Schlagwort 'Arbeitsschutzmanagementsystem'

1999: Berufsgenossenschaft gegen AMS-Zertifizierung

Mittwoch, 3. Oktober 2012 - 18:50

Steine + Erden ist das Fachmagazin für Prävention der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) in der Branche Baustoffe – Steine und Erden. Im Jahr 1999 veröffentlichte das Magazin in der Ausgabe 4/99 diese Position (http://www.steine-und-erden.net/se499/managmnt.htm):

Arbeitsschutzmanagement:

Zertifizierung weiterhin nicht erforderlich

Die Betriebe der gewerblichen Wirtschaft werden vielfach gedrängt, ein Arbeitsschutzmanagementsystem einzuführen und zertifizieren zu lassen. Dabei wird vergleichsweise auf entsprechende Praktiken in der Qualitätssicherung und im Umweltschutz verwiesen. Auf diesen Gebieten existieren internationale Normenreihen (ISO 9001 und 14001 M). Im Arbeitsschutz ist die Situation jedoch anders: Die Sozialpartner, die staatlichen Arbeitsschutzbehörden und die Berufsgenossenschaften lehnen eine Normung und Zertifizierung von Arbeitsschutzmanagementsystemen ab. Die Freiräume der Unternehmer zur Organisation ihres Betriebes – auch in Sachen Arbeitsschutz – dürfen nicht durch Normen reguliert und damit eingeengt werden. Außerdem würden Normen zu faktischen Zertifizierungszwängen führen und damit den Betrieben nicht unerhebliche Kosten verursachen. Arbeitsschutz ist ein gesetzlicher Auftrag an die Unternehmer. Wie der einzelne Unternehmer dieser Verpflichtung, die in staatlichen Verordnungen sowie in Unfallverhütungsvorschriften konkretisiert ist, nachkommt und wie er den Arbeitsschutz in seinem Betrieb organisiert, liegt in seiner Verantwortung.

Nunmehr versuchen einige Organisationen, insbesondere aus dem Kreis der privaten Zertifizierer, auf internationaler Ebene mit einer normenähnlichen Publikation (OHSAS 18001: 1999 Arbeitsschutzmanagement – System-Beschreibung) die ablehnende Haltung gegenüber der Normung zu umgehen, offensichtlich um das Feld für Zertifizierungen vorzubereiten. Es ist nicht auszuschließen, daß die Publikation zum Anlass genommen wird, insbesondere mittleren und kleinen Betrieben die Zertifizierung von Arbeitsschutzmanagementsystemen verstärkt anzubieten. Damit würden bei den Betrieben Kosten verursacht, die nicht notwendig sind.
Arbeitsschutzmanagementsysteme sind – darüber besteht kein Zweifel – ein wirksames Instrument zur Verbesserung des Arbeitsschutzes. Mit ihnen kann der Arbeitsschutz wirkungsvoll in den Betrieb integriert werden. Die Einführung von Arbeitsschutzmanagementsystemen ist jedoch freiwillig; das heißt, die Betriebe sind weder durch die staatlichen Arbeitsschutzbehörden noch durch die Berufsgenossenschaften verpflichtet, Arbeitsschutz-Managementsysteme einzuführen, und erst recht nicht, sie zertifizieren zu lassen. Demzufolge kann eine von einer privaten Institution vorgenommene Zertifizierung auch keinen Einfluss auf die Überwachung des Betriebes durch die Berufsgenossenschaften haben.

Dass die AMS-Standards zu faktischen Zertifizierungszwängen führen, ist bereits beobachtbar. Die BG hat Bedenken wegen der Kosten. Nach der bisherigen Schlamperei speziell beim Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz wird es es aber nun unvermeidlich sein, an das Thema in einem Rahmen hernzugehen, der es auditierbar macht. Leider gibt es wegen der Natur des Zertifizierungsgeschäftes auch hier Probleme: Ich mache mir weniger um die Kosten Sorgen, sondern um die falsche Sicherheit, die durch schlechte Audits entsteht. Zertifikate für OHSAS 18001:2007 sind beispielsweise auch an Unternehmen vergeben worde, die in ihrem Arbeitsschutz keine Prozesse für den Umgang mit psychischen Belastungen vorweisen konnten und deren AMS-Handbücher auch nach dem 30. Juni 2009 noch auf dem Stand des OHSAS 18001:1999 waren.

Darum brauchen wir aufmerksame und kräftige Betriebsräte.

