Schlagwort 'behördliche Systemkontrolle'

Kriminelle Aufsichtsbehörden

Sonntag, 11. Dezember 2016 - 13:44

Ich halte Aufsichtsbehörden, die über viele Jahre hinweg Kriminalität zulassen, selbst für kriminell.

Trifft das auf bayerische Aufsichtsbehörden zu, wenn sich dort Tierärztinnen und Tierärzte vor ihrer eigenen Behördenführung fürchten müssen, wenn sie über massive und vorsätzliche Verstöße gegen den Tierschutz in Schlachtbetrieben berichten wollen?

Trifft das auf das Kraftfahrzeugbundesamt zu, wenn die oberen Führungsebenen Hinweise aus der unteren Behördenhierarchie auf Manipulationen bei der Motorkontrolle in Kraftfahrzeigen ignorierten?

Im Lebensmittelbereich müssen den Prüfern die Kakerlaken wohl schon direkt über die Nase krabbeln, damit dagegen eingeschritten wird.

Hier handelt es sich um klar erkennbare Verstöße, gegen die seit vielen Jahren nicht vorgegangen wird. Sie sind einfach zu erkennen. Wie sieht es da erst bei der Überwachung des Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz aus? Das Thema ist leider (aus Sicht der Arbeitnehmer) etwas komplexer. Hat denn immer noch niemand kapiert, was die Verstöße der Mehrheit der großen deutschen Betriebe im Bereich der psychischen Belastungern über die Qualität der behördlichen Aufsicht und die Verantwortlichkeit der für die miserablen Zustände verantwortlichen Politiker aussagen?

Das behördliche Aufsichtswesen in Deutschland ist verrottet. Ob es kriminell ist, müsste durch gründliche Recherche überprüft werden.

Kriminalisierung der Arbeitgeber

Sonntag, 3. Januar 2016 - 11:25

Ich werfe in meinem Blog einem Großteil der Arbeitgeber einen nachhaltigen Gesetzesbruch vor. Ist das eine Kriminalisierung dieser für unser Land so wichtigen Leistungsträger?

http://www.cdu-kreisverband-fulda.de/inhalte/1/aktuelles/91174/ergebnisse-der-mindestlohn-ueberpruefungen-zeigen-deutliche-ehrlichkeit-der-arbeitgeber/index.html (Heiko Wingenfeld, CDU Fulda, 2015-07-27)

[...] Die Arbeitgeber in Deutschland verhielten sich gesetzestreu. Und dies, obwohl die Regelungen rechtlich unsicher und noch viele Einzelfragen nicht geklärt seien. Die wenigen schwarzen Schafe fielen nicht ins Gewicht. Wegen der wenigen begründeten Fälle dürften nicht alle Arbeitgeber kriminalisiert werden. [...]

Hier ging es um Mindestlohn. Für den Arbeitsschutz stellte dagegen der Bundestag im Jahr 2012 fest, dass sich etwa 80% der Arbeitgeber über das Gesetz stellen: Sie kamen ihrer Pflicht zur Beurteilung arbeitsbedingter psychischer Belastungen nicht nach. (Die Regelungen dazu sind spätestens nach Beschlüssen des BAG im Jahr 2004 rechtlich sicher.)

Darf jetzt logischerweise die große Mehrheit der Arbeitgeber kriminalisiert werden?

Im 2011 konnte sich Ursula von der Leyen (damals noch Arbeitsministerin) rechtlich so sicher sein, dass sie sagte:

[...] Nach dem Arbeitsschutzgesetz muss, wer den Arbeitsschutz auch in seelischer Hinsicht vernachlässigt, mit empfindlichen Strafen bis hin zu Gefängnis oder Betriebsstilllegung rechnen. Wir brauchen also keine schärferen Gesetze. Studien zeigen, dass sieben von zehn Unternehmen das Thema schleifen lassen – meist aus Unwissenheit oder Hilflosigkeit. Deswegen müssen wir besser informieren, Lösungswege aufzeigen, kontrollieren und die Beteiligten motivieren. [...]

