Kategorie 'Krankenkassen'

Essen: Die AOK und der EUV desinformieren

Freitag, 18. November 2011 - 07:54

Desinformation der AOK und des Essener Unternehmensverbandes (EUV)

http://www.ewg.de/de/meldungundveranstaltung/meldungen_1/meldungdetailseite_607361.html

Produktivitätsfaktor Psyche – Psychische Gesundheit der Mitarbeiter wichtiges Thema in Unternehmen 

Mehr als 80 Teilnehmer beim Kongress “Wenn die Psyche streikt” von AOK und EUV – Enttabuisierung begrüßt
11.11.2011

Wie kann ein Unternehmen Einfluss auf die Gesundheit der Arbeitnehmer nehmen? Wie wirken sich unternehmerische Entscheidungen und betriebliche Veränderungen auf die Leistungsfähigkeit des Personals aus? Wo liegen die Chancen und wo die Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Die Teilnehmer waren sich einig, aus den Zahlen nicht pauschal auf eine tatsächliche Zunahme psychischer Störungen bei Arbeitnehmern zu schließen. Vielmehr wachse das Wissen unter Ärzten über die Zusammenhänge somatischer Erkrankungen mit psychischen Hintergründen und damit auch die Diagnosen mit dem Befund “psychische Störung”. “Hinzu kommt, dass die Beschäftigten psychische Probleme stärker selbst wahrnehmen. Insgesamt lässt sich eine Enttabuisierung des Themas feststellen”, so Oliver Hartmann.

Sie sagen nichts Falsches, lassen aber Wichtiges weg:

  • Es ist richtig, dass auch durch Entabuisierung, zunehmendes Wissen usw. mehr psychische Erkrankungen gemeldet werden. Das ist aber nur ein Grund von mehreren anderen Ursachen für die Zunahme psychischer Fehlbelastungen.
  • Es ist zudem richtig (wird aber von Unternehmensverbänden vielleicht nicht so gerne ehrlich erwähnt), dass die Arbeitswelt unter Anderem durch eine zunehmende Arbeitsverdichtung gekennzeichnet ist, und das sich Unternehmensverbände unglaubwürdig machen, wenn sie die fragen, was Unterehmen tun könnten, obwohl eine wichtige Antwort kennen: Die Unternehmen müssen sich an die Vorschriften des Arbeitsschutzes halten! Es ist aber so, dass die Mehrheit der Unternehmen wissentlich ihre Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz missachtet.

Wie man sieht, steht die AOK auch nicht auf der Seite ihrer Kunden. Sie müsste eigentlich daran arbeiten, Unternehmen Krankheitskosten zahlen zu lassen, die diese Unternehmen durch die Missachtung der Regeln des Arbeitsschutzes verursachen. Dazu gehört, die Anarchie anzusprechen, die den Unternehmen in Deutschland seit 1996 anscheinend erlaubt ist. Es wird Zeit, sich mit dem Einfluss von Wirtschaftsverbänden auf die Krankenkassen etwas näher zu befassen, denn die deren  Duldung des kostenverursachenden Rechtsbruchs der Mehrheit der Unternehmen ist schon etwas merkwürdig.

20 Milliarden Euro Kosten

Dienstag, 8. November 2011 - 23:17

http://www.inqa.de/Inqa/Navigation/Themen/stress,did=259178.html

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz verursachen Kosten in Milliardenhöhe

Arbeitsbedingte psychische Belastungen verursachen in Deutschland jährlich Kosten von gut sieben bis knapp 20 Milliarden Euro – je nachdem, ob man sich dabei auf arbeitsbedingte psychische Störungen im engen Sinne konzentriert, oder auch körperliche Erkrankungen hinzurechnet, die auf psychische Belastungen am Arbeitsplatz zurückzuführen sind. Das haben der Epidemiologe Wolfgang Bödeker und der Mathematiker Michael Friedrichs im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung ermittelt.

