Archiv für Juli, 2013

Beachtliche europäische Erkenntnisse

Sonntag, 28. Juli 2013 - 15:04

http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a11/anhoerungen/2013/134_Sitzung_psych_Belastung/Wortpro_134_Sitzung.pdf

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode
752 – 2401
Protokoll 17/134
Öffentliche Anhörung
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Wortprotokoll
134. Sitzung

[...] Abgeordnete Kramme (SPD): Meine Frage geht an Herrn Professor Kohte. Welche arbeitsschutzrechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus europäischer Sicht? Wie lassen sich deren Ergebnisse und Entwicklungen zusammenfassen? Sind nach Ihrer Auffassung die Vorschläge der SPD-Bundestagsfraktion geeignet, nationale Verbesserungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz herbeizuführen?

Sachverständiger Prof. Dr. Kohte: Vielen Dank für diese Frage. Auf der europäischen Ebene ist seit 1989 klar, dass psychische Belastungen und nicht nur psychische Gesundheit ein Thema des verpflichtenden staatlichen Arbeitsschutzes sind. Wir haben das bei uns ganz versteckt in der Maschinenverordnung 1992 übernommen, aber im Arbeitsschutzgesetz ist dieser Passus der Verschlankung im Jahre 1996 zum Opfer gefallen. Schlankheit ist für Gesetze ein schlechtes Programm. Ich war bei der Anhörung 1994 dabei, da waren wir uns eigentlich alle über den ganzheitlichen Arbeitsschutz einig. Diese Verschlankung hatte andere sachwidrige Gründe. Auf der europäischen Ebene hat man 2004 eine Sozialpartnervereinbarung – also Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften – zu arbeitsbedingtem Stress getroffen.

Ein wesentlicher Punkt war, dass Stress auch ein Thema des Arbeitsschutzes ist. Er ist natürlich nicht nur ein Thema des Arbeitsschutzes – aber auch. Wenn Sie jetzt hier persönliche Belastungen nehmen, selbstverständlich haben heute viele Menschen persönliche Belastungen durch Lärm am Wochenende. Das ist für uns überhaupt kein Argument, dass wir im Betrieb nicht das, was wir dort an Lärmbelastungen haben, verringern. Die meisten Menschen von uns leben in verschiedenen Welten. Es geht jetzt heute um die betriebliche Welt.

Auf der Basis dieser Sozialpartnervereinbarung haben sich auf der europäischen Ebene folgende Konsequenzen ergeben: Die europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheit hat im Jahre 2005 bei der Arbeit in Bilbao ein breites Forschungsprogramm aufgelegt. Daran könnten wir uns sehr viel stärker beteiligen. Das fehlt im Antrag 17/13088. So sehr ich Forschungsförderung begrüße, es gibt schon beachtliche europäische Erkenntnisse, einige Mittel könnte man bei uns einfach zur Übersetzung einsetzen. Ansonsten könnten wir diese Kenntnisse für uns besser nutzen und unsere Fähigkeiten, auch die der BAuA, dort besser einbringen.

In der Mehrzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat diese Vereinbarung dazu geführt, dass nicht nur die Verbände, sondern auch die jeweiligen politischen Akteure das Rechtssystem präzisiert haben, und zwar in aller Regel auf den drei Ebenen des allgemeinen Gesetzes, der konkreten Verordnung – ich nehme hier die deutschen Kategorien – und zusätzlicher Praxisrichtlinien. Wir haben einige Länder, in denen das ganz hervorragend ausformuliert worden ist, zum Beispiel in den skandinavischen Staaten. Als dann die Kommission nach fünf Jahren Bilanz zog, stellte sie fest, dass diejenigen, die schon gute Ansätze hatten, diese wesentlich verbessert hatten, und dass Deutschland zusammen mit Bulgarien und der Tschechischen Republik im hinteren Mittelfeld hinter Platz 20 von 27 Beteiligten landete. Eine neue Untersuchung hat das noch einmal bestätigt.

