Schlagwort 'Mitarbeiter-Auditbeteiligung'

Diskussion: Mitwirkung von Betriebsräten an AMS-Audits

Donnerstag, 2. Oktober 2014 - 07:21

http://simple-quality.de/forum/zertifizierung-und-qualitaetsmanagementsystem/15225-mitwirkung-von-betriebsraeten-an-ams-audits-z-b-nach-ohsas-18001.html

Mir sind in Deutschland nur zwei Unternehmen bekannt, bei denen Betriebsräte an Zertifizierungsaudits (nach OHSAS 18001) für Arbeitsschutzmanagementsysteme (AMS) mitwirken. In den Niederlanden ist das prozesshaft geregelt (SCCM). Sind Forenmitgliedern hier weitere Beispiele in Deutschland zur Mitwirkung von Arbeitnehmervertretern an Audits nach OHSAS 18001 bekannt?

[...]

Offener Brief an die DAkkS:
Mitbestimmung im Arbeitsschutz

Samstag, 12. Juli 2014 - 19:20

2014-07-15: gekürzt

An die Abteilung 6 der Deutschen Akkreditierungsgesellschaft (DAkkS)

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bitte Sie, die bei Ihnen akkreditierten Zertifizierer für nach OHSAS 18001 zertifizierte Arbeitsschutzmanagementsysteme (AMS) anzuleiten, kritischere Audits durchzuführen. Es reicht nicht aus, dass ein Arbeitgeber in seinem AMS-Handbuch nur vorgibt, dass Festlegungen von betrieblichen Regelungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes unter “Berücksichtigung der Mitbestimmung entsprechend der geltenden gesetzlichen Vorgaben und Regelungen” getroffen werden. Was auf den ersten Blick wie ein Respekt des Arbeitgebers für die Mitbestimmung gut aussieht, ist auf den zweiten Blick eine verkappte Einschränkung der Mitbestimmung auf die gesetzlichen Regelungen. Der Arbeitgeber verschweigt nämlich gegenüber seinen Mitarbeitern, wozu er sich nach Abs. 4.4.3.2 des Standards OHSAS 18001:2007 zusätzlich zur gesetzlichen Mitbestimmung zu einer erweiterten Mitbestimmung selbstverpflichtet hat. Wenn ein Arbeitgeber in einem nach OHSAS 18001:2007 zertifizierten AMS-Handbuch schon die Mitbestimmung thematisiert, dann bitte vollständig:
Im Betrieb sind für die Mitbestimmung Verfahren einzuführen, zu verwirklichen und aufrechtzuerhalten für die Mitbestimmung der Beschäftigten durch

  • geeignete Einbeziehung in die Gefährdungserkennung, Risikobeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen;
  • geeignete Einbeziehung bei Vorfalluntersuchungen;
  • Einbeziehung bei der Entwicklung und Bewertung der A&G-Politik und der Zielsetzungen;
  • Absprachen bei Veränderungen, die sich auf ihren Arbeits- und Gesundheitsschutz auswirken;
  • Interessenvertretung in Angelegenheiten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.

Mitarbeiter sind über Mitbestimmungsregelungen und Interessenvertretung in Angelegenheiten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu informieren, und zwar genau deswegen, weil die gewohnte Berücksichtigung der Mitbestimmung entsprechend der geltenden gesetzlichen Vorgaben und Regelungen in nach OHSAS 18001:2007 zertifizierten Betrieben nicht mehr ausreicht.

Ich möchte Sie nochmals auf die niederländische SCCM hinweisen. An dem Beispiel kann man sehen, dass es möglich ist, Arbeitnehmervertretungen anständig im Arbeitsschutz mitbestimmen zu lassen und in Audits einzubeziehen. Von der SCCM können Sie auch erfahren, wie man deren Auditverfahren für Zertifizierungen und Re-Zertifizierungen zumindest in der EU auch außerhalb der Niederlande einsetzen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Götz Kluge
2014-07-12

DEKRA prüfte Zalando

Mittwoch, 23. April 2014 - 07:42

http://www.zalando.de/zalando-logistik/

[...] Zusätzlich lassen wir einmal pro Quartal an allen unseren Logistikzentren sowie an den Standorten unserer Dienstleistungspartner die Arbeitsbedingungen und Sozialstandards durch die DEKRA als unabhängiges Institut überprüfen. Diese Überprüfungen haben uns in den letzten Jahren stets sehr gute Arbeitsbedingungen bescheinigt. So ergab der letzte DEKRA-Bericht am Standort Erfurt beispielsweise ein Gesamtergebnis von 1,3 (von 1 – sehr gut bis 4 – nicht akzeptabel). [...]

