Schlagwort 'Geschichte'

Menschenrechtsbericht 2012

Montag, 29. Oktober 2012 - 20:43

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/112/1711250.pdf (S. 13/172)

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode
Drucksache 17/11250
24.10.2012
Unterrichtung durch die Bundesregierung
Zehnter Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik 

[...]

Mit der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) wurde ein wichtiger Schritt für ein modernes und anforderungsgerechtes Arbeitsschutzsystem getan, um sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu erhalten, weiter zu verbessern und zu fördern. Bund, Länder und Unfallversicherungsträger treten mit der GDA dafür ein, auf allen Ebenen des betrieblichen Gesundheitsschutzes eine nachhaltige und längerfristig angelegte Präventionspolitik zu betreiben und – abgestimmt mit den Sozialpartnern – praktische Verbesserungen für die Beschäftigten in der Prävention zu erreichen. Themenschwerpunkte für die neue GDA-Periode (2013 bis 2018) sind:

  • Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
  • Verringerung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich
  • Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung

Die Ziele wurden jeweils in Abstimmung mit den Kooperationspartnern, insbesondere den Krankenkassen, verabschiedet.

Ein Kernelement der GDA ist die die Erstellung eines kohärenten und anwenderfreundlichen Vorschriften- und Regelwerks. Dazu haben GDA-Träger gemeinsam mit den Sozialpartnern ein neues Leitlinienpapier verabschiedet. Dieses Papier ist nun Maßstab im Genehmigungsverfahren von Unfallverhütungsvorschriften und die Richtschnur für das gesamte Regelwerk. Im Bereich Beratung und Überwachung soll die GDA ein arbeitsteiliges System schaffen, das mit neuen Abstimmungsinstrumenten und einheitlichen Überwachungsgrundsätzen den Länderbehörden und den Unfallversicherungsträgern eine effektive und effiziente Aufsichtstätigkeit zum Nutzen der Betriebe ermöglicht. Länder und Unfallversicherungsträger haben sich mit den Leitlinien ,,Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation” sowie ,,betriebliche Arbeitsschutzorganisation” in zentralen Arbeitsschutzfeldern auf eine neue Überwachungsstrategie verständigt.

1999: Berufsgenossenschaft gegen AMS-Zertifizierung

Mittwoch, 3. Oktober 2012 - 18:50

Steine + Erden ist das Fachmagazin für Prävention der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) in der Branche Baustoffe – Steine und Erden. Im Jahr 1999 veröffentlichte das Magazin in der Ausgabe 4/99 diese Position (http://www.steine-und-erden.net/se499/managmnt.htm):

Arbeitsschutzmanagement:

Zertifizierung weiterhin nicht erforderlich

Die Betriebe der gewerblichen Wirtschaft werden vielfach gedrängt, ein Arbeitsschutzmanagementsystem einzuführen und zertifizieren zu lassen. Dabei wird vergleichsweise auf entsprechende Praktiken in der Qualitätssicherung und im Umweltschutz verwiesen. Auf diesen Gebieten existieren internationale Normenreihen (ISO 9001 und 14001 M). Im Arbeitsschutz ist die Situation jedoch anders: Die Sozialpartner, die staatlichen Arbeitsschutzbehörden und die Berufsgenossenschaften lehnen eine Normung und Zertifizierung von Arbeitsschutzmanagementsystemen ab. Die Freiräume der Unternehmer zur Organisation ihres Betriebes – auch in Sachen Arbeitsschutz – dürfen nicht durch Normen reguliert und damit eingeengt werden. Außerdem würden Normen zu faktischen Zertifizierungszwängen führen und damit den Betrieben nicht unerhebliche Kosten verursachen. Arbeitsschutz ist ein gesetzlicher Auftrag an die Unternehmer. Wie der einzelne Unternehmer dieser Verpflichtung, die in staatlichen Verordnungen sowie in Unfallverhütungsvorschriften konkretisiert ist, nachkommt und wie er den Arbeitsschutz in seinem Betrieb organisiert, liegt in seiner Verantwortung.