Ich habe das Glück, dass nach meiner Stellungnahme am 9. Mai 2013 eine aktuelle ausführliche Veröffentlichung der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheit publiziert worden ist. Dort ist u. a. die Frage untersucht worden, wird der strukturierte Umgang mit dem Stress auf der betrieblichen Ebene verbessert? Da liegt Deutschland wieder hinter Platz 20 und die deutschen Beschäftigten liegen nur mit ihren Wünschen ziemlich weit vorne. Das heißt also, all das, was wir hier diskutiert haben, ist auf der europäischen Ebene bereits analysiert und festgestellt worden. Deswegen muss man daraus Konsequenzen ziehen. Der Antrag 17/12818 stellt zu Recht eine Verordnung in den Vordergrund. So gut es auch ist, dass die Bedeutung des Psychischen im Gesetz klargestellt wird – ich begrüße das auch, – aber das reicht für die Praxis nicht.

Herr Panter hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in Deutschland, kooperative Ausschüsse Praxisrichtlinien erstellen. Diese Ausschüsse sind aber keine spontanen Gruppen, die irgendwann zusammen kommen, sondern bei uns in Deutschland ist ein solches Verfahren rechtlich geordnet. In einer Verordnung wird geregelt, wer in einem solchen Ausschuss sitzt und wie dieser Ausschuss sich die Themen wählt. Das Thema der psychischen Belastungen befindet sich im Moment für die Ausschüsse im Niemandsland. Es ist nicht in erster Linie ein arbeitsmedizinisches Thema. Der Ausschuss für Arbeitsmedizin kann nicht das Problem ständiger Erreichbarkeit, akzeptabler E-Mail-Organisation und Ähnliches bearbeiten. Das geht nur, wenn wir eine Verordnung haben, die für einen neuen Ausschuss einen Rahmen schafft.

Als Letztes zur Rolle der Vorgesetzten: In dem Beschluss des Bundesrates, der mit beachtlicher Mehrheit letzte Woche eine solche Verordnung beschlossen hat, sind in § 5 Absatz 3 dort genau solche verpflichtenden Fortbildungsprogramme für Vorgesetzte enthalten, so dass es auch insoweit kein Rätsel ist, was man machen muss. Die Arbeitswissenschaft hat uns auch im europäischen Kontext viele Erkenntnisse vermittelt – man muss diese jetzt nur umsetzen. [...]

Gewerbeaufsicht ist ein Steinbruch

Sonntag, 28. Juli 2013 - 13:55

http://www.aerzteblatt.de/archiv/142796/Interview-mit-Dr-med-Wolfgang-Panter-Praesident-des-Verbandes-Deutscher-Betriebs-und-Werksaerzte-(VDBW)-Entscheidend-ist-das-Fuehrungsverhalten-Fuehren-durch-Vorbild

POLITIK: Das Interview
Interview mit Dr. med. Wolfgang Panter, Präsident des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW): „Entscheidend ist das Führungsverhalten – Führen durch Vorbild“
PP 12, Ausgabe Juli 2013, Seite 300
Bühring, Petra; Osterloh, Falk

[...] Die bisherigen Regelungen fordern bereits eine Gefährdungsbeurteilung sowohl im körperlichen wie im seelischen Bereich, auch wenn Ersteres bisher sehr stark im Vordergrund steht. Wir müssen die Arbeitsabläufe stärker analysieren und schauen, welche Stressfaktoren es in welchen Situationen gibt.

Wir haben aber grundsätzlich weniger ein Regelungs- als ein Umsetzungsproblem. Der Deutsche Beamtenbund hat die Gewerbeaufsicht vor kurzem als Steinbruch bezeichnet, von dem nicht mehr viel übrig ist. Die Gewerbeaufsicht ist aber für die Überwachung der Einhaltung der Regelungen in den Betrieben zuständig. Die Länder haben die Strukturen und Ressourcen vor Ort jedoch so reduziert, dass die Gewerbeaufsicht gar nicht mehr in der Lage ist, die bereits bestehenden Regeln zu kontrollieren. [...]

 
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a11/anhoerungen/2013/134_Sitzung_psych_Belastung/Stellungnahmen_17_11_1152.pdf

DEUTSCHER BUNDESTAG
Ausschuss für
Arbeit und Soziales
17. Wahlperiode
Ausschussdrucksache 17(11)1152
08. Mai 2013

[...] Der dbb hat sich intensiv mit den psychischen Belastungen in der Arbeitswelt befasst und sich in einem Leitantrag dafür ausgesprochen, dass den psychischen Belastungen in der Arbeitswelt und deren Folgen entgegengewirkt werden muss. Dabei steht im Fokus des dbb die Schaffung einer abgestimmten und schlüssigen Rechtslage, deren Umsetzung durch die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im bewährten dualen System begleitet und überwacht wird.