Welche Meßlatte verwendet die DEKRA bei ihren Audits? Zalando arbeitet mit “eigenen Sozialstandards” für die eigenen Standorte und externe Logistik-Dienstleister (dpa 2013-02-18). DEKRA prüfte also nur das, was die Zalando-Unternehmensleitung für nötig hält. Bereiche wie der Arbeits- und Gesundheitsschutz wurden nicht gemäß weitgehend anerkannten Standards geprüft, die Absprachen mit den Mitarbeitern bei der Umsetzung der Standards fordern. Schafft Zalando es nicht, sich an anerkannten Standards zu orientieren?

Außerdem können die DEKRA-Auditoren nur beurteilen, was das Unternehmen ihnen zeigt. Auditoren könnten die Darstellungen der Arbeitgeberseite mit Arbeitnehmervertretern verifizieren, aber nach meiner Erfahrung suchen externe Auditoren leider nur sehr selten das Gespäch mit Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmervertretern. Hier sollten Auditoren von sich aus mehr Eigeninitiative entwickeln.

Welchen Wert hat eine Überprüfung durch DEKRA überhaupt? Ist sie hilfreich für das auditierte Unternehmen oder kann das auditierte Unternehmen dem Ruf der DEKRA-Auditoren auch Schaden zufügen? Wofür geben sich Zertifizierer wie DEKRA her? Zalando hat in Erfurt nicht einmal einen Betriebsrat, mit dem die DEKRA-Auditoren ihre Beobachtungen hätte verifizieren können (wenn sie das überhaupt gewollt hätten). Bei einem derart großen Betrieb schadet das Fehlen einer Arbeitnehmervertretung der Glaubwürdigkeit von Audits sozialer Standards. Kleiner Hinweis: Das Arbeitsschutzthema “psychische Belastungen” war der Anlass für die Gründung des ersten Betriebsrates in einem Apple-Store.

Und welchen Wert hat eine Überprüfung durch die behördlichen Aufsicht? Kann man von der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaft erwarten, dass sie von ihr übersehene Mängel nachträglich überprüfen oder wird ihnen zur Gesichtswahrung die Verteidigung ihrer bisherigen Beurteilungen wichtiger sein? Wer kümmert sich wirklich um die Arbeitnehmer?

Die DAkkS macht Ernst

Dienstag, 1. April 2014 - 11:11

Im modernen Arbeitsschutz wird heute versucht, der Überforderung der behördlichen Arbeitsschutz-Aufsicht mit der Zertifizierung von Arbeitsschutz-Managementsystemen (AMS) in den deutschen Unternehmen zu begegnen: Bei der Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditierte Zertifizierer stellen den zu überprüfenden Unternehmen Zertifikate aus, die diese dann der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaft vorzeigen können. Leider wurden aber auch Unternehmen mit einem unzureichenden AMS zertifiziert. Das soll sich nun ändern.

Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen ist zu hören, dass die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) in Zukunft für strengere Audits von Arbeitsschutz-Managemensystemen sorgen will. In der Vergangenheit seien von den Unternehmen eher jene Zertifizierer ausgewählt worden, die “nachsichtig” auditierten. Insbesondere sollen nun keine strafbaren Handlungen mehr toleriert werden: Bisher war es beispielsweise möglich, dass die Arbeitgeber den Betriebsräten die Erkenntnisse aus Audits zum Arbeits- und Gesundheitsschutz vorenthalten durften - mit Wissen der bei der DAkkS akkreditierten Zertifizierer. Nun will man aus Erfahrungen in den Niederlanden lernen und Betriebsräte an Audits mitwirken lassen.

Kritisch merkte die Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeber (BDA) zu der Ankündigung eines strengeren Vorgehens der DAkkS an, dass Nachsichtigkeit von externen Auditoren inzwischen kein Wettbewerbsvorteil von Zertifizierern mehr sei. Es träfe nicht mehr zu, dass die Arbeitgeber “nur den laschesten Zertifizierer” mit Audits beauftragen. Im Gegenteil habe gerade der strengste Zertifizierer kürzlich durch “innovative Erziehungsmethoden” viele neue Kunden gewinnen können: Seine Auditoren besuchen ihre Kunden in Latex-Kleidung. Die “Techniken” dieser Arbeitsschutz-Auditoren werde in den Betrieben nicht nur als “anregend” empfunden, sondern seien oft sogar mit “großer Begeisterung” angenommen worden. Eine “weitergehende Verschärfung” von Zertifizierungs und Zwischen-Audits durch die Mitwirkung “oft hemmungslos agierender” Betriebsräte könne jedoch zu “gefährlichen Übertreibungen” führen.