Nunmehr versuchen einige Organisationen, insbesondere aus dem Kreis der privaten Zertifizierer, auf internationaler Ebene mit einer normenähnlichen Publikation (OHSAS 18001: 1999 Arbeitsschutzmanagement – System-Beschreibung) die ablehnende Haltung gegenüber der Normung zu umgehen, offensichtlich um das Feld für Zertifizierungen vorzubereiten. Es ist nicht auszuschließen, daß die Publikation zum Anlass genommen wird, insbesondere mittleren und kleinen Betrieben die Zertifizierung von Arbeitsschutzmanagementsystemen verstärkt anzubieten. Damit würden bei den Betrieben Kosten verursacht, die nicht notwendig sind.
Arbeitsschutzmanagementsysteme sind – darüber besteht kein Zweifel – ein wirksames Instrument zur Verbesserung des Arbeitsschutzes. Mit ihnen kann der Arbeitsschutz wirkungsvoll in den Betrieb integriert werden. Die Einführung von Arbeitsschutzmanagementsystemen ist jedoch freiwillig; das heißt, die Betriebe sind weder durch die staatlichen Arbeitsschutzbehörden noch durch die Berufsgenossenschaften verpflichtet, Arbeitsschutz-Managementsysteme einzuführen, und erst recht nicht, sie zertifizieren zu lassen. Demzufolge kann eine von einer privaten Institution vorgenommene Zertifizierung auch keinen Einfluss auf die Überwachung des Betriebes durch die Berufsgenossenschaften haben.

Dass die AMS-Standards zu faktischen Zertifizierungszwängen führen, ist bereits beobachtbar. Die BG hat Bedenken wegen der Kosten. Nach der bisherigen Schlamperei speziell beim Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz wird es es aber nun unvermeidlich sein, an das Thema in einem Rahmen hernzugehen, der es auditierbar macht. Leider gibt es wegen der Natur des Zertifizierungsgeschäftes auch hier Probleme: Ich mache mir weniger um die Kosten Sorgen, sondern um die falsche Sicherheit, die durch schlechte Audits entsteht. Zertifikate für OHSAS 18001:2007 sind beispielsweise auch an Unternehmen vergeben worde, die in ihrem Arbeitsschutz keine Prozesse für den Umgang mit psychischen Belastungen vorweisen konnten und deren AMS-Handbücher auch nach dem 30. Juni 2009 noch auf dem Stand des OHSAS 18001:1999 waren.

Darum brauchen wir aufmerksame und kräftige Betriebsräte.

 


2012-10-07:
In die gleiche Richtung geht http://www.kan.de/fileadmin/user_upload/docs/Fachbeitraege/Fachbeitraege_DE/AMS-Metze.pdf

Arbeitsschutz-Management-Systeme (AMS) als Hilfen
für eine sichere Organisation des Arbeits- und
Gesundheitsschutzes
von E. Metze

Keine Normung von Arbeitsschutz-Management-Systemen

angewandte Arbeitswissenschaft | No 197 | 2008
S. 27-28

Gefährdungsbeurteilung bei psychischen Belastungen

Sonntag, 30. September 2012 - 19:07

http://www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/artikel28.html

Im Artikel werden aktuelle Studien zur Verbreitung der Gefährdungsbeurteilung bei psychischen Belastungen sowie zu hemmenden und fördernden Bedingungen ihrer Umsetzung im Betrieb referiert. Die Studien zeigen, dass nur eine Minderheit der Betriebe, die Gefährdungsbeurteilungen umsetzen, dabei auch psychische Belastungen berücksichtigen. Unter Bezugnahme auf die verfügbaren Studien zu hemmenden und fördernden Bedingungen werden Empfehlungen für eine breitere Umsetzung in der betrieblichen Praxis formuliert.

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift “Prävention und Gesundheitsförderung” (2012, Volume 7, Number 2, Seiten 115-119) im Springer-Verlag erschienen.

D. Beck, G. Richter, M. Ertel, M. Morschhäuser:
Gefährdungsbeurteilung bei psychischen Belastungen in Deutschland. Verbreitung, hemmende und fördernde Bedingungen
2012. PDF-Datei

Aus dem Artikel:

Befragt zu den Faktoren, die den Umgang mit psychosozialen Risiken besonders erschweren, wurden von den Führungskräften aus Deutschland am häufigsten die Brisanz des Themas (59%), fehlendes Wissen/Qualifikationen (55%), fehlende Zeit- und Personalressourcen (54%) sowie mangelndes Problembewusstsein (51%) genannt.