In Anbetracht des gravierenden Stellenabbaus der letzten Jahre sowohl in der Arbeitsschutzverwaltung als auch bei den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, erlaubt es die gegenwärtige Personalsituation jedoch nicht, dass die mit dem Arbeitsschutz betrauten Kolleginnen und Kollegen diesen Ansprüchen gerecht werden können. Seit 2003 sind dem Bericht Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2011 zufolge bundesweit mehr als 25 Prozent der Zahl der Gewerbeaufsichtsbeamten abgebaut worden (2003: ca. 4.100 Gewerbeaufsichtsbeamte/2011: ca. 3.050). Daneben wurde der Bestand der Gewerbeärzte in den Arbeitsschutzverwaltungen um mehr als 30 Prozent abgebaut (2003: ca. 150/2011: 90). In einigen Ländern geht der massive Personalabbau sogar noch weiter, und es wird Personal beispielsweise zum Verbraucherschutz versetzt. Zusätzlich gibt es seit Jahren die Tendenz, den Arbeitsschutzverwaltungen fachfremde Aufgaben zu übertragen, so dass die zur Verfügung stehende Zeit für die eigentlichen Aufgaben immer weiter schrumpft. Dies spiegelt sich in einer seit Jahren sinkenden Zahl an vorgenommenen Betriebsbesichtigungen wider. So wurden 2010 von der Gewerbeaufsicht der Länder nur 4,9 Prozent der Betriebe besichtigt, während es 2005 noch 6,4 Prozent waren. Die gewerblichen Berufsgenossenschaften erreichten mit 8,2 Prozent zwar eine höhere Besichtigungsquote, haben ihre Kontrollen gegenüber 2005 (11,31 Prozent) aber ebenfalls reduziert. Diese Zahlen verdeutlichen, dass viele Bundesländer den Staatlichen Arbeitsschutz vernachlässigen und die Arbeitsschutzverwaltungen als ,,Steinbruch” für Personalabbau sehen.

Dieser Entwicklung ist dringend Einhalt zu gebieten. Damit die Aufsichtspersonen ihrer gesellschaftlich wichtigen Aufgabe auch nachkommen können, muss der Arbeitsschutz ausgebaut und mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden. Die von allen drei Oppositionsfraktionen erhobene Forderung nach einer Aufstockung des Personals bei den Arbeitsschutzverwaltungen der Länder und bei den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung wird daher vom dbb vollumfänglich unterstützt. Sie ist die unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die in allen Anträgen – auch dem der Regierungskoalition – formulierten Ziele und Vorhaben zur rechtlichen Regelung des Schutzes der psychischen Gesundheit der Beschäftigten auch tatsächlich greifen. Damit würde Deutschland auch seiner Verpflichtung aus der 1950 in Kraft getretenen ILO-Konvention Nr. 81 nachkommen, die sich mit dem Thema Arbeitsaufsicht in Gewerbe und Handel befasst und in Artikel 10 festschreibt, dass die Zahl der Aufsichtsbeamten ausreichen muss, um die wirksame Ausführung der Aufgaben der Arbeitsaufsicht zu gewährleisten. Zutreffend wird in den vorliegenden Anträgen erkannt, dass neben den erforderlichen Neueinstellungen die bereits im Arbeits- und Gesundheitsschutz tätigen Kollegen und Kolleginnen zur besseren Beurteilung von psychischen Gefährdungen entsprechend weitergebildet werden müssen. [...]