 


2012-10-07:
In die gleiche Richtung geht http://www.kan.de/fileadmin/user_upload/docs/Fachbeitraege/Fachbeitraege_DE/AMS-Metze.pdf

Arbeitsschutz-Management-Systeme (AMS) als Hilfen
für eine sichere Organisation des Arbeits- und
Gesundheitsschutzes
von E. Metze

Keine Normung von Arbeitsschutz-Management-Systemen

angewandte Arbeitswissenschaft | No 197 | 2008
S. 27-28

ILO-OSH und AMS

Samstag, 18. August 2012 - 09:39

Update 2014-08-25

 


2012-08-18

Links zur Anwendung von ILO-OSH für Arbeitsschutzmanagementsysteme (AMS)

Es gibt auch Zusammenhänge zwischen OHSAS 18001 und ILO-OSH. Siehe dazu die Anhänge B.3 und B.4 in OHSAS 18002:2008.

DIN SPEC 91020 ist kein Arbeitssicherheitsstandard

Freitag, 17. August 2012 - 08:20

Die Werbung für die DIN SPEC 91020 scheint ohne Unwahrheiten nicht auskommen zu können. Es wird behauptet, die Spezifikation gehe über rechtliche Verpflichtungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung hinaus. Diese Behauptung ist irreführen. Arbeitsschutz ist kein Gegenstand dieser DIN SPEC, denn sonst wäre sie gar nicht Zustande gekommen.

Erst tut sich zu wenig im Arbeitsschutz. Und jetzt tut sich zu viel.

http://www.lrqa.de/aktuelle-themen/Arbeitssicherheit/standards-und-vorgaben/206773-din-spec-91020-scohs.aspx

Arbeitssicherheit 

DIN SPEC 91020 / SCOHS
Neuer Standard DIN SPEC 91020 veröffentlicht

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat die Bedeutung des Themas Betriebliches Gesundheitsmanagement erkannt und hat einen entsprechenden Standard entwickelt, der im Juli 2012 als Spezifikation DIN SPEC 91020 veröffentlicht wurde. LRQA war im Arbeitskreis des DIN an der Entwicklung des Standards beteiligt, in den auch die Anforderungen des SCOHS aufgenommen wurden. …


Zertifizierung Ihres Betrieblichen Gesundheitsmanagements – Ihr Nutzen

  • Höhere Leistungsfähigkeit durch gesunde und motivierte Mitarbeiter
  • Optimierte Unternehmensprozesse durch eine gesunde Organisation
  • Höhere Attraktivität Ihres Unternehmens bei der Rekrutierung neuer Führungskräfte und Mitarbeiter
  • Stärkere Bindung Ihrer Kunden durch verbesserte Qualität bei den Prozessen
  • Weniger Fehlzeiten ersparen Ihrem Unternehmen Ersatzpersonal und Lohnfortzahlung

Hier wird die DIN SPEC noch nicht mit Arbeitsschutz assoziiert. Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit sehen ja auch anders aus. Höhere Leistungsfähigkeit, optimierte Unternehmensprozesse, Employer Branding, Kundenbindung und niedrigere Personalkosten sind schön und gut, aber dafür brauchen Sie sich nicht dem Normengeschäft und irgendwelchen Audits auszuliefern. Diese Ziele sind nicht die primären Ziele der Arbeitssicherheit bzw. des Arbeitsschutzes.

Außerdem: Nicht das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat die Bedeutung des Themas Betriebliches Gesundheitsmanagement erkannt und einen entsprechenden Standard entwickelt, sondern einige Leute aus der Gesundheitsbranche haben diese “DIN SPEC” ohne die für reguläre deutsche Normen erforderliche mühevolle Arbeit in etwa neun Monaten zusammengeschrieben und vermarkten diesen Standard nun über die DIN-Organisation.

“Das Ziel des Arbeitsschutzes ist, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern.” (LV 54, S. 7). Für den Arbeits- und Gesundheitsschutz konzentrieren Sie sich besser auf Standards wie OHSAS 18001 oder ILO-OHS. Dafür gibt es auch Zertifikate. Mehr brauchen Sie sich nicht aufzuhalsen.