Psychische Probleme seien eine wesentliche Ursache für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung, schreiben die Wissenschaftler vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen beziehungsweise vom Institut für Prävention und Gesundheitsförderung an der Uniklinik Essen. …

Die Arbeitgeber sparen am Arbeitsschutz und belasten die Krankenkassen. Dazu passt: http://blog.psybel.de/wenn-arbeit-krank-macht/

Ansonsten noch die leider immer wieder nötige Anmerkung: Psychische Belastungen gehören zum Job. Was unnötige Kosten verursacht, sind psychische Fehlbelastungen.

Moderne IT-Arbeitswelt gestalten

Dienstag, 4. Oktober 2011 - 14:01

Eine lesenswerte Studie mit neuen und in der Gesundheitsförderung nutzbaren Ergebnissen und Anregungen:

Wieland, R., Klemens, S., Scherrer, K. & Timm, E. (2004).
Moderne IT-Arbeitswelt gestalten ? Anforderungen, Belastungen und Ressourcen in der IT-Branche
(Veröffentlichungen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement der TK, Band 4).
Hamburg/Wuppertal: Techniker Krankenkasse und Transfer- und Kooperationsstelle für Arbeitsgestaltung an der Bergischen Universität Wuppertal.

http://www.tk.de/centaurus/servlet/contentblob/215850/Datei/48146/Moderne_IT-Arbeitswelt_gestalten.pdf
(Unter der obigen URL nicht mehr verfügbar)

 

Inhaltsverzeichnis:

Vorwort 7
Zusammenfassung 9
Vier-Felder-Schema betrieblicher Gesundheitsförderung 11
1. Informationstechnologie als Forschungsfeld 12
1.1 Aktueller wirtschaftlicher Stand der IT-Branche 13
1.2 Die IT-Branche – ein heterogenes Arbeitsfeld 15
1.2.1 Qualifikationsspektrum und Entwicklung der Beschäftigung 15
1.2.2 Neue Anforderungen und Risiken 17
1.3 Stand der Forschung bzgl. Belastungen und Ressourcen 18
2. Ausgangslage und Forschungskonzept 20
2.1 Was heißt betriebliche Gesundheitsförderung in der IT-Arbeitswelt? 20
2.1.1 Gibt es zuviel Entscheidungsspielräume und Freiheitsgrade? 20
2.2 Verhaltensprävention und Verhältnisprävention 21
2.3 Eine erweiterte Perspektive: Kulturelle und strukturelle Prävention 23
2.4 Kriterien für Messverfahren zur Erfassung und Bewertung von Anforderungen, Belastungen und Ressourcen 24
2.5 Theoretische Verankerung von Verfahren in arbeitspsychologischen Wirkungsmodellen 26
2.5.1 Arbeitspsychologische Wirkungsmodelle zum Belastungs-Beanspruchungsprozess 26
2.5.2 Das Demand-Control-Modell 27
2.5.3 Das Konzept der Beanspruchungsoptimalität 29
2.6 Die Rolle der Ressourcen 32
2.6.1 Das Konzept der Salutogenese 34
2.7 Konzept zur Analyse von IT-Tätigkeiten 36
2.8 Analysemodell 38
3. Untersuchungsdesign und Untersuchungsmethoden 41
3.1 Design der Studie 41
3.2 Stichprobe 42
3.3 Eingesetzte Verfahren in der Studie 42
3.4 Durchführung der Studie 46
4. Ergebnisse 47
4.1 Personen und Unternehmensmerkmale 47
4.1.1 Merkmale der befragten Personen 47
4.1.2 Unternehmensmerkmale 50
4.2 Arbeitszeit als wichtige Rahmengröße53
4.3.1 Kerntätigkeiten innerhalb der Tätigkeitsklassen 55
4.3.1.1 Kerntätigkeiten für traditionelle Bildschirmarbeitsplätze 55
4.3.1.2 Kerntätigkeiten für IT-Fachkräfte56
4.3.1.3 Kerntätigkeiten für Fachkräfte für Marketing und Vertrieb 57
4.3.1.4 Kerntätigkeiten für Mitarbeiter/innen in Telekommunikationsdiensten 58
4.3.2 Demographische Merkmale innerhalb der Tätigkeitsklassen 58
4.4 Das Beanspruchungspotenzial der IT-Branche im Vergleich 60
4.4.1 Beanspruchungsbezogenes Benchmarking 60
4.4.2 Die Unternehmensgröße als kritischer Faktor? 61
4.4.3 Arbeitszeit – je länger desto schlimmer? 63
4.4.4 Leistungs- und Zeitdruck 64
4.4.5 Tätigkeitsklassen 65
4.4.6 Schlussfolgerungen 67
4.5 Beanspruchungs- und Risikopotenzialanalyse 67
4.5.1 Risikomaßzahlen 67
4.5.2 Ergebnisse der Risikoanalyse 69
4.5.2.1 Burnout 69
4.5.2.2 Allgemeine Gesundheit 72
4.5.2.3 Arbeitsbezogene Beanspruchungszustände 73
4.5.3 Zusammenfassender Überblick über die Risikoanalyse 76
4.6.1 Führungsstil in Kleinst- und Großbetrieben 78
4.6.1.2 Führungsstil und Geschlecht 80
4.6.1.3 Führung und arbeitsbezogene Beanspruchungszustände 81
4.6.1.4 Führung und berufliche Selbstwirksamkeit 82
5. Gestaltung von IT-Arbeitsplätzen – Betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung 84
5.1 Unternehmen I: Gesundheitsförderung in einem Großunternehmen 85
5.1.1 Beanspruchungspotenzial durch Regulationsbehinderungen 85
5.1.2 Verhaltens- und Verhältnisprävention: Psychische Belastung und Beanspruchung bei älteren Beschäftigten 88
5.2 Unternehmen II: Gesundheitsförderung in kleinen bzw. mittleren Unternehmen 90
5.2.1 Abhängigkeit vom Auftraggeber 91
5.2.2 Hohe Flexibilität 92
5.2.3 Kommunikationsstrukturen und Arbeitsorganisation 93
6. Ausblick 95
7. Literatur 98