Es kamen dann auch keine schärferen Gesetze, sondern eine Klarstellung bereits geltenden Rechts im Arbeitsschutz. Das war richtig so, aber die Frage, wieviele Unternehmer nun tatsächlich empfindlich bestraft wurden, möchte Ursula von der Leyen vermutlich nicht beantworten.

Die Arbeitgeber, um die es hier geht, treten eben ganz anders auf, als der gemeine Gesetzesbrecher. Sie haben sowohl ein werbewirksam dargestelltes “Gesundheitsmanagement” wie auch sehr gute Umgangsformen. Außerdem sind sie professionell vorbereitet: Speziell Großunternehmen lassen sich nicht vom Besuch der Gewerbeaufsicht überraschen, sondern sie laden die Prüfer der behördlichen Aufsicht ein. Man geht ja zivilisiert miteinander um. Besonders beeindruckt ist die Gewerbeausicht bei ihren “Prüfungen” dann von zertifizierten Arbeitsschutzmanagementsystemen: Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle (LASI: LV 54, Anhang, S. 42):

5. Umgang mit zertifizierten Systemen

Der erfolgreiche Abschluss einer Prüfung der Wirksamkeit eines Arbeitsschutzmanagementsystems (AMS) oder vergleichbaren Systems soll zu Entlastungen bei eigeninitiierten Überwachungsmaßnahmen führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betrieb Bescheinigungen, Gütesiegel oder andere Zertifikate, die die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes bewerten, vorlegt und diese die Inhalte und Anforderungen des Nationalen Leitfadens erfüllen. Anlassbezogene Maßnahmen der zuständigen staatlichen Behörden bleiben unberührt. Über die Ergebnisse werden die Unfallversicherungsträger ggf. informiert.

Liegt zum Beispiel ein von einem bei der DAkkS akkreditierten (aber immer noch privatwirtschaftlich arbeitenden) Auditunternehmen erteiltes OHSAS 18001 Zertifikat vor, dann geht die “Prüfung” ganz schnell.

Wie kann man dann überhaupt noch auf die unverschämte Idee kommen, bei Unternehmern, die Zertifikate und Siegel vorzeigen können, die Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes anzuzweifeln? Und selbst wenn es offensichtlich ist, dass im inspizierten Betrieb psychische Belastungen nicht wirklich vorschriftsmäßig beurteilt werden, dann werden anstelle der Kriminalisierung von (Arbeitsplätze schaffenden) Unternehmern die Betriebsleitung von der Gewerbeaufsicht für ihr Bemühen gelobt, in Zukunft Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen einzuführen. Schließlich sind Großunternehmen ja auch politisch gut vernetzt, da darf die Kritik der Aufsichtsleute in den unteren Behörden an einem eventuell doch gesetzeswidrigen Arbeitsschutz nicht zu weit gehen.

In Bayern gab es einmal Zielvereinbarungen mit Unternehmen, bei denen die “Burnout-Detektive” der Gewerbeaufsicht Mängel feststellten. Inzwischen traut sich die bayerische Gewerbeaufsicht nicht einmal mehr, Zielvereinbarungen zu erwähnen.

Behördliche Systemkontrolle

Donnerstag, 2. Mai 2013 - 10:50

Die Leitlinien zur behördlichen Kontrolle von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) sind auch betriebsintern anwendbar:

Siehe auch: Schlagwort “Systemkontrolle”

Arbeitsschutzorganisation ist Pflicht

Freitag, 13. Juli 2012 - 08:01

Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle, LV 54, 2011-03
Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI)
http://blog.psybel.de/2011/12/29/grundsaetze-der-behoerdlichen-systemkontrolle/

S. 9:

2 .Ziele der behördlichen Systemkontrolle 

Die behördliche Systemkontrolle stellt das Instrumentarium dar, mit dem die zuständige Arbeitsschutzbehörde das Vorhandensein und das Funktionieren einer systematischen Arbeitsschutzorganisation hinsichtlich ihrer Eignung im Sinne des § 3 ArbSchG überprüft. Werden Defizite festgestellt, wirkt die zuständige Arbeitsschutzbehörde auf eine geeignete betriebliche Organisation hin.