[Quelle: European Agency for Safety and Health at Work (2010) European Survey of Enterprises an New and Emerging Risks. Managing safety and health at work. European Agency for Safety and Health at Work, Bilbao]

.

Siehe auch:

1927: Physische und psychische Ermüdung

Montag, 17. September 2012 - 00:04

 

 
http://www.reichstagsprotokolle.de/Sach_bsb00000080_000447

4. Entschl. Müller (Franken) u. Gen. (zur II. B. Rhs 1927, Arbeitsmin., F. A. Kap. 4): Bd. 414, Nr. 3071 zu a und b. — Betr. Beobachtung der Wirkungen der modernen Produktionsmethode, insbesondere der Fließarbeit, durch die Gewerbeaufsichtsbeamten (Punkt a). — Ferner Beobachtung der durch physische und psychische Ermüdung hervorgerufenen Schäden durch zu diesem Zwecke einzustellende besonders ausgebildete Gewerbeärzte (Punkt b). Bd. 392, 282. Sitz. S. 9365B . Bd. 393, 307. Sitz. S. 10572D . — 9. Aussch.

History of OHSAS 18001

Samstag, 25. August 2012 - 01:45

http://18000store.com/ohsas-18000-history.aspx

AOK-Fehlzeiten-Report 2012

Donnerstag, 16. August 2012 - 22:13

http://www.aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2012/index_08759.html

Weitere Fehlzeiten-Reports (bis in das Jahr 1999 zurück): http://www.wido.de/fzreport.html

GDA Fachkonzept

Sonntag, 12. August 2012 - 00:36

Die folgenden Links zur Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie sind eher für Rechercheure gedacht als für Praktiker im Arbeitsschutz.

 
(1) http://www.ifado.de/forschung_praxis/projektgruppen/biodyn/Fachkonzept_GDA_mit_Anlagen_2007-08-13_1.pdf (oder http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/08/Fachkonzept_GDA_mit_Anlagen_2007-08-13_1.pdf)

Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie
Fachkonzept und Arbeitsschutzziele 2008 – 2012
Fortschreibung – Stand: 13.08.2007

 
(2) http://www.berufsgenossenschaften.de/inhalt/praevention/gemein_strat/documents/A_II_06_08.pdf

Ingo Zakrzewski
Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie – GDA
Anwenderfreundlichkeit und Rechtssicherheit
Die Ziele der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie zum Vorschriften- und Regelwerk im Arbeitsschutz …

… Mit der Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben durch das Arbeitsschutzgesetz rückte die Eigenverantwortlichkeit des Arbeitgebers und die Formulierung von Schutzzielen zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in den Mittelpunkt. Dieser Ansatz traf auf ein durch konkrete Detailvorgaben geprägtes nationales Arbeitsschutzverständnis, was mit dem Streben nach mehr Eigenverantwortung und Flexibilität beim betrieblichen Arbeitsschutz nicht im Einklang stand. Die Folge waren Kompatibilitätsprobleme, Doppelregelungen und Widersprüche innerhalb des Vorschriften- und Regelwerkes zum Arbeitsschutz. …

… Zentrales Anliegen ist, Doppelregelungen von staatlichem Arbeitsschutzrecht und Unfallverhütungsvorschriften weiter abzubauen und künftig zu vermeiden. Dieser Deregulierungsprozess wurde bei den Unfallversicherungsträgern bereits 1999 eingeleitet und insbesondere im Zusammenhang mit dem Erlass der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ in weiten Teilen umgesetzt. Die politischen Forderungen nach Bürokratieabbau und nach mehr Eigenverantwortung verlangen jedoch, dass diese Entwicklung noch konsequenter fortgesetzt wird. Auf Grund der Europäisierung des Arbeitsschutzes sind zwischenzeitlich weite Bereiche durch staatliche Arbeitsschutzvorschriften geregelt. Die hierdurch entstehenden Überschneidungen mit den Regelungsbereichen der Unfallverhütungsvorschriften sind mit dem Ziel eines schlanken Vorschriftenwerkes nicht vereinbar. Deshalb wird der Erlass von Unfallverhütungsvorschriften nach der zwischen Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern im Rahmen der GDA abgestimmten Rahmenkonzeption nur noch zur Ergänzung oder Konkretisierung des staatlichen Rechtes für erforderlich gehalten. …

