Archiv für Juli, 2012

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein Prozess

Freitag, 27. Juli 2012 - 07:43

http://www.nedler-beratung.de/Seminar-Gefaehrdungsbeurteilung/1,000000834577,8,1

Seminar “Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen”

Termine: 13.8.2012 , 27.9.2012

Ort:         Hilton Hotel Dortmund (am Westfalenpark)

Seminargebühr:

230 € (Seminar und Unterlagen) zzgl. MwSt.

Tagungspauschale:

50 € (Essen und Getränke) zzgl. MwSt.

Anmeldung bis 4 Wochen vor dem jeweiligen Termin

Anfragen nach freien Plätzen bitte per Mail

 

Inhalte:

  • Arbeitspsychologische Erkenntnisse zu den Ursachen und Folgen psychischer Fehlbeanspruchungen
  • Grundsätzliche Ansätze der Verhaltens- und Verhältnisprävention
  • Der Prozess der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen:
    • Erstellung eines Anforderungskatalogs an den Prozess und an die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung
    • Vereinbarung des Prozesses von der Analyse bis zur Wirkungskontrolle
    • Auswahl der einzusetzenden Verfahren und Instrumente
    • Akzeptanz aller relevanten Akteure sicherstellen
  • Methoden der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen:
    • Der Einsatz von Fragebögen
    • Workshop-Konzepte
    • Bewertung der Belastungen und Beanspruchungen durch Experten
    • Bewertung der Belastung und Beanspruchungen durch die Mitarbeiter/innen mittels eines speziellen Leitfadens und auf der Grundlage einer Schulung und fachlichen Begleitung
    • Arbeitspsychologische Verfahren zur objektiven Messung bestimmter Belastungen
    • Interviewverfahren
  • Methodenvergleich und Methodenkritik

 

Wenn ich gute Seminarangebote sehe, die - wie in diesem Fall - die Prozesshaftigkeit der Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen deutlich machen, dann weise ich gerne darauf hin.

Solche Seminare sind gerade jetzt wichtig, denn Betriebsräte und Personaräte werden erleben, dass Arbeitgeber versucht sein könnten, in das inzwischen für sie unvermeidlich gewordene Thema der psychischen Belastungen mit selbstgebastelten Beurteilungen einzusteigen, bei denen vorwiegend technisch orientierte Arbeitssicherheitsfachleute einsam entscheiden, was nach ihrem persönlichen Gefühl eine legitime Belastung sein und wann eine Fehlbelastung vorliegen könnte. Verschärfend kommt dazu, dass auch die Aufsichtsbehörden überfordert sind. Darum sind die Betriebs- und Personalräte die Haupttreiber von Vereinbarungen mit den Arbeitgebern über Gefährdungsbeurteilungen in der Gefährdungskategorie der psychomental wirksamen Belastungen. Wenn dann die Mitbestimmung mit amateurhaft zusammengebastelten Gefährdungsbeurteilungen umgangen wird, kommt sogar das Strafrecht ins Spiel.

Die Arbeitgeber haben zwar die Verantwortung für die Gestaltung des Gefährdungsbeurteilungsprozesses, jedoch dürfen sie bei der Umsetzung des Prozesses die Mitbestimmung nicht behindern. Es gibt jedoch auch Unternehmer, die die Mitbestimmung beim Thema der psychomental wirksamen Belastungen nicht als Last empfinden, sondern als Hilfe. Sie arbeiten schon bei der Gestaltung des Beurteilungsprozesses mit den Arbeitnehmern zusammen, denn der Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz (und darin in die Gefährdungsbeurteilung als Einstieg) führt auch dazu, dass im Geschäft viel unnötige (und teure) Reibungshitze verschwindet.

Es fehlt an hartnäckigem Einfordern!

Donnerstag, 26. Juli 2012 - 17:55

Gefährdungsbeurteilung bei psychischer Belastung
Erfahrungen aus der Praxis der Gewerbeaufsicht
BAuA-Workshop am 22. Oktober 2008

Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover
Behörde für betrieblichen Arbeits-, Umwelt- und technischen Verbraucherschutz
Bruno Reddehase

http://www.gefaehrdungsbeurteilung-forschung.de/reddehase081022.pdf

Es fehlt an hartnäckigem Einfordern!
  Aufsicht → Unternehmen
  Unternehmen → Aufsicht

Unternehmerverband in der Defensive

Donnerstag, 26. Juli 2012 - 16:07

“Nichterwerbstätige deutlich anfälliger.” Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände beginnt ausgerechnet mit einem der dümmsten Argumente der Arbeitgeber. Weil das aber noch nicht reicht, kommt “Arbeitgeber müssen mit »Samthandschuhen« vorgehen” dazu. Wir sehen hier, wie ein Arbeitgebervertreter denkt. (Es gibt jedoch auch Arbeitgeber, die mit dem Thema der psychischen Belastung besser umgehen können.)

