Archiv für Februar, 2012

Arbeitsschutz wird schlechter

Mittwoch, 29. Februar 2012 - 11:58

Anlass für diesen Blog-Eintrag sind Meldungen in zwei Wochenmagazinen. Bei KarriereSPIEGEL fand ich den folgenden BAuA-Link:
http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Statistiken/Suga/Suga.html

Bericht “Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit”

Unfallverhütungsbericht Arbeit

Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) erstellt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) jährlich einen statistischen Bericht zum Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in Deutschland, der einen Überblick über den Stand von Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie deren Entwicklungen gibt. Dieser Bericht wird zum Jahresende des auf das Berichtsjahr folgenden Jahres fertiggestellt und ist daher erst zu Beginn des übernächsten Jahres verfügbar.

Der aktuelle Bericht heißt: Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2010 – Unfallverhütungsbericht Arbeit. Bei der ZEIT fand ich einen direkteren Link:
http://www.baua.de/de/Presse/Pressemitteilungen/2012/02/pm008-12.html

Fakten: Zahl der Arbeitsunfälle erstmals wieder gestiegen – psychische Erkrankungen nehmen zu

BAuA veröffentlicht Bericht Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2010 …

 
Was macht KarriereSPIEGEL daraus?
http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/0,1518,818097,00.html

Zahl der Psycho-Rentner steigt

Psychische Belastung im Beruf: Die Zahl der Fälle nimmt zu

Burnout mag ein Modethema sein, hat aber einen realen Hintergrund: Immer mehr Menschen können nicht mehr arbeiten, weil sie psychisch krank sind. Auch die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle ist gestiegen – hauptsächlich eine Folge des Aufschwungs. …

“Psycho-Rentner” ist natürlich hochoriginell. So sieht kreativer Journalismus aus. Versucht der SPIEGEL, hier die Kurve zu kriegen und von einer Darstellung des Burnouts als reines Modethema wegzukommen?

(2012-03-01: Heute morgen sah ich, dass der SPIEGEL die Überschrift korrigiert hat.)

 
Nun zur seriöseren Berichterstattung, aber auch nicht mit viel eigener Recherche:
http://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-02/arbeitsunfaelle-2012

Zahl tödlicher Arbeitsunfälle steigt drastisch an

Wirtschaftlicher Aufschwung und hohes Arbeitstempo fordern ihren Zoll: Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle in Deutschland hat zugenommen, ebenso die psychische Belastung. …

 
In Deutschland gingen wir von einem guten technischen Arbeitsschutz aus und schickten uns an, ihn auch im Bereich der psychischen Belastungen an hohe Standards heranzuführen. Statt dessen hinkt wohl auch der “klassische” Arbeitsschutz der Entwicklung hinterher.

Siehe auch: http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-07/arbeitsunfaelle-aufschwung

Privilegien und Isolation

Dienstag, 28. Februar 2012 - 07:08

http://www.google.de/search?q=mitt+romney+”I’m+also+unemployed.”

I’m also unemployed

Mitt Romney

 
kabl/SZ, http://www.sueddeutsche.de/O5938O/490475/Schnell-und-ruecksichtslos.html

Schnell und rücksichtslos

Ein dickes Auto besitzen, aber keine Manieren haben – dieser Zusammenhang beruht offenbar auf mehr als einem Vorurteil. Fahrer von großen, teuren Autos verhielten sich im Straßenverkehr rüpelhafter als die Fahrer kleiner, billigerer Autos, beobachteten Psychologen um Paul Piff von der University of California (PNAS, online). …

… Möglicherweise verhalten sich vergleichsweise reiche, angesehene Menschen generell unmoralischer? Zusätzliche Labor-Experimente zumindest stützten diese Theorie. …

 

http://news.yahoo.com/rich-people-unethical-224915381–abc-news.html

… Nevertheless, Piff said these results obviously don’t apply to all wealthy people. … 

… “What it comes down to, really, is that money creates more of a self-focus, which may account for larger feelings of entitlement,” said Piff. “We hope to further study how we can curb these patterns and how that will affect our social environment.

 

http://www.wired.com/wiredscience/2012/02/income-and-ethics/

… “Occupying privileged positions in society has this natural psychological effect of insulating you from others,” said psychologist Paul Piff of the University of California, Berkeley. “You’re less likely to perceive the impact your behavior has on others. As a result, at least in this paper, you’re more likely to break the rules.” …

(Hervorhebung nachträglich eingefügt)
 

Klassenkampf? Foschung? Eine interessante Fortsetzung der Forschung von Paul Piff wäre, herauszufinden, wie Leser dieser Meldung abhängig von ihrem Rang in Organisationen und in der Gesellschaft auf diese Meldungen reagieren. Und große Firmen mit Geschwindigkeitsmessungen in ihren Parkhäusern könnten mitforschen: Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Preis von Autos zu der Höhe und Häufigkeit von Geschwindigkeitsüberschreitungen, die für diese Autos festgestellt werden?