(Hervorhebungen nachträglich eingefügt)

Wie wir heute wissen, wird bis heute die Mehrheit der Unterneher ihrer Verantwortung nicht gerecht. Im Gegenteil, sie haben heute sogar die Chuzpe, in ihren Programmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung die Eigenverantwortung der Mitarbeiter in den Vordergrund zu stellen. Funktioniert dagegen hat die Bürokratisierung - mit dem möglicherweise politisch gewünschten Erfolg, dass die behördliche Kontrolle nicht mehr funktioniert.

 
(3) http://www.gda-portal.de/de/Ziele/Fachkonzept_content.html (oder http://blog.psybel.de/wp-content/uploads/2012/08/GDA-Fachkonzept-gesamt.pdf)

Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie
Fachkonzept und Arbeitsschutzziele 2008 – 2012
Stand: 12. Dezember 2007

 
(4) http://www.gda-portal.de/de/Ziele/Arbeitsschutzziele2013-18.html

GDA-Periode 2013 – 2018 Arbeitsschutzziele

In den Jahren 2013 -2018 werden Bund, Länder und Unfallversicherungsträger nach dem Beschluss der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz (NAK) vom 30. August 2011 ihre Präventionsaktivitäten schwerpunktmäßig auf die Umsetzung von drei gemeinsamen Arbeitsschutzzielen ausrichten:

  • Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
  • Verringerung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich
  • Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung

Beim Ziel “Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes” stehen insbesondere die Integration von Sicherheit und Gesundheit in betriebliche Prozesse und Entscheidungsbereiche sowie die Verbesserung der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung im Mittelpunkt.

Handlungsschwerpunkte im Bereich der arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich liegen in der gesundheitsgerechten Gestaltung von einerseits bewegungsarmen und einseitig belastenden Tätigkeiten sowie andererseits Tätigkeiten mit hohen körperlichen Belastungen.

Bei der Umsetzung des Zieles “Schutz der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung” wird es zunächst darum gehen, Aktivitäten und Instrumente zu entwickeln, die ein frühzeitiges Erkennen und eine Beurteilung im Hinblick auf Gesundheitsgefährdungen ermöglichen. Im Weiteren sollen präventive, arbeitsorganisatorische sowie gesundheits- und kompetenzfördernde Maßnahmen zur Verminderung arbeitsbedingter psychischer Belastungen entwickelt und umgesetzt werden.

Dem Beschluss zu den zukünftigen Arbeitsschutzzielen ist ein intensiver Abstimmungsprozess der in der NAK beteiligten Vertretungen von Bund, Ländern, Unfallversicherungsträger und der Sozialpartner sowie eine schriftliche Befragung der Fachöffentlichkeit voraus gegangen. Ziel der Konsultation war es, der Ausgestaltung und Fortentwicklung der GDA-Ziele eine breite und vielfältige Grundlage zu geben sowie Anknüpfungspunkte für gemeinsame Aktivitäten mit Kooperationspartnern zur Zielumsetzung zu ermitteln.

 
(5) http://suqr.uni-wuppertal.de/fileadmin/Fachgebiete/SiTe/LuFG_Sicherheitsrecht/Kolloquium_Download/Kolloquium_SS_2004_-_BRUECKNER.pdf, Bernhard Brückner, 2004

Staatliche Arbeitsschutzaufsicht zwischen Deregulierung, Verwaltungsreform und neuen Herausforderungen

Zweck der öffentlich geführten Deregulierungsdiskussion scheint zu sein, Arbeitsschutzvorschriften grundsätzlich als Maßnahmen darzustellen, die die Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung hemmen.
Eine fundierte Debatte über eine Neuordnung des Arbeitsschutzrechts hat – trotz vorhandener Ansätze – bis jetzt nicht stattgefunden.