 

S. 11:

… Das … „Vier-Felder-Schema“ (VFS) der betrieblichen Gesundheitsförderung kann als Grundlage dafür dienen, empirisch fundiert und theoretisch begründet Aussagen darüber zu treffen, unter welchen Bedingungen verhaltensorientierte (Verhaltensprävention), verhältnisorientierte Maßnahmen (Verhältnisprävention) oder eine Kombination aus Verhältnis-und Verhaltensprävention angebracht ist. Das VF-Schema der betrieblichen Gesundheitsförderung bietet dabei zugleich eine Orientierungshilfe, um die Einzelbefunde, über die hier berichtet wird, im Spannungsfeld von Verhältnis- und Verhaltensorientierung (bzw. – prävention) zu verorten. …

 

S. 31 (Erratum): Der fehlende (oder im PDF-Ausdruck nicht lesbare) Text in Abbildung 3 (unterer Kasten) lautet:

Belastbarkeit/Stresstoleranz
Persönlichkeitsmerkmale

 

Bewusste Tabuisierung

Mittwoch, 3. August 2011 - 15:37

http://www.tk.de/tk/juni/verschiedenes/psychische-belastung/341806 (2011-05-25, nicht mehr verfügbar):

Studie: Chefs tabuisieren die psychische Belastung der Mitarbeiter 

In mehr als acht von zehn Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die psychisch beansprucht sind. Dies geht aus einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP) hervor. Dabei sind die Führungskräfte mit den Problemen häufig überfordert oder tabuisieren sie.

Die DGFP befragte 239 Personalmanager und stellte dabei fest, dass die Unternehmen häufig nicht richtig mit psychisch beanspruchten Mitarbeitern umgehen. Über zwei Drittel der Befragten gaben an, dass Führungskräfte die Probleme nicht erkennen. Zudem seien sie hierzu nicht geschult. Über die Hälfte der Chefs würde die Belastung bewusst tabuisieren und beispielsweise in Mitarbeitergesprächen nicht ansprechen.

