenen verhältnispräventiven Maßnahmen. Und Maßnahmen, für die Mitarbeiter eigene Zeit und eigenes Geld aufbringen müssen (selbst, wenn nur teilweise), sind keine Arbeitsschutzmaßnahmen.

Klarstellung: Mit “in bestehenden Arbeitsschutzverordnungen, die noch keine Klarstellung zum Schutz der psychischen Gesundheit enthalten, dieses Ziel aufnehmen” steht nun auch im Koalitionsvertrag, dass hier nur eine Klarstellung vorgenommen wird. Die Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz besteht nämlich schon seit dem Jahr 1996.

Anti-Stress-Verordnung: Wissenschaftliche Standortbestimmungen, die gleichzeitig eine fundierte Übersicht über psychische Belastungsfaktoren in der Arbeitswelt geben und Handlungsoptionen für notwendige Regelungen aufzeigen, sind längst verfügbar. Die Koalitionsverhandler einigten sich nur auf ein unverbindliches Nachdenken über eine “Verordnung gegen psychische Erkrankungen”, die die SPD will, aber nicht so sehr die CDU/CSU. Damit reiht sich dieses wohl auch als “Anti-Stress-Verordnung” bekannte Thema in eine Warteschlange mit über 80 Prüfaufträgen im Koalitionsvertrag ein, mit denen diese Koalition die Leidensfähigkeit der Bürger prüfen wird.

Werner Fürstenbergs Eristik

Dienstag, 26. November 2013 - 12:02

Problem Chef, DER SPIEGEL 45/2013, S.90 bis 92 (http://www.vdbw.de/fileadmin/01-Redaktion/05-Presse/02-PDF/Pressemitteilung/2013/SPIEGEL_Stressfaktor_Chef_Burnout_im_Büro.pdf):

[...] “Ich halte überhaupt nichts von einer Anti-Stress-Verordnung”, sagt Werner Fürstenberg, Geschäftsführer das Fürstenberg Instituts. Stress sei ein ernstzunehmenders Problem, “aber man untergräbt das Selbstbestimmungsrecht der Menschen, wenn man Stress per Verordnung verbieten will.” [...]

Das ist wieder ein hübsches Beispiel für irreführende Eristik in der Diskussion um arbeitsbedingte psychische Belastungen. Weil ihm wohl nachvollziehbare Argumente fehlen, kritisiert Fürstenberg ein von ihm selbst konstruiertes Ziel, dass die Stressverordnung gar nicht hat. Als Institutsleiter weiß er natürlich, dass mit dieser Verordnung Stress nicht verboten werden soll (dann gäbe es keine Jobs), sondern es geht darum, einen ehrlichen und transparenten Umgang mit legitimen psychischen Belastungen einerseits und krank machenden Fehlbelastungen andererseits sicherzustellen.

Die “Anti-Stress-Verordung” richtet sich gegen eine rechtswidrige Fremdbestimmung von Arbeitnehmern durch ihre Arbeitgeber. Die Mehrheit der Arbeitgeber haben sich seit 1996 lange genug gegen ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen gewehrt, dabei geltendes Arbeitsschutzrecht gebrochen und das Selbstbestimmungsrecht auf Gesundheit ihrer Mitarbeiter untergraben. Die Antistressverordnung soll dieser Anarchie ein Ende setzen. Vorschriften, die nicht durchgesetzt werden, schaden auch dem Rechtsstaat.

 
Der SPIEGEL selbst setzt noch eine Falschdarstellung darauf:

[...] Stress im Job hätten die Parteien schon vor der Wahl gern per Gesetz verboten. [...]

Wird so auch innerhalb des SPIEGEL über psychische Belastungen diskutiert? In dem Laden hat es ein Arbeitsschützer sicherlich nicht leicht. So wie DER SPIEGEL über das Thema der psychischen Belastung berichtet, sollte sich die Gewerbeaufsicht fragen, ob dieses Magazin auch als Arbeitgeber den heute geforderten Arbeitsschutz überhaupt verstanden hat. Wie geht es in den Redaktionen des SPIEGEL zu? Wie schützt dieser Arbeitgeber seine Mitarbeiter vor Fehlbelastungen? Welche Führungskultur herrscht beim SPIEGEL heute? Dürfen Redakteure das Thema der psychischen Belastung so kritisch angehen, dass das auch Fragen zum beim SPIEGEL praktizierten Arbeitsschutz aufwirft?