Leiden Privilegierte unter ihrer Isolation? Ich hatte einmal selbst in einer Gated Community gelebt. Ich hatte auch Wagen und Fahrer. Für einen Privilegierten ist es eine interessante Erfahrung, wie sowohl die Mit-Privilegierten wie auch die Nicht-Privilegierten reagieren, wenn einer von ihnen versucht, die Isolation zu durchbrechen. Klar gibt es Klassenkampf.
(Den Klassenkampf gibt es in verschiedenen Kategorien, z.B. hinsichtlich der Einkommensverteilung. Der Umverteilungsdruck ist messbar.)

Suche:

Siehe auch: http://blog.psybel.de/zermalmt-von-der-last/ und http://blog.psybel.de/ein-unfreundlicher-charakter-steigert-gehalt-und-karrierechancen/

Psycho-Tricks gegen Betriebsräte

Montag, 27. Februar 2012 - 18:57

Am 10. Februar nahmen 190 von 300 Mitarbeiter der Wellpappenherstellers P-Well in Bad Bentheim an einer Betriebsversammlung teil. Auf Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes hatte die Gewerkschaft Verdi dazu eingeladen. Es ging um die Gründung eines Betriebsrates. Die Unternehmensleitung war nicht begeistert.

Mehr dazu können Sie auf der ersten Seite des Wirtschaftsteils der Süddeutschen Zeitung nachlesen: “Was fällt Ihnen ein, hier aufzukreuzen!” Gewerkschafter wollten in einer niedersächsischen Fabrik einen Betriebsrat gründen - und wurden brachial daran gehindert.

Unternehmer scheinen sich in diesem Land beim flexiblen Umgang mit dem Betriebsverfassungsgesetz sehr sicher fühlen zu können.

Detlef Esslinger, der Verfasser des Artikels, schreibt
(http://www.betriebsrat.de/portal/themen/sz/gruendung-betriebsrat-bei-p-well-bad-bentheim.html):

… Generell beobachten Gewerkschaften seit einiger Zeit, dass Unternehmer, die Betriebsräte verhindern wollen, mit Psycho-Tricks arbeiten: Angst verbreiten, Kandidaten isolieren, Belegschaft spalten. Schwierig, das jeweils nachzuweisen. …

Neben dem Betriebsverfassungsgesetz gibt es ja auch noch das Arbeitsschutzgesetz. Wenn die Gewerbeaufsicht ihren Job mit genügend Begeisterung macht, sollte der Nachweis von Verstößen gegen das Arbeitsschutzgesetz in Betrieben, in denen tatsächlich Psycho-Tricks gegen Arbeitnehmer eingesetzt werden, ganz einfach sein. Dazu müssen sich die Aufsichtspersonen nur gründlich die Gefährdungsbeurteilungsprozesse (so es sie gibt) und die im Arbeitsschutzgesetz vorgeschriebene Dokumentation (so es sie gibt) ansehen.

Ursula von der Leyens Bundesministerium teilte kürzlich mit: “Die Aufsichtspersonen werden in Zukunft noch stärker prüfen, ob in den Gefährdungsbeurteilungen die im Betrieb existierenden psychischen Belastungen angemessen aufgegriffen werden und die entsprechenden Maßnahmen veranlasst und umgesetzt sind.” Ob dieses Bundesministerium bei konkreten Anhaltspunkten ein bisschen kräftiger bei den niedersächsischen Gewerbeaufsichtlern anklopft?

Interessant, was in Deutschland trotz Rechtsstaatlichkeit heute immer noch möglich ist.

Siehe auch: http://blog.psybel.de/das-hamsterrad/

Angewandte positive Psychologie

Montag, 27. Februar 2012 - 17:39

“Bei den Maßnahmen [des Arbeitsschutzes] sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen.” Darum ist es wichtig, zu verstehen, wie Wissenschaft beeinflusst wird.