(Hervorhebung nachträglich eingefügr)

In der Kernaussage ist das richtig, aber auch hier gibt es eine Begriffsverwirrung, der wir häufig begegnen: “In mehr als acht von zehn Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die psychisch beansprucht sind” sind kein Problem, denn ohne psychische Belastungen und ohne die daraus resultierenden psychischen Beanspruchungen gäbe es keine Jobs. Ohne sie bräuchten wir keine Gehirne. Gemeint ist wohl: “In mehr als acht von zehn Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die durch psychische Fehlbelastungen psychisch fehlbeansprucht sind.”

 
Siehe auch:

BARMER GEK Report Krankenhaus 2011

Mittwoch, 27. Juli 2011 - 00:10

http://www.barmer-gek.de/barmer/web/Portale/Presseportal/Subportal/Presseinformationen/Aktuelle-Pressemitteilungen/110726-Krankenhaus-Report-2011/Digitale-Pressemappe-KH-Report-2011,property=Data.pdf

Pressemitteilung
Berlin, 26. Juli 2011
BARMER GEK Report Krankenhaus 2011
Kliniken behandeln immer mehr psychisch Kranke

Pressekonferenz der BARMER GEK
Berlin, 26. Juli 2011

Teilnehmer:

Dr. Rolf-Ulrich Schlenker,
Stellv. Vorsitzender des Vorstandes BARMER GEK

Prof. Eva Maria Bitzer
Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung (ISEG)

Dr. Kai Behrens
Stellv. Leiter Unternehmenskommunikation BARMER GEK (Moderation)

Einen großen Teil ihres Lebens verbringen Menschen am Arbeitsplatz. Die Forderungen der Barmer GEK sind ohne Abstimmung mit betrieblichen Maßnahmen nicht sinnvoll.

BKK Wegweiser Psychotherapie

Dienstag, 19. Juli 2011 - 20:13

http://www.bkk-psychisch-gesund.de/wegweiser-psychotherapie/, BKK, 2011

BKK Ratgeber für Hilfesuchende

Der Wegweiser Psychotherapie gibt Auskünfte zu den wichtigsten Fragen, die sich zu Beginn einer Psychotherapie stellen. Die wichtigsten Inhalte

  1. Was versteht man unter einer Psychotherapie?
  2. Bei welchen seelischen Problemen kann eine Psychotherapie hilfreich sein?
  3. Wann wird eine Psychotherapie benötigt?
  4. Welche Arten von Psychotherapie gibt es?
  5. Welche Personen bieten Psychotherapie an und auf
  6. welche Unterschiede weisen die verschiedenen Berufsbezeichnungen hin?
  7. Ambulante, teilstationäre und stationäre Psychotherapie
  8. Welche Therapieformen werden von den Krankenkassen bezahlt und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
  9. Wie lange dauert eine Psychotherapie?
  10. Wie finde ich die für mich geeignete Therapiefom?
  11. Wie finde ich einen passenden Psychotherapeuten?
  12. Einige allgemeine Regeln der Psychotherapie
  13. Ist ein Wechsel des Psychotherapeuten im Verlauf der Psychotherapie möglich?
  14. Woran merke ich, dass meine Psychotherapie erfolgreich ist?
  15. Ergänzende Maßnahmen

TK: Gesundheitsreport 2011

Freitag, 1. Juli 2011 - 15:21

http://www.tk.de/tk/broschueren-und-mehr/studien-und-auswertungen/gesundheitsreport-2011/281904, Juni 2011:

Broschüre, 193 Seiten

Psychische Störungen unter jungen Erwachsenen nehmen zu

Der aktuelle Gesundheitsreport befasst sich in diesem Jahr mit der Gesundheit junger Erwerbspersonen und Studierender. Die Auswertungen der Arzneiverordnungsdaten zeigen, dass die gesundheitlichen Belastungen unter den Hochschülern seit der letzten TK-Studie von 2008 weiter zugenommen haben. …

Der Report enthält auch viele Angaben zur Arbeitsunfähigkeitsfällen aller erfassten Erwerbstätigen.

