40 Jahre Mitbestimmung

Donnerstag, 19. Januar 2012 - 00:40

http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/novelliertes-betriebsverfassungsgesetz.html


Vor 40 Jahren, am 19. Januar 1972, trat die Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes in Kraft. Die Gesetzesänderung brachte die Mitbestimmung der Beschäftigten im Betrieb auf den noch heute gültigen, hohen Standard und entwickelte ihre Mitwirkungsrechte entscheidend weiter. Das novellierte Betriebsverfassungsgesetz ist ein Meilenstein der deutschen Sozialgeschichte.

Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Arbeit und Soziales:

Die Partnerschaft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in den Betrieben macht Deutschland stark. Das hat sich gerade in der Krise wieder eindrucksvoll gezeigt. Zusammenstehen, Kooperation statt Konfrontation: Das zahlt sich bei allen Interessensunterschieden im Einzelfall am Ende für alle aus. Zusammen mit der Tarifpartnerschaft ist die Mitbestimmung eine unentbehrliche Bedingung für den Erfolg der deutschen Wirtschaft in der Welt.

(Link nachträglich in das Zitat eingefügt)

Na ja, gelegentlich ist auch in einer Kooperation eine Konfrontation nötig. Der Arbeitsschutz ist ein gutes Beispiel: 15 Jahre lang setzten wir auf die Illusion, dass Unternehmer sich im Großen und Ganzen an die Regeln des Arbeitsschutzes halten. Aber bis heute zieht es eine Mehrheit der Unternehmer vor, sich nach Lust und Laune auszusuchen, welche Regeln des Arbeitsschutzes respektiert werden sollen und welche nicht. Mehr als ein Drittel der deutschen Arbeitgeber beurteilt nicht einmal die Risiken der Körperverletzung, die ihre Arbeitsplätze ihren Mitarbeitern durch psychische Fehlbelastungen zugefügt werden können. Statt der ihnen zugewiesenen Verantwortung gerecht zu werden, basteln sich viele Arbeitgeber lieber ein Gesundheitsmanagement zusammen, dass zuerst den Mitarbeitern die Verantwortung zuschiebt.

Wir haben uns an den täglichen Rechtsbruch durch Unternehmer gewöhnt. Wir haben uns daran gewöhnt, dass staatliche Aufsicht einerseits in den Kleiderschränken und Betten von Sozialhilfeempfängern herumschnüffelt, um herauszufinden, ob sie heimlich in Lebensgemeinschaften leben und damit ihre Kosten um ein paar Euro senken. Andererseits müssen unterbesetzte und schwache Aufsichtsbehörden zulassen, dass Unternehmer, denen persönlich es in der Mehrzahl ohnehin schon gut geht, munter die Gesetze brechen, um in den Betrieben ihre Kosten zu drücken. Diese Toleranz zeigt der Staat ja nicht nur im Arbeitsschutz, sondern z.B. auch gegenüber den Pharmaherstellern und Fleischproduzenten, die seit langer Zeit gesetzeswidrig in Massen Antibiotika verfüttern lassen. Als Nebenprodukt entstehen dadurch resistente Krankheitserreger, die uns zunehmend gefährlicher werden. Aber die Aufsicht ist hilflos. Was für ein Wahnsinn! Bei der Wahl der Prioritäten staatlicher Aufsicht sind wir im wahren Sinne des Wortes verrückt geworden.

In den Betrieben ist die Mitbestimmung ein mögliches Gegenmittel gegen unverantwortliches Wirschaften. Sowohl die staatlichen Aufsichtsbehörden wie auch viele Betriebsräte haben beim ganzheitlichen Arbeitsschutz viel zu lange auf eine zu weiche Kooperation gesetzt und dadurch zugelassen, dass Arbeitnehmer psychisch und physisch verletzt werden konnten. Kooperation und Konfrontation sind aber kein Gegensatz. Wir brauche eine noch aktivere Mitbestimmung, die zum Wohl der Kooperation auch die Konfrontation nicht scheut.


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