Schlagwort 'Zertifizierungsgeschäft'

Werbung für Akkreditierung

Dienstag, 20. Mai 2014 - 07:42

http://de.dqs-ul.com/services/audit-campus/veranstaltungen/detail/article/corporate-health-convention-2014.html (nicht mehr aufrufbar)

Corporate Health Convention 2014

Datum: 20.05.2014
Uhrzeit: 09:00
Ort: Stuttgart

Die Corporate Health Convention, 4. Europäische Fachmesse für betriebliche Gesundheitsförderung und Demografie öffnet am 20. und 21. Mai 2014 in Stuttgart ihre Tore.

Am Gemeinschaftsstand der HAWARD-Partner informieren wir Sie über den Stand der Akkreditierung der DQS für die BGM-Norm DIN SPEC 91020, den Aufwand, Ihr BGM-System nach diesem Regelwerk zu zertifizieren, und weitere Möglichkeiten, Sie durch Audits auf dem Weg zur Zertifizierungsreife zu begleiten. Auditoren, die für die DQS tätig werden möchten, können sich über die erforderlichen Qualifikationen informieren.

Nach meiner Kenntnis ist noch gar nicht beschlossen worden, dass die “BGM-Norm DIN SPEC 91020″ (die keine Norm ist), überhaupt akkreditierungsfähig ist.

OHSAS 18001 in Bangladesch

Donnerstag, 24. April 2014 - 22:57

Vor einem Jahr bezahlten in Bangladesch mehr als tausend Menschen mit ihrem Leben dafür, dass auch Deutsche sich über Billigtextilien freuen können. Hier kommt dann auch mal das nicht so populäre Thema der Zertifikate im Arbeitsschutz in die Nachrichten.

https://www.linkedin.com/groups/Why-not-certification-agencies-in-4667343.S.5799411880426487809

Why not certification agencies in Bangladesh are blacklisted for issuing fake certificate of ISO 9001, ISO 14001, OHSAS 18001 and SA 8000. and also made a party to fake system under the law [...]

Wer sich hier über schlechtes Englisch beschwert, hat vielleicht nicht die richtigen Prioritäten. Hier wurde gefragt, warum Zertifizierer, die in Bangladesch Scheinzertifikate nach of ISO 9001, ISO 14001, OHSAS 18001 und SA 8000 erteilen, nicht auf eine schwarze Liste kommen.

Es gibt für deutsche Klamottenhandelsketten wohl kaum Zulieferer in Bangladesch, die nach OHSAS 18001 zertifiziert sind. Und wenn sie es wären, würde wahrscheinlich erst recht nicht allzu genau hingesehen werden. Hier ist Zertifizierung von Arbeitsschutzmanagementsystemen ein Instrument organisierter Verantwortungslosigkeit nicht nur deutscher Firmane, sondern auch die Kunden wollen’s mehrheitlich eigentlich nicht so genau wissen.

Im Zusammenhang geraten dann auch deutsche Zertifizierer in die Nachrichten. Wenn sie ihren Aufgaben anständig gerecht werden wollen, stehen sie in einem Land wir Bangladesch sicherlich vo großen Herausforderungen.

DEKRA prüfte Zalando

Mittwoch, 23. April 2014 - 07:42

http://www.zalando.de/zalando-logistik/

[...] Zusätzlich lassen wir einmal pro Quartal an allen unseren Logistikzentren sowie an den Standorten unserer Dienstleistungspartner die Arbeitsbedingungen und Sozialstandards durch die DEKRA als unabhängiges Institut überprüfen. Diese Überprüfungen haben uns in den letzten Jahren stets sehr gute Arbeitsbedingungen bescheinigt. So ergab der letzte DEKRA-Bericht am Standort Erfurt beispielsweise ein Gesamtergebnis von 1,3 (von 1 – sehr gut bis 4 – nicht akzeptabel). [...]

Welche Meßlatte verwendet die DEKRA bei ihren Audits? Zalando arbeitet mit “eigenen Sozialstandards” für die eigenen Standorte und externe Logistik-Dienstleister (dpa 2013-02-18). DEKRA prüfte also nur das, was die Zalando-Unternehmensleitung für nötig hält. Bereiche wie der Arbeits- und Gesundheitsschutz wurden nicht gemäß weitgehend anerkannten Standards geprüft, die Absprachen mit den Mitarbeitern bei der Umsetzung der Standards fordern. Schafft Zalando es nicht, sich an anerkannten Standards zu orientieren?