Vorwort 7
Zusammenfassung 9
Gesundheit von jungen Erwerbspersonen und Studierenden 19
Arzneiverordnungen 22
Verordnungsraten zu ausgewählten Arzneimittelgruppen 28
Ambulante ärztliche Versorgung, Diagnosen 39
Vertiefende Auswertungen zu ausgewählten Themen 52
Erwerbspersonen in der TK 71
Erwerbspersonen nach Geschlecht und Alter 71
Erwerbspersonen nach Bundesländern 73
Arbeitsunfähigkeit 76
Arbeitsunfähigkeit insgesamt 76
Interpretation von Stichtagsstatistiken 78
Arbeitsunfähigkeit nach Dauer 83
Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Geschlecht 84
Arbeitsunfähigkeit nach Bundesländern . 86
Arbeitsunfähigkeit nach Diagnosen 88
Arbeitsunfähigkeit nach Berufen . 103
Arbeitsunfähigkeit nach Ausbildungsstand . 107
Arbeitsunfälle bei Erwerbspersonen . 109
Rückenbeschwerden 113
Arzneimittelverordnungen 120
Arzneimittelverordnungen insgesamt 120
Arzneimittelverordnungen nach Alter und Geschlecht 122
Arzneimittelverordnungen nach Bundesländern . 125
Arzneimittelverordnungen nach Arzneimittelgruppen . 128
Arzneimittelverordnungen nach Berufen . 134
Arzneimittelverordnungen nach Ausbildungsstand . 137
Anhang 139
Tabellenanhang 139
Methodische Erläuterungen 173
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 186

 
Aus der Einleitung des Reports:

… Seit 2006 sind Fehlzeiten unter der Diagnose von psychischen Störungen kontinuierlich gestiegen, allein von 2009 bis 2010 verzeichnen wir einen Anstieg von fast 14 Prozent. Das bedeutet, statistisch gesehen war jeder sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland zwei Tage aufgrund einer psychischen Störung krankgeschrieben und dass heißt: In Deutschlands Betrieben fehlen jeden Tag über 4.000 Mitarbeiter.

Psychische Störungen sind bei den Fehlzeiten vor allem deshalb so auffällig, weil Krankschreibungen aufgrund von Depression, Angst- oder Belastungsstörungen sehr lange dauern. Das bedeutet für die Unternehmen enorme Produktionsausfälle, für die Krankenkassen hohe Behandlungskosten und Krankengeldausgaben, und für die Patienten bedeutet es meist eine wochen- oder monatelange Leidenszeit. Deshalb ist es wichtig, in der betrieblichen Prävention auch die psychische Gesundheit der Beschäftigten zu fördern. Stress am Arbeitsplatz lässt sich nicht vermeiden. Neue Medien, die Intensivierung unserer Arbeit sowie der steigende Termin- und Leistungsdruck beeinträchtigen Kreativität und Leistungsfähigkeit. Von Führungskräften und Beschäftigten wird zunehmend ein hohes Maß an Flexibilität und Innovationsbereitschaft verlangt.

Aber: Auch wenn sich der Stress nicht vermeiden lässt, ist es möglich, Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen gesünder zu gestalten sowie die gesundheitlichen Ressourcen der Beschäftigten zu fördern, so dass der Stress zumindest beherrschbar wird.

Neben unserem Engagement im betrieblichen Gesundheitsmanagement setzen wir uns zudem für eine bessere medizinische Versorgung der betroffenen Patienten ein. Besonders im ambulanten Bereich ist der Zugang zu medizinischer Unterstützung zu langwierig und zu bürokratisch. Es gibt zu wenig Angebote, die es den Patienten ermöglichen in ihrem gewohnten Umfeld zu bleiben und berufstätig zu sein. Die TK setzt sich deshalb mit Projekten wie dem „Netzwerk psychische Gesundheit“ für moderne Betreuungsangebote und mit dem Modellvorhaben „Qualitätsmonitoring ambulante Psychotherapie“ für eine besser Versorgungsqualität ein. …

Besonders interessant sind die Grafiken auf den Seiten 92 bis 94. Dort sieht man einen sehr kräftigen Anstieg in der Kategorie “Psychische und Verhaltensstörungen” seit 2006.