An die für den SPIEGEL zuständigen Gewerbeaufsichten: Bitte insbesondere die Qualität und die Mitbestimmtheit der nach § 12 ArbSchG vorgeschriebenen Unterweisung der SPIEGEL-Mitarbeiter überprüfen.

DIN SPEC 91020 nicht gültig für den Arbeitsschutz

Montag, 25. November 2013 - 22:03

Petition 47367 (Pet 1-18-09-803-000048) – 25. November 2013

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die Bundesregierung als Anteilseigner der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) sicher stellt, dass den Unternehmen, den Gewerbeaufsichten und den im Arbeitsschutz mitbestimmenden Arbeitnehmervertretern von der DAkkS deutlich bewusst gemacht wird, dass das Deutsche Institut für Normung (DIN) keine Standards für den Arbeitsschutz zur Bearbeitung annimmt, die nach dem PAS-Verfahren erarbeitet wurden. Die DIN SPEC 91020 ist kein Arbeitsschutzstandard.

 
Begründung:

Die DIN SPEC 91020 ist ein im PAS-Verfahren erarbeiteter Standard für das “Betriebliche Gesundheitsmanagement” (BGM), der gemäß DIN ausdrücklich den Arbeitsschutz *nicht* umfassen kann. Derzeit wird nach meinem Kenntnisstand bei der DAkkS (Abteilung 6 in Frankfurt) die Akkreditierungsfähigkeit der DIN SPEC 91020 geprüft. Die überwiegend privatwirtschaftlichen Initiatoren dieses Privat-Standards werben mit hohem Aufwand für die DIN SPEC 91020 und stellen nicht genügend klar, dass eine Zertifizierung nach dieser Norm den Arbeitsschutz ausdrücklich *nicht* umfasst. Ein nach der DIN SPEC 91020 zertifiziertes betriebliches Gesundheitsmanagement eines Betriebes darf deswegen die Gewerbeaufsicht nicht dazu veranlassen, das Arbeitsschutzmanagementsystem (AMS) des Betriebs im Sinn beispielsweise der LASI-Veröffentlichung 54 (Anhang, S. 42) “entlastet” zu prüfen. Ein AMS darf in Folge der vom DIN klargestellten Einschränkungen *nicht* nach DIN SPEC 91020 zertifiziert werden, sondern es gelten für Zertifizierungen andere Standards wie z.B. OHSAS 18001 (und mögliche Nachfolger erarbeitet u.A. durch ISO/PC 283), ILO-OSH und OHRIS.

Siehe auch: http://blog.psybel.de/warning-din-spec-91020-is-not-a-safety-standard/

 


Antwort des Bundestages (Februar 2014):

Strategie: Führungsziel Gesundheit

Montag, 25. November 2013 - 17:47

http://www.wirtschaftspsychologie-aktuell.de/strategie/strategie-20131125-fuehrungsziel-gesundheit.html

Strategie
Führungsziel Gesundheit

25. November 2013

Auf dem Kongress für Angewandte Psychologie „Leistung oder Gesundheit“ wurde häufig über das Führungsziel Gesundheit gesprochen. Wie können Führungskräfte gesund führen? Fünf wichtige Prinzipien lauten: Gefährdungen erkennen, mit Mitarbeitern reden, gute Gefühle auslösen, selbst gesund bleiben und in Gesundheit investieren.

Führungsverhalten als Gesundheitspuffer

Letzten Donnerstag und Freitag fand der 24. Kongress für Angewandte Psychologie in Berlin statt, den der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) organisierte. Das Kongressthema lautete „Leistung oder Gesundheit: Psychologische Konzepte für die gestresste Gesellschaft.“ [...]