Außerdem können die DEKRA-Auditoren nur beurteilen, was das Unternehmen ihnen zeigt. Auditoren könnten die Darstellungen der Arbeitgeberseite mit Arbeitnehmervertretern verifizieren, aber nach meiner Erfahrung suchen externe Auditoren leider nur sehr selten das Gespäch mit Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmervertretern. Hier sollten Auditoren von sich aus mehr Eigeninitiative entwickeln.

Welchen Wert hat eine Überprüfung durch DEKRA überhaupt? Ist sie hilfreich für das auditierte Unternehmen oder kann das auditierte Unternehmen dem Ruf der DEKRA-Auditoren auch Schaden zufügen? Wofür geben sich Zertifizierer wie DEKRA her? Zalando hat in Erfurt nicht einmal einen Betriebsrat, mit dem die DEKRA-Auditoren ihre Beobachtungen hätte verifizieren können (wenn sie das überhaupt gewollt hätten). Bei einem derart großen Betrieb schadet das Fehlen einer Arbeitnehmervertretung der Glaubwürdigkeit von Audits sozialer Standards. Kleiner Hinweis: Das Arbeitsschutzthema “psychische Belastungen” war der Anlass für die Gründung des ersten Betriebsrates in einem Apple-Store.

Und welchen Wert hat eine Überprüfung durch die behördlichen Aufsicht? Kann man von der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaft erwarten, dass sie von ihr übersehene Mängel nachträglich überprüfen oder wird ihnen zur Gesichtswahrung die Verteidigung ihrer bisherigen Beurteilungen wichtiger sein? Wer kümmert sich wirklich um die Arbeitnehmer?

“Wartung der Mitarbeiter”

Dienstag, 8. April 2014 - 07:15

Nachdem im Interview über Gesundheitsmanagement und Arbeitsschutz geredet wird, kommt die Frage: “Wie schaffe ich es, alle Regelungen und Maßnahmen zu berücksichtigen, zu dokumentieren und zu leben?” Sandra Gerhartz antwortet: “Durch die Implementierung eines zertifizierten Betrieblichen Gesundheitsmanagements, hier die DIN SPEC 91020.”

Wieder einmal erweckt der TÜV-NORD den Eindruck, dass die DIN SPEC 91020 mit Regelungen und Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu tun hat. Die DIN SPEC 91020 ist kein Arbeitsschutzstandard!. Wenn Sie Geld für ein Zertifikat im Arbeitsschutz ausgeben wollen, fangen Sie besser mit einem Standard wie OHSAS 18001 (oder mit ähnlichen Standards) an. Damit bereiten Sie sich auf die vermutlich Ende 2016 erscheinende Norm ISO 45001 vor. OHSAS 18001 hilft bei der Pflicht im Arbeitsschutz. Wenn noch Geld übrig bleibt, kann die DIN SPEC 91020 gerne als Kür dazukommen.

 

http://www.tuev-nord.de/de/pressemitteilungen-575-forum-betriebliches-gesundheitsmanagement-109521.htm (2014-03-25, Pressemitteilung mit meinen Anmerkungen in eckigen Klammern):

Zertifizierung

Betriebliches Gesundheitsmanagement gewinnt an Bedeutung: „In die Wartung der Mitarbeiter muss man investieren“

Eine zunehmend alternde Belegschaftsstruktur, der Konkurrenzkampf um junge Nachwuchskräfte und Arbeitsplatzangebote in strukturschwachen Regionen – dies sind nur einige Beispiele, warum immer mehr Unternehmen sich für die Einführung eines zertifizierten Betrieblichen Gesundheitsmanagements entscheiden. In einem Interview berichten Sandra Gerhartz, Fachbereichsleiterin Verbraucherschutz bei TÜV NORD, Dr. Thomas Block, Rechtsanwalt und Partner bei AC Tischendorf und Sven Richter, Verantwortlicher Human Resources bei Carlsberg Deutschland, über die Zukunft des Betrieblichen Gesundheitsmanagements.

Arbeit und Gesundheit, bei diesem Thema tun sich Welten auf, wenn man sich unterschiedliche Betriebe ansieht. Während die einen ihre Mitarbeiter mit mobiler Massage und Stresstraining unterstützen, schenken die anderen dem Thema keinerlei Beachtung. Wie viel Sorge trage ich als Arbeitgeber für meine Belegschaft?