S. 16:

… Für den auch bei Berücksichtigung von Atemwegserkrankungen feststellbaren leichten Gesamtanstieg der Fehlzeiten verantwortlich sind insbesondere die von 2009 auf 2010 erneut und deutlich um 13,8 Prozent angestiegenen Fehlzeiten unter der Diagnose von psychischen Störungen (vgl. Abbildung 29 auf Seite 92). Fehlzeiten unter der Diagnose von psychischen Störungen sind damit, seit einem zwischenzeitlichen Tief im Jahr 2006, kontinuierlich gestiegen (vgl. Abbildung 30 auf Seite 93). 2010 wurden je 100 Erwerbspersonen durchschnittlich 196 Fehltage unter entsprechenden Diagnosen gezählt. Jede Erwerbsperson war 2010 demnach durchschnittlich knapp zwei Tage unter der Diagnose einer psychischen Störung krankgeschrieben. 2009 waren es noch 172, 2008 noch 151, 2007 erst 140 und im Jahr 2006 erst 129 Fehltage je 100 Erwerbspersonen (vgl. auch Tabelle A14 auf Seite 149 im Anhang). Seit 2006 sind die Fehlzeiten unter der Diagnose psychischer Störungen bei Erwerbspersonen altersbereinigt damit um 51 Prozent angestiegen.

Während die bei Erwerbspersonen nachweisbaren Anstiege der Fehlzeiten unter der Diagnose von psychischen Störungen von 2000 bis 2005 vorrangig in engem Zusammenhang mit einer individuell bereits eingetretenen Arbeitslosigkeit und bei insgesamt ansteigenden Arbeitslosigkeitsquoten beobachtet werden konnten, lässt sich ein vergleichbarer Anstieg wie bei den Erwerbspersonen insgesamt in den Jahren von 2006 bis 2010 auch unter Personen nachweisen, die zum jeweiligen Auswertungszeitpunkt als Berufstätige versichert und insofern individuell nicht direkt von einer Arbeitslosigkeit betroffen waren (vgl. Abbildung 31 auf Seite 94). Unter Berufstätigen stiegen die gemeldeten Fehlzeiten mit der Diagnose von psychischen Störungen von 2006 bis 2010 um 53 Prozent. Die Ergebnisse deuten auch 2010 auf eine weiter ansteigende psychische Belastung von Berufstätigen hin. …

Was zu dieser Entwicklung beiträgt, wurde schon im Mai 2009 recht gut von einer Arbeitsgruppe um Rolf Haubl vom Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt und Günter Voß von der TU Chemnitz im Auftrag der DGSV in “Psychosoziale Kosten turbulenter Veränderungen” beschrieben.

Kandidatenpositionen zur Gefährdungsbeurteilung

Mittwoch, 18. Mai 2011 - 20:23

Ich hatte 14 Listen, die bei der Sozialwahl 2011 kandidieren, diese Frage gestellt: “Für Entscheidungen zur Sozialwahl 2011: Ist es ein Verstoß gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes, wenn ein Arbeitgeber psychische Belastungen *nicht* in die Gefährdungsbeurteilung mit einbezieht? (Ja/Nein)”

Vier haben bisher geantwortet.

  • Drei von ihnen gaben Antworten, die “Ja” bedeuten.
  • Eine wollte nicht Position beziehen und verwies mich an die BAuA.

Sozialwahl 2011: Listen

Samstag, 14. Mai 2011 - 20:06

Quelle: http://www.sozialwahl.de/fileadmin/user_upload/pdf/listen.pdf:

  1. BfA-Gemeinschaft – Freie und unabhängige Interessengemeinschaft der Versicherten und Rentner in der Deutschen Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Unfallversicherung e. V.
  2. ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
  3. TK-Gemeinschaft, unabhängige Versichertengemeinschaft der Techniker Krankenkasse e. V.
  4. DAK-Versicherten- und Rentnervereinigung (DAK-VRV) e. V.
  5. ACA: Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands e. V. / Kolpingwerk Deutschland / Bundesverband Evangelischer Arbeitnehmerorganisationen e. V.
  6. BARMER GEK – Versichertenvereinigung – Vereinigung von Versicherten und Rentner/-innen der BARMER GEK e. V.
  7. BARMER GEK-GEMEINSCHAFT Gewerkschaftsunabhängige Interessenvertretung für Mitglieder, Versicherte, Patienten und Rentner seit 1958 e. V.
  8. Industriegewerkschaft Metall
  9. DAK Mitgliedergemeinschaft e. V. Gewerkschaftsunabhängig, Gegründet 1955 Versicherte und Rentner in der Kranken- und Rentenversicherung
  10. KKH-Versichertengemeinschaft e. V. – gegr. 1957, Freie und unabhängige Gemeinschaft von Mitgliedern, Versicherten und Rentnern der KKH-Allianz
  11. dbb beamtenbund und tarifunion
  12. Deutscher Gewerkschaftsbund / Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) / Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) / Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten
  13. Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS)
  14. Christlicher Gewerkschaftsbund Deutschlands – CGB

 


Frage an alle Kandidaten:

“Für Entscheidungen zur Sozialwahl 2011: Ist es ein Verstoß gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes, wenn ein Arbeitgeber psychische Belastungen *nicht* in die Gefährdungsbeurteilung mit einbezieht? (Ja/Nein)

Mit freundlichen Grüßen
Götz Kluge
http://blog.psybel.de/2011/05/14/sozialwahl-2011-listen/”

Unerhört!

Freitag, 13. Mai 2011 - 21:15

Süddeutsche Zeitung 2011-05-13:

Nun hat sich auch der neue Gesundheitsminister [Daniel Bahr] eingemischt und die Krankenkassen, die eine Übernahme von Versicherten aus der pleitegegangenen City BKK verweigern, scharf gerügt. “Dieses Vorgehen der Krankenkassen ist unerhört, und dieses Vorgehen ist rechtswidrig”, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums am Freitag in Berlin. Die Versicherten der City BKK hätten das Recht, ihre künftige Krankenkasse frei zu wählen.

Daniel Bahr bereitete bisher die Politik Philipp Röslers vor, nun kann er sie als Gesundheitsminister selbst machen. Seine Empörung über rechtswidriges Vorgehen ist aber unangebracht, denn sein eigenes Ministerium marginalisiert doch auch die Gesetze und die Rechtsprechung.

Beispiel: Die Mehrheit der deutschen Unternehmen setzt die Vorschriften des ganzheitlichen Arbeitsschutzes schon seit vielen Jahren einfach nicht um. Das Bundesgesundheitsministerium kommt aber in seinen Empfehlungen nicht auf die Idee, diesem rechtswidrigen Verhalten vieler Arbeitgeber wenigstens mit ordentlicher Aufklärung zu begegnen. Zitat (mit von mir eingefügten Erweiterungen und Korrekturen):

Die Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst Maßnahmen, die auf das Verhalten von Menschen ausgerichtet sind (Verhaltensprävention) und Maßnahmen, die [auf die] Arbeitsbedingungen analysieren [ausgerichtet sind] (Verhältnisprävention). [Dabei beginnt die Verhältnisprävention mit der Analyse von Gefährdungen durch mögliche physische und psychische Fehlbelastungen.] Oftmals ist eine klare Trennung in der Praxis nicht möglich und auch nicht sinnvoll, da die Bereiche sich gegenseitig beeinflussen. [Hinsichtlich der Vorschriften des Arbeitsschutzes hat jedoch die Verhältnisprävention Vorrang vor der Verhaltensprävention: Der Arbeitsschutz fragt nicht nach "auffälligen" Mitarbeitern, sondern nach auffälligen Arbeitsplätzen!]