Die Berichterstattung zur Kleinen Anfrage der Grünen hat die VhU etwas nervös gemacht. Zwei Tage nach dem Bericht “Vernachlässigte Psyche” im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung reagierte die VhU mit der folgenden Pressemeldung (mit meinen Kommentaren in eckigen Klammern):
(http://www.verbaende.com/news.php/Nichterwerbstaetige-deutlich-anfaelliger-Ueberreglementierter-Arbeitsschutz-hilft-hier-gar-nicht-Arbeitgeber-muessen-mit-Samthandschuhen-vorgehen?m=84901):

26.07.2012 09:59
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. (VhU)
Nichterwerbstätige deutlich anfälliger // Überreglementierter Arbeitsschutz hilft hier gar nicht // Arbeitgeber müssen mit “Samthandschuhen” vorgehen.

(Frankfurt am Main) – “Dass der Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen stark zugenommen hat, hat viele Gründe. Diese sind häufig in der Privatsphäre und nicht beim Arbeitgeber zu suchen. [Argumentationsmuster 1: Psychische Störungen häufig im Privatleben. Richtig: Das Privatleben spielt eine Rolle. Falsch ist aber die Implikation, das psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz unbedeutend seien. Außerdem meint z.B. die Berufsgenossenschaft ETEM: "Andere Belastungsquellen wirken aus der Freizeit in die Arbeit hinein: aus dem Privatleben (Familie, Freunde), aus nebenberuflicher Betätigung (z.B. Verein) sowie aus den Problemen von Nachbarschaft, Kommune und Gesellschaft (siehe Außenkreis des Modells). Arbeits- und Freizeitbelastungen lassen sich in ihren Wirkungen heute noch nicht völlig trennen. Studien belegen aber, dass die Arbeitsbelastungen das Privatleben nachhaltiger stören als umgekehrt!"] Und deshalb ist auch der Ruf der Gewerkschaften nach mehr Kontrolle der Unternehmen durch den staatlichen Arbeitsschutz oder eine Antistress-Verordnung verfehlt”, sagte Dr. Werner Scherer, VhU-Geschäftsführer Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung habe sich die Zahl der registrierten Krankheitstage aufgrund von seelischen Störungen seit 1997 um 80 Prozent auf 53,5 Millionen Arbeitstage erhöht. Gleichzeitig habe die erfolgreiche Entwicklung beim Arbeitsschutz dazu geführt, dass Arbeitsunfälle wie auch Erkrankungen aufgrund von Herz-Kreislauf-Beschwerden oder im Muskel-/Skelettbereich deutlich abgenommen hätten. Heute werde auch besser diagnostiziert: “Was früher lange Zeit als chronisches Rückenleiden behandelt wurde wird heute nicht selten und frühzeitig als “Burnout” oder gar Depression identifiziert und behandelt.” [Argumentationsmuster 2: Psychische Erkrankungen nehmen wegen besserer Diagnosemöglichkeiten zu. Richtig: Bisher unerkannte psychische Erkrankungen werden nun häufiger entdeckt. Dazu kommt noch die Enttabuisierung. Falsch (weil unlogisch) ist, daraus abzuleiten, heute werde das Thema der psychischen Erkrankungen übertrieben. Auch Asbestvergiftungen, Asbestvergiftungen "namen zu", als sie thematisiert und besser verstanden wurden.]

“Nach einer Studie der TU München informieren gerade einmal 16 Prozent der berufstätigen Patienten ihren Vorgesetzten darüber, dass sie psychische Probleme haben. Das erschwert natürlich einen frühzeitigen und zielgerichteten Einsatz spezifischer Personalinstrumente. Die Betroffenen sind gut beraten, sich frühzeitig dem Vorgesetzten oder dem Werksarzt anzuvertrauen, umso eher und besser kann ihnen geholfen werden”, erläuterte Scherer. [Die Betroffenen können auch von Betriebsräten, Personalräten oder ihrer Gewerkschaft gut beraten werden.]

Wären psychische Erkrankungen in erster Linie beruflich veranlasst, würden sie bei Erwerbstätigen häufiger auftreten als bei Rentnern, Studenten oder Nichterwerbstätigen. [Argumentationsmuster 3: Wenn A der Grund für K wäre, dann folgt aus ¬A der Schluss ¬K. Da die im zweiten Teilsatz beschriebene Situation aber nicht beobachtet werde, sei der erste Teilsatz falsch. Richtig könnte das (muss es aber nicht) sein, wenn K ausschließlich von A abhängig wäre. Es wirken aber noch andere Einflussfaktoren auf A. Falsch ist es darum, dieses Argimentationsmuster so zu verwenden, wie die Arbeitgeber das tun. (Eigentlich ist das nicht nur falsch, sondern unredlich.)] Das ist aber nicht der Fall! Im Gegenteil: Der Anteil psychisch bedingter Krankengeldtage ist z.B. bei Empfängern von Arbeitslosengeld I mit 31 Prozent viel höher als bei Arbeitnehmern mit 18 Prozent. Und bei Arbeitsaufnahme verbessert sich in der Regel der Gesundheitszustand des Betroffenen, wie Untersuchungen belegen. 35 bis 45 Wochenstunden Arbeit stehen 120 Wochenstunden Freizeit gegenüber. [ca. 40h Arbeit, 50h Schlaf, 15h Essen+Körperpflege, 60h Sonstiges. Es gibt auch Studien, die zeigen, dass ein schlechter Job schlimmer sein kann, als Arbeitslosigkeit.] Kein Wunder, dass es häufig Probleme aus der Privatsphäre sind, wie z.B. in der Familie, in der Schule der Kinder oder sonst im privaten Umfeld, die natürlich am Werkstor nicht abgeschüttelt werden und sich deshalb auch bei der Arbeit auswirken”, so der VhU-Geschäftsführer. [Kein Wunder, dass es häufig Probleme aus der Arbeitsleben sind, die natürlich an der Haustür nicht abgeschüttelt werden und sich deshalb auch auf das Privatleben auswirken.]

