Kategorie 'Betriebliches Gesundheitsmanagement'

Führungskräfte widersprechen Dieter Hundt

Samstag, 19. Januar 2013 - 07:24

http://www.haufe.de/personal/hr-management/fuehrung-fuehrungskraefte-warnen-vor-psychischer-belastung_80_160540.html

… Arbeit verursache Zufriedenheit und keine psychischen Erkrankungen, hatte Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ vom 10. Januar bekundet. Hundts Aussage steht im Widerspruch zu den Statistiken der Deutschen Rentenversicherung, aber auch Erkenntnissen von Krankenkassen und dem „Stressmonitor“ des Arbeitsministeriums. Auch der Verband „Die Führungskräfte“ DFK hat sich jetzt zu Wort gemeldet. …

Gemäß haufe.de meint der DFK, dass Arbeit nicht der einzige Stressfaktor sei, aber durchaus zu psychischen Erkrankungen beitragen könne. Arbeit als Ursache psychischer Erkrankungen auszuschließen, hieße vielmehr, sich der Realität zu verschließen.

 

An den heute zutage tretenden Fehlern im Umgang mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz sind diese Führungskräfte des DFK auch selbst schuld. Sie korrigieren Dieter Hundts eristische Rhetorik, aber machen es selbst kaum besser:

… Ansatzpunkte sieht der DFK jedoch im Betrieblichen Gesundheitsmanagement und bei den Mitarbeitern. Diese sollten darin bestärkt werden, selbst Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Und könnten darin von den Arbeitgebern unterstützt werden …

Nicht nur Dieter Hundt, sondern auch diesen Führungskräftevertretern (z.B. Bernhard von Rothkirch, Vorsitzender des DFK) sind die Zusammenhänge nicht klar. Sie empfehlen Betriebliches Gesundheitsmanagement mit sich selbst schützenden Mitarbeitern, vergessen aber davor, ihre Pflicht zu erledigen: Den im Arbeitsschutz vorgeschriebenen verhältnispräventiven Gesundheitsschutz.

Nicht das Betriebliche Gesundheitsmanagement liefert die grundlegenden “Ansatzpunkte”, sondern der Arbeitsschutz und die Rechtsprechung liefern Vorschriften, die vor Allem verlangen, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammensetzen und in ihren Betrieben einen betriebsgerechten Arbeitsschutz vereinbaren. Dass das Arbeitsschutz als Rahmengesetz es keine konkrete Regeln gibt, ist kein Freibrief zum Nichtstun, sondern liefert die Begründung für die von den Arbeitnehmern mitbestimmte betriebsnahe Implementierung des Arbeitsschutzes: Das Arbeitsschutzgesetz gibt eine Gestaltungspflicht. Bis 1996 wurde der Arbeitsschutz für das ganze Land geregelt, danach wurde der Gestaltungsprozess in die Betriebe verlagert. Das hat die große Mehrheit der Führungskräfte seit 1996 immer noch nicht begriffen.

… Der Verband hat bei den eigenen Mitgliedern demnach die Erfahrung gemacht, dass gerade das mittlere Management in der Sandwich-Position zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitern in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stark unter Druck steht. Bei den Managern werde das Gefühl erzeugt, „zerrieben“ zu werden. Das schlage auf die Psyche. Der Vorschlag, einen Anti-Stress-Paragraphen ins Arbeitsrecht aufzunehmen, wie ihn im letzten Sommer die IG Metall mit einer „Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastungen bei der Arbeit“ vorgelegt hatte, sei wenig praktikabel. …

Eine solche Verordnung sehe ich auch kritisch, sie scheint aber doch notwendig zu sein. Auf sie können sich Führungskräfte berufen, wenn ihnen die eigene Courage fehlt, Mißstände anzusprechen. Ich kenne nämlich Betriebe, in denen Führungskräfte im Arbeitsschutz zwar Verantwortung übertragen wird, aber in den vorgeschriebenen Unterweisungen des Arbeitsschutzes an Mitarbeiter und Führungskräfte fehlt der Bereich der psychischen Belastungen völlig. (Auch die Gewerbeaufsicht übersieht diesen Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz.) Trotzdem fordert keine Führungskraft die ihr fehlende Weiterbildung ein. Erfordert das vielleicht mehr Mumm, als die Mitarbeiter zum eigenverantwortlichen Schutz ihrer eigenen Gesundheit aufzufordern?

… Damit spielt der Verband auf die nur schwer zu bestimmenden Ursachen von psychischen Erkrankungen und Burnout an. Einschlägige Vorschriften sind dadurch kaum umzusetzen und damit nicht wirksam. Ansatzpunkte sieht der DFK jedoch im Betrieblichen Gesundheitsmanagement und bei den Mitarbeitern. Diese sollten darin bestärkt werden, selbst Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Und könnten darin von den Arbeitgebern unterstützt werden.