Es ist sinnvoll, einen zertifizierten Arbeits- und Gesundheitsschutz in ein Gesundheitsmanagement und/oder eine Gesundheitsförderung einzubetten. Aber außerhalb des Arbeitsschutzes sind Audits und externe Spezifikationen nicht nötig. Vergeuden Sie kein Geld für das Geschäft von Unternehmen, die sich mit ihren Gesundheitsmanagementstandards einen Markt mit von den Dienstleistungsanbietern selbst bestimmten Regeln entwickeln wollen.

 
Hier nun ein hübsches Beispiel, wie man die DIN SPEC mit dem Begriff “Arbeitsschutz” verknüpfen kann: http://www.gesundheitsmanagement.com/aktuelles/news/ab_sofort_erhaeltlich_din_spec_91020.html

Ab sofort erhältlich: DIN SPEC 91020 „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ …

… Die Spezifikation geht über rechtliche Verpflichtungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung hinaus …

Das ist irreführend. Eine Spezifikation, die über den Arbeitsschutz hinausgeht, schließt den Arbeitsschutz mit ein. Das trifft auf die DIN SPEC 91020 aber nicht zu. Wenn diese Spezifikation mit Arbeitsschutz zu tun hätte, dann hätte sich das DIN-Institut nicht dafür einspannen lassen.

 
Mehr zu DIN SPEC 91020: http://blog.psybel.de/2012/08/12/din-spec-nach-pas-verfahren/

 


2012-11-21:

“Wenn diese Spezifikation mit Arbeitsschutz zu tun hätte, dann hätte sich das DIN-Institut nicht dafür einspannen lassen.” Das war leider ein Irrtum: http://blog.psybel.de/2012/11/21/b-a-d-macht-verwirrende-angaben/

Grenzen und Nutzen von OHSAS

Samstag, 11. August 2012 - 12:10

Occupational Health and Safety Assessment Series:
•  BS 18001:2007, Occupational health and safety management systems, Requirements
•  BS 18002:2008, Guidelines for the implementation of OHSAS 18001:2007
•  BS 18004:2008, Guide to achieving effective occupational health and safety performance

Siehe auch: http://www.pilz.co.uk/gb/company/news/sub/knowhow/articles/03362/index.en.jsp

 

Der folgende Absatz aus einer Veröffentlichung[1] von Maria Widerszal-Bazyl, Dorota Żołnierczyk-Zreda & Aditya Jain macht auch die Grenzen der OHSAS deutlich:
Standards Related to Psychosocial Risks at Work, (Zitate), 2009
http://www.prima-ef.org/uploads/1/1/0/2/11022736/chapter_3.pdf:


2.5. The Occupational Health and Safety Assessment Series (OHSAS)

An international standard on general OH&S [Occupational Health & Safety] management has been developed and implemented (by the BSI [British Standards Institution]) in response to customer demand for a recognisable occupational health and safety management system standard against which their management systems can be assessed and certified, and for guidance on the implementation of such a standard. The Occupational Health and Safety Assessment Series (18001, 18002 and 18004) is compatible with the ISO 9001:2008 (Quality) and ISO 14001:2004 (Environmental) management systems standards, in order to facilitate the integration of quality, environmental and occupational health and safety management systems by organisations, should they wish to do so.

The OHSAS 18001 specifies requirements for an OH&S management system to enable an organisation to develop and implement a policy and objectives which take into account legal requirements and information about OH&S risks. It is intended to apply to all types and sizes of organisations and to accommodate diverse geographical, cultural and social conditions. The success of the system depends on commitment from all levels and functions of the organisation, and especially from top management. A system of this kind enables an organisation to develop an OH&S policy, establish objectives and processes to achieve the policy commitments, take action as needed to improve its performance, and demonstrate the conformity of the system to the requirements of OHSAS 18001. The overall aim of OHSAS 18001 is to support and promote good OH&S practices, including self regulation, in balance with socio-economic needs. The OHSAS 18004 is a revision of the previous standard intended to replace it (Smith, 2008 [Smith, D. (2008). OHSAS 18004 update. BSI British standards - Occupational Health and Safety Conference, Manchester, 9-10 December 2008.]).

Although the OHSAS 18001 and its successor OHSAS 18004 and the ILO-OSH 2001 make specific reference to psychosocial hazards, they do not provide the necessary guidance to enable organisations (including SMEs [Small & Medium Enterprises]) to successfully manage psychosocial risks successfully. This makes the case for developing a standard specifically to promote psychosocial risk management at work even more compelling.