Keinesfalls helfe da der Ruf nach stärkeren Kontrollen [Bundestagsdrucksache 17/10229] und mehr gesetzliche Regulierung “gegen Stress” ["Anti-Stress-Verordnung"] weiter. Andererseits trage der Arbeitnehmer auch eine Eigenverantwortung: Durch gesunde Lebensführung, ausgewogene Lebensführung und viel Bewegung könne er selbst präventiv für eine gute Balance von Körper und Psyche sorgen. [Argumentationsmuster 4: Eigenverantwortung. Seit 1996 kommt die Mehrheit der Arbeitgeber ihrer unternehmerischen Eigenverantwortung (z.B. Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz) nicht nach, will aber von den Mitarbeitern Eigenverantwortung sehen. Chuzpe vom Feinsten!] Auch in der Bildschirmarbeitsplatzverordnung sind psychische Belastungen ein Thema [Dem widerspricht keiner. Aber die Einhaltung muss wegen zu häufiger Missachtung des § 3 der Bildschirmarbeitsverordnung nun härter kontrolliert werden.] Der Arbeitgeber hingegen müsse bei psychischen Erkrankungen “mit Samthandschuhen” vorgehen. [Blödsinn.]

Lücken im System des deutschen Arbeitsschutzes gebe es in Bezug auf die psychische Gesundheit nicht, so Scherer: “Schon heute muss der Arbeitgeber laut Arbeitsschutzgesetz ja auch prüfen, ob sich eine Gefährdung aus der Gestaltung von Arbeitsabläufen und Arbeitszeit ergibt. [Argumentationsmuster 5: Das Gesetz reicht. Richtig: Scherer sagt zunächst die Unwahrheit, da die Lücken inzwischen auch von Afsichtsbeamten öffentlich kritisiert werden. Dann lenkt er mit dem Hinweis, der Arbeitgeber müsse laut Arbeitsschutzgesetz ja auch prüfen, ob sich eine Gefährdung aus der Gestaltung von Arbeitsabläufen und Arbeitszeit ergibt, davon ab, dass die Mehrheit der Arbeitgeber eben nicht in der vorgeschriebenen weise prüft. Scherer weiß natürlich, warum er das weitgehende Fehlen einer Kontrolle des Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz der Unternehmen nicht als Lücke im Arbeitsschutz gelten lässt.] Auch in der Bildschirmarbeitsplatzverordnung sind psychische Belastungen ein Thema. [Dem widerspricht keiner. Aber die Einhaltung muss wegen zu häufiger Missachtung des § 3 der Bildschirmarbeitsverordnung nun härter kontrolliert werden.] wie auch in der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie als einer von drei Fokusbereichen [Bei Bildschirmarbeitsplätzen: Belastungen von Augen, Körper, Psyche]. Auf die Umsetzung kommt es an [richtig], bei der sich die Unterstützung der Betriebe durch ihre Werksärzte wie auch durch Berufsgenossenschaften und Krankenkassen bewährt hat. [Wenn nur 20% der Betriebe psychische Belastungen in der Gefährdungsbeurteilungen berücksichtigen, dann haben in 80% der Betriebe die Betriebsärzte in diesem Punkt versagt, denn die Gefährdungsbeurteilung ist eine der gesetzlichen Grundlagen ihrer Arbeit. Die Mehrzahl der Betriebsärzte ist aber gegen unvollständige Gefährdungsbeurteilungen nicht vorgegangen.] Mehr gesetzliche Vorgaben aber führen nur zu mehr Bürokratie, bringen uns aber in der Sache selbst nicht voran. [Argumentationsmuster 6: Es gibt zu viel Bürokratie. Zu Beaufsichtigende mögen natürlich Aufsichtsbehörden nicht so sehr. Ob ich mit Scherer übereinstimme, dass mehr gesetzliche Vorschriften nicht helfen, weiß ich nicht so recht. Wenn die Mitglieder seiner Vereinigung sich an die Vorschriften gehalten hätten, dann müssten wir heute vielleicht nicht über eine "Anti-Stress-Verordnung" nachdenken. Leider haben zu viele Arbeitgeber die Freiheiten, die das 1996 entbürokratisierte Arbeitsschutzrecht brachte, mit einer Aufforderung zum Nichtstun verwechselt. Sie sind ihrer unternehmerischen Eigenverantwortung nicht gerecht geworden. Wenigstens das wissen wir nun.]