Nach meiner Erfahrung wehren sich Führungskräfte ziemlich nachhaltig gegen die Bestimmung von Ursachen für arbeitsbedingte psychische Erkrankungen. (Es gibt Fälle, in denen nach psychischen Fehlbelastungen schnell Verbesserungsmaßnahmen getroffen wurden, damit die Belastungen nicht diskutiert werden. Eine Gefährdungsbeurteilung wurde in gesetzeswidriger Weise vermieden.) Hier jammern Führungskräfte über Schwierigkeiten, die sie selbst verursachen. So fehlt nun eine valide Begründung, warum die einschlägigen Vorschriften kaum umzusetzen seien. Widerlegt wird die Behauptung durch Betriebe, in denen die Vorschriften umgesetzt wurden. Schwachen Führungskräften fällt aber hier nichts anderes ein, als ihre eigene Verantwortung auf die Mitarbeiter abzuschieben.

Wie kann man die Arbeitnehmer dazu auffordern, Verantwortung zu übernehmen, wenn die Arbeitgeber und die Führungskräfte sich weigern, ihre Pflichten zu erfüllen? Warum nun wehren sich so viele Arbeitgeber und Führungskräfte gegen den modernen Arbeitsschutz, wo sie selbst doch ständig ihr eigenes Interessan an gesunden und leistungsfähigen Mitarbeitern bekunden? Die Antwort: Es geht um ihre Autonomie bei der Führung. Das eigentliche Problem für Führungskräfte ist nämlich: Die im Arbeitsschutz geforderten Beobachtungs- und Beurteilungsverfahren machen Führungsstile transparent. Für so manche Führungskraft geht es hier ans Eingemachte.

Übrigens: Entgegen der Auffassung des DFK sind die Mitarbeiter noch “gestresster” als ihre sich selbst bemitleidenden Führungskräfte.

Was versteht man unter betrieblichem Gesundheitsmangement?

Dienstag, 8. Januar 2013 - 21:14

In der Kategorie “Was versteht man unter betrieblichem Gesundheitsmangement?” gibt es mehrere Antworten zu dieser Frage im Blog von Klaus Schomacker: http://bgm-eup.de/?cat=4

http://bgm-eup.de/?p=233 befasst sich beispielsweise mit dem Unterschied zwischen Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung.

 
Anmerkung: Interessant wird es insbesondere hinsichtlich der Mitbestimmung, wenn Unternehmen firmenintern als “Gesundheitsförderung” dargestellte Maßnahmen in der Öffentlichkeit und gegenüber Auditoren (Gewerbeaufsicht usw.) als “Gesundheitsschutz” zu verkaufen versuchen.

Risikomanagement ohne Arbeitsschutz?

Montag, 7. Januar 2013 - 07:35

http://www.gesundheit-adhoc.de/heute-die-besten-qualifizieren-fuer-die-herausforderungen-von-morgen.html

ZeQ präsentiert Seminarprogramm 2013
Heute die Besten qualifizieren. Für die Herausforderungen von morgen.

Mannheim – Die Unternehmensberatung ZeQ hat ihr Seminarprogramm für das Jahr 2013 vorgestellt. Dieses richtet sich an Führungskräfte und Mitarbeiter von Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken und Psychiatrien.

Herzstück des Programms ist der Seminar-Fokus „Management-Qualität 2.0“. Die hier angebotenen Kurse sollen dem Qualitätsmanagement in Krankenhäusern neue Perspektiven aufzeigen und richten sich daher vor allem an erfahrene Qualitätsbeauftragte.

Insgesamt umfasst das Programm 29 Seminare, von denen zehn erstmals angeboten werden. Ein Großteil der neuen Kurse beschäftigen sich mit den Themen

  • Risikomanagement – z. B. „Übertragung von Unternehmerpflichten – Organisationsverschulden wirksam begegnen“ –,
  • Kommunikation – z. B. „Rethorik [sic!] und Moderation – die eigene Wirksamkeit erhöhen“ und
  • Betriebliches Gesundheitsmanagement – u. a. „Betriebliches Gesundheitsmanagement – fit werden für die DIN SPEC 91020“.

An dem bewährten Konzept, die Berater von ZeQ als Trainer einzusetzen, wird auch im kommenden Jahr festgehalten. Hierdurch ist sichergestellt, dass sich die Kurse durch einen hohen Praxisbezug auszeichnen.

(Layout geändert, Text unverändert zitiert.)

In der Seminarbeschreibung von ZeQ fehlt der Arbeitsschutz, denn bekanntlich hilft die DIN SPEC 91020 nur bei der Integration des Betrieblichen Gesundheitsmanagements in Managementsysteme.

Wie kann man schon Zeit und Geld für Betriebliches Gesundgeitsmanagement (BGM) ausgeben, wenn Pflegekräften und Ärzten nicht wenigstens ein funktionierender Arbeits- und Gesundheitschutz garantiert wird? Das BGM ist eine feine Sache, aber es ersetzt den Arbeitsschutz nicht. Fehlbelastetes und übermüdetes Krankenhauspersonal ist zudem auch noch eine Gefahr für die Patienten.

Das freiwillige und oft stark verhaltenspräventiv orientierte BGM ist keine Alternative zum vogeschriebenen verhältnispräventiven Arbeitsschutz. Im Arbeitsschutz kann man kompetente Aufsichtspersonen der Berufsgenossenschaft und der Gewerbeaufsicht nicht mit BGM beeindrucken, sondern sie wollen einen mindestens vorschriftsmäßigen Gesundheitsschutz sehen. Wenn der Seminaranbieter wirklich beim Risikomanagement helfen wollte, dann müsste mit Standards wie OHSAS 18001 oder ILO-OSH begonnen werden, nicht aber mit der DIN SPEC 91020 und Rhetorik.