 
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a11/anhoerungen/2013/134_Sitzung_psych_Belastung/Wortpro_134_Sitzung.pdf

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode
752 – 2401
Protokoll 17/134
Öffentliche Anhörung
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Wortprotokoll
134. Sitzung

[...] Sachverständiger Niesen (Deutscher Beamtenbund und Tarifunion): [...] Zu den Gewerbeaufsichtsbeamten: Hier stellt sich sicherlich für die Zukunft zu diesem Thema die Frage, ob auch sehr breit Schulungsmaßnahmen vorgenommen werden müssen. Aber eines müsste vor allem gestoppt werden, das ist der Abbau von Stellen. Zur Erklärung: Die Gewerbeaufsichtsverwaltung wird in vielen Ländern als Steinbruch benutzt. In den letzten zehn Jahren allein sind über 25 Prozent der Gewerbeaufsichtsbeamten abgebaut worden. Das ist einfach ein Unding.

Also bei allem Respekt vor dem, was Sie heute hier machen wollen, auch noch fraktionsübergreifend, das ist alles zu begrüßen. Aber ich frage mich, wer soll das draußen noch machen? Da müssten Sie ebenfalls noch den Ländern einiges an Vorgaben machen, dass dort quasi nicht jeder machen kann, was er gerade will. Es müsste auch ein klares Wort zu den Organisationsformen der Gewerbeaufsichtsverwaltung zum Ausdruck gebracht werden. Nämlich das, was seit der teuflischen Reform – so nenne ich das jetzt mal – in Baden-Württemberg mit der Gewerbeaufsichtsverwaltung passiert ist. Das ist für mich schlicht und ergreifend ein Skandal. [...]

Manager ohne Ausweg

Sonntag, 28. Juli 2013 - 12:37

Über den Suizid des Swisscom-Chefs: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/buero-special/gefordert-und-ueberfordert-was-treibt-manager-in-die-ausweglosigkeit/8539330.html

Siehe auch: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/buero-special/psychologe-erklaert-motive-fuer-suizid-unsere-arbeitswelt-muss-menschlicher-werden/8552430.html

BDP fordert bessere Gefährdungsbeurteilungen

Freitag, 26. Juli 2013 - 21:47

http://www.bdp-verband.org/bdp/presse/2013/07_formen.html

Pressemitteilung
Nr. 7/13
25. Juli 2013

Die neuen Formen der Arbeit und die Psyche

BDP-Kampagne „Gesunde Arbeit“ mit neuem Flyer zur Gefährdungsbeurteilung

Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) mahnt an, dass die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung auch in Bezug auf die psychische Belastung endlich umgesetzt werden müsse. „Wenn es um die Gefährdung durch Chemikalien, Biostoffe oder physikalische Vorgänge geht, ist man bestens gerüstet. Bei psychischer Belastung gilt dies noch nicht, obwohl der Gesetzgeber sie als gleichwertig einstuft“, erklärt BDP-Präsidentin Sabine Siegl.

Als Gefährdung wird die Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bezeichnet, ohne bestimmte Anforderungen an deren Ausmaß oder für deren Wahrscheinlichkeit. Gerade neuere Formen der Arbeit, mit Aufgaben von hoher Komplexität, Zeitdruck, Unterbrechungen oder ständiger Erreichbarkeit gelten als Ursache von Stress und auch als krankmachende Faktoren. Viele Betriebe haben jedoch oft nicht das nötige „Know-how“, diese belastenden Situationen zu erkennen und ihnen gegenzusteuern.

Mit dem gesunden Menschenverstand lässt sich vielleicht noch erkennen, „wo der Schuh drückt“. Kurse zur Stressbewältigung können nur ein Teil von Maßnahmen dagegen sein. Häufig sind jedoch bei den notwendigen Veränderungen gruppendynamische Prozesse zu steuern. „Maßgeschneiderte“ psychologische Beratung und Unterstützung wirkt nachhaltig. Kleine und mittelständische Unternehmen können sich so einen Wettbewerbsvorteil im Kampf um die besten Arbeitnehmer sichern.