Dr. Thomas Block
: Grundsätzlich müssen Sie als Arbeitgeber immer sicher stellen, dass die Gesundheit ihrer Belegschaft in keiner Weise beeinträchtigt wird und das ist ja auch selbstverständlich. Glücklicherweise leben wir in einer Zeit, in der Arbeitsschutz so etabliert ist, dass niemand seine Angestellten ungeschützt mit giftigen Substanzen arbeiten lässt oder ohne Sicherheitsschuhe in die Produktion schickt. Problematisch wird es da, wo das Arbeitsschutzgesetz aufhört. Weitere Arbeitsschutzvorschriften finden sich in zahlreichen weiteren Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen, die oft nur mühsam zusammenzusammeln sind. Ein Puzzle des Gesetzgebers. [Hier gibt es einen guten Praxisleitfaden der Arbeitgeber.]

Wo stecken denn die Stolpersteine?

Dr. Thomas Block: Zum Beispiel beim Schutz der psychischen Gesundheit. Dieser wird mittlerweile in einem Atemzug mit der körperlichen Unversehrtheit genannt. Viele Arbeitgeber tragen dem Rechnung, indem sie Stressmanagement-Seminare oder Fitnessmöglichkeiten anbieten. Was oft vergessen wird, weil es versteckt im SGB IX, dem Schwerbehindertenrecht, gesetzlich geregelt ist, ist ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement. Unabhängig von der Betriebsgröße ist es enorm wichtig zu dokumentieren, wie man Mitarbeitern, die länger als sechs Wochen im Jahr gefehlt haben, einen guten, gesunden Start in den Job ermöglicht. Dazu sollten regelmäßig Gespräche geführt werden. Positiver Nebeneffekt: Ein gelebtes Wiedereingliederungsmanagement kann auch bei arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten helfen, die Arbeitsschutzaktivitäten des Arbeitgebers zu dokumentieren.

Sven Richter: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade ältere Mitarbeiter es zu schätzen wissen, wenn sie nach längerer Krankheit einen individuell gestalteten Fahrplan für ihren Wiedereinstieg erhalten. Es ist immer schlecht, einen Mitarbeiter allein zu lassen.

Dr. Thomas Block: Ein anderes schwieriges Thema ist der Umgang mit Blackberry, Smartphone und Co. Jeder ist nahezu jederzeit erreichbar. Das ist nicht im Sinne des Arbeitsschutzes. Wer als Arbeitgeber keine klaren Regeln zur Nutzung mobiler Endgeräte in der Freizeit aufstellt, kann schnell rechtswidrig handeln, denn auch ein Dulden von Arbeitszeitverstößen toleriert der Gesetzgeber nicht.

Das klingt nach verschärften Rechtspflichten im Arbeitsschutz…

Dr. Thomas Block: Nein, so ist es nicht. Es ist allerdings spürbar, dass mehr sanktioniert wird als früher.

Sandra Gerhartz: Man sollte erwähnen, dass auch der Arbeitnehmer verpflichtet ist seine Gesundheit zu schützen: Wenn er überlastet ist, gemobbt wird oder sonst durch seine Arbeit beeinträchtigt ist, muss er das seinem Vorgesetzten oder der Personalabteilung mitteilen [(Fehlbelastungsmeldung)]. Arbeitgeber sollten [(nachdem sie ihre Pflichten im Bereich der psychischen Belastungen über 15 Jahre lang vernachlässigt hatten)] Arbeitnehmer in die Lage versetzen, sorgsam und bewusst mit der eigenen Gesundheit umzugehen.

Jede Menge Anforderungen. Wie schaffe ich es, alle Regelungen und Maßnahmen zu berücksichtigen, zu dokumentieren und zu leben?

Sandra Gerhartz: Durch die Implementierung eines zertifizierten Betrieblichen Gesundheitsmanagements, hier die DIN SPEC 91020. [Nein. Da helfen AMS-Standards mehr, als die DIN SPEC 91020. Und OHSAS 18002 ist ein gutes Lehrbüchlein für den Arbeitsschutz.] Primäres Ziel der DIN ist es, den Arbeitsalltag systematisch gesundheitsgerecht zu gestalten. Das erreicht man durch eine Unternehmensführung, die gesundheitsgerechtes Führen lebt, durch optimierte Prozesse, eine gute Personal- und Führungskräfteentwicklung, indem man Möglichkeiten für die Arbeitnehmer schafft, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen und so weiter. Alle diese Punkte müssen ganz individuell auf das Unternehmen abgestimmt sein, weshalb es sinnvoll ist, Arbeitnehmer der unterschiedlichen Fachabteilungen mit ins Boot zu holen. Am Ende steht dann ein Managementsystem, das für klare Strukturen im Betrieb sorgt und nach außen zeigt, hier wird betriebliches Gesundheitsmanagement gelebt.