Arbeitsschutz vs. Gesundheitsförderung

Freitag, 21. Dezember 2012 - 06:41

Die Bekämpfung des mitbestimmten Arbeitsschutzes als Gegensatz zu einer vermeitlich besseren Gesundheitsförderung hat schon eine längere Geschichte.

Wolfgang Kohte: Arbeitsschutz und betriebliche Gesundheitsförderung, Absatz “1988″ Erstarrter Arbeitsschutz – Betriebliche Gesundheitsförderung? und Dominanter Arbeitsschutz – Schrumpfende Gesundheitsförderung?, erschienen in: Holger Pfaff, Wolfgang Slesina: Effektive Betriebliche Gesundheitsförderung, 2001

Das Kapitel ist auch geschichtlich sehr interessant. Aber mich interessiert insbesondere die Mitbestimmung:

… Während im gesetzlichen Arbeitsschutz Regelungen der zwingenden Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG unterliegen und durch Spruch der Einigungsstelle entschieden werden können, sind Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über die Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung der konsensualen Mitbestimmung des § 88 [Freiwillige Betriebsvereinbarungen] BetrVG zuzuordnen, so dass solche Regelungen nicht erzwingbar sind. …

Kohte meint damit, dass die Mitbestimmung in der freiwillige Gesundheitsförderung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung auch nur freiwillig in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden kann.

Dier Regelungen sind erzwingbar, denn Kohte vergisst, dass Maßnahmen in der Gesundheitsförderung natürlich dann wieder mitbestimmungspflichtig sind, wenn es sich dabei um Arbeitsschutzmaßnahmen handelt. Freiwillige Betriebsvereinbarungen bieten sich natürlich trotzdem an, gemeinsame Regelungen zu finden. Die Mitbestimmung lässt sich nicht dadurch umgehen, dass Arbeitsschutzmaßnahmen in die Gesundheitsförderung eingebettet werden. Im Gegenteil, dort, wo Elemente des Gesundheitsschutzes für den Arbeitsschutz benötigt werden und damit eine Voraussetzung für einen funktionierenden Arbeitsschutz sind, herrscht die starke Mitbestimmungspflicht der Arbeitnehmervertretungen für Arbeitsschutz auch in der Gesundheitsförderung. Johannes Denck, ZfA 1976, S. 452: “Der Wirkungsbereich des § 89 [Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz] Abs 1 Nr 7 BetrVG erstreckt sich auf den Arbeitsschutz schlechthin.”

Kothe zufolge ordnete Wolfgang Slesina die Gesundheitsförderung dem autonomen Arbeitsschutz zu. Mit ein bisschen Googeln stoßen wir hier auf eine interessante Diskussion (http://www.google.com/search?q=autonomer+arbeitsschutz), in der diesem Arbeitsschutz der gesetzliche Arbeitsschutz gegenübergestellt wird. Nach meinem Eindruck war der Kampf um die Mitbestimmung hier einer der Treiber des Versuches der durchaus umstrittenen Unterscheidung zwischen einem autonomen und einem gesetzlichen Arbeitsschutz. Diese Diskussion scheint aber inzwischen verstummt zu sein, vielleicht weil heute die betriebliche Gesundheitsförderung den Platz des Bereichs eingenommen hat, der mit dem Begriff des autonomen Arbeitsschutzes aus der Mitbestimmung herausgehalten werden sollte.

In dem Moment, in dem sich ein Unternehmen nach OHSAS 18001 zertifizieren lässt, kommt zu den gesetzlichen Regelungen der Mitbestimmung noch die Selbstverpflichtung des Arbeitgebers hinzu. Betriebsräte wissen meistens nicht, dass sie in zertifizierten Betrieben in Vorfalluntersuchungen einzubeziehen sind, also in die Untersuchung aller Ereignisse, die eine Verletzung oder Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere) oder einen tödlichen Unfall zur Folge hatten oder hätten zur Folge haben können. (Erkrankungen sind erkennbare, nachteilige physische oder mentale Zustände, die durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation entstanden sind und/oder verschlechtert wurden.) Über OHSAS 18001 nicht ausreichend informerte Betriebsräte versäumenzu leicht auch, ihr Recht wahrzunehmen, in Veränderungen, die sich auf ihren Arbeits- und Gesundheitsschutz auswirken, einbezogen zu werden. Die Betriebliche Gesundheitsförderung führt aber offensichtlich zu solchen Veränderungen. Sonst wäre sie nichts wert.