Eine geeignete Organisation muss sicherstellen, dass:

  • die Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden,
  • Mängel im Arbeitsschutz festgestellt und beseitigt werden,
  • Schwachstellen in der Arbeitsschutzorganisation einschließlich der organisatorischen Ursachen konkreter Arbeitsschutzdefizite analysiert sowie Korrektur- und Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt werden,
  • die innerbetriebliche Kommunikation und die Zusammenarbeit sowie der innerbetriebliche Erfahrungsaustausch im Arbeitsschutz unter Einbeziehung aller Hierarchieebenen erfolgt,
  • die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten nachhaltig verbessert werden,
  • sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten dauerhaft ermöglicht und gefördert wird.

 
S. 37, Anlage:

4.1 Rechtsgrundlagen 

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) regelt die Gewährleistung und Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Dabei stehen Prävention und Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Mittelpunkt. Die Verpflichtung des Arbeitgebers eine geeignete Organisation des Arbeitsschutzes zu schaffen ist in § 3 ArbSchG verankert.

Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) regelt den Einsatz von Fachkräften für Arbeitssicherheit und
den Einsatz von Betriebsärzten. Damit soll erreicht werden, dass

  • die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Vorschriften den besonderen Betriebsverhältnissen entsprechend angewandt werden,
  • gesicherte arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Erkenntnisse zur Verbesserung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung verwirklicht werden und
  • die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Maßnahmen einen möglichst hohen Wirkungsgrad erreichen.

Rechtsgrundlagen für die Überwachung der Arbeitsschutzorganisation, die Beratung des Arbeitgebers, die Möglichkeit der Anordnung und weiterer Befugnisse sind das Arbeitsschutzgesetz (§ 21 (1), § 22 ArbSchG) und das Arbeitssicherheitsgesetz (§12, § 13 ASiG) sowie Einzelregelungen in den auf das Arbeitsschutzgesetz gestützten Rechtsverordnungen.
Für die Länderbehörden bedeutet dies, dass

  • die Überwachung der Erfüllung der Pflicht des Arbeitgebers zur Arbeitsschutzorganisation und die diesbezügliche Beratung Kernaufgaben sind,
  • die Erfüllung der rechtlich vorgegebenen Einzelverpflichtungen und deren betriebliche Wirksamkeit zu überprüfen ist und
  • im Rahmen der Beratung mindestens eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation bis hin zu einem Arbeitsschutzmanagementsystem als kontinuierlicher Prozess im Betrieb anzustreben ist.

Das heißt für Arbeitnehmervertreter, dass die Implementierung der Gefährdungskategorie “psychische Belastungen” beim Arbeitsschutz ihres Betriebes schon irgendwie prozesshaft geregelt sein muss. Das Gesetz schreibt dem Arbeitgeber zwar nicht vor, wie er den Einbezug dieser Kategorie in den Arbeitsschutz umsetzt. Aber es muss eine nachvollziebar und prüfbare Organisation dafür aufgebaut werden.

Gibt es Betriebsräte oder Personalräte in dem Unternehmen, dann dürfen sie in die zu dieser Organisation notwendige Dokumentation nicht nur Einsicht nehmen, sondern Arbeitnehmervertreter haben dann sogar die Pflicht zur Mitbestimmung. Diese darf nicht durch eine intransparente Organisation des Arbeitsschutzes behindert werden.