Wie schafft man eine Arbeitsumgebung, in der sich Arbeitnehmer wohl fühlen und sich mit dem Unternehmen identifizieren?

Sven Richter: In dem man bedarfsgerechte Angebote macht und diese entsprechend kommuniziert. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass Mitarbeiter sinnvolle Aktionen gerne nutzen. Vorsorgeuntersuchungen, die Grippe-Impfung im Herbst, Ernährungsberatung – all das trägt zum Wohlfühlfaktor bei.

Sandra Gerhartz: Wichtig ist, dass man diese Angebote auch evaluiert, damit man nicht am Mitarbeiter vorbei plant. Auch hierfür bietet das BGM gute Ansätze.

Das klingt nach viel Arbeit.

Sandra Gerhartz: Ja, sicherlich braucht es immer Ausdauer und Engagement aller Beteiligten, bis ein QM-System steht. Und ich weiß auch, dass das Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement in der einen oder anderen Führungsetage eher belächelt wird, nach dem Motto „so viel Aufmerksamkeit und Zeit für das bisschen Krankenstand“.

Sven Richter: Auf fehlendes Verständnis trifft man immer wieder an der einen oder anderen Stelle. Aber, jede Maschine wird regelmäßig gewartet, damit der Betrieb nicht zum Erliegen kommt. Das kostet auch eine Summe X. Da finde ich es nur konsequent auch in die „Wartung“ der Mitarbeiter zu investieren, um ein leistungsfähiges, motiviertes und zufriedenes Team zu schaffen.

Sandra Gerhartz: In der Tat. Ich habe auch noch niemanden getroffen, der nach der Zertifizierung gesagt hat, dass sich der Aufwand nicht gelohnt habe.

Über die TÜV NORD GROUP

Die TÜV NORD GROUP ist mit über 10.000 Mitarbeitern einer der größten technischen Dienstleister. Mit ihrer Beratungs-, Service- und Prüfkompetenz ist sie weltweit in 70 Ländern aktiv. Zu den Geschäftsbereichen gehören Industrie Service, Mobilität, IT und Bildung. Mit Dienstleistungen in den Bereichen Rohstoffe und Aerospace hat der Konzern ein Alleinstellungsmerkmal in der gesamten Branche. Leitmotiv: „Excellence for your Business“.
http://www.tuev-nord-group.com

Pressekontakt/Redaktion dieser Meldung:

TÜV NORD GROUP
Svea Büttner
Telefon +49 511 998-61270, Fax -628991270
pressetuev-nord.de
Web: www.tuev-nord.de/presse
E-Mail-Abo der Presse-Informationen: www.tuev-nord.de/info-abo
Folgen Sie uns bei Twitter: http://twitter.com/tuevnord

Die DAkkS macht Ernst

Dienstag, 1. April 2014 - 11:11

Im modernen Arbeitsschutz wird heute versucht, der Überforderung der behördlichen Arbeitsschutz-Aufsicht mit der Zertifizierung von Arbeitsschutz-Managementsystemen (AMS) in den deutschen Unternehmen zu begegnen: Bei der Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditierte Zertifizierer stellen den zu überprüfenden Unternehmen Zertifikate aus, die diese dann der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaft vorzeigen können. Leider wurden aber auch Unternehmen mit einem unzureichenden AMS zertifiziert. Das soll sich nun ändern.

Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen ist zu hören, dass die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) in Zukunft für strengere Audits von Arbeitsschutz-Managemensystemen sorgen will. In der Vergangenheit seien von den Unternehmen eher jene Zertifizierer ausgewählt worden, die “nachsichtig” auditierten. Insbesondere sollen nun keine strafbaren Handlungen mehr toleriert werden: Bisher war es beispielsweise möglich, dass die Arbeitgeber den Betriebsräten die Erkenntnisse aus Audits zum Arbeits- und Gesundheitsschutz vorenthalten durften - mit Wissen der bei der DAkkS akkreditierten Zertifizierer. Nun will man aus Erfahrungen in den Niederlanden lernen und Betriebsräte an Audits mitwirken lassen.