Die Mitbestimmung bei der betrieblichen Gesundheitsförderung

Donnerstag, 20. Dezember 2012 - 08:26

http://sozialpolitik.verdi.de/gesundheitspolitik_buergerversicherung/betriebliche_gesundheitsfoerderung/mitbestimmung

Der Artikel macht die Mitbestimmung am Arbeits- und Gesundheitsschutz fest. Es kann nun passieren, dass Betriebsleitungen versuchen, Aspekte des Arbeitsschutzes aus dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) und/oder der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) zunächst herauszuhalten, um die Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu vermeiden.
 


http://www.dnbgf.de/bgf-themen/recht-leitlinien.html
… Anders als der Arbeitsschutz, der durch eine Reihe konkreter gesetzlicher Vorgaben geregelt wird, beruht betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) derzeit lediglich auf einer allgemeinen, auf Freiwilligkeit basierenden Rechtsgrundlage. …

… Dabei gilt jedoch immer, dass BGF in Ergänzung, nicht in Konkurrenz zum Arbeitsschutz steht. Die Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz ist freiwillig. Anders als der Arbeitsschutz kennt BGF keine obligatorischen Mindeststandards, deren Einhaltung überwacht wird. …

In den vielen Veröffentlichungen zum Thema wird der Arbeitsschutz einmal als Teil der BGF bzw. des BGM gesehen. Ein anderes Mal wird BGM/BGF dagegen als Ergänzung des Arbeitsschutzes dargestellt. Inzwischen häufiger zu lesende Selbstdarstellungen von Unternehmen, dass sie mit BGM/BGF über die gesetzlichen Anforderungen hinausgingen, lassen darum verschiedene Interpretationen zu. Das mag nicht unbeabsichtigt sein. Ein Aspekt, der die Darstellung von Unternehmen ihrer Aktivitäten im Gesundheitsbereich oft beeinflusst, besteht in den Auswirkungen solcher Aussagen auf die Mitbestimmung.

Tatsächlich besteht die Mitbestimmung aber bei allen Themen mit Auswirkungen auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz. BGM und BGF werden zudem gegenüber Auditoren, Aufsichtspersonen und der Öffentlichkeit trotz fehlender Elemente des Arbeitsschutzes gerne als Beitrag zum Arbeits- und Gesundheitsschutz verkauft, und schon ist die Arbeitnehmervertretung wieder in der Mitbestimmung. Das ist ein interessantes Dilemma für die Unternehmenskommunikation.

Das Fehlen konkreter Vorschriften bedeutet nicht, dass keine Mitbestimmung gilt. Im Gegenteil: Ein weiter Gestaltungsspielraum ist beispielsweise im Arbeits- und Gesundheitsschutz einer der wichtigsten Gründe für die Mitbestimmung. (Oder umgekehrt: Nur bei konkreten gesetzlichen Vorgaben gibt es nicht mehr allzuviel zu verhandeln, zu vereinbaren und mitzubestimmen. Es bleiben die Überwachungspflichten der Arbeitnehmervertretung.)

Die Freiwilligkeit von Maßnahmen begründet ebenfalls nicht notwendigerweise, dass keine Mitbestimmung gelte. Sie ermöglicht Unternehmen allerdings, eine gegebenenfalls bestehende Mitbestimmung dadurch zu beenden, dass Maßnahmen bei Konflikten mit der Arbeitnehmervertretung einfach nicht durchgeführt werden. Gegenüber den Mitarbeitern kann dann versucht werden, Kritik oder Widerstand der Arbeitnehmervertretung als gegen die Mitarbeiter gerichtet darzustellen.

Gesundheitsminister schnappt sich den Arbeitsschutz

Dienstag, 18. Dezember 2012 - 06:06

http://www.haufe.de/sozialwesen/leistungen-sozialversicherung/praevention-koalition-einigt-sich-auf-praeventionsstrategie_242_156026.html

14.12.2012

Prävention: Koalition einigt sich auf Präventionsstrategie Mit neuer Strategie für mehr Gesundheitsvorsorge.

Eine neue Strategie zur Gesundheitsvorsorge soll mehr Menschen zu einem gesünderen Leben bewegen.

Die Koalition einigt sich auf die Eckpunkte einer seit langem angekündigten Präventionsstrategie für mehr Gesundheitsvorsorge in Deutschland. Schwerpunkte sind eine Stärkung der betrieblichen Gesundheitsvorsorge und neue Ansätze für soziale Brennpunkte. Das teilte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums der dpa am 13.12.2012 auf Anfrage mit. Die gesetzlichen Änderungen sollen im Jahr 2013 angegangen werden. …

Die FDP arbeitet weiter an der Besetzung des Arbeitsschutzthemas Prävention durch das Bundesgesundheitsministerium. Von Ursula von der Leyen hört man hier nicht mehr so viel.

Info:

  • Betriebliche Gesundheitsvorsorge – vorwiegend Verhältnisprävention – vorgeschriebener Arbeits- und Gesundheitsschutz – während der Arbeitszeit – auf Kosten des Arbeitgebers – Standards: OHSAS 18001, ILO-OSH usw. – Mitbestimmung: zwingend – Politik: BMAS (von der Leyen, CDU)
  • (Betriebliche) Gesundheitsförderung – vorwiegend Verhaltensprävention – freiwillige Angebote an Mitarbeiter – auch während der Freizeit – auch mit finanzieller Beteiligung der Mitarbeiter (“Eigenverantwortung”) – Standards: evtl. DIN SPEC 91020 – Mitbestimmung: mindestens konsensual – Politik: BMG (Bahr, FDP)

 


2012-11
http://www.bmg.bund.de/praevention/betriebliche-gesundheitsfoerderung/best-practice-beispiele-bayern/projekte-psychische-belastungen/foerderung-psychischer-gesundheit-in-der-arbeitswelt.html
Frage an Siemens Healthcare:
Förderung psychischer Gesundheit in der Arbeitswelt – Siemens Healthcare und
Siemens-Betriebskrankenkasse

Wo haben Sie Präventionsbedarf?