Quelle und Kontaktadresse:
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V. (VhU)
Dr. Ulrich Kirsch, Leitung, Presse und Kommunikation
Emil-von-Behring-Str. 4, 60439 Frankfurt am Main
Telefon: (069) 95808-0, Telefax: (069) 95808-126
E-Mail: UKirsch@vhu.de
Internet: http://www.vhu.de
(dvf, rf)

Wir sind hier wieder einigen bekannten (inzwischen wenig originellen) Argumentationsmustern begegnet. Das wird wohl auch noch in Zukunft passieren. Darum ist jetzt eine konsequentere Aufsicht erforderlich. Vorschriften sind ganz klar der stärkste Motivator im Arbeitsschutz.

Qualifizierung der Bayerischen Gewerbeaufsichtsbeamten

Mittwoch, 25. Juli 2012 - 21:06

http://www.verwaltung.bayern.de/egov-portlets/xview/Anlage/4038079/Jahresbericht der Gewerbeaufsicht des Freistaates Bayern 2010.pdf, S. 59

Qualifizierung der Bayerischen Gewerbeaufsichtsbeamten zur Thematik „arbeitsbedingte psychische Belastungen“

Arbeitsbedingte psychische Belastungen: eine Herausforderung für die Gewerbeaufsicht …

… Schwerpunktaktionen zu psychischen Belastungen hat es zwar in Bayern schon in einzelnen Branchen und Tätigkeitsfeldern gegeben (siehe www.lgl.bayern.de), sie wurden aber ausschließlich von Gewerbeärzten in Zusammenarbeit mit dem LGL durchgeführt. Die technischen Beamten – und damit das Gros des Personals der Gewerbeaufsicht – waren nicht eingebunden. …

 
S. 60

… Alle technischen Aufsichtsbeamten erhalten bis Ende 2011 eine Basisschulung zum Baustein I (siehe Tabelle 3). 2012 sollen alle technischen Aufsichtsbeamten zum Baustein II qualifiziert werden. Der Baustein III dient dem Erfahrungsaustausch der Aufsichtsbeamten und wird voraussichtlich 2013 durchgeführt.
Verbindliche Schulungsinhalte für alle Mitarbeiter mit Revisionstätigkeiten</p>
<p>== Schulungsangebot ==<br />
Basisschulung Baustein I<br />
Basisschulung Baustein II<br />
Erfahrungsaustausch und 'Gefährdungsbeurtei lung'<br />
Basisschulung Baustein III<br />
Erfahrungsaustausch</p>
<p>== Lernziele ==<br />
Aneignung von: Grundkenntnissen zum Themenfeld psychische Belastungen (pB) Integrationsansätzen in die Besichtigungstätigkeit<br />
I. Festigung des erworbenen Wissens, Austausch von Erfahrungen<br />
II.Befähigung zur Information, Beratung und Überwachung zur Gefährdungsbeurteilung (Teil 'Psychische Belastung')<br />
 Festigung des erworbenen Wissens,<br />
 Austausch von Erfahrungen</p>
<p> == Inhalte ==<br />
  Begriffklärung Stress, Belastungs-Beanspruchungs-Konzept<br />
 Risikofaktoren: Begriffe, Beispiele, Bedeutung<br />
 Ressourcen: Begriffe, Beispiele, Bedeutung<br />
Indikatoren von pB im Betrieb<br />
Kurz- und langfristige Folgen von psychischen Belastungen<br />
Tätigkeitsmerkmale der Arbeitsgestaltung<br />
Gestaltungsempfehlungen, Handlungsfelder, Beispiele, Lösungen, Erfah-<br />
rungsaustausch<br />
Relevanz der Erkenntnisse für die Arbeitsschutzverwaltung<br />
Erste Schritte im Betrieb: Wie spreche ich mit dem Arbeitgeber<br />
eigene Rolle und Grenzen<br />
 I. Erfahrungen unter anderem zu/zum<br />
  Bedingungen im Betrieb, Fallbeschreibung<br />
 Vorgehen im Betrieb<br />
 II.Gefährdungsbeurteilung:<br />
Methodenübersicht<br />
  Vorstellung praxisnaher Instrumente<br />
 Prozess und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung<br />
 Beurteilung der Gefährdungsbeurteilung Teil 'Psychische Belastung' entsprechend der 'Leitlinie'<br />
Wie gehe ich konkret im Betrieb vor?<br />
 Erfahrungen unter anderem zu/zum<br />
  Bedingungen im Betrieb, Fallbeschreibung<br />
 Vorgehen im Betrieb<br />
Handlungsbedarf, Risikofaktoren, Ressourcen<br />
Gestaltungsmaßnahmen<br />
Förderliche und hemmende Faktoren<br />
Reaktion des Unternehmens<br />
Möglichkeiten der verbesserten Einbindung in die Besichtigungstätigkeit</p>
<p>== Methoden ==<br />
 Lehrdialog, moderierte Diskussionen, Fallbeispiele, Aktionsplan 'Transfer'<br />
 Lehrdialog, moderierte Diskussionen, Demonstration, Übung<br />
Fallbeispiele, Aktionsplan zur Umsetzung im Betrieb<br />
Praxisbegleitender Erfahrungsaustausch, intern oder extern moderiert</p>
<p>== Dauer ==<br />
 8 Lerneinheiten/ 2 Tage<br />
 8 Lerneinheiten/ 2 Tage<br />
 4 Lerneinheiten/ 1 Tag oder kontinuierlich praxisbegleitend</p>
<p>Tabelle 3: Curriculum für die Qualifizierung von Aufsichtskräften zum Thema 'psychische Belastungen'
Curriculum für die Qualifizierung von Aufsichtskräften zum Thema “psychische Belastungen”

Diese Tabelle finden Sie auch auf Seite 19 in der LV 52 (LASI).