Arbeitgeber könnten dazu verleitet sein, zu behaupten, ein Zertifikat für OHSAS 18001 bestätige, dass die Regeln des Arbeitsschutzes eingehalten werden. Überforderte Aufsichtsbeamte, uninformierte Mitarbeiter, naïve Betriebs- und Personalräte und hudelige Journalisten könnten dazu verleitet sein, das zu glauben. Die Standards der Serien 9000, 14000 und 18000 und die Audits dazu sind ein Theater und ein Geschäft. Trotzdem kann speziell die 18000er Serie für Betriebs- und Personalräte in Deutschland ein nützliches Instrument werden, denn diese Arbeitnehmervertretungen bestimmen bei der Anwendung des Standards mit. Eigentlich liegt sogar ein besonderer Reiz darin, wenn gerade die Arbeitnehmer die von den Unternehmen begehrten Zertifikate ernst nehmen:

  • Da OHSAS 18001 für Unternehmen wohl so wichtig werden wird, wie die fast schon zu einem Muß gewordenen Zertifikate für ISO 9001 und 14001, müssen Arbeitnehmervertreter verstehen, was diese Normen nicht bestätigen.
  • Auf der anderen Seite steckt in der OHSAS oft viel mehr, als im Unternehmen tatsächlich umgesetzt wird. In den oft mit Privatnormen überladenen Diskussionen über was im Arbeitsschutz gefordert ist und was nicht, bietet die OHSAS eine externe Referenz. Das gilt besonders in zertifizierten Unternehmen, denn dort hat sich der Arbeitgeber dieses Wertesystem ja selbst ausgesucht. Das macht die OHSAS jetzt schon zu einem wichtigen Werkzeug, noch bevor sie irgendwann zu einer offiziellen EN, ISO-Norm und DIN wird. Darum müssen Arbeitnehmervertreter damit umgehen können.

 
[1] Siehe auch das komplette Buch (http://www.prima-ef.org/prima-ef-book.html) The European Framework for Psychosocial Risk Managenent von Stavroula Leka und Tom Cox: http://www.prima-ef.org/uploads/1/1/0/2/11022736/prima-ef_ebook.pdf

Butter bei die Fische
Systemkontrolle in Hamburg

Dienstag, 31. Juli 2012 - 06:26

http://www.hamburg.de/contentblob/120342/data/systemkontrolle.pdf

Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz Amt für Arbeitsschutz
Hamburger Arbeitsschutzmodell ABS
- Aufsicht, Beratung, Systemüberwachung -
Systemkontrollliste 

Die behördliche Systemkontrolle stellt das Instrumentarium dar, mit dem das Amt für Arbeitsschutz das Vorhandensein und das Funktionieren einer systematischen Arbeitsschutzorganisation überprüft. Seit der Einführung im Jahr 1999 wurde der Gesprächsleitfaden – die Systemkontrollliste – mehrfach überarbeitet und kontinuierlich den geänderten oder neuen Rechtsvorschriften angepasst. Die Systemkontrolle wurde in den letzten Jahren auch aufgrund veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen weiterentwickelt. Insbesondere der Aspekt psychischer Belastungen bei der Arbeit wurde in die Überprüfung aufgenommen und ausgebaut.

Die vorliegende Systemkontrollliste erfüllt die Anforderungen der „Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle“ (LV 54) des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) vom März 2011 und der „Leitlinie Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes“ der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) vom Dezember 2011

Inhalt der Systemkontrollliste

  1. Unternehmenspolitik, Verantwortung und Betriebsstruktur (Element 1)
  2. Mitarbeitervertretung, -beteiligung (Element 11)
  3. Prävention
  4. Arbeitssicherheitssystem – Arbeitsschutzexperten (Element 3)
  5. Mitarbeiter-Unterweisungen und –Qualifikation (Element 6)
  6. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (Element 8)
  7. Erste Hilfe, Notfallmaßnahmen (Element 9)
  8. Arbeitsmittel und Geräte – Prüfung, Wartung, Beschaffung
  9. Ergebnisse stichprobenartiger Überprüfungen vor Ort
  10. Gesamtbewertung

Hier kontrolliert die Behörde, ob sie sich auch darauf verlassen kann, dass sich das Unternehmen an die selbstgewählten Spielregeln hält. Ein Beispiel ist OHSAS 18001. Wenn das Arbeitsschutzmanagementsystem in Ordnung ist, dann kann die Behörde auch darauf vertrauen, dass beispielsweise Gefährdungsbeurteilungen ordentlich durchgeführt werden.