In http://tatjanarabe.blog.de/2011/08/23/sommerlektuere-11717310/ schreibt Tatjana Rabe (2012-02-08), dass sie an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (Berlin) eine Bachelorarbeit über psychische Belastungen am Arbeitsplatz begutachten darf. Welcher Art von Psychologie wird hier erlaubt, als Maßstab für wissenschaftliches Arbeiten zu gelten? Ein halbes Jahr später beschreibt http://tatjanarabe.blog.de/2012/02/08/ueberforderst-12709118/, wie sie an die Themen Burn-Out und berufliche Überforderung herangeht

Burn-Out und berufliche Überforderung sind Themen, die mir in meiner Arbeit als Karriereberaterin oft begegnen. Dabei sind es meist nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch deren Führungskräfte, die Schwierigkeiten im Umgang mit dieser Situation haben.

Im Rahmen meiner Abschlussarbeit für den NLP-Master beim Institut für angewandte positive Psychologie und der Zertifizierung beim DVNLP habe ich eine Vorgehensweise entwickelt, wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter dabei unterstützen können, Stress zu reduzieren und eine gemeinsame Basis zu schaffen, von der aus sie an der Belastung arbeiten können. Sie werden dabei von einem Coach begleitet, der beiden Parteien gleichermaßen zur Seite steht. …

“Überforderst Du Dich auch so wie mich?” ist der Titel der Abschlussarbeit. Das passt zu dem, was man in den Betrieben beobachten kann: Nachdem Arbeitgeber jetzt ihrer Pflicht zum Einbezug der psychischen Belastung in den Arbeitsschutz nicht mehr ganz so leicht wie früher ausweichen können, verlagern Top-Managements ihre Verantwortung (und Haftpflichten?) auf die untere Führungsebene und die “eigenverantwortlichen” Mitarbeiter. Die dürfen dann die Probleme unter sich ausmachen und diskutieren, wer wen überfordert. Nach außen arbeitet das Top-Management vorwiegend daran, darzustellen, wie gut ihr “Gesundheitsmanagement” aussieht. Unternehmenskommunikation statt solides Arbeitsschutz-Handwerk. NLP und positive Psychologie passen wohl ganz gut dazu.

 
http://de.wikipedia.org/wiki/Positive_Psychologie

Während [Martin] Seligmans Forschungsprogramm in den Bereichen Coaching und kommerzielles Motivationstraining auf breite Resonanz stößt, ist es in der akademischen Psychologie umstritten. Die US-amerikanische Autorin Barbara Ehrenreich stellt die Positive Psychologie als wissenschaftlich irrelevant dar und ist der Auffassung, „dass sich der Erfolg der Positiven Psychologie vor allem in Dozentenstellen und Karrierechancen auf dem Coaching-Markt messen lässt: für die Positiven Psychologen selbst“

 
http://www.sueddeutsche.de/kultur/smile-or-die-gegen-die-widerliche-optimismus-industrie-1.995130

Smile or Die
Gegen die widerliche Optimismus-Industrie

02.09.2010, 11:11
Von Jutta Person

In ihrem großartig gepfeffertem Buch “Smile or Die” zerlegt US-Autorin Barbara Ehrenreich eine gigantische Illusion unserer Zeit: das “positive Denken”. …

… Beim positiven Denken ist Glück immer nur Mittel zum Zweck, ein Botenstoff für Erfolg, Leistungsfähigkeit und erhöhte Belastbarkeit, erklärt Ehrenreich. Sie wirbt für einen Realismus, der sich nicht in wolkige Wohlstandsträume flüchtet und das Wort “Opfer” nicht als Tarnkostüm für Feiglinge und Schlappschwänze versteht.

Hier spricht eine ebenso leidenschaftliche wie exakte Kritikerin der New Economy, eine der bekanntesten Journalistinnen der USA, die den “Jeder ist seines Glückes Schmied”-Mythos von seiner Schattenseite her erforscht. …

 
http://www.guardian.co.uk/books/2010/jan/09/barbara-ehrenreich-smile-lucy-ellmann

Smile or Die: How the Relentless Promotion of Positive Thinking Has Undermined America by Barbara Ehrenreich

Lucy Ellmann stoutly supports a passionate refutation of the power of positive thinking

The Guardian, Saturday 9 January 2010

… According to motivator Zig Ziglar, who helps companies such as AT&T bounce all the blame back on to the worker, if something goes wrong, it’s because you didn’t work hard enough or pray effectively. Boo! Boo!

Positive types aren’t just misled, they’re mean. “Negative people suck!” claims one American motivational coach, an exemplar of the “empathy deficit” in positive thinking. The pitiless message to the powerless from all these motivational speakers, megachurch preachers, self-help gurus and other assorted selfishness-sellers is that sad sacks get what they deserve.