Unterste Ebene am stärksten unter Druck

Mittwoch, 25. Juli 2012 - 00:51

Das die unteren Führungskräfte besonders unter Druck sind, war bisher eine häufige (und auch meine) Annahme. Ich muss dazulernen: Bei den Geführten - also den Mitarbeitern auf der untersten Ebene - drückt’s noch mehr.

Burnout-Studie: Mitarbeiter stärker betroffen als Führungskräfte, Nicole Hövel
http://www.newsummits.de/single-view/article/burnout-studie-mitarbeiter-staerker-betroffen-als-fuehrungskraefte/

Vernachlässigte Psyche

Montag, 23. Juli 2012 - 20:29

“Vernachlässigte Psyche” ist der Titel eines Berichtes von Thomas Öchsner in der Süddeutschen Zeitung vom morgigen Dienstag (2012-07-24, Wirtschaft, S.17). Online ist “Anfrage an Bundesregierung – Staatlicher Arbeitsschutz vernachlässigt die Psyche” (2012-07-24).

Zum Artikel “Vernachlässigte Psyche” in der gedruckten SZ-Ausgabe:

… Wenn die Gewerbeaufsicht der Länder Betriebe kontrolliert, wird das Sachgebiet psychische Belastung nur “bei jeder neunzigsten Besichtigung” behandelt. So steht es in einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Darin weist das Ministerium auch darauf hin, dass die zuständigen Länder die Anzahl der Beschäftigten in der Arbeitsschutzverwaltung verringert habe und dort “mit einem weiteren Personalabbau” zu rechnen sei. …

(Link nachträglich eingefügt)

Die Antwort der Bundesregierung (Vorabausgabe) auf die Kleine Anfrage der Grünen (und der SPD) zum Thema “Aufsichtstätigkeit beim Arbeitsschutz”, die der Süddeutschen Zeitung vorlag (wie Thomas Öchsner es in der Süddeutschen Zeitung auch so kursiv schrieb), liegt allerdings jedem Bürger vor. Bei aller Maulerei über was sich Arbeitgeber in unserem Rechtstaat an Verstößen gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes leisten konnten und können, muss ich hier dem Bundestag doch ein Kompliment aussprechen: Ich fand die Antwort vor einer Woche in der öffentlich zugänglichen Datenbank unseres Parlaments. (Aber manche Links dahin funktionieren nur wenn man vorher über die Hauptseite in die Datenbank eingestiegen ist.)

Der interessanteste Teil der Antwort der Bundesregierung zeigt, dass etwa 80% der befragten Unternehmen ihre Pflicht zur Beurteilung psychischer Belastungen missachtete verstieß. Die Mehrheit der Großunternehmen gab allerdings an, die Pflicht beachtet zu haben. Das ist mit Vorsicht zu genießen: Jene Unternehmen, die in Wirklichkeit überhaupt keine mitbestimmten Prozesse zur Beurteilung dieser Belastungen implementiert hatten, hatten jedoch bei der Umfrage schlicht gelogen. Die Betriebsräte (und die Auditoren) dieser Unternehmen hatten natürlich keine Ahnung davon, was die Unternehmen den Befragern zum Arbeitsschutz erzählten. Unternehmer, die Arbeitsschutzprozesse ohne Mitbestimmung implementieren, begehen eine Straftat.

Für die Süddeutsche Zeitung war die Gefährdungsbeurteilung dagegen wohl nicht so interessant. Das Wort ist auch irgendwie unsexy. Noch unsexier ist im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung vielleicht, dass die Unternehmen “ohne die Impulsgebung durch Gewerkschaften, Betriebsräte bzw. Arbeitsschutzbehörden (vereinzelt) das Thema »Psychische Belastungen« als Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung (GB)” in der Regel nicht aufgreifen (wie es bereits als Ergebnis aktueller Forschungsprojekte zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung von Ina Krietsch und Thomas Langhoff, Prospektiv GmbH, Dortmund für BAuA/GRAziL für den Zeitraum 2007-09 – 2010-04 berichtet wurde).

Der Bericht in der Süddeutsche Zeitung gibt auch die Sorge der Bundesregierung wieder, dass die Ressourcen der Aufsichtsbehörden noch knapper werden, als sie es ohnehin schon sind. Hier bietet sich aus meiner Sicht eine Problemlösung an: Die Betriebsräte und Personalräte helfen den Arbeitsschutzbehörden.