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Gefährdungsbeurteilung hat besonderen Stellenwert

Montag, 23. Juli 2012 - 17:08

Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
http://lasi.osha.de/de/gfx/publications/lv54_info.htm

http://lasi.osha.de/docs/Lv54.pdf

3.3.2 Gesamtbewertung

Die Bewertung der Eignung der Arbeitsschutzorganisation durch die Behörde ergibt sich aus der gemeinsamen Bewertung der Elemente und der Complianceprüfung. Ein besonderer Stellenwert wird dabei der Organisation der Gefährdungsbeurteilung im Betrieb eingeräumt: Die Gesamtbewertung der Arbeitsschutzorganisation kann nicht besser ausfallen als die Bewertung des Elements „Organisation der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung“. In der Gesamtbewertung muss, neben der Situation der Arbeitsschutzorganisation, auch die Qualität der jeweils konkreten „Maßnahmen des Arbeitsschutzes“ Berücksichtigung finden. Mängel im Arbeitsschutz, die bei der Complianceprüfung festgestellt werden (gemessen an Zahl und Intensität von Verstößen gegen materielle Arbeitsschutzvorschriften), geben als „Wirkungsindikatoren“ Hinweise, inwieweit eine Organisation auch in der Praxis geeignet ist, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. Die Analyse der Ursachen derartiger Mängel wird wiederum Defizite der Arbeitsschutzorganisation und in der Umsetzung ihrer Elemente aufzeigen.

(Hervorhebung nachträglich eingefügt)

Damit OHSAS 18001 nicht zur Farce wird

Mittwoch, 18. Juli 2012 - 21:16

Kleiner Tip an Aufsichtsbeamte: Wenn es in den von Ihnen kontrollierten Betrieben Arbeitnehmervertreter gibt und wenn diese Betriebe nach OHSAS 18001 zertifiziert sind, dann lassen Sie sich bitte nicht von dem Zertifikat sedieren, sondern fragen Sie die Arbeitnehmervertreter proaktiv, ob und wie sie an dem Zertifizierungsprozess und den Überprüfungen (z.B. interne Audits) beteiligt werden. Der Standard verlangt das. Ist es geregelt und dokumentiert, wie die Arbeitnehmer beteiligt werden oder läuft das als Gefälligkeit des Arbeitgebers? Wie wird der Standard, wie es so schön heißt, wirklich gelebt?

Kennen die Arbeitnehmer die Gefährdungsbeurteilung zu ihren Arbeitsplätzen? Wurden die Arbeitnehmer in den vorgeschriebenen Unterweisungen auch mit dem kniffeligen Thema der psychischen Belastungen vertraut gemacht?

Überprüfung des Arbeitsschutzsystems: Alternativ zur nach der LV 54 etwas “lockereren” Kontrolle zertifizierter Unternehmen ist es keine schlechte Idee, die zertifizierte Norm, die sich das Unternehmen ja freiwillig ausgesucht, auch zum Maßstab der Kontrolle zu machen. In Hamburg verfährt die Aufsichtsbehörde dabei wieder nach der LV 54. Interessant ist auch eine Checkliste der BG ETEM.

Arbeitnehmervertreter sollten verstehen und nachvollziehen können, wie man für OHSAS 18001 (z.B. mit EN ISO 19011) interne Audits macht. So etwas kann man lernen. Auch der Betriebsrat kann Audits durchführen.

(aktualisiert: 2013-04-03)

Kunde bei OHSAS 18001 ist die Belegschaft

Mittwoch, 18. Juli 2012 - 00:58

Die Präsentation von Heinrich Preiss ist eine gute Einführung in OHSAS 18001, ein britischer Standard für Arbeitsschutzmanagementsysteme (AMS), der international schon gut verbreitet ist.