Ein Sprecher des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) kommentierte die Bedenken der BDA lediglich mit der Anmerkung, dass sich in Unternehmen mit “gewerkschaftlich organisierten Betriebsräten” nur wenig verändern werde, da dort bereits auf bestehende “Erfahrungen mit strengen Audits und bewährten Utensilien” zurückgegriffen werden könne.

Änderung des § 89 BetrVG: akkreditierte Zertifizierer

Sonntag, 19. Januar 2014 - 02:07

In der folgenden Petition an den Deutschen Bundestag geht es um Institutionen außerhalb des Betriebes, gegenüber denen der Betriebsrat (bzw. der Personalrat) in Arbeitsschutz besondere Pflichten und Rechte hat, die im Betriebsverfassungsgesetz beschrieben werden.

Petition 48712 – 19. Januar 2014

Der Deutsche Bundestag möge die folgende Erweiterung in § 89 BetrVG, Satz 2, Abs 1 beschließen:

[Der Betriebsrat] hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die bei der Deutschen Akkreditierungsstelle akkreditierten Zertifizierer und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.

 
Begründung:

Bisherige Regelung:

§ 89 Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz
(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden.
Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen.
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.

Zum Beispiel gemäß LV 54 (Veröffentlichung des Länderausschuss für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (LASI)), Anhang, Kapitel 5 “Umgang mit zertifizierten Systemen” gilt:

Der erfolgreiche Abschluss einer Prüfung der Wirksamkeit eines Arbeitsschutzmanagementsystems(AMS) oder vergleichbaren Systems soll zu Entlastungen bei eigeninitiierten Überwachungsmaßnahmen führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betrieb Bescheinigungen, Gütesiegel oder andere Zertifikate, die die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes bewerten, vorlegt und diese die Inhalte und Anforderungen des Nationalen Leitfadens erfüllen. Anlassbezogene Maßnahmen der zuständigen staatlichen Behörden bleiben unberührt. Über die Ergebnisse werden die Unfallversicherungsträger ggf. informiert.

Damit werden die AMS-Prüfer zu “sonstigen in Betracht kommenden Stellen”. Die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) und ein AMS-Prüfer (großes Zertifizierungsunternehmen) konnten mir das jedoch nicht bestätigen. Also fehlt wichtigen Akteuren der Arbeitsschutzaufsicht eine klare Grundlage zur Wahrung des Rechts des Betriebsrates, an Audits so beteiligt zu werden, wie bei Inspektionen durch die Gewerbeaufsicht und die Berufsgenossenschaft.

Die vorgeschlagene Erweiterung des Betriebsverfassungsgesetzes würde die bestehende Rechtslage so klären, dass Betriebsräte sich eine Teilnahme an Zertifizierungsaudits und Zwischenaudits (z.B. für OHSAS 18001) nicht mühevoll erkämpfen müssen. Es gab in der Vergangenheit Zertifizierungen auch von großen Betrieben, bei denen den Betriebsräten keine Gelegenheit gebenen wurde, in den entsprechenden Audits an der Darstellung der Qualität des Arbeitsschutzmanagements mitzuwirken. Auditierte Betriebe konnten so z.B. die Thematisierung eines fehlenden Gefährdungsbeurteilungsprozesses für psychische Belastungen vermeiden.

Dass AMS-Prüfer “sonstige in Betracht kommenden Stellen” im Sinn des Satz 2 in Absatz 1 sind, ist meine Interpretation. Wenn ich mich irre, dann kann die Auslagerung von Aufsichtsfunktionen von den Behörden zu privaten Zertifizierern die Mitbestimmung im Arbeitsschutz schwächen.

Ich rechne eher nicht mit einer Gesetzesänderung, aber nach meiner Erfahrung werden ernsthafte Petitionen im Petitionsausschuss des Bundestages sehr sorgfältig beantwortet. In diesem Fall könnte die Antwort klären, wie ähnlich das Verhältnis zwischen Betriebsrat und einem bei der DAkkS akkreditierten Zertifizierer dem Verhältnis ist, das der Betriebsrat zur Gewerbeaufsicht und zur Unfallversicherung hat.