Der BDP verstärkt in diesem Jahr sein Engagement für das betriebliche Gesundheitsmanagement. In seiner Kampagne „Gesunde Arbeit“ erscheint heute die dritte Broschüre der Reihe zum Thema „Gefährdungsbeurteilung“ unter folgendem Link:
www.bdp-verband.de/bdp/archiv/gesunde-arbeit/BDP-Broschuere-03-Gefaehrdungsbeurteilung.pdf
Bereits erschienen sind „Burnout“ und „Führung und Gesundheit“. Alle Broschüren stehen kostenfrei unter

www.bdp-verband.de/gesunde-arbeit zum Download bereit. Zehn weitere sind noch geplant, die auf derselben Webseite abonniert werden können.Diese Pressemitteilung steht auch als PDF zur Verfügung:
www.bdp-verband.de/bdp/presse/2013/07_BDP_Pressemitteilung.pdf
Alenka Tschischka, Pressereferentin
Am Köllnischen Park 2, 10179 Berlin
Tel. 030 – 209 166 620
Fax: 030 – 209 166 680
E-Mail

 
In der Broschüre steht auch:

[...] Außerdem helfen Psychologen, die Rechtssicherheit zu erhöhen. Ab 2014 werden Betriebe von den Arbeitsschutz­institutionen intensiver daraufhin überprüft werden, ob sie Gefährdungsbeurteilungen zur psychischen Belastung vollständig und fachlich angemessen durchführen. [...]

Heute wird noch nicht richtig geprüft. Es kann darum vorkommen, dass sogar große Unternehmen behaupten können, weder die Gewerbeaufsicht noch die akkreditierten Auditoren (für OHSAS 18001) hätten Abweichungen von der Vollstöndigkeit der Gefährdungsbeurteilung feststellen können, obwohl diese Unternehmen überhaupt keine mitbestimmten und auditierbaren Prozesse zur Beurteilung psychischer Belastungen implementiert haben. Die Nachlässigkeit der Gewerbeaufsicht und der Auditoren schadet nun sogar dem Schutz und der Rechtssicherheit der Arbeitnehmer.

Landespsychotherapeutentag 2013

Donnerstag, 25. Juli 2013 - 06:29

Baden-Württemberg, Landespsychotherapeutentag 2013
http://www.lpk-bw.de/fachportal/fachbeitraege/fb_lpk_tag13.html

[...] [Kammerpräsident Dr. Dietrich Munz] fordert: „Psychische Erkrankungen müssen genau so ernst genommen werden wie körperliche Erkrankungen“. Die zitierten Zahlen sollten Grund genug sein, darauf hinzuwirken, dass künftig besondere psychische Belastungssituationen in allen Arbeitsbereichen identifiziert und abgebaut werden könnten. Hierzu sei es erforderlich, dass psychische Probleme und Erkrankungen entstigmatisiert und auch als Berufskrankheiten anerkannt werden. Untersuchungen zeigten, wie Dr. Munz weiter ausführte, dass Maßnahmen zur Beurteilung der Gefährdung durch psychische Belastungen und entsprechende Präventionsmaßnahmen wirksam sind. Bedauerlich sei allerdings, dass es viele Arbeitgeber gebe, die noch keine Maßnahmen in ihren Firmen eingeführt haben. Hier bestehe dringlicher Handlungsbedarf, dass das Arbeitsschutzgesetz vollständig, d. h. auch bezüglich der psychischen Gesundheit der Arbeitnehmer umgesetzt werde. [...]

Nimmt die Zahl psychisch Erkrankter tatsächlich zu?

Donnerstag, 25. Juli 2013 - 06:26

http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/wirtschaft/arbeitsleben-nimmt-die-zahl-psychisch-erkrankter-tatsaechlich-zu–73848200.html

Psychische Belastung von Dolmentschern

Donnerstag, 25. Juli 2013 - 06:18

http://uepo.de/2013/07/20/mdu-32013-mit-schwerpunktthema-psychische-belastung-von-dolmetschern/

Audit-Ankündigung an den Betriebsrat

Montag, 22. Juli 2013 - 23:26

Hier wirkt der Betriebsrat aktiv an Zertifizierungsaudits nach OHSAS 18001 mit: In den Niederlanden müssen die Betriebsräte bei Audits nach dem SCCM-Schema spätestens drei Wochen vor einem Audit informiert werden und können eigene Feststellungen in das Audit mit einbringen, und zwar nach ihrer Wahl entweder an den Arbeitgeber oder direkt an die Zertifizierungsgesellschaft. In Deutschland sind viele Betriebsräte noch zu schüchtern dafür - soweit sie überhaupt begriffen haben, was ein OHSAS 18001 Zertifikat für sie bedeutet. Leider zeigen auch die deutschen Zertifizierungsgesellschaften wenig Interesse daran, Betriebsräte aktiv an Audits mitwirken zu lassen.