Mit dem Projekt soll Stress, Burnout und weiteren psychischen Erkrankungen präventiv entgegengewirkt werden. Die Handlungskompetenz und das Wissen zu den Themen psychische Gesundheit und Umgang mit belasteten Mitarbeitern, sowie die Zufriedenheit mit der eigenen Work­Life­Balance soll erhöht werden. Außerdem soll das Thema „psychische Belastung“ enttabuisiert werden und Entspannungsmethoden erprobt werden. …

Das Bundesgesundheitsministerium des Daniel Bahr (FDP) hilft hier der Firma Siemens, Verhaltensprävention als das Hauptwerkzeug gegen psychische Fehlbelastungen darzustellen. Das ist natürlich falsch. Aber im Augenblick kann Daniel Bahr das durchsetzen.

Für den Arbeitsschutz ist eigentlich die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zuständig. Jetzt aber läuft erst einmal das Projekt von Arbeitgebern und FDP, den verhältnispräventiven Arbeitsschutz in einem überwiegend verhaltenspräventiven Betrieblichen Gesundheitsmanagement zu marginalisieren.

Übrigens: Die FDP versteht die Wichtigkeit des verhältnispräventiven Arbeitsschutzes dann sehr gut, wenn sie der SPD damit auf die Füße treten kann. Sollte sie im Jahr 2013 nicht unter 5% bleiben, bestünde eine gewissermaßen nationale Arbeitsschutzmaßnahme also darin, die FDP auch im Bundestag in die Opposition zu schicken, damit sie einer regierenden SPD kräftig zuleibe rücken kann.

 


http://www.european-news-agency.de/wirtschaft_und_finanzen/psychische_erkrankungen_werden_ernster_genommen-52181/
Psychische Erkrankungen werden ernster genommen

Verfasser: Siegfried Kubiak
Barendorf, 23.08.2012, 18:37 Uhr

Barendorf [ENA] Das Bundesgesundheitsministerium fördert ein dreijähriges Projekt des „Aktionsbündnisses Seelische Gesundheit“ zur Einbindung der Medien in Maßnahmen zur Bekämpfung von Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Monatlich sollen damit Journalisten über aktuelle Themen aus dem Bereich der seelischen Gesundheit informiert werden. Hintergrundmaterialien werden angeboten. …

… Das Deutsche Institut für Normung e.V. hat im Juli dieses Jahres einen neuen Zertifizierungsstandard DIN SPEC 91020 für das betriebliche Gesundheitsmanagement vorgestellt, weil bereits heute knapp 28 Prozent der Erwerbstätigen zwischen 60 und 65 Jahre alt sind. Die Zahl derjenigen, die vor Rentenbeginn ausscheiden wächst jedoch. Fast jeder Vierte scheide vorzeitig wegen Rückenproblemen, Depressionen, Burnout oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus dem Berufsleben aus. Die Anforderungen an die DIN SPEC 91020 würden ermöglichen, dass die Arbeitsorganisation, Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozesse gesundheitsfördernd gestaltet werden.

(European News Agency. Executive-Patronage: Deutscher Verband der Pressejournalisten AG.)

Siegfried Kubiak packt das Projekt des Bundesgesundheitsministeriums mit Werbung für die DIN SPEC 91020 zusammen. Die DIN SPEC 91020 dient dem freiwilligen Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Arbeitsbedingte “Rückenproblemen, Depressionen, Burnout oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen” sowie daraus entstehende Frühverrentung haben jedoch von Arbeitgebern mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutz verhindert zu werden, und zwar verhältnispräventiv. Dafür gibt es andere Normen (z.B. OHSAS 18001 oder ILO-OSH), auf die Sigfried Kubiak jedoch nicht hinweist. Die DIN SPEC 91020 wurde nach dem PAS-Verfahren entwickelt, bei dem das DIN Standards zum Arbeitsschutz explizit ausschließt, da diese einen Konsens zwischen den am Standard interessierten Parteien erfordern.

Krankenkassen vergessen den Arbeitsschutz

Samstag, 15. Dezember 2012 - 09:44

http://www.presseportal.de/pm/63330/2382903/praeventionsbericht-2012-krankenkassen-engagieren-sich-verstaerkt-fuer-psychische-gesundheit-im

… “Die gesetzlichen Krankenkassen konzentrieren sich damit schon heute auf das, was der Bundesgesundheitsminister jetzt fordert – nämlich intensiv die betriebliche Gesundheitsförderung und Maßnahmen in Lebenswelten vor Ort zu fördern”, so Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. “Gesundheitsförderung ist dann erfolgreich, wenn sie die Menschen auf möglichst vielen verschiedenen Wegen anspricht und dadurch erreicht. Eine Verengung auf eine ärztliche Verordnung, wie derzeit offenbar im Bundesgesundheitsministerium überlegt wird, wäre ein falscher Ansatz. Prävention muss z. B. im Kindergarten, am Arbeitsplatz und in der Schule beginnen und nicht erst dann, wenn jemand bereits zum Arzt geht.” ..