Noch besser wäre diese Formulierung:

[Der Betriebsrat] hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die bei der Deutschen Akkreditierungsstelle akkreditierten Zertifizierer für Arbeitsschutzmanagementsysteme und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.

§§ 87 und 89 des Betriebsverfassungsgesetzes

Samstag, 18. Januar 2014 - 09:40

Der § 89 BetrVG Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz konkretisiert den § 87 BetrVG Mitbestimmungsrechte. Genau genommen geht es hier nicht um Mitbestimmungsrechte, sondern um Mitbestimmungspflichten. Beide Paragrafen sind keine Beschränkung der unternehmerischen Freiheit, sondern sie verbinden diese Freiheit der Arbeitgeber mit deren Verantwortung für die Arbeitnehmer. Beide Normen schreiben dazu den Arbeitnehmern die Ausübung von Mitbestimmunsrechten vor, denn wenn Arbeitnehmervertretungen auf ihr Mitbestimmungsrecht “verzichten” würden, dann funktionieren gesetzlich vorgeschriebene (und von weisen Leuten gut erklärte) Korrekturmechanismen nicht mehr. Die Mitbestimmungspflicht ist unabdingbar, die Arbeitnehmervertretungen haben sich also daran zu halten. Fehlen ihnen die Ressourcen (Wissen, Rechtsbeistand usw.) dazu, so hilft das nicht als Ausrede, sondern die Arbeitnehmervertreter müssen sich dann diese Ressourcen (Freistellungen, Berater, Rechtsanwälte, Weiterbildung usw.) verschaffen.

§ 87 Mitbestimmungsrechte

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
[...]
1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
[...]
7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
[...]

§ 89 Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz

(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.

(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen.
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.

(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.

(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.

(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.

(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.

Damit es klar ist:

  • Der Betriebsrat hat seine Aufgaben unabdingbar zu erfüllen. § 89 gibt ihm nicht nur Rechte, sondern Pflichten. Wo Rechte der Arbeitnehmervertretung als Pflichten formuliert sind, kann sie nicht auf die Ausübung dieser Rechte verzichten. Arbeitgeber, die die Arbeitnehmervertretung bei der Ausübung ihrer Pflichten behindert, begehen eine Straftat.
  • Zu den im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz und betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen zählen auch Audits (sowohl von internen wie auch von externen Auditoren) für OHSAS 18001 und ISO 14001, denn sie dienen der Systemkontrolle z.B. von Umwelt- und Arbeitsschutzmanagementsystemen und damit der Entlastung der behördlichen Aufsicht. Diese Entlastung bedeutet natürlich nicht, dass die Arbeitnehmervertreter von den nun in die Systemkontrolle verlagerten Aufsichtsaufgaben ausgeschlossen werden können.
  • Zu den Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen zählen auch die Berichte, die bei Audits für OHSAS 18001 und ISO 14001 erstellt werden. Der Arbeitgeber hat hier eine Bringschuld.
  • In nach OHSAS 18001 zertifizierten Betrieben gilt, dass die Dokumentation nur von Unfällen nicht ausreicht. Es sind alle Vorfälle nach Definition 3.9 und 3.8 (OHSAS 18001:2007) zu dokumentieren, also nicht nur meldepflichtige Unfälle, sondern alle Ereignisse, die eine Verletzung oder Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere) oder einen tödlichen Unfall zur Folge hatten oder hätten zur Folge haben können. Das kann der Betriebsrat basierend auf OHSAS 18001 verlangen. (Erkrankungen sind erkennbare, nachteilige physische oder mentale Zustände, die durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation entstanden sind und/oder verschlechtert wurden.)
  • Gesetzestext: § 89 BetrVG
  • Betriebsverfassungsgesetz im Arbeitsschutz

Mitbestimmung bei QM-Systemen

Mittwoch, 15. Januar 2014 - 20:21

http://qm-blog.certqua.de/was-sie-ueber-die-betriebliche-mitbestimmung-bei-der-einfuehrung-eines-qm-systems-wissen-muessen/

[...]