http://www.sccm.nl/sites/default/files/O11-SCCM_N110830_cert.schema_OHSAS_18001_ENG_7Feb13.pdf (Annex 6, S. 57-58)

[...] We hereby notify you that the certification body <name> will shortly be assessing whether our occupational health and safety system meets the requirements in the OHSAS 18001 standard. One of the requirements in the standard is internal communication between the various levels and positions in the organization. We would therefore like to offer the opportunity to the works council/personnel representatives to put forward points for attention for the audit, such as guaranteeing compliance with legal requirements by means of our OHS management system.

We would like you to fill out the attached questionnaire and return it to the OHS coordinator. We will use your responses to improve the OHS management system. It will also be passed on to the certification body (of course you may send a copy directly to the certification body). The certification body will incorporate any remarks in performing this audit. The certification body will then come to an impartial assessment based on the OHSAS 18001 standard and the SCCM certification scheme. [...]

Abgehängter Arbeitsschutz

Samstag, 20. Juli 2013 - 14:20

In http://www.arbeitstattstress.de/2012/06/gesundheitsvorsorge-im-betrieb/ fragte Stephan List vor einem Jahr zum Thema betriebliches Gesundheitsmanagement:

… Warum ist dieses Thema eigentlich nicht bei der Arbeitssicherheit “aufgehängt”? Haben sich die Sicherheitsfachkräfte da “abhängen” lassen, freiwillig oder unfreiwillig? …

Die Frage müsste häufiger gestellt werden. Parallel dazu versucht das FDP-geführte Wirtschaftsministerium mit Werbung für die betriebliche Gesundheitsförderung und einem Präventionsförderungsgesetz das CDU-geführte Ministerium für Arbeit (usw.) abzuhängen, das wohl noch immer nicht weiß, wie man die Vorschriften für den Arbeits- und Gesundheitsschutz auch wirklich durchsetzt.

Selbst Ursula von Leyen zufolge hält sich nur ein Drittel der Unternehmen in Deutschland an die Vorschriften des ganzheitlichen Arbeitsschutzes, aber – wie List berichtet – einer Studie von EuPD Research zum betrieblichen Gesundheitsmanagement (hier wird auf Haufe Bezug genommen) zufolge wollen drei Viertel der befragten Betrieben bereits ein betriebliches Gesundheitsmanagement eingeführt haben. Gesundheitsmanagement hat ja auch einfach mehr Sex als die dröge Arbeitssicherheit und der anspruchsvolle Arbeitsschutz mit seinem (so behauptet es zumindest die Bundesarbeitsministerin) “knallharten Strafkatalog”. Aus diesem Katalog ist allerdings wohl noch keines der Unternehmen, die den Einbezug psychischer Belastungen in ihren Arbeitsschutz ausbremsen dürfen, bestraft worden. Der Katalog ist ein Popanz.

Nach meinem Eindruck dominiert im betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) die bei Arbeitgebern beliebtere Verhaltensprävention, mit der sich Unternehmen dann vorzeigbar fürsorglich den einzelnen Mitarbeitern widmen können. Netterweise werden dabei auch gerne außerbetriebliche Probleme der Mitarbeiter angesprochen, damit deutlich gezeigt werden kann, dass psychische Erkrankungen nicht nur durch fehlbelastende Arbeitsplätze entstehen.

Zum Geschäft des Gesundheitsmanagements passt, dass für die Zertifizierung von Gesundheitsmanagementsystemen jetzt nach Standards wie die DIN SPEC 91020 geworben wird. Der Standard entstand im PAS-Verkahren, also ohne den bei anständigen Normen besser gesicherten Konsens der von dem Standard betroffenen Interessenten. Bevor die Show mit dem Gesundheitsmanagement startet, müssen die Arbeitgeber ihre Hausaufgaben doch erst einmal im Arbeits- und Gesundheitsschutz machen.