Kritisch merkte die Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeber (BDA) zu der Ankündigung eines strengeren Vorgehens der DAkkS an, dass Nachsichtigkeit von externen Auditoren inzwischen kein Wettbewerbsvorteil von Zertifizierern mehr sei. Es träfe nicht mehr zu, dass die Arbeitgeber “nur den laschesten Zertifizierer” mit Audits beauftragen. Im Gegenteil habe gerade der strengste Zertifizierer kürzlich durch “innovative Erziehungsmethoden” viele neue Kunden gewinnen können: Seine Auditoren besuchen ihre Kunden in Latex-Kleidung. Die “Techniken” dieser Arbeitsschutz-Auditoren werde in den Betrieben nicht nur als “anregend” empfunden, sondern seien oft sogar mit “großer Begeisterung” angenommen worden. Eine “weitergehende Verschärfung” von Zertifizierungs und Zwischen-Audits durch die Mitwirkung “oft hemmungslos agierender” Betriebsräte könne jedoch zu “gefährlichen Übertreibungen” führen.

Ein Sprecher des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) kommentierte die Bedenken der BDA lediglich mit der Anmerkung, dass sich in Unternehmen mit “gewerkschaftlich organisierten Betriebsräten” nur wenig verändern werde, da dort bereits auf bestehende “Erfahrungen mit strengen Audits und bewährten Utensilien” zurückgegriffen werden könne.

Warten auf ISO 45001

Montag, 3. Februar 2014 - 22:17

Es gibt jetzt schon Unternehmen, die sich den Arbeitsschutzmanagement-Standard OHSAS 18001 zwar zutrauen, aber lieber auf die Norm ISO 45001 warten. Das wird wohl bis zum Oktober 2016 dauern.

Der Grund dafür kann rein wirtschaftlicher Natur sein. Aber da es Unternehmen sogar mit Hilfe der bei der DAkkS akkreditierten Zertifizierer gelingt, entgegen den Forderungen von OHSAS 18001 wichtige Regelungen zur Mitbestimmung (OHSAS 18001:2007, Abs. 4.4.3.2) aus ihrem Arbeitsschutzmanagement herauszuhalten, könnte ich mir vorstellen, dass sich diese nicht allzu mitbestimmungsaffinen Unternehmen von der ISO 45001 weniger eindeutige Forderungen nach Mitbestimmung im Arbeits- und Gesundheitsschutz erhoffen.

Wie die ISO 45001 am Ende aussehen wird, hängt von den an der Entwicklung der Norm beteiligten Sozialpartner ab. Der DGB ist auch dabei, aber ich weiß nicht, was die Gewerkschaftsvertreter werden durchsetzen können. In OHSAS 18001:2007 gibt es einige erhaltenswerte Regelungen.

Betriebsräte in bereits nach OHSAS 18001:2007 zertifizierten Unternehmen merken oft gar nicht, welche Möglichkeiten ihnen der Standard im Arbeitschutz geben kann, wenn ihr Unternehmen danach zertifiziert ist. Manche Betriebsräte in zertifizierten Unternehmen interessieren sich sogar überhaupt nicht für den Standard. Wenn auch noch die Gewerkschaften die Bedeutung der Normenarbeit für den erhalt guter Arbeitsbedingungen unterschätzen, dann könnten den Betriebsräten gute Möglichkeiten zur Mitbestimmung im Arbeitsschutz wieder weggenommen werden. Betriebsräten, die sich nicht auskennen, werden diese Möglichkeiten jetzt schon weggenommen.

Unabdingbare Mitbestimmungspflicht der Arbeitnehmervertretung im Arbeitsschutz

Sonntag, 2. Februar 2014 - 20:07

Das Arbeitsschutzgesetz ist ein Rahmengesetz. Was im Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht bereits gesetzlich geregelt ist und wo betriebsspezifische Ausgestaltungen von Rahmenvorschriften erfolgen, hat vom Betriebsrat mitbestimmt zu werden. Auf die Erfüllung dieser Pflicht darf auch die Arbeitnehmervertretung nicht verzichten.

Aus einem Beschluss des BAG vom 8.11.2011 (1 ABR 42/10):

[...] Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen. [...]