Promoting the idea that happiness is within your grasp is in the interests of corporations trying to bamboozle an overworked and underpaid workforce. It’s also favoured by churches trying to get rich quick off the American dream. Ehrenreich traces the fad from Calvinist self-control through Christian Science to blatant assumptions of the holiness of cash. …

PsychologieNachrichten

Montag, 27. Februar 2012 - 10:20

In dem Blog interessieren mich besonders diese Stichworte:

Yoga und duftende Bäder

Montag, 27. Februar 2012 - 09:26

http://www.freiepresse.de/RATGEBER/GESUNDHEIT/Druck-bei-der-Arbeit-stresst-am-meisten-artikel7914629.php

Druck bei der Arbeit stresst am meisten

Freie Presse wollte bei Umfrage wissen, was Sachsen im Alltag am meisten belastet

Chemnitz. Der Job – und dabei besonders der psychische Druck im Arbeitsleben – gehört für viele Sachsen zum größten Stressfaktor des Alltags. 40 Prozent der 2200 von der “Freien Presse” Befragten gaben diese Stressursache an.

Dieses Bild deckt sich auch mit den Ergebnissen, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa für die Techniker Krankenkasse ermittelt hat. Im Arbeitsprozess selbst waren für jeden Zweiten Termindruck und Hetze, für jeden Dritten die Informationsüberflutung und ständige Erreichbarkeit, für mehr als jeden Vierten ungenaue Anweisungen und zu hohes Arbeitspensum für die Belastungen verantwortlich. Bei 32 Prozent der von Forsa befragten Menschen zeigten sich bereits deutlich erkennbare Stresssymptome wie Antriebslosigkeit, depressive Verstimmung, Verdauungsprobleme oder Schlafstörungen. Um seelischen Erkrankungen oder Burnout vorzubeugen, sollten Betroffene gegensteuern. …

… Yoga, das neun Prozent der Befragten schon einmal praktiziert haben, macht in dieser Beitragsfolge den Anfang. Ferner gab jeder Vierte an, die wohltuende Wirkung von Entspannungsmassagen oder Fußreflexzonenmassagen zu kennen. Auch dieser Technik wird ein Beitrag auf der Ratgeberseite gewidmet. Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training und duftende Bäder gehören für die Sachsen aber ebenfalls zur Entspannung – Erfahrungsberichte deshalb auch zu diesen Methoden. …

… erschienen am 25.02.2012 (Von Stephanie Wesely)

Formal ist der Artikel ein redaktioneller Beitrag und keine Anzeige für die persönliche Verhaltensprävention. Die Anbieter aus der “Wellness”-Branche sind wohl so oder so dankbar. Und Unternehmer, die sich in Sachsen mehrheitlich die Regeln des Arbeitsschutzes ungestraft missachten dürfen, freuen sich, dass Stephanie Wesley bei ihrer selektiven Recherche ihnen nicht so genau auf die Finger schaut. Solange auch die Gewerbeaufsicht nicht kontrolliert, sollen die Mitarbeiter das Problem doch selbst lösen: “Um seelischen Erkrankungen oder Burnout vorzubeugen, sollten Betroffene gegensteuern.”

Siehe auch: http://blog.psybel.de/2011/11/13/depression-ueberholt-rueckenschmerzen/

Mehr Brüche in den Erwerbsbiografien

Montag, 27. Februar 2012 - 08:44

http://www.abendblatt.de/region/stade/article2198336/Wenn-die-Kraft-nicht-bis-zur-Rente-reicht.html

Wenn die Kraft nicht bis zur Rente reicht
27.02.2012, 06:00 Uhr Christine Weiser

Die Zahl derer, die mit Attest aus dem Berufsleben ausscheiden, steigt. Auf der anderen Seite bauen Firmen auf die Erfahrung älterer Mitarbeiter. …

… “Bei denen, die aus psychischen Gründen ausscheiden, handelt es sich in der Regel nicht um Manager mit Burn-out. Es sind eher kleine Angestellte, die enorm unter Druck stehen. Viele Arbeitgeber erwarten Überstunden und Flexibilität der Arbeitnehmer, und wer keinen Ausgleich hat, kann leicht krank werden”, sagt Wolf-Dieter Burde, Sprecher der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, die auch für den Raum Lüneburg zuständig ist. Seit einigen Jahren trifft Burde auf immer mehr Menschen mit Brüchen in den Erwerbsbiografien. …

SLIC-Kampagne über psychosoziale Risiken

Montag, 27. Februar 2012 - 06:50

http://osha.europa.eu/de/teaser/SLIC-campaign-2012-on-psychosocial-risks

Sein Sie doch bitte einfach blöd

Montag, 27. Februar 2012 - 00:34

Komplexitätsreduktion ist oft nur Verlagerung von Komplexität irgendwohin, wo man’s nicht so gut sieht. Eine ganz einfache Methode, Komplexität elegant loszuwerden, ist ihre Verlagerung zu Arbeitnehmern und zu Kunden. Die merken dann nicht gleich, wieso ihr Leben komplizierter wird.