5. Audits und Zertifizierungen

Ist das QM-System eingeführt und soll [es] durch eine externe Organisation zertifiziert werden, finden Audits durch interne und externe Auditoren statt. Sie umfassen die Kontrolle darüber inwiefern das QM-System durch die Mitarbeiter auch tatsächlich gelebt wird. Die Kontrolle eröffnet jedoch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Einzig die Benennung der internen Auditoren bedarf einer Zustimmung des Betriebsrates.

Möchten auch Sie Qualitätsexperte im Bildungsmanagement werden und mehr über die Einführung eines QM-Systems und die betriebliche Mitbestimmung erfahren? Dann besuchen Sie die Basisseminare „Qualitätsmanagementbeauftragter“, „Qualitätsmanager“ und „QM-Fachauditor“ der CERTQUA GmbH

(Hervorhebung nicht im Originaltext)

Bei einer so hilfreichen Information zitiere ich die Werbung für Seminare gerne mit. :-)

Aber Vorsicht: Bei Audits vom QMs, die den Arbeits- und Umweltschutz betreffen, herrscht eine erweiterte Mitbestimmung, die in dem Artikel nicht berücksichtigt worden ist.

Manche Arbeitnehmervertretungen wissen nicht einmal, dass sie bei der Auswahl der internen Auditoren mitbestimmen können. Noch schlimmer: Sie interessieren sich nicht dafür. Ihnen erscheint das Thema als zu kompliziert und zu unwichtig. So kann es dann passieren, das Auditoren und Auditierte sich (entgegen der Forderungen in ISO 19011) sehr nahe stehen und die Audits zur Farce werden. Die Geschäftsführungen und Behörden bekommen geschönte Berichte. Arbeitnehmervertreter, die hier nicht aufpassen, schaden damit den von ihnen vertretenen Arbeitnehmern.

In dem Artikel geht es um die Mitbestimmung bei der Einführung von QM-Systemen generell. Und im Satz “Einzig die Benennung der internen Auditoren bedarf einer Zustimmung des Betriebsrates” geht es um Zustimmung. Die Pflichten des Betriebsrates beschränken sich aber nicht auf Zustimmung: Geht es beim QM um Arbeitsschutzmanagementsysteme (z.B. Zertifikations- und Zwischenaudits nach OHSAS 18001), dann ergeben sich u.A. aus dem § 89 des Betriebsverfassungsgesetzes für den Betriebsrat bzw. für die Personalvertretung starke zusätzliche Rechte und Pflichten.

Gerade bei Audits im Arbeitsschutz geht es nämlich darum, dass die Arbeitnehmer einseitige Darstellungen des Arbeitgebers korrigieren können müssen. (Falschdarstellungen der Qualität des AMS gab es sogar in Geschäftsberichten großer Unternehmen. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat müssten solche Fehler verhindern.)

Arbeitnehmervertretungen sind vom Arbeitgeber nicht nur über Arbeitsschutz-Audits zu informieren, sondern sie sind hinzuzuziehen. Das gilt auch für Audits durch private Zertifizierungsunternehmen, auf die sich Aufsichtspersonen der Gewerbeaufsicht verlassen (siehe Absatz 5 im Anhang der LV 54). Ansonsten wäre es ja möglich, die Arbeitnehmervertretung durch die Privatisierung von Teilen der Arbeitsschutzaufsicht zu behindern. Oft reicht schon die Anwesenheit eines sorgfältig Protokoll führenden Arbeitnehmervertreters, sicherzustellen, dass die dargestellte Qualität des Arbeitsschutzes den Tatsachen besser entspricht.

OHSAS-Zertifizierung ohne Betriebsräte?

Montag, 13. Januar 2014 - 07:52

DNV schreibt in http://www.dnvba.com/de/zertifizierung/Managementsystem-Zertifizierung/Arbeitsschutz-Sicherheit/Pages/BS-OHSAS-18001.aspx:

BS OHSAS 18001: Ziele

Ihr Unternehmen wird erfolgreich nach BS OHSAS 18001 zertifiziert, wenn:

  • eine Arbeitsschutzpolitik umgesetzt wird
  • die Identifikation von Arbeitsschutzrisiken und gesetzlichen Vorschriften erfolgt ist
  • eine Planung, die die kontinuierliche Verbesserung absichert, erstellt ist
  • eine Definition von ausreichenden Management-Aktivitäten, die die Erreichung der Arbeitsschutzziele steuern, vorhanden ist
  • eine Leistungsüberwachung des AMS durch interne Audits und Management Review durchgeführt wird und somit eine kontinuierliche Verbesserung erreicht wird
  • das AMS gemäß den Forderungen des BS OHSAS 18001 dokumentiert und mindestens 3 Monate implementiert ist.

