Nordkoreanische Arbeiter in der EU

Donnerstag, 26. Mai 2016 - 06:52

https://correctiv.org/recherchen/stories/2016/05/24/nordkoreanische-zwangsarbeiter-polen-deutsche-firmen/

Günstige Preise dank Zwangsarbeit
EXKLUSIV: Deutsche Firmen kaufen bei Werft ein, die nordkoreanische Zwangsarbeiter beschäftigt 

Nordkorea vermietet 50.000 Arbeiter an ausländische Firmen. Die meisten müssen in Russland und China schuften. Doch jetzt haben Journalisten auch mehrere dieser Zwangsarbeiter auf der Crist-Werft in Polen entdeckt. Zu den Kunden dieser Werft gehören auch die deutschen Baukonzerne Hochtief und Bilfinger. [...]

 
https://www.facebook.com/correctiv.org/posts/1689942151255225

Hier sind die Belege zur Geschichte über nordkoreanische Zwangsarbeiter auf polnischen Werften: Unsere Kollegen von VICE Deutschland haben auf der Crist- und Nauta-Werft Nordkoreaner gefunden. CORRECTIV hat die Dokumente dieser Werften ausgewertet: In den Kundenlisten beider Firmen finden sich Dutzende Einträge deutscher Reedereien, die dort Schiffe haben bauen oder reparieren lassen. [...]

 
Zunächst ist erst einmal festzustellen, dass das AMS (Arbeitsschutzmanagementsystem) der Werft Crist S.A. von DNV-GL (Det Norske Veritas – Germanischer Lloyd) nach PN-N-18001:2004 zertifiziert ist:

Das AMS der Nauta-Werft ist nicht nach dem etwas veralteten PN-N-18001:2004 zertifiziert, sondern von Polski Rejestr Statków sogar nach dem verbesserten Standard OHSAS 18001:2007:

 
Theoretisch ist es gut, wenn Nordkoreaner in einem Unternehmen mit einem nach PN-N-18001 oder nach OHSAS 18001 zertifizierten AMS arbeiten. Willkommen in der traumhaft schönen Welt der AMS-Standards. Allerdings stellt sich hier die ziemlich spannende Frage, wie DNV-GL und Polski Rejestr Statków Zertifizierungsaudits sowie Zwischenaudits überhaupt glaubwürdig durchführen können. Wie wird der Druck berücksichtigt, der auf die in Nordkorea lebenden Familienangehörigen der in Polen arbeitenden Nordkoraner ausgeübt wird? Das ist eine ganz erhebliche psychische Belastung, die durchaus im Zusammenhang mit der Arbeitssituation der nordkoreanischen Arbeiter steht.

Vielleicht sollten Journalisten einmal die nordkoreanischen Arbeitnehmervertreter der nordkoreanischen Arbeiter zu einem gemütlichen Abendessen einladen und sich darüber informieren, wie ihre Arbeitgeber psychische Belastungen so beurteilen, wie das in der EU vorgeschrieben ist. (Die Arbeiter der Nauta-Werft sind ja auch sicherlich über die Absätze 3.8, 3.9 und 4.4.3.2 in OHSAS 18001:2007 informiert worden.) Möglicherweise wäre so ein Abendessen ja auch ein Beitrag zur Erheiterung der Nordkoreaner.

Wie sind die nordkoreanischen Arbeiter an externen Audits und internen Audits (Vorgehensweise nach ISO 17021 bzw. nach ISO 19011) beteiligt? Dürfen sie dabei zur Verbesserung der Auditqualität beitragen, oder dürfen sie sich (mit Rücksicht auf ihre Familienangehörigen in Nordkorea) nur lobend zum Arbeitsschutz äußern?

Eine vielleicht nicht ganz unwichtige Frage: Erlauben PN-N-18001 und OHSAS 18001 den Einsatz von Zwangsarbeitern überhaupt? Oder kann mit Hilfe von Zertifizierern wie DNV-GL und Polski Rejestr Statków dargestellt werden, dass trotz des Zwangs, dem die Familien der Arbeiter in Nordkorea ausgesetzt sind, die in Polen arbeitenden Nordkoreaner zumindest formal keine Zwangsarbeiter sind? Wären DNV-GL und Polski Rejestr Statków dann für Zwangsarbeit mitverantwortlich?

PS: Ich weiß nicht, ob es eine gute Sache ist, dass BS OHSAS 18001 in Polen zu einer nationalen Norm wurde, wenn PN-N-18001 die Verbesserungen des BS OHSAS 18001 im Jahr 2007 nicht mitgemacht hat.

PPS: Wer für OHSAS 18001 glaubwürdige Audits durchführen will, sollte nach dem Verfahren der niederländischen SCCM vorgehen.


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