Wenn standortübergreifende Regelungen in die Betriebe hineingreifen und somit die Wirkung betrieblicher Regelungen haben, dann sind z.B. mindestens die Gesamtbetriebsräte mitbestimmungspflichtig. Sie können von den lokalen Betriebsräten entspechend beauftragt werden. Betriebsräte bei der Mitzbestimmung zu behindern, ist strafbar.

 
Die Grundlage dieses BAG-Beschlusses ist das Betriebsverfassungsgesetz. Nicht nur Arbeitgeber könnten gegen dieses Gesetz verstoßen, sondern es kann auch Arbeitnehmervertretungen geben, die ihrer Mitbestimmungspflicht nicht gerecht werden. Es gibt Zertifizierer, die an der Überprüfung der Einhaltung der folgenden Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes und an der Zusammenarbeit zwischen der Betriebsleitung und der Arbeitnehmervertretung (siehe z.B. OHSAS 18001:2007, Absatz 4.4.3.2) nicht sonderlich interessiert sind.
 

§ 80 BetrVG, Allgemeine Aufgaben

(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
1. darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;
2. Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen;
[...]
9. Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.

(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.

(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.

(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.

 

§ 81 Betrvg, Unterrichtungs- und Erörterungspflicht des Arbeitgebers

(1) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe und Verantwortung sowie über die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs zu unterrichten. Er hat den Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen dieser bei der Beschäftigung ausgesetzt ist, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren und die nach § 10 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes getroffenen Maßnahmen zu belehren.

(2) Über Veränderungen in seinem Arbeitsbereich ist der Arbeitnehmer rechtzeitig zu unterrichten. Absatz 1 gilt entsprechend.

(3) In Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zu allen Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können.

(4) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die aufgrund einer Planung von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung sowie auf Inhalt und Art seiner Tätigkeit zu unterrichten. Sobald feststeht, dass sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändern wird und seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht ausreichen, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer zu erörtern, wie dessen berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepasst werden können. Der Arbeitnehmer kann bei der Erörterung ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen.

 

§ 87 Mitbestimmungsrechte
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
[...]
1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
[...]
7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
[...]

 

§ 89 Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz
(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.

(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen.
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.

(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.

(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.

(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.

(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.

 
Links:

Private dürfen verantwortungslos sein

Dienstag, 28. Januar 2014 - 22:19

http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/kreditwuerdigkeit-bgh-weist-klage-gegen-schufa-ab-a-946013.html

[...] Die Schufa gibt nur über die Ergebnisse der Kreditbewertung von Personen Auskunft. Sie informiert die Verbraucher aber nicht, wie diese Werte errechnet werden, und verweist dazu auf ihr Betriebsgeheimnis. [...]

Das passiert eben, wenn Sicherheitsaufgaben von privaten Wirtschaftsunternehmen durchgeführt werden. Sie können sich leicht ihrer Verantwortung entziehen. Das Geschäftsinteresse hat Vorrang vor Transparenz.

Leider musste ich feststellen, dass die privatwirtschaftlich organisierten Zertifizierer für Arbeitsschutzmanagementsysteme auch nicht transparent arbeiten müssen. Die Arbeitnehmer, die geschützt werden sollen, sind leider nicht die zahlenden Klienten dieser Zertifizierer. An einer Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern sind einige Zertifizierer nicht interessiert, denn die Zeit für Audits ist begrenzt. Wenn Betriebsräte sich einmischen und möglicherweise auch noch die hübschen Präsentationen des auditierten Arbeitgebers in Frage stellen, dann würde das Zeit und Geld kosten. Dabei hilft es den Zertifizierer und ihren Klienten, Auditberichte z.B. als so “vertraulich” einzustufen, dass sie nicht an Betriebsräte weitergegeben werden. So hindern Zertifizierer gemeinsam mit ihren überprüften Klienten die Arbeitnehmervertretungen daran, Audits nachvollziehen zu können.

Die Gewerbeaufsicht und die Berufsgenossenschaften sind auch nicht sonderlich daran interessiert, Audits in Frage zu stellen. Denn die privatwirtschaftlich durchgeführten Audits erleichtert der systemisch überforderten behördlichen Aufsicht ihre Arbeit.

Die Arbeitnehmer haben das Nachsehen.