 
Ich fand zwei Quellen zunächst mit https://www.google.de/search?q=”Grundsäze+zur+Neuordnung+des+Arbeitsschutzrechts”+psych

Betriebliche Lösungen

Montag, 30. Juli 2012 - 23:18

“Betriebsspezifische Lösungen” oder “betriebsnahe Lösungen” sind ein Mittel der “Entbürokratisierung”. Unternehmer wollen lieber innerbetriebliche Regeln anwenden, als sie sich vom Staat überstülpen zu lassen. Allerdings verlagern sich dann bei der Gestaltung der Regeln die Verhandlungen vom parlamentarischen und demokratisch legitimierten Prozess weg in den Betrieb. Wenn dann ein guter Betriebsrat fehlt, kann der Arbeitgeber ohne Verhandlungen durchsetzen, wie die “Verbetrieblichung” aussehen soll.

Zur Vertrieblichung gibt es auch Forschung:
http://www.iaq.uni-due.de/fsgruppen/bra.php

Forschungsgruppe “Betriebliche Regulierung von Arbeit”

Mitglieder: Prof. Dr. Werner Nienhüser (Leitung), Heiko Hoßfeld
Kurzportrait der Forschungsgruppe

Die Forschungsgruppe beschäftigt sich derzeitig schwerpunktmäßig mit dem Thema “Verbetrieblichung”. Verbetrieblichung bezeichnet den Prozess und den Zustand der Verlagerung der Regulierung von Sachverhalten von der überbetrieblichen auf die betriebliche Ebene. Eine Verlagerung von Tarifverhandlungselementen erfolgt etwa über Öffnungsklauseln, auch in der zunehmenden Zahl von Haustarifverträgen drückt sich Verbetrieblichung aus. Diese Entwicklungen haben massive Folgen für die Verhandlungsparteien. Die Forschungsgruppe untersucht die Folgen für die Betriebe – für die Beschäftigten ebenso wie für die Betriebsleitungen. Wir wollen Kenntnisse gewinnen über Formen der Verbetrieblichung und über die (wahrgenommenen) betrieblichen Folgen in Form etwa von Arbeitskosten und Konflikten.

Update: https://www.uni-due.de/apo/Verbetrieblichung/

Fehlzeitenreport 1999 als Sammlerstück: 300 €

Montag, 30. Juli 2012 - 09:00

Gefunden bei Amazon:

Das war im Januar 2012. Jetzt: 3 gebraucht ab EUR 148,99 1 Sammlerstück ab EUR 291,90.

Psychische Belastungen sind überhaupt kein neues Thema. Wie man sieht, findet man es schon im antiquarischen Buchhandel als Sammlerstück. (Es gibt sogar noch älteres Material zum dem Thema.) Arbeitgebern, die den ganzheitlichen Arbeitsschutz immer noch missachten, nehme ich einfach nicht ab, dass das Thema der psychischen Belastungen für sie neu sei.

Alternative: http://www.wido.de/fzr_1999.html

1999: Gewolltes Unwissen, erlernte Hilflosigkeit

Sonntag, 29. Juli 2012 - 20:01

Psychischer Stress in der Arbeitswelt. Erkennen - Mindern - Bewältigen, RKW-Fachtagung, 127 S., 1999-11-24, http://www.infoline-gesundheitsfoerderung.de/global/show_document.asp?id=aaaaaaaaaaagejg

Die nach dem Arbeitsschutzgesetz geforderte Gefährdungsbeurteilung verlangt vom Arbeitgeber u.a., dass psychische Belastungen ermittelt, Maßnahmen zur Regulierung eingeleitet und deren Wirksamkeit überprüft werden. Ein Schritt, um einen ganzheitlichen Arbeits- und Gesundheitsschutz zu verwirklichen, liegt deshalb im Erkennen und in der Beurteilung von kognitiven, psychosozialen und emotionalen Belastungsfaktoren. Hierzu gibt es eine Reihe von Methoden und Instrumenten, die jedoch nur zögerlich in der Praxis eingesetzt werden. Vielen betrieblichen Praktikern fehlen zum einen die Kenntnisse, angemessene Ermittlungsmethoden auszuwählen; zum anderen sind viele Verfahren noch wenig erprobt und erfüllen eher wissenschaftliche als praktische Ansprüche. …