  • Die Betriebsräte und die Personalräte haben doch gezeigt, dass sie den ganzheitlichen Arbeitsschutz voran bringen können. Es gibt aber noch viele Arbeitnehmervertretungen, die bei diesem Thema Wissenslücken haben. Hier muss die Kompetenz aufgebaut werden, die erfolgreiche Kollegen schon aufbauen konnten. Dabei halfen bisher vor allem die Gewerkschaften.
  • Warum eine Anti-Stress-Verordnung, wenn wir schon den § 89 des Betriebsverfassungsgesetzes haben? Der Betriebsrat “hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.” Die Aufsichtsbehörden sollten die Arbeitnehmervertreter stärker in die Pflicht nehmen.
  • Es ist nämlich ein Irrtum, dass Arbeitnehmervertreter nur ein “Mitbestimmungsrecht” haben, auch wenn das die Überschrift des § 87 BetrVG ist. Es ist vielmehr so, das Betriebsräte und Personalräte eine Mitbestimmungspflicht haben: Gemäß § 87 dürfen sie nicht nur “bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften” mitbestimmen, sondern sie haben mitzubestimmen. Es darf keine Betriebsräte geben, die die im BetrVG geforderte vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber falsch verstehen und deswegen Verstöße gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes tolerieren.
  • Die Arbeitnehmervertreter brauchen auch Unterstützung von den Aufsichtsbehörden. Eine angemessene Anleitung durch die Behörden und eine besser koordinierte Zusammenarbeit von Arbeitnehmervertretern und Aufsichtspersonen wäre hilfreich. Angesichts der Widerstände kann hier ein bisschen Hartnäckigkeit nicht schaden.
  • (Auch die einzelnen Arbeitnehmer können sich an die Behörden wenden.)

Es war doch gerade die Idee, dass der ganzheitliche Arbeitsschutz Arbeitnehmern und Arbeitgebern einen entbürokratisierten Freiraum bieten sollte, betriebsnahe Lösungen zu finden. Die Arbeitnehmervertreter haben hier eine große Aufgabe bei der Mitbestimmung.
http://www.dgb-nord.de/hintergrund/3/19/IHK__Buerokratieabbau_eine.pdf, 2003

Bürokratieabbau jetzt – schlanker Staat für eine starke Wirtschaft
Forderungspapier der Industrie- und Handelskammern des Landes Mecklenburg-Vorpommern an die Landesregierung

Der Subsidiaritäts-Gedanke sollte mit Blick auf bürokratische Anforderungen stärker zum Zuge kommen: Statt eine Vielzahl an detaillierten gesetzlichen und rechtlichen Vorschriften sollte der Gesetzgeber seine konkreten Ziele (z.B. beim Arbeitsschutz) definieren. Die Unternehmen hätten dann die Pflicht, zur Realisierung dieser Ziele betriebsbezogen optimierte Lösungen zu entwickeln und selbst auszuwählen. Eine solche Subsidiaritätsregelung wäre insbesondere für Kleinbetriebe zu fordern – sie wäre aber auch ausweitungsfähig auf alle Unternehmen. Erfolgreiche Beispiele für die Umsetzung dieses Gedankens waren in den letzten Jahren Selbstverpflichtungen der Wirtschaft in der Umweltpolitik. …

Wie hat das seit 1996 funktioniert?

 
Der Bericht von Thomas Öchsner mit dem Untertitel “Die Bundesregierung räumt große Probleme beim Arbeitsschutz ein” ist eine gute Zusammenfassung der Antwort der Bundesregierung und des Hintergrunds zu dem Thema. Er erwähnt auch die “Anti-Stress-Verordnung” und die Vorbereitung der “Leitlinie Beratung und Überwachung zu psychischer Belastung”. Auf den “Bericht über Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit” wird ebenfalls suchfreundlich hingewiesen.

-> Alle Beiträge zur Kleinen Anfrage “Aufsichtstätigkeit beim Arbeitsschutz” im Bundestag.

Weitere Links:

 


Und hier noch die “Vernachlässigte Psyche” bei der Berliner Morgenpost aus dem Jahr 2003
(http://www.morgenpost.de/printarchiv/wissen/article466662/Vernachlaessigte-Psyche.html, 2003-08-10):
Berlin – Die Wirtschaftskrise führt zu einer Zunahme psychischer Erkrankungen. Gerade Probleme am Arbeitsplatz sind die Hauptursache eines neuen Krankheitsbilds, das der Berliner Psychiater Professor Michael Linden kürzlich erstmals beschrieben hat: Posttraumatische Verbitterungsstörung. Besonderes Merkmal ist die tiefe Verbitterung infolge einer persönlichen Kränkung. …

Gefährdungsbeurteilung hat besonderen Stellenwert

Montag, 23. Juli 2012 - 17:08

Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
http://lasi.osha.de/de/gfx/publications/lv54_info.htm

http://lasi.osha.de/docs/Lv54.pdf

3.3.2 Gesamtbewertung

Die Bewertung der Eignung der Arbeitsschutzorganisation durch die Behörde ergibt sich aus der gemeinsamen Bewertung der Elemente und der Complianceprüfung. Ein besonderer Stellenwert wird dabei der Organisation der Gefährdungsbeurteilung im Betrieb eingeräumt: Die Gesamtbewertung der Arbeitsschutzorganisation kann nicht besser ausfallen als die Bewertung des Elements „Organisation der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung“. In der Gesamtbewertung muss, neben der Situation der Arbeitsschutzorganisation, auch die Qualität der jeweils konkreten „Maßnahmen des Arbeitsschutzes“ Berücksichtigung finden. Mängel im Arbeitsschutz, die bei der Complianceprüfung festgestellt werden (gemessen an Zahl und Intensität von Verstößen gegen materielle Arbeitsschutzvorschriften), geben als „Wirkungsindikatoren“ Hinweise, inwieweit eine Organisation auch in der Praxis geeignet ist, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. Die Analyse der Ursachen derartiger Mängel wird wiederum Defizite der Arbeitsschutzorganisation und in der Umsetzung ihrer Elemente aufzeigen.