Zertifizierer wehrt sich gegen Betriebsratsthemen

Dienstag, 21. Januar 2014 - 16:16

In Facebook hatte ein bei der Deutschen Akkreditierungsstelle akkreditierter Zertifizierer im letzten Jahr einen Lehrgang “Auditor für Arbeitsschutzmanagementsysteme nach BS OHSAS 18001:2007″ angeboten. Ich stellte ihm in einem Kommentar zu seiner Seminar-Ankündigung in Facebook die kurze Frage: “Wurde in dem Seminar die Mitwirkung von Betriebsräten an Audits thematisiert?” Nicht mehr, nicht weniger. Das Zertifizierungsunternehmen löschte diesen Frage.

Viel professioneller und hilfreicher reagiert die TÜV-SÜD-Akademie: https://www.facebook.com/tuevsuedakademie/posts/10152225658444595.

Arbeitsschutzauditoren schützen zuerst den Arbeitgeber

Donnerstag, 16. Januar 2014 - 21:45

Unternehmen können sich ihr Arbeitsschutzmanagementsystem (AMS) von externen Auditoren zertifizieren lassen. Das folgende Beispiel zeigt, wie ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter massiv bedrohen konnte ohne die sich daraus ergebende psychische Gefährdung dokumentieren zu müssen. Die Auditoren des Zertifizierungsunternehmens unterstützten den Arbeitgeber nämlich dabei, eine Erfassung und Beurteilung der vom Arbeitgeber verursachte psychische Gefährdung zu vermeiden. Man sieht: Der nun auch ausdrücklich im Gesetz geforderte Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz kann mit auf Arbeitgeberinteressen zugeschnittenen Auditstrukturen ausgehebelt werden. Die folgende Geschichte ist eine Fiktion. Könnte sie sich aber auch tatsächlich ereignet haben?

 
Der psychisch gefährdende Vorfall:

Arbeitnehmer AN wird mit arbeitsorganisatiroschem Prozess P fehlbelastet. Er meldet das dem Arbeitgeber AG. Arbeitgeber AG bedroht daraufhin AN mit einer dessen berufliche Existenz betreffenden Maßnahme B. AN fordert über Rechtsanwalt RA Rücknahme der Maßnahme B, ansonsten werde AN den AG verklagen. Betriebsrat BR unterstützt den AN und fordert ebenfalls Rücknahme von B. Nach 3 Monaten zieht AG die Maßnahme B tatsächlich zurück, denn er hätte sie vor Gericht nicht rechtfertigen können.

Sechs Kollegen von AN melden ebenfalls den Prozess P als fehlbelastend. Erst daraufhin ändert AG den Prozess P, der ja nun nicht mehr so einfach als individuelles Problem der Psyche von AN dargestellt werden kann. Die Verbesserung erfolgt zur Zufriedenheit von AN und Kollegen. Allerdings wird die vor einer Verbesserungsmaßnahme vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung für den Prozess P nicht durchgeführt (was ein Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz ist). Die durch die Prozessgestaltung vom AG verursachte Gefährdung bleibt also undokumentiert.

AN ist zwar zunächst erleichtert, musste allerdings die Bedrohung 3 Monate lang aushalten (der Urlaub in der Zeit war keine Erholung) und fühlte sich durch AG ziemlich verletzt. Nach Beendigung der Bedrohung treten starke Blutdruckschwankungen auf. Danach folgen innerhalb eines Jahres ingesamt 12 Wochen Arbeitsunfähigkeit, darin 6 Wochen in einer psychosomatischen Klinik wegen burnoutbasierter Depression. Es müsste also untersucht werden, ob die Erkrankung durch die von AG verursachte Bedrohung B und/oder entstanden ist und/oder ob eine bestehende Erkrankung dadurch verschlechtert wurden.

Die Vermeidung der Gefährdungsbeurteilung:

AG hatte sich für sein AMS zur Beachtung der folgenden Definitionen im Sinn der Begriffsbestimmung 3.9 in OHSAS 18001:2007 verpflichtet: Im Arbeitsschutz sind “Vorfälle” arbeitsbezogene Ereignisse, die eine Verletzung oder Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere) zur Folge hatten oder hätten zur Folge haben können. Arbeitsbedingte Erkrankungen sind erkennbare, nachteilige physische oder mentale Zustände, die durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation entstanden sind und/oder verschlechtert wurden. AN fordert deswegen, die ihn damals bedrohende Maßnahme A als einen entsprechenden Vorfall einzustufen, der ihn hätte verletzen und/oder erkranken lassen können.