Hierbei muss in Deutschland beachtet werden, dass

  • die Arbeitsschutzpolitik mitbestimmt umgesetzt wird,
  • die Identifikation von Arbeitsschutzrisiken und gesetzlichen Vorschriften (einschließlich der Betriebsverfassungsgesetzes) mitbestimmt erfolgt ist,
  • eine Planung, die die kontinuierliche Verbesserung absichert, mitbestimmt erstellt ist,
  • eine mitbestimmte Definition von ausreichenden Management-Aktivitäten, die die Erreichung der Arbeitsschutzziele steuern, vorhanden ist,
  • eine Leistungsüberwachung des AMS durch interne Audits und Management Review von unabhängigen (im Sinn der ISO 19011) Auditoren mit Beteiligung des Betriebsrates durchgeführt wird und somit eine kontinuierliche Verbesserung erreicht wird,
  • das AMS gemäß den Forderungen des BS OHSAS 18001 in mitbestimmter Weise dokumentiert und mindestens 3 Monate implementiert ist.
  • Interessieren sich Zertifizierungsunternehmen dafür? Ich kenne Fälle in der Vergangenheit, in denen Zertifizierungsunternehmen es nicht merkwürdig fanden, dass der Betriebsrat an Audits nicht teilnahm und keine Ahnung von den Audits hatte. Wie groß ist überhaupt das Interesse der Zertifizierungsunternehmen, die Darstellungen der Arbeitgeber mit deren Betriebsräten zu verifizieren? Stören Betriebsräte bei kostengünstigen Audits? Kann es sein, dass Betriebe nach OHSAS 18001 zertifiziert wurden, in denen entgegen den gesetzlichen Vorschriften der Betriebsrat an den Zertifizierungsaudits in keiner Weise beteiligt wurde?

Audit-Ankündigung an den Betriebsrat

Montag, 22. Juli 2013 - 23:26

Hier wirkt der Betriebsrat aktiv an Zertifizierungsaudits nach OHSAS 18001 mit: In den Niederlanden müssen die Betriebsräte bei Audits nach dem SCCM-Schema spätestens drei Wochen vor einem Audit informiert werden und können eigene Feststellungen in das Audit mit einbringen, und zwar nach ihrer Wahl entweder an den Arbeitgeber oder direkt an die Zertifizierungsgesellschaft. In Deutschland sind viele Betriebsräte noch zu schüchtern dafür - soweit sie überhaupt begriffen haben, was ein OHSAS 18001 Zertifikat für sie bedeutet. Leider zeigen auch die deutschen Zertifizierungsgesellschaften wenig Interesse daran, Betriebsräte aktiv an Audits mitwirken zu lassen.

http://www.sccm.nl/sites/default/files/O11-SCCM_N110830_cert.schema_OHSAS_18001_ENG_7Feb13.pdf (Annex 6, S. 57-58)

[...] We hereby notify you that the certification body <name> will shortly be assessing whether our occupational health and safety system meets the requirements in the OHSAS 18001 standard. One of the requirements in the standard is internal communication between the various levels and positions in the organization. We would therefore like to offer the opportunity to the works council/personnel representatives to put forward points for attention for the audit, such as guaranteeing compliance with legal requirements by means of our OHS management system.

We would like you to fill out the attached questionnaire and return it to the OHS coordinator. We will use your responses to improve the OHS management system. It will also be passed on to the certification body (of course you may send a copy directly to the certification body). The certification body will incorporate any remarks in performing this audit. The certification body will then come to an impartial assessment based on the OHSAS 18001 standard and the SCCM certification scheme. [...]

Zertifizierungsablauf

Montag, 3. Dezember 2012 - 06:34

http://www.all-cert.de/assets/media/zertifizierungsablauf/zertifizierungsablauf.png

All-Cert macht ein “Interview der Mitarbeiter”. Sehr gut.

Aber machen das alle Zertifizierungsgesellschaften? Als Betriebsratsmitglied in einem nach OHSAS 18001 zertifizierten Betrieb müssten Sie das eigentlich wissen. Ich kenne langjährig zertifizierte Betriebe, in denen weder die Mitarbeiter auf den unteren Ebene noch die Arbeitnehmervertreter irgendeine Ahnung von Zertifizierungsaudits haben.