(Hervorhebung nachträglich eingefügt)

Können sich Arbeitnehmer an die Aufsichtsbehörde wenden?

Sonntag, 22. Juli 2012 - 11:37

Recht aller Arbeitnehmer (aus § 17 ArbSchG):

… Sind Beschäftigte auf Grund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, daß die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu gewährleisten, und hilft der Arbeitgeber darauf gerichteten Beschwerden von Beschäftigten nicht ab, können sich diese an die zuständige Behörde wenden. Hierdurch dürfen den Beschäftigten keine Nachteile entstehen. …

 
Prof. Dr. Wolfhard Kohte, Juraprofessor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
(Fachinformationen zur Arbeitsgestaltung I NR. 43 I Oktober 2011
http://www.igmetall.de/cps/rde/xbcr/SID-577D2ED4-F01794B3/internet/Tipp43_V6_Finale_Screen_0180513.pdf, S. 2):

… Wie können Betriebsräte die Aufsicht nutzen?

Betriebsräte müssen nach § 89 BetrVG die Möglichkeit haben, an allen Begehungen und Unfalluntersuchungen teilzunehmen und ihre Anmerkungen vorzubringen. Revisionsschreiben der Aufsicht sind ihnen mitzuteilen. Sie können sich unabhängig davon an die zuständige Behörde wenden, wenn sie meinen, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Die Aufsichtsbeamten müssen Betriebsräte auf deren Wunsch auch beraten.

 
Arbeitsschutzbehörden der Länder: http://lasi.osha.de/de/gfx/systems/laenderkarte.php

Aufsicht ausgedünnt

Sonntag, 22. Juli 2012 - 11:12

Wie konnte es zu der Demontage der Arbeitsschutz-Aufsicht kommen?

BDA-Geschäftsbericht 2004
http://www.arbeitgeber.de/www/arbeitgeber.nsf/files/66D039DEA7DBE91BC12574EF004FFB09/$file/BDA_GB_2004.pdf, S. 54:

… Die historisch gewachsene Organisationsstruktur der gewerblichen Berufsgenossenschaften muss gestrafft und im Hinblick auf die Aufgabenstellung und moderne Anforderungen des Verwaltungshandelns optimiert werden. Aufgrund von Veränderungen und Gewichtsverschiebungen in und zwischen den Branchen ist die heutige Organisationsstruktur nicht mehr zukunftsfähig. Fusionen müssen daher erleichtert und von der Selbstverwaltung verstärkt vorangetrieben werden. Daneben sind die Verwaltungsstrukturen der Berufsgenossenschaften zu verschlanken und die Möglichkeiten anderer Organisations- und Finanzierungsformen im Bereich der berufsgenossenschaftlichen Schulungsstätten, Forschungsinstitute und Kliniken zu prüfen.

Doppelarbeiten von Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaft mit zwangsläufigen Reibungsverlusten und Doppelbelastungen für die Betriebe zugunsten einer einheitlichen Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften sind zu beseitigen. Dabei darf es jedoch zu keinen zusätzlichen Kostenbelastungen für die Berufsgenossenschaften kommen.

 
http://www.dihk.de/ressourcen/downloads/32_vorschlaege.pdf

4. Vorschlag: Mehrfachzuständigkeiten im Arbeitsschutz abbauen

Bereich / Rechtsgebiet: Arbeitsschutzrecht

Gesetzliche Grundlage: § 21 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)Gesetzliche Grundlage: § 21 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)

Ausganglage / Problemstellung: Das duale Arbeitsschutzsystem in Deutschland zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl staatliche Behörden – die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder – als auch die Berufsgenossenschaften Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer wahrnehmen. Unternehmen beklagen, dass diese Parallelzuständigkeiten in der Praxis häufig kostenintensive Doppelprüfungen nach sich ziehen, zumal Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaften ihre Prüfungen oftmals nicht untereinander abstimmen.