Ing. Heinrich Preiss, KWI Consultants GmbH, 2011-02-24, http://www.voesi.at/Files/Grundlagen OHSAS 18001.pdf:

  • „Kunde“ bei ISO 14001 ist das Umfeld des Betriebs (Gesellschaft)
  • „Kunde“ bei OHSAS 18001 ist die Belegschaft

ISO 14001 System ist in der Regel auf OHSAS erweiterbar

Mitbestimmung der Beschäftigten durch Einbeziehung

  • Gefährdungserkennung, Risikobewertung, Maßnehmenfestlegung
  • Unfalluntersuchung
  • Entwicklung von Politik und Zielsetzungen
  • Beratung bei Veränderungen
  • Interessenvertretung
  • Beratung von Kontraktoren bei Änderungen

Anmerkungen:


 

Ich meine, dass es in Arbeitnehmervertretungen (mittlerer und großer Unternehmen) mindestens ein Betriebsrats- oder Personalratsmitglied geben sollte, das die Fähigkeit zur Durchführung eines internen Audits (1st-Party-Audit) hat. Arbeitnehmervertreter sind auch Vertreter der Kunden des Arbeitsschutzes. Daher sollten sie einen Lieferantenaudit (2nd-Party-Audit, manchmal auch Kundenaudit genannt) durchführen können. Beides geht nach ISO 19011:2011.

Außerdem sollten Betriebs- und Personalräte wenigstens grob verstehen, was der Arbeitgeber bei einem Zertifizierungsaudit (sowie dem jährlichen Überwachungsaudit und dem dreijährlichen Wiederholungsaudit) zu tun hat, welche Dokumente dabei vorgelegt werden müssen und welche Dokumente die Zertifizierungsgesellschaft anfertigt (ISO 17021:2011). Diese Dokumente (insbesondere der Abweichungsbericht) sind wichtig für die Betriebsratsarbeit, insbesondere im Zusammenhang mit der Unterrichtungs- und Erörterungspflicht des Arbeitgebers siehe auch (siehe auch §81 und §89 BetrVG).

Weitere Notizen in diesem Blog zur Einführung in OHSAS 18001: http://blog.psybel.de/stichwort/ohsas-18001-intro/

 


Als Alternative zu OHSAS 18001 bietet sich auch ILO-OSH an: http://blog.psybel.de/ams-standards/
 

Zertifizierung nach OHSAS 18001 durch TÜV Rheinland

Dienstag, 17. Juli 2012 - 07:39

In http://www.tuv.com/de/deutschland/gk/managementsysteme/arbeitsschutz/ohsas_18001/ohsas_18001.jsp wirbt der TÜV-Rheinland wie folgt:


Checkliste Ihrer Vorteile auf einen Blick

Mit einer Zertifizierung nach OHSAS 18001 durch TÜV Rheinland

  • steigern Sie das Sicherheitsbewusstsein und die Motivation Ihrer Mitarbeiter.
  • sichern Sie die Erfüllung der gesetzlichen und behördlichen Auflagen zu Arbeits- und Gesundheitsschutz.
  • vermeiden Sie Unfälle.
  • vermindern Sie Ausfallzeiten und Produktionsunterbrechungen.
  • reduzieren Sie Versicherungskosten.
  • stärken Sie Ihren guten Ruf bei Kunden, Lieferanten, Behörden und Investoren als sicheres, seriöses Unternehmen.

(Hervorhebung nachträglich in das Zitat eingetragen)

Was machen Betriebsräte und Personalräte, wenn zwischen der Arbeitgeberin und den Arbeitnehmervertretungen noch gar keine Vereinbarungen zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz getroffen wurden, aber das Arbeitsschutzmanagement gegenüber Kunden, Lieferanten, Behörden, Investoren, Versicherungen, Mitarbeitern, Bewerbern und dem eigenen Top-Management mit einer Zertifizierung nach OHSAS 18001 nachweisen möchte, dass die Vorschriften des Arbeitsschutzes eingehalten werden? Versteht das Top-Management auf der Suche nach Rechtssicherheit die Grenzen der Aussagekraft von Zertifikaten? Wie ernsthaft befassen sich Betriebsräte und Personalräte mit Zertifikaten und Audits im Arbeitsschutz, in dem sie eine Mitbestimmungspflicht haben? Wie überfordert sind sie mit OHSAS 18001? Wie proaktiv werden die Arbeitnehmer und ihre Vertreter (siehe OHSAS 18001:2007 Punkt 4.4.3.2) von ihrem Unternehmen und der Zertifizierungsgesellschaft an Audits beteiligt?

-> Trick 18

Arbeitsschutzorganisation ist Pflicht

Freitag, 13. Juli 2012 - 08:01

Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle, LV 54, 2011-03
Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI)
http://blog.psybel.de/2011/12/29/grundsaetze-der-behoerdlichen-systemkontrolle/

S. 9:

2 .Ziele der behördlichen Systemkontrolle 

Die behördliche Systemkontrolle stellt das Instrumentarium dar, mit dem die zuständige Arbeitsschutzbehörde das Vorhandensein und das Funktionieren einer systematischen Arbeitsschutzorganisation hinsichtlich ihrer Eignung im Sinne des § 3 ArbSchG überprüft. Werden Defizite festgestellt, wirkt die zuständige Arbeitsschutzbehörde auf eine geeignete betriebliche Organisation hin.