… Die gesetzlichen Entwicklungen tragen den veränderten Arbeitsbedingungen und der merklichen Belastungsverschiebung in der Arbeitswelt Rechnung und korrespondieren mit der notwendigen Verständniserweiterung. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vertritt diese ganzheitliche Sicht und gibt ihr die rechtliche Legitimation. Ein Gesetzesauszug, der diese systemische Auffassung repräsentiert, lautet “Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen; [...].” (§ 4, Nr. 4 ArbSchG). Das betriebliche Arbeitsschutzhandeln soll demnach auf ein ganzheitliches Arbeitsschutzhandeln ausgerichtet sein und neben den technischen Bedingungen die der Arbeitsorganisation und sozialen Beziehungen berücksichtigen.

Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung ist das Erkennen der verschiedenen Quellen betrieblicher Gesundheitsgefährdungen, um daraus präventive und korrektive Arbeitsschutzmaßnahmen abzuleiten. Ein wichtiges Instrument und eine wesentliche Entscheidungsgrundlage dafür ist die gesetzlich geforderte Gefährdungsbeurteilung. Nach § 5 Abs. 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, “durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.” Dies schließt psychische Belastungen mit ein. Gefährdungen, verstanden als Quelle möglicher arbeitsbedingter Gesundheitsbeeinträchtigungen oder arbeitsbedingter Unfälle, werden beispielhaft in § 5 Abs. 3 aufgeführt, u.a. mit der Spezifizierung: “Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch [...] (die) Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken”, d.h. eben diese Elemente eines Arbeitssystems, die mit dem Konzept der psychischen Belastungen erfasst werden. Ganz explizit genannt, werden psychische Belastungen bisher als Kriterium bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen in § 3 der Bildschirmarbeitsverordnung.

… obwohl für die Ermittlung der belastenden Arbeitsbedingungen als auch die der Beanspruchungen können zwei Erhebungsstrategien unterschieden werden: Bei der ersten Variante führt ein externer Experte, d.h. eine Person, die nicht unmittelbar von den Arbeitsbedingungen betroffen ist, die Analyse und Bewertung durch. Im Betrieb kann das die Fachkraft für Arbeitssicherheit sein oder der Betriebsarzt [Leider kann es vorkommen, dass sich beide dem Arbeitgeber verpflichteter fühlen, als den Arbeitnehmern], im Fall der überbetrieblichen Einrichtungen, die staatlichen und technischen Aufsichtsbeamten [die bis heute vorwiegend technisch geblieben sind!] oder ein Unternehmensberater. Diese Vorgehensweise wird auch häufig als “objektiv” bezeichnet, in Abgrenzung zu den subjektiven Verfahren. Bei der zweiten Ermittlungsstrategie erfolgt die Analyse und Bewertung durch die Beschäftigten. Am bekanntesten ist hier wohl die Methode der fragebogengestützten Mitarbeiterbefragung. …

(Hervorhebungen und Anmerkungen in eckigen Klammern nachträglich eingetragen)

Das war also schon im Jahr 1999 klar. Aber Ursula von der Leyen billigt den Unternehmern heute “Unwissen und Hilflosigkeit” zu. Es war aber eine nachhaltig gewolltes Unwissen und gut erlernte Hilflosigkeit. Auch in den Gewerbeaufsichten schein das Unwissen von den politischen Führungen gewollt und durch “Verschlankung” so erfolgreich erreicht worden zu sein, wie sich die Unternehmerverbände das wünschten. Dabei rufen die vielen Unternehmer, die erst dann Handlungsbedarf sehen, wenn es rechtlich für sie brenzlig wird, geradezu nach scharfen Kontrollen. Sie sollten sich nicht beschweren. Immerhin hatten sie eine Chance gehabt. Statt dessen hören wir von zu vielen Unternehmern, die ihrer eigenen unternehmerische Verantwortung selbst nicht gerecht werden, Aufforderungen an die Mitarbeiter, sich “eigenverantwortlich” um ihre Gesundheit zu kümmern. Wird Frechheit wieder einmal siegen?