Darum sollte eigentlich Freude aufkommen, wenn beispielsweise E.ON seinen Kunden das Privatleben einfachen machen will. Das Arbeitsleben ist ja kompliziert genug. Ehe jetzt Rührung aufkommt: E.ON vereinfacht nicht das Kleingedruckte und sonstige Feinheiten, sondern das Unternehmen versucht, sich einfachere Kunden zu formen. In http://www.youtube.com/ewieeinfach sieht das dann so aus:

Es steckt in unserem Namen, unserem Claim, in jedem Satz – einfach überall: das Wörtchen EINFACH. Doch für uns ist es soviel mehr als nur ein Wort. Für uns ist EINFACH eine positive Lebenseinstellung. EINFACH zeigt: alles ist möglich, wenn man einfach mal macht.

Diese Haltung ist der Kern unserer neuen Kampagne. Sechs kurze Spots und ein großer Film zeigen: Liebe. Aufräumen. Widerstand. Gut drauf sein. Überleben. Einschlafen.

Alles. Ist doch ganz einfach!

Aber wir sprechen nicht nur über EINFACH, wir sind einfach! Unsere Produkte unterscheiden wir ganz einfach nach Strom, Gas und Öko-Strom. Und auch der Wechsel zu E WIE EINFACH ist ganz einfach.

Da läuft jetzt eine Fernsehkampagne der E WIE EINFACH Strom & Gas GmbH, einer 100%igen Tochter von E.ON. Den Leuten von E.ON geht es einfach darum, Strom & Gas zu verkaufen. Darum sprechen sie in Ihrer Werbung von allem Möglichen, nur nicht von Strom & Gas. Sonst wär es für die umworbenen Menschen (also auch für Sie) zu einfach, Lunte zu riechen.

Die Zeiten sind vorbei, in denen Werber zu verstehen suchten, wie Sie als möglicher Kunde ticken. Jetzt stellen sie das Ticken der Kunden so ein, wie es für den Verkauf gebgraucht wird. Ihr freier Wille wäre doch sonst ganz nutzlos.

Ganz ignorieren kann die E.ON-Tochter den Zeitgeist allerdings nicht. Also geben sie ihm mit ein bisschen NLP noch Zucker. Und damit bei Ihnen kein unkontrollierter Widerstand wächst, besetzt E.ON jeden bei Ihnen aufkommenden Gedanken an Widerstand vorsichtshalber gleich selbst. http://www.e-wie-einfach.de kann man einfach nicht widerstehen. Der Lernstoff noch einmal in Listendarstellung:

  • Liebe.
  • Aufräumen.
  • Widerstand.
  • Gut drauf sein.
  • Überleben.
  • Einsschlafen.

Das ist doch ganz einfach. Nun wissen wir, was wichtig ist. (Bitte halten Sie sich an die Reihenfolge.)

Lesetipp: Markus Metz, Georg Seeßlen, Blödmaschinen, 2011

Über die Ausgeglichenheit der Seele

Sonntag, 26. Februar 2012 - 20:31

http://www.reclam.de/detail/978-3-15-001846-0/Seneca/De_tranquillitate_animi___Ueber_die_Ausgeglichenheit_der_Seele

Seneca: De tranquillitate animi / Über die Ausgeglichenheit der Seele
Lat.Dt. Hrsg. u. Übers.: Gunermann, Heinz. 112 S.

ISBN: 978-3-15-001846-0
EUR (D): 3,20 *
EUR (A) 3,30 / CHF 4,90

(Links nachträglich eingefügt)

Ratgeberbücher gibt es tonnenweise. Dieses Buch wiegt 60 Gramm (wovon der lateinische Teil weniger als 30 Gramm beansprucht). Auch nach 2000 Jahren ist es immer noch aktuell. Es beginnt mit dem Bericht eines Managers über seine Unausgeglichenheit.

Siehe auch: http://www.archive.org/details/gemuethsruhe_1011_librivox und http://librivox.org/von-der-gemuthsruhe-de-tranquillitate-animi-by-lucius-annaeus-seneca/