Bellen am falschen Baum. Der Arbeitsschutz stellt die Prävention sicher – vorausgesetzt, dass sich die Arbeitgeber an die Vorschriften halten. Wenn die Krankenkassen besser darauf geachtet hätten, dann gäbe es jetzt schon weniger Erkrankungen.

… Engagement in der betrieblichen Gesundheitsförderung ausgebaut

Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz – das bedeutet geringere krankheitsbedingte Kosten und mehr Lebensqualität für den Einzelnen. Deshalb haben die Krankenkassen 2011 wie in den Vorjahren ihr Engagement in der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) ausgeweitet …

Mit welcher Absicht wird der Arbeitsschutz am Arbeitsplatz nicht berücksichtigt? Warum wird (abgesehen von der Techniker Krankenkasse) das Engagement beim Arbeitsschutz nicht ausgebaut?

Psychische Erkrankungen verursachen rund 10 Prozent aller Krankheitstage in deutschen Unternehmen und sind seit Jahren die Hauptursache für krankheitsbedingte Frühverrentungen. Entsprechend den gewandelten Belastungen am Arbeitsplatz mit zunehmender Hektik und fortschreitender Arbeitsverdichtung verstärkten die Krankenkassen 2011 weiter ihre Aktivitäten zur Förderung der psychischen Gesundheit von Arbeitnehmern. “Die Anforderungen in der Arbeitswelt haben sich in den letzten Jahren rasant verändert. In der Folge sind vor allem kognitive und psychosoziale Belastungen gestiegen – Stress ist inzwischen das zweithäufigste arbeitsbedingte Gesundheitsproblem. Der Präventionsbericht zeigt, dass die Krankenkassen hier aktiv gegensteuern”, so Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des MDS.

2011 gehörten Maßnahmen zum Stressmanagement bzw. zur Stressbewältigung und Angebote zur gesundheitsgerechten Mitarbeiterführung neben der Reduktion von körperlichen Belastungen zu den häufigsten Präventionsmaßnahmen am Arbeitsplatz

Der Präventionsbericht zeigt, dass die Krankenkassen die Bedeutung des Arbeitsschutzes noch immer nicht verstehen.

 
Präventionsbericht: http://www.mds-ev.de/Praeventionsbericht.htm (direkt: http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/12/Praeventionsbericht_2011_final_ungschuetzt.pdf)

… Mittlerweile wird die betriebliche Gesundheitsförderung – insbesondere in Großbetrieben – zunehmen in ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement integriert. Das betriebliche Gesundheitsmanagement kann darüber hinaus beispielsweise Initiativen des Arbeitgebers zum Arbeitsschutz, zur Wiedereingliederung langfristig Erkrankter, zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zur Hilfe in privaten Krisen und anderes mehr umfassen. …

Was bezweckt der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) mit solchen Aussagen? Damit es klar ist: Der Arbeitsschutz ist keine Nebensache. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement “kann” den Arbeitsschutz nicht umfassen, sondern der Arbeitgeber hat den Arbeitsschutz mit Einbezug der psychischen Belastungen vorschriftsmäßig umzusetzen.

 
http://www.welt.de/wirtschaft/article112025787/Kassen-sollen-mehr-Geld-in-Praevention-stecken.html

Kassen sollen mehr Geld in Prävention stecken

Sechs Euro pro Mitglied fließen künftig qua Gesetz in die Vorsorge. So soll Krebs häufiger erkannt, die Zahl der Diabetes-Fälle reduziert oder psychisches Leiden im Job verringert werden.

Die schwarz-gelbe Koalition will die gesetzlichen Krankenkassen zu verstärkten Investitionen in die Gesundheitsförderung verpflichten. Der Schwerpunkt soll dabei auf der Krankheitsvorbeugung in den Betrieben liegen. Dies sieht eine 16-seitige Präventionsstrategie vor, auf die sich die Gesundheitsexperten von Union und FDP verständigt haben. …

Die Kassen merken’s nicht. Der Arbeitsschutz muss von den Unternehmen bezahlt werden, nun sollen aber die Kassen mitzahlen. Das sollte für die Kassen doch Motivation genug sein, beim Arbeitsschutz der Unternehmen ein bisschen schärfer hinzusehen.

… Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr sagte am Freitag, Ziel der Strategie sei es, einen gesunden Lebensstil zu fördern und Krankheiten zu vermeiden. Das Konzept setze auf die Eigenverantwortung der Bürger. Die Krankenkassen sollten künftig nur noch qualitätsgesicherte Präventionsmaßnahmen finanzieren. Ein Schwerpunkt solle außer in den Betrieben in sozialen Brennpunkten liegen. …

http://www.daniel-bahr.de/wcsite.php?wc_c=21749&wc_lkm=2611

… Die Prävention verstanden als aktive Gesundheitsvorsorge ist primär eine individuelle Herausforderung. Jeder Einzelne ist dafür verantwortlich, durch eine gesundheitsbewusste Lebensweise der Entstehung von Gesundheitsrisiken vorzubeugen, qualitätsgesicherte Angebote sachgerecht zu nutzen und auch bei bereits vorhandenen Krankheiten durch ein verantwortungsbewusstes Verhalten dazu beizutragen, dass eine Besserung erreicht oder eine Verschlimmerung vermieden werden kann. Es ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Bedeutung von Prävention und Gesundheitsförderung zur Vermeidung, Heilung und Linderung bei vielen Erkrankungen zu verdeutlichen und zielgerichtet Menschen, die von sich heraus ohne Hilfe nicht zu einem gesundheitsbewussten Leben in der Lage sind, dabei zu unterstützen, entsprechende Aktivitäten zu entfalten. Die Finanzierung darf deshalb nicht allein auf die Kranken- bzw. Sozialversicherung zentriert werden. …

Das ist überwiegend Verhaltensprävention. Die ist freiwillig. Die Verhältnisprävention verstanden als aktiver Arbeitsschutz ist primär eine den Unternehmen vorgeschriebene Aufgabe. Die Finanzierung ist daher auf sie zu zentrieren.