So verursachen z.B. Über- und Unterforderung von Beschäftigten Stress und Demotivation. Um diese Auswirkungen zu vermeiden sind neben Kursen zur Stressbewältigung auch Änderungen der Arbeitsbedingungen notwendig [können neben notwendigen Änderungen der Arbeitsbedingungen (vorgeschriebene Verhältnisprävention) beispielsweise auch Kurse zur Stressbewältigung angeboten werden (zusätzliche Verhaltensprävention)]. Nachfolgend sind mögliche Maßnahmen beispielhaft dargestellt:

Kategorie Verhaltensorientierte Maßnahmen Verhältnisorientierte Maßnahmen
Ganzheitlicher Arbeitsschutz Kurse der Gewerbeaufsicht für Firmenleitungen

Kurse der Gewerbeaufsicht für Betriebs- und Personalräte:

Klare Information der Aufsichtsorgane im Internet an Arbeitnehmer

Befolgung der Arbeitsschutzvorschriften und der Mitbestimmung beim Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz, z.B.:
Ernährung Ernährungskurse, Ernährungsberatung gesunde Kantinenkost
Bewegung/Ergonomie Rückenkurse, Walking gesundheitsfördernde Arbeitsplatzgestaltung
Stressbewältigung Kurse zur Entspannung, Stressmanagement, Weiterbildung gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung
Suchtprävention Kurse zur Tabakentwöhnung, Hilfs- und Beratungsangebote Rauchfreier Betrieb, Verbesserung des Betriebsklimas (Mobbing, Mitarbeiterführung)
Organisationsgestaltung   Etablierung von Gesundheitszirkeln, bauliche Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
Arbeitsgestaltung   Arbeitsplatzwechsel, flexible Arbeitszeiten
Unternehmenskultur   Leitbild, transparente Kommunikation, Führungskompetenz, Mitbestimmung
Aufsicht   Ausreichende Ausstattung der Berufsgenossenschaften und Gewerbeaufsichten, damit Aufsichtspersonen wirklich ernsthaft prüfen können.

(Quelle: Bundesgesundheitsministerium. Da die Tabelle unvollständig ist, habe ich noch zwei Tabellenzeilen und ein Wort nachträglich hinzugefügt.)

Die folgende Behauptung im Web-Auftritt des Ministeriums ist schlicht falsch:

Die Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst Maßnahmen, die auf das Verhalten von Menschen ausgerichtet sind (Verhaltensprävention) und Maßnahmen, die Arbeitsbedingungen analysieren (Verhältnisprävention).

Prävention (welcher Art auch immer) kann sich sich natürlich nicht nur auf die Analyse beschränken, sondern die Analyse ist nur ein Teil der Maßnahmen der Verhältnisprävention! Sie ist der erste Schritt für weitere Maßnahmen. Vergessen hat das BMG die Maßnahmenfestlegung, die Implementierung der Maßnahmen, die Wirksamkeitskontrolle der Implementierung sowie die all das begleitende Dokumentation und Unterweisung.

Eigentlich gehe ich davon aus, dass im Bundesgesundheitsministerium sowohl der Umfang der Verhältnisprävention wie auch der Vorrang der Verhältnisprävention vor der Verhaltensprävention bekannt sein sollte. Dann wäre dem Ministerium hier kein Fehler unterlaufen, sondern es würde Desinformation verbreiten, mit dem Ziel der Marginalisierung der Vorschriften und der Rechtsprechung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. Eine Alternative zu meiner Unterstellung ist Unwissen im Ministerium, zumindest bei der Überprüfung eines vielleicht von externen Beratern geschriebenen Textes. Das wäre aber auch keine gute Entschuldigung.

Zwar ist auf Bundesebene das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für den Arbeitsschutz zuständig; wenn jedoch das Bundesministerium für Gesundheit Gesundheitsthemen in der Arbeitswelt aufgreift, dann sollte auch dieses Ministerium die Gelegenheit nutzen, seit 1996 nun wirklich nicht mehr unabsichtlich übersehene Pflichten der Arbeitgeber im Arbeitsschutz darzustellen. Es wäre allerdings ein Vorurteil, jetzt bei einem FDP-geführten Ministerium libertäre Nachsicht gegenüber unternehmerischen Pflichtverletzungen zu vermuten, denn bereits seit 1996 haben fast alle Parteien die Verwirklichung des ganzheitlichen Arbeitsschutzes vernachlässigt. Da die Bürger einen großen Teil ihres Lebens in der Arbeitswelt verbringen, ist der Arbeitsschutz jedoch keine unwichtige Nebensache.

 
Siehe auch: http://blog.psybel.de/2011/03/07/arbeitsschutz-in-bg/