Lösungsvorschlag: Bei Überschneidung der Zuständigkeiten sollten in Zukunft die Berufsgenossenschaften in der Regel allein zuständig sein. Mindestens sollten die zuständigen Landesbehörden und die Berufsgenossenschaften ihre Aktivitäten beim Arbeitsschutz besser koordinieren und miteinander verzahnen, um so die Belastungen der Betriebe zu reduzieren. Als erster Schritt kann die diskutierte gemeinsame Beratungs- und Überwachungsstrategie sinnvoll sein, sie sollte daher zügig umgesetzt werden. Zuständiges Bundesressort: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

DIHK-Ansprechpartner:
Hildegard Reppelmund
Tel: 030-20308 2702, reppelmund.hildegard@berlin.dihk.de
Dr. Oliver Heikaus
Tel: 030-20308 1115, heikaus.oliver@berlin.dihk.de

 
Fachinformationen zur Arbeitsgestaltung I NR. 43 I Oktober 2011
http://www.igmetall.de/cps/rde/xbcr/SID-577D2ED4-F01794B3/internet/Tipp43_V6_Finale_Screen_0180513.pdf, S. 2

Die Kritik der Arbeitgeber war heftig, ihre Argumente einfach: Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) beklagte Mehrfachzuständigkeiten im Arbeitsschutz als nicht zeitgemäß. Hier die Berufsgenossenschaften, dort der staatliche Arbeitsschutz – das führe zu „Doppelarbeiten mit zwangsläufigen Reibungsverlusten und Doppelbelastungen für die Betriebe“, monierte 2004 auch die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA). All das koste die Unternehmer Zeit und Geld. Ihre Klagen hatten Erfolg. Die staatlichen Arbeitsschutzbehörden wurden regelrecht demontiert. In einigen Bundesländern wurden die Gewerbeaufsichtsämter aufgelöst, mal wurde das Personal in Land- und Stadtkreise verschoben, mal der Unfallkasse zugeteilt, mal sind weitere Aufgaben hinzugekommen. Fast überall wurde das Personal so ausgedünnt, dass von einer funktionierenden Arbeitsschutzaufsicht kaum noch zu sprechen ist.

Das hat Folgen. Ein Beispiel: Im Jahr 2009 besuchte der staatliche Arbeitsschutz in Nordrhein-Westfalen knapp 11000 von insgesamt 920000 Betriebsstätten, gut ein Prozent. Daraus ergibt sich, dass die Arbeitsschützer einen Betrieb rechnerisch alle 86 Jahre aufsuchen. Auch der EU-Ausschuss Hoher Aufsichtsbeamter (SLIC) übte in seinem Bericht von 2006 Kritik. „In Fällen, wo eine Sanktion voll gerechtfertigt gewesen wäre, verhängten die Inspektoren keine Sanktionen, sondern übernahmen faktisch Mitverantwortung für die Situation.“ Inspektionen ohne vorherige Ankündigung, „ein wesentliches und wertvolles Inspektionsmittel“, vermisste der EU-Ausschuss ebenfalls.

Um Ressourcen besser zu nutzen und eine bessere Abstimmung zwischen staatlicher Aufsicht und Berufsgenossenschaften zu erzielen, wurde die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie, kurz GDA, verabschiedet und im § 20a Arbeitsschutzgesetz festgelegt. Die GDA definiert gemeinsame Arbeitsschutzziele, etwa die Verringerung der Muskel-Skelett-Erkrankungen. Sie entwickelt gemeinsame Arbeitsprogramme und zielt darauf, dass sich die zuständigen Landesbehörden und die Unfallversicherungsträger bei der Beratung und Überwachung der Betriebe und bei den Vorschriften- und Regelwerken abstimmen.

(Link nachträglich eingetragen)

Die Vorschläge von BDA und DIHK sind nicht durchweg schlecht, umgesetzt wurden anscheind aber vorwiegend Einsparungen, nicht jedoch eine qualitätserhaltende Koordination. Außerdem gibt es einen Unterschied zwischen dem Ansatz der Berufsgenossenschaft, in der auch die Arbeitgeber Mitglieder und Kunden sind, und einer staatlichen Aufsicht. Und staatliche Aufsicht ist offensichtlich nötig.

Aktualisierung des Artikels: 2012-07-04

 
Siehe auch:

Dax-Konzerne im Vergleich

Samstag, 21. Juli 2012 - 17:34

Der Artikel im manager magazin 2012-06 ist on-line.
 

  1. Teil: Stilles Drama
  2. Teil: Die traurigen Spitzenreiter
  3. Teil: Die Burn-out-Ursachen liegen nicht nur im Job
  4. Teil: Die Mittelmanager tragen das größte Risiko
  5. Teil: Bemühungen von Wirtschaft und Politik
  6. Teil: Ranking: Dax-Konzerne im Vergleich – wo Burn-out am häufigsten auftritt

 
Kritik:

  • Nicole Hövel (http://www.newsummits.de/single-view/article/dax-ranking-zu-burnout-im-manager-magazin-oder-wie-luegt-man-mit-statistik/):
    … Unzureichende Basis der Schätzung: Die einzige Angabe über die Schätzung von Ober- und Untergrenze der Burnout-Zahlen ist die, dass die Basis des Rankings durch die Zahl der Patienten in stationärer Behandlung der Asklepios-Klinikkette bestimmt wird. Es fehlen Angaben zur Stichprobengröße, zum Erhebungszeitraum, zum Umgang mit Patienten in ambulanter Behandlung oder denjenigen, die drei bis vier Monate auf einen Behandlungsplatz warten. Angaben zur Abgrenzung bzw. Integration anderer stressbedingter psychischer Störungen wie der Depression fehlen ebenfalls. Und das wäre entscheidend, da Burnout in keinem offiziellen diagnostischen Manual als Krankheit geführt wird. …

 
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