Die Mehrheit der Arbeitgeber greift den Arbeitsschutz einerseits durch die offene Missachtung der Arbeitsschutzvorschriften an und andererseits über den Umweg über das Bundesgesundheitsministerium. Bahrs Schwerpunkt liegt zusammen mit den Interessen der Arbeitgeber auf der Eigenverantwortung der in den Betrieben Beschäftigten. Bahr und die Mehrheit der Unternehmen bremsen schon seit einiger Zeit den ganzheitlichen Arbeitsschutz aus, denn der Arbeitsschutz nimmt die Arbeitgeber in die Pflicht. Die den Arbeitgebern vorgeschriebene Verhältnisprävention gegen arbeitsbedingte Erkrankungen müsste von Ursula von der Leyen (BMAS) nachhaltig eingefordert werden. Sie hat dazu aber nur kurz etwas Lärm gemacht zu haben und scheint danach von Daniel Bahr (BMG) geschickt zur Seite gedrängt worden zu sein.

Die Krankenkassen sollten einmal bei Ursula von der Leyen anklopfen.

 
Links:

AMS-Standards

Sonntag, 9. Dezember 2012 - 22:40

Aktualisierung: 2014-08-18

Leider kann man sich im Gegensatz zu Gesetzen viele Standards zu Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) nicht kostenlos im Internet ansehen. Auch darum kennen wohl nur wenige Arbeitnehmer die Pflichten jener Unternehmen, die sich nach OHSAS 18001 haben zertifizieren lassen.

Wenn eine Arbeitgeberin nach OHSAS 18001 zertifiziert wird, dann ergeben sich daraus in der Betriebspraxis Rechte und Pflichten sowohl für die Arbeitgeberin wie auch für die Arbeitnehmer. Insbesondere wenn Standards nicht wörtlich (sondern z.B. vom Arbeitgeber interpretiert) in Unternehmenshandbücher zum Arbeitsschutzmanagement übernommen werden, sollten sich Arbeitnehmervertretungen das Büchlein zu OHSAS 18002:2008 trotz des Preises leisten. Das kann auch helfen, wenn es noch kein Arbeitsschutzhandbuch gibt und es erst noch mitbestimmt gestaltet werden muss (z.B. mit dem Ziel einer Zertifizierung).

Neben den Standards für die Gestaltung von Arbeitschutzmanagementsystemen gibt es auch Standards und Normen für Audits. Solche Audits generieren wichtige Informationen für die Betriebsratsarbeit. Wenn Betriebsräte und Personalräte verstehen wollen, wie ein interner Auditor (1st-Party-Auditor) und ein Lieferantenauditor (2nd-Party-Auditor) arbeitet, dann hilft das Kapitel 4.5.5 in OHSAS 18002:2008 oder darüber hinaus gehend die DIN EN ISO 19011. Die zu beschaffen, kostet noch ein paar Euro. (Ich habe von einem Betrieb gehört, in dem Mitarbeiter nur gegen Unterschrift und Angabe von Gründen Einblick in die Norm nehmen dürfen.)

Die Norm für Zertifizierungsaudits ist ISO 17021 und für interne Audits (sowie Kundenaudts bzw. 3rd Party Audits) ISO 19011. Wichtig für die Betriebsratsarbeit: § 89 des Betriebsverfassungsgesetzes gibt Arbeitnehmervertretungen das Recht, sich an Besichtigungen im Betrieb zu beteiligen. Audits sind Besichtigungen. Dazu gehören auch Dokumente: der Zertifizierungsbericht, der Abweichungsbericht (soweit nicht im Zertifizierungsbericht enthalten) und in die Dokumente, die dem Auditor vorgelegt wurden. Das gilt nicht nur für die Dokumentation des Zertifizierungsaudits, sondern auch des internen Audits. Die Vertraulichkeit als eines von sechs Audit-Prinzipien der Audits setzt das Information- und Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmervertretung nicht außer Kraft, sondern verpflichtet auch die Arbeitnehmervertreter, aus Audits gewonnene Erkenntnisse nicht zum persönlichen - z.B. wirtschaftlichen - Vorteil oder zum Vorteil Dritter zu missbrauchen.

Lesetipps:

Kostenlos gibt es (2014-03-19):

Weitere Hinweise (2014-08-01):

2016 oder 2017?:

Die Kür vor der Pflicht ist die verkehrte Reihenfolge

Samstag, 8. Dezember 2012 - 10:58

In https://www.xing.com/topics/de/betriebliches-gesundheitsmanagement-8826 weist Klaus Schomacker auf die DIN SPEC 91020 hin, eine größtenteils von Privatunternehmen vorangetriebene Spezifikation zum Betrieblichen Gesundheitsmanagemet (BGM). Sein Unternehmen bietet auch Betriebsräteschulungen an.