4.3 Zielsetzung

Zielsetzung der behördlichen Systemkontrolle ist die

  • Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsprozessen in Betrieben,
  • Stärkung der unternehmerischen Eigenverantwortung,
  • Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften in Betrieben,
  • Feststellung und Abstellung von Mängeln,
  • Verbesserung der betrieblichen Aufbau- und Ablauforganisation,
  • Integration von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Geschäftsprozesse der Organisation,
  • Förderung der systematischen Wahrnehmung des Arbeitsschutzes in Betrieben,
  • Nachhaltigkeit der behördlichen Überwachungstätigkeit im Betrieb.

 
Siehe auch: http://www.gda-portal.de/de/Betreuung/Leitlinie-Organisation-AS.html

Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle

Donnerstag, 29. Dezember 2011 - 16:58

Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
http://blog.psybel.de/lasi-veroeffentlichungen/#LV54, Inhalt:

1. Einleitung 9
2. Ziele der behördlichen Systemkontrolle 9
3. Bestandteile der behördlichen Systemkontrolle 10
3.1 Vorgehen 10
3.2 Inhalte 11
3.3 Bewertung 14
3.3.1 Bewertungssystematik 14
3.3.2 Gesamtbewertung 15
Anhang 17
Bewertungssystematik für die Arbeitsschutzorganisation 19
Verfahrensanleitung zur Systemkontrolle 35

Vorwort:

Das Ziel des Arbeitsschutzgesetzes ist, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Maßnahmen des Arbeitsschutzes, einschließlich der Maßnahmen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit, können in den Betrieben längst nicht mehr von Einzelinitiativen und Zufällen abhängig gemacht werden. Die komplexen Anforderungen an den Arbeitsschutz bei neuen Technologien und Prozessen sowie die notwendige weitere Reduzierung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen drängen zu einem effizienten und systematischen Arbeitsschutz in den Betrieben. Dieser trägt zur langfristigen Kostenentlastung der Betriebe sowie der sozialen Sicherungssysteme bei.

Angesichts dieser Entwicklungen in der Arbeitswelt kann auch die Aufsichtstätigkeit (Überwachung und Beratung) der staatlichen Arbeitsschutzbehörden nicht mehr bei Einzelmaßnahmen ansetzen. Vielmehr müssen Betriebe als Systeme betrachtet und als „Organisationsgebilde“ verstanden werden. Ursachen für Arbeitsschutzmängel müssen aufgedeckt werden. Dabei kann die Ursachenprüfung nicht beim Fehlverhalten des Arbeitnehmers enden, denn allzu häufig finden sich Fehler in der Delegationskette, in der Bereitstellung von Informationen, oder es sind Zuständigkeiten oder Abläufe unklar.

Die vorliegende LASI-Veröffentlichung „Grundsätze der behördlichen Systemkontrolle“ (LV 54) konkretisiert die Ziele, das Vorgehen und die Inhalte der Überwachung und Beratung durch die staatlichen Arbeitsschutzbehörden zur Arbeitsschutzorganisation. Sie ersetzt teilweise die im Jahr 2003 erschienene LASI-Veröffentlichung LV 33 [Teil A; Teil B der LV 33 wird noch überarbeitet].

Die Neufassung dieser LASI-Veröffentlichung verdeutlicht den hohen Stellenwert, den die behördliche Systemkontrolle für die Arbeitsschutzbehörden der Länder hat.

Die Aufsichtstätigkeit der staatlichen Arbeitsschutzbehörde hat insbesondere die wirksame Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtungen im Blick. Der Bewertung der Arbeitsschutzorganisation im Betrieb kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Durch die LV 54 wird die Überwachung und Beratung von Betrieben als kontinuierlicher Prozess der Behörden angelegt, der die Verbesserung des Niveaus der Arbeitsschutzorganisation im Betrieb anstrebt. Gleichzeitig wird im Rahmen der staatlichen Beratung eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation bzw. ein Arbeitsschutzmanagementsystem als kontinuierlicher Prozess im Betrieb gefördert.

Bremen / Hannover im März 2011

(Hervorhebung, Hyperlinks und Anmerkung in eckigen Klammern nachträglich eingefügt)

Siehe auch: