Perfide Methoden

Donnerstag, 14. Juni 2012 - 08:02

http://news.glb.at/news/article.php/20120612112032281

… Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen

Hohe Arbeitsintensität, lange und unplanbare Arbeitszeiten, bezahlte und unbezahlte Überstunden, Vertrauensarbeitszeiten, Schicht- und Nachtarbeit, Arbeitsplatzunsicherheit, widersprüchliche Arbeitsaufgaben bzw. –aufträge, unklare Prioritätensetzung, geringe Qualifikationsmöglichkeiten, qualitative und/oder quantitative Über- bzw. Unterforderung, mangelnde Anerkennung und/oder Unterstützung, permanente Umstrukturierungen, ununterbrochene Ausdünnung der Belegschaften, schleichendes stückchenweises – unmittelbar kaum wahrnehmbares – Draufpacken zusätzliche Arbeitsaufgaben prägen den Arbeitsalltag der meisten Beschäftigten. Internet, E-Mails, Facebook, Twitter u.a., Handys, Smartphones ermöglichen den Unternehmern die Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen, ja verschwinden zu lassen.

Mit den perfidesten Methoden wird immer mehr Output aus den Menschen gepresst. Der Druck ist subtil. Immer öfter werden sie indirekt gesteuert. Die Selbstständigkeit, der eigene Willen der Beschäftigten werden instrumentalisiert für den Unternehmenszweck. Sie sollen agieren wie Unternehmer. Mehr und mehr Verantwortung wird ihnen übertragen, ohne das sie wirklich Handlungs- und Entscheidungsfreiheit haben. Denn Rahmenbedingungen wie Termine, Kosten, Personal, Qualität legt die Unternehmensleitung fest. Dazu werden auch teilautonome Einheiten, Profitcenter und kleinere GmbHs organisiert. Der Taktgeber für die zur Verfügung gestellte Zeit für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe aber ist und bleibt der Unternehmer. Bezahlt wird nicht mehr nach Arbeitszeit. Was zählt, ist das Ergebnis, und Ergebnis ist nur ein anderes Wort für höheren Profit. Etwas anderes wird nicht geduldet.

Folge ist, dass immer mehr Arbeitsstunden in Projekte und Aufgaben gesteckt, nicht angeordnete, unbezahlte Überstunden erbracht werden. Weil das nicht reicht, um die Motivation der Beschäftigten anzutreiben, wird unverhohlen gedroht, nicht mehr in den Arbeits-, Betriebs- bzw. Unternehmensbereich zu investieren oder das Team/die Abteilung aufzulösen. Um die Konkurrenz untereinander anzustacheln, werden nicht nur Vergleichswerte als Referenzgrößen (Benchmarks) mit anderen Unternehmen angeführt, sondern auch mit anderen Werken, Bereichen, Abteilungen, angeblich vergleichbaren Einheiten. Systematisch vergrößern die Unternehmer und andere Verantwortliche die Kluft zwischen vorgegebenen Zielen und Arbeitsaufgaben einerseits und deren Machbarkeit in der vorgegebenen Zeiteinheit andererseits. Wer da nicht mithalten kann, weiß, dass letztlich seine berufliche Existenz auf dem Spiel steht. Zukunftsangst hat in die einstmals relativ sichere Arbeitswelt genommen. Arbeitsplatzzerstörungen wie sie jetzt für 3000 Schlecker Frauen drohen führen durch die zunehmende Arbeitsplatzunsicherheit zu weiterem Stress. …

Anne Rieger, Dipl. Psychologin, hat als Arbeits- und Betriebspsychologin gearbeitet, ehem. Bevollmächtige der IG Metall, arbeitet in Graz für den GLB

Anne Rieger beschreibt die gerade wegen ihrer Subtilität besonders perfiden und unehrlichen Methoden in der heutigen Arbeitswelt aus professioneller Sicht, aber fast hätte ich mich nicht getraut, auf diesen Artikel hinzuweisen. Da steckt ja der Gewerkschaftliche Linksblock im ÖGB dahinter. Wird mein Blog dadurch “links”? Aber die Autorin hat in der Sache schlicht recht, ob links oder nicht links. Also putzen Sie ihren Geist erst einmal ordentlich und lesen Sie den Artikel dann ohne irgendeine vorbeugende Ablehnung durch.


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