Betriebsrat BR im Betrieb des AG fragt entsprechend bei AG an. AG wendet sich an die von AG bezahlte Zertifizierungsgesellschaft Z und beschreibt Z diesen arbeitsschutzrelevanten (und damit mitbestimmungspflichtigen) Vorgang aus seiner Sicht. AN und BR werden davon nachträglich informiert, hatten also keine Gelegenheit, die Darstellung des AG ggf. zu korrigieren. Z teilt AG mündlich mit, dass AG den Vorfall nicht als Ereignis nach Def. 3.9 behandeln muss. Das bedeutet, dass nach Auffassung von Z die Bedrohung durch B den AN weder hätte psychisch verletzen noch psychisch erkranken lassen können.

AG hat also zusammen mit Z eine Gefährdungsbeurteilung der Bedrohung B vorgenommen, ohne den Betriebsrat z.B. bei der Beschreibung von Z beteiligt zu haben. AG hat damit die Mitbestimmung behindert und Z hat bei diesem Vergehen geholfen.

Betriebsrat BR fordert über AG eine schriftliche Stellungnahme von Z. Nach vier Monaten erhält er sie, kann ihr aber nicht entnehmen, wie AG den Vorfall gegenüber Z dargestellt hatte. (AG hatte bereits an anderer Stelle die Qualität seines AMS falsch beschrieben.) Der Stellungnahme kann man nicht einmal entnehmen, auf welchen konkreten Vorfall sie sich bezieht. Sie bestätigt nur, dass das Zertifizierung des AG nicht in Frage gestellt werde. Die Grundlage, auf der aufbauend Z urteilte, ist also weiterhin unbekannt.

AG hat übriges eine Auditaufgabe in einem anderen Bereich als dem Arbeitsschutz von Z auf einen Mitbewerber von Z übertragen. AG übt also auch Druck auf seinen Dienstleister Z aus. Z wird sich also bemühen, vorwiegend die Interessen des AG zu berücksichtigen. Die Arbeitnehmer haben das Nachsehen.

Kommentar:

Das klingt alles sehr kompliziert. Klar wird aber, dass mit der derzeitig möglichen Praxis des Zertifizierungsgeschäfts ein zertifiziertes Arbeitsschutzmanagement Arbeitgebern helfen kann, die Erfassungen arbeitsbedingter psychischer Gefährdungen erheblich zu erschweren. Das Zertifizierungsgeschäft ist zuerst Arbeitgeberschutz, und danach erst Arbeitnehmerschutz.

Es gibt zwar sorgfältiger arbeitende Zertifizierungsgesellschaften als Z, die auch die Mitbestimmung zu beachten versuchen, aber da der Arbeitgeber sich seinen selbst Zertifizierer aussucht und bezahlt, wird er den Zertifizierer aussuchen, der am wenigsten Kosten und Schwierigkeiten verursacht. Und für viele Arbeitgeber bedeutet Mitbestimmung eben “Schwierigkeiten”.

Beaufsichtigt werden die Zertifizierungsgesellschaften von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS), wenn sie bei der DAkkS akkreditiert sind. Die Gesellschafter der DAkkS sind (a) Das Bundeswirtschaftsministerium, (b) der BDI und (c) die Länder. Ich hoffe, dass die neue Führung des BMWi der DAkkS bei der Überwachung von Audits im Arbeitsschutz mehr Freiraum und Durchsetzungsfähigkeit geben wird. Es wäre außerdem gut, wenn das BMAS ein weiterer Gesellschafter werden könnte, denn die DAkkS muss ja Audits nicht nur im Interesse der Wirtschaft überwachen.

Behinderung der Mitbestimmung:

Ein großes Problem im Zertifizierungsgeschäft in Deutschland ist, dass dabei sogar eine Straftat möglich ist, wenn Betriebsräte an Arbeitsschutz-Audits nicht beteiligt werden. Der § 89 des Betriebsverfassungsgesetzes steht immer noch über Vertraulichkeitsvereinbarungen zwischen Zertifikator und Klient. Das Betriebsverfassungsgesetz darf hier nicht straflos ignoriert werden können. (Z vermeidet Betriebsratskontakt und möchte z.B. die Frage nicht beantworten, ob Audits “Besichtigungen” im Sinn des § 89 sind.) In den Niederlanden wird es den Unternehmen nicht so leicht gemacht, bei Audits ihres Arbeitschutzmanagementsystems die Mitbestimmung auszuschalten. Ich bitte die DAkkS, von den Niederlanden zu lernen.