… Das Neueste dazu ist die DIN SPEC 91020, die die Einführung eines BGM in einem Betrieb umfassend beschreibt. Wie eine Norm es halt macht, Lücken in der Umsetzung inklusive. …

 
Ich meine, dass sich Betriebsräte zunächst mit der ILO-OSH und mit OHSAS 18001 (bzw. OHSAS 18002) befassen sollten, bevor sie sich der DIN SPEC 91020 zuwenden. Oder kürzer: Zuerst kommt der Arbeitsschutz als Pflicht, dann kommt das Betriebliche Gesundheitsmanagement als Kür. Solange beispielsweise ein Unternehmen mit einem mangelhaften Einbezug psychischer Belastungen gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes verstößt, hat das Unternehmen erst einmal seine Hausaufgaben zu erledigen, bevor freiwillige Wohltaten verteilt werden.

Außerdem gibt es in OHSAS 18001:2007 sogar einen Absatz zur Mitbestimung. In der DIN SPEC 91020 ist die Mitwirkung der Arbeitnehmer schwächer, was angesichts der fehlenden Konsensbildung bei der Entwicklung einer DIN SPEC im PAS-Verfahren ja auch nicht überraschend ist.

Eine Zertifizierung nach ILO-OSH oder OHSAS 18001 kann für international operierende Unternehmen wichtig sein. Wer noch genug Geld hat, kann dann mit einem Zertifikat zur die DIN SPEC 91020 noch ein Sahnehäubchen für sein Employer Branding draufsetzen. Außerdem gibt es hier auch eine Alternative: Der SCOHS.

Wirbt ein Unternehmen dagegen nur mit der DIN SPEC 91020 ohne sich dabei nach einem Standard für Arbeitsschutzmanagementsysteme zu richten, dann sollten sich Bewerber überlegen, ob das eher verhaltenspräventionsorientierte BGM eine Marginalisierung des verhältnispräventionsorientierten Arbeitsschutzes verschleiern soll.

Dann gibt es noch einen Unterschied zwischen Arbeitsschutz und BGM:

  • Pflicht: Im Arbeitsschutz zahlen die Mitarbeiter keinen Cent. Ihre Zeit für den Arbeitsschutz ist Arbeitsszeit.
  • Kür: Die praktischen Umsetzungen des BGM und der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) sollen die Mitarbeiter dagegen anregen, zur Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit Freizeit und ggf. auch Geld in ihre Gesundheit zu inverstieren. Diese Art von Fürsorge bekommt allerdings ein ziemlich schales Geschmäckle, wenn der Arbeitsschutz noch nicht ausreichend implementiert ist.

http://bgm-eup.de/?p=39 (2012-11-29): Positiv ist, dass EWALD & Partner auch OHSAS 18001 als einen für das BGM relevanten Standard erwähnen. Die DIN SPEC 91020 als “relevante Norm” zu bezeichnen ist vielleicht etwas verfrüht. Ansonsten bringt Klaus Schomacker gut auf den Punkt, was auch mich an dieser DIN SPEC stört:

… Kommentar zur Norm: Die vorliegende DIN SPEC 91020 fasst den aktuellen Diskussionsstand im betrieblichen Gesundheitsmanagement zusammen und strukturiert die Fragestellung in sinnvoller Weise. Hervorzuheben ist der Ansatz Nachhaltigkeit durch die Implementierung des BGM in die ISO 9001 zu erreichen.

Die Bedeutung der Veränderung von Firmenkultur und wertschätzender Führung ist enthalten, aber aus meiner Sicht nicht der Bedeutung entsprechend gewürdigt.

Der größte Mangel besteht in der völlig offenen Gestaltung der nachhaltigen Partizipation der Mitarbeiter im BGM-Modell.

Nicht Aufgabe der Norm, aber dennoch gravierend fehlend, ist die Beteiligung der Interessenvertretungen! Insbesondere, da die Beteiligung in nahezu allen Element erforderlich ist, das Thema gleichzeitig sehr komplex ist, besteht hier der größte Handlungsbedarf bei der Konzeption einer Einführung eines BGM. …

Musterhandbuch Gesundheitsmanagement

Montag, 26. November 2012 - 12:32

Betriebliches Gesundheitsmanagement:
http://www.qmhandbuch.de/handbuch_gesundheitsmanagement.html
Klaus Seiler: QM Handbuch / Musterhandbuch Gesundheitsmanagement: nach DIN SPEC 91020 und DIN EN ISO 9001:2008, ISBN 978-3-94288230-9, 2012-10, 104€
(Die DIN SPEC 91020 enthält gemäß den DIN-Bedingungen für das bei dieser Spezifikation genutzte PAS-Verfahren keine Aspekte des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.)

Arbeits- und Gesundheitsschutz:
http://blog.psybel.de/ams-standards/
OHSAS 18002:2008 ist OHSAS 18001:2007 plus Umsetzungshinweise.
Interessant ist auch ILO-OSH: http://blog.psybel.de/din-spec-nach-pas-verfahren/#ILO-OSH.