Im Gesundheitsmanagement und in der Gesundheitsförderung dominiert die Verhaltensprävention, obwohl die Regeln des modernen Arbeitsschutzes seit 1996 der Verhältnisprävention den Vorrang geben, bei der man Probleme im Bereich der von den Arbeitsbedingungen ausgehenden psychischen Belastungen nicht so einfach in die “Eigenverantwortung” und “Eigenvorsorge” der Arbeitnehmer abschieben kann, die sich dann auch noch selbst gegen die Selbstausbeutung wehren sollen, die von ihnen erwartet wird.

Die korrekte Maßnahmenhierarchie schmeckt vielen Arbeitgebern nicht. Mit den verkehrten Prioritäten in ihrem Gesundheitsmanagement, in dem der Arbeitsschutz und somit die Arbeitsschützer nur eine Nebenrolle spielen, lässt sich dann das werbewirksame Employer Branding viel einfacher betreiben. Die Regeln des Arbeitsschutzes ziehen dabei dann nicht mehr so viel Aufmerksamkeit auf sich.

Zertifizierungsschema für OHSAS 18001

Donnerstag, 18. Juli 2013 - 18:23

In den Niederlanden gibt es die SCCM, eine Organisation zur Koordination der Zertifizierung von Umwelt- und Arbeitsschutzsystemen. Diese Organisation hat ein Zertifizierungs-Schema veröffentlicht, nach dem in den Niederlanden akkreditierte Zertifizierungsgesellschaften vorgehen können. Man kann daraus (auf Englisch) viel über Zertifizierungsaudits für OHSAS 18001 und den Einbezug von Betriebsräten in solche Audits lernen. In Deutschland wäre es hilfreich, wenn die DAkkS soetwas veröffentlichen könnte.

http://www.sccm.nl/sites/default/files/O11-SCCM_N110830_cert.schema_OHSAS_18001_ENG_7Feb13.pdf (2013-02)

Certification scheme for occupational health and safety (OHS) management systems according to OHSAS 18001
[...]
By entering into an agreement with SCCM (the Association for the Coordination of Certification of Environmental and Occupational Health and Safety Management Systems in the Netherlands), accredited certification bodies can use this certification scheme, which is based on the worldwide standard OHSAS 18001:2007 (OHSAS: Occupational Health and Safety Assessment Series). The certification scheme was developed by a Central Committee of Experts (CCE) operating within SCCM and approved by the board of SCCM. SCCM qualifies as scheme supervisor in conformance with the requirements set by the Council for Accreditation. Certification bodies (CBs) associated with SCCM are obliged to follow the scheme drawn up by the CCE for certification based on the OHSAS 18001 standard. [...]

 
Was ist die SCCM?
http://english.sccm.nl/content/background-and-goal

Background
SCCM was founded in 1995 by the Netherlands Ministry of Infrastructure and Environment (previously VROM), the employers’ organization VNO-NCW, the certification bodies and the environmental movement, in order to arrive at a uniform procedure for the certification bodies, and an unambiguous interpretation of the ISO 14001 standard for environmental management systems. Since 2006, the foundation has also coordinated the certification of occupational safety/health (OHS) management systems (according to OHSAS 18001). At the request of the Ministry of Infrastructure and Environment, SCCM has also taken care of registration for the Eco Management and Audit Scheme (EMAS) since 1995. SCCM has a unique position, as there are no comparable organizations in other countries.

Goal
The objective of SCCM is that the ISO 14001, OHSAS 18001 and ISO 50001 certificates have added value in the relations between organizations and their neighbours and other parties such as the government. If this added value is lacking, it can be cause to modify the ‘ground rules’ as laid down in the certification schemes. The certification bodies use the relevant SCCM certification scheme to evaluate the implementation of the standards by organizations.

 
Links:

 
Anmerkungen:

  • SCCM = Stichting Coördinatie Certificatie Milieu- en arbomanagementsystemen: Das ist eine Stiftung zur Koordination der Zertifizierung von Umwelt- und Arbeitsbedingungs-Managementsystemen. Arbo ist eine Kurzform des niederländischen Begriffs Arbeidsomstandigheden (Arbeitsbedingungen) und wird auch mit “Arbeits- und Gesundheitsschutz” übersetzt. Die Kurzform für das Arbeitsschutzgesetz ist Arbowet.
  • Auf das SCCM-Schema bin ich mit der Suche https://www.google.de/search?q=”OHSAS+18001″+”works+council” gestoßen.