Eine geeignete Organisation muss sicherstellen, dass:

  • die Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden,
  • Mängel im Arbeitsschutz festgestellt und beseitigt werden,
  • Schwachstellen in der Arbeitsschutzorganisation einschließlich der organisatorischen Ursachen konkreter Arbeitsschutzdefizite analysiert sowie Korrektur- und Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt werden,
  • die innerbetriebliche Kommunikation und die Zusammenarbeit sowie der innerbetriebliche Erfahrungsaustausch im Arbeitsschutz unter Einbeziehung aller Hierarchieebenen erfolgt,
  • die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten nachhaltig verbessert werden,
  • sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten dauerhaft ermöglicht und gefördert wird.

 
S. 37, Anlage:

4.1 Rechtsgrundlagen 

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) regelt die Gewährleistung und Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Dabei stehen Prävention und Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Mittelpunkt. Die Verpflichtung des Arbeitgebers eine geeignete Organisation des Arbeitsschutzes zu schaffen ist in § 3 ArbSchG verankert.

Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) regelt den Einsatz von Fachkräften für Arbeitssicherheit und
den Einsatz von Betriebsärzten. Damit soll erreicht werden, dass

  • die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Vorschriften den besonderen Betriebsverhältnissen entsprechend angewandt werden,
  • gesicherte arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Erkenntnisse zur Verbesserung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung verwirklicht werden und
  • die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Maßnahmen einen möglichst hohen Wirkungsgrad erreichen.

Rechtsgrundlagen für die Überwachung der Arbeitsschutzorganisation, die Beratung des Arbeitgebers, die Möglichkeit der Anordnung und weiterer Befugnisse sind das Arbeitsschutzgesetz (§ 21 (1), § 22 ArbSchG) und das Arbeitssicherheitsgesetz (§12, § 13 ASiG) sowie Einzelregelungen in den auf das Arbeitsschutzgesetz gestützten Rechtsverordnungen.
Für die Länderbehörden bedeutet dies, dass

  • die Überwachung der Erfüllung der Pflicht des Arbeitgebers zur Arbeitsschutzorganisation und die diesbezügliche Beratung Kernaufgaben sind,
  • die Erfüllung der rechtlich vorgegebenen Einzelverpflichtungen und deren betriebliche Wirksamkeit zu überprüfen ist und
  • im Rahmen der Beratung mindestens eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation bis hin zu einem Arbeitsschutzmanagementsystem als kontinuierlicher Prozess im Betrieb anzustreben ist.

Das heißt für Arbeitnehmervertreter, dass die Implementierung der Gefährdungskategorie “psychische Belastungen” beim Arbeitsschutz ihres Betriebes schon irgendwie prozesshaft geregelt sein muss. Das Gesetz schreibt dem Arbeitgeber zwar nicht vor, wie er den Einbezug dieser Kategorie in den Arbeitsschutz umsetzt. Aber es muss eine nachvollziebar und prüfbare Organisation dafür aufgebaut werden.

Gibt es Betriebsräte oder Personalräte in dem Unternehmen, dann dürfen sie in die zu dieser Organisation notwendige Dokumentation nicht nur Einsicht nehmen, sondern Arbeitnehmervertreter haben dann sogar die Pflicht zur Mitbestimmung. Diese darf nicht durch eine intransparente Organisation des Arbeitsschutzes behindert werden.

4.3 Zielsetzung

Zielsetzung der behördlichen Systemkontrolle ist die

  • Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsprozessen in Betrieben,
  • Stärkung der unternehmerischen Eigenverantwortung,
  • Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften in Betrieben,
  • Feststellung und Abstellung von Mängeln,
  • Verbesserung der betrieblichen Aufbau- und Ablauforganisation,
  • Integration von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Geschäftsprozesse der Organisation,
  • Förderung der systematischen Wahrnehmung des Arbeitsschutzes in Betrieben,
  • Nachhaltigkeit der behördlichen Überwachungstätigkeit im Betrieb.

 
Siehe auch: http://www.gda-portal.de/de/Betreuung/Leitlinie-Organisation-AS.html