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DNV berücksichtigt psychische Belastungen

Montag, 28. Oktober 2013 - 08:27

Det Norske Veritas (DNV) gehört zu den bei der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditierten Zertifizierern für Arbeitsschutzmanagementsysteme von Betrieben nach OHSAS 18001.

http://www.dnvba.com/de/News-Events/News/Pages/Gefaehrdungsbeurteilung-schlie%C3%9Ft-psychische-Belastungen-ein.aspx (Pressemeldung von DNV):

Psychische Belastungen müssen in Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden

Am 20. September 2013 hat der Bundesrat dem „Gesetz zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen“ zugestimmt. Den Entwurf hatte der Bundestag bereits am 27. Juni 2013 verabschiedet. Das Gesetz umfasst auch Ergänzungen des Arbeitsschutzgesetzes. Unter anderem wird die Formulierung „psychische Belastungen“ mit aufgenommen.

Das Arbeitsschutzgesetz regelt die grundlegenden Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers sowie auch die Pflichten und Rechte der Beschäftigten. Jetzt wurde es an mehreren Stellen um den Aspekt der psychischen Belastungen ergänzt. Der Gesetzgeber reagiert damit auf aktuelle Entwicklungen und verdeutlicht, dass psychische Belastungen gleichwertig zu physischen zu beurteilen sind.

Zunächst wurde § 4 Nummer 1 angepasst. Dieser lautet nun wie folgt: „Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.“ Außerdem wird mit den Änderungen die Pflicht des Arbeitgebers, Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen, präzisiert. § 5 Absatz 3 des Arbeitschutzgesetzes wird um eine Nummer 6 „psychische Belastungen bei der Arbeit“ ergänzt. Die Ergänzung fordert nun explizit, dass psychische Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung mit aufzunehmen sind und räumt damit jegliche Diskussion aus, ob psychische Belastungen überhaupt zum gesetzlich verpflichteten Arbeitsschutz gehören. Der Arbeitgeber ist demnach dazu verpflichtet, sowohl physische als auch psychische Gefährdungen zu beurteilen und aus der Beurteilung die entsprechenden Maßnahmen abzuleiten.

Bereits Anfang des Jahres verdeutlichte die Veröffentlichung des Stressreports 2013 von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die Bedeutung von psychischen Belastungen bei der Arbeit. So waren laut Vorwort des Stressreports allein 2012 in Deutschland psychische Störungen für mehr als 53 Millionen Krankheitstage verantwortlich.

„Der Stressreport 2012 belegt in Zahlen, dass wir psychische Belastungen bei der Arbeit ernst nehmen müssen“, erklärt Beatrice Maier, Senior Consultant und Auditorin u.a. für Arbeits- und Gesundheitsschutz bei DNV Business Assurance. „Das deckt sich auch mit den Erfahrungen, die wir im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes mit unseren Kunden machen. Durch die Anpassungen des Arbeitsschutzgesetzes, die die Berücksichtigung von psychischen Belastungen nun auch explizit fordern, wird für alle Beteiligen Klarheit hinsichtlich der Rechtslage geschaffen. Unklar ist für die Unternehmen jedoch noch wie das praktisch umzusetzen ist. Die herkömmlichen Vorgehensweisen zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen sind nur bedingt für die Ermittlung von psychischen Belastungen geeignet.“

Um unseren Kunden Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie psychische Belastungen in ihrem Unternehmen erkennen können, plant DNV Business Assurance für das erste Quartal 2014 Veranstaltungen zu diesem Thema. Unter anderem wird es darum gehen, welche Herausforderungen psychische Belastungen in der Arbeitswelt für die Führungsverantwortung bedeuten.

Haben Sie Interesse an einer Veranstaltung zu dem Thema? Dann schreiben Sie uns eine E-Mail unter dialog@dnv.com. Wir senden Ihnen zeitnah nähere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit zu.

Datum: 10 Oktober, 2013
Author: Meike Pörschke

Es ist gut, wenn ein Zertifikator wie DNV sich intensiver mit dem Thema der psychischen Belastungen befasst.

Man könnte aus dem Artikel den Eindruck gewinnen, als sei das Gesetz erweitert worden. Tatsache ist jedoch, dass mit dieser Gesetz nur bestehende Regelungen klargestellt werden.

Auch in einem weiteren Punkt muss ich aber widersprechen: Es ist nicht unklar, wie die Forderung nach dem Einbezug psychischer Belastungen praktisch umzusetzen ist. Im Gegenteil war den Unternehmen klar, dass die herkömmlichen Vorgehensweisen zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen nur bedingt für die Ermittlung von psychischen Belastungen geeignet sind. Die Unternehmen ahnten durchaus, dass die Umstellung vom konventionellen “technischen” Arbeitsschutz auf den seit 1996 vorgeschriebenen ganzheitlichen Arbeitsschutz viel Geld kosten und Führungsstrukturen in Frage stellen wird. Darum saßen sie das Thema erst einmal so lange wie möglich aus. An eine unfreiwillige Unwissenheit und Hilflosigkeit von Arbeitgebern, die in ihren Unternehmen viel komplexere Themen gut im Griff haben, kann doch hier kaum jemand ernsthaft glauben.

Brauchbare Leitlinien und Handlungsanweisungen beispielsweise der Gewerbeaufsichten, der Berufsgenossenschaften und der Gewerkschaften gibt es bereits seit einigen Jahren! Das ist in meinem Blog gut dokumentiert. Schon im Jahr 2000 gab es auch vom Arbeitgeberverband brauchbare Informationen. Was bisher fehlte, war der Wille der Mehrheit der Betriebsleitungen, die Vorschriften des Arbeitsschutzes vollständig einzuhalten und die Vorschläge der Arbeitnehmervertretungen ernst zu nehmen. Freundlich ausgedrückt: Arbeitnehmervertreter und Mitarbeiter, die Vorschläge zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz machten, stießen nicht auf Dankbarkeit.

Arbeitgeber hätten beispielsweise in den LASI-Veröffentlichungen nachlesen können, wie die Gewerbeaufsichten im Gefährdungsbereich “psychische Belastungen” vorgehen sollten. Da die Gewerbeaufsichten aber wegen (zufällig?) mangelnder Ressourcen überfordert waren, wurde nicht ausreichend geprüft. Darum waren die Unternehmen kaum motiviert, mit den an die Gewerbeaufsichten gerichteten Handlungshilfen eigene Wege für eine Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes zu finden, mit der auch psychische Belastungen berücksichtigt werden.

Es konnte in der Vergangenheit passieren, dass es Betriebe gab, die nach OHSAS 18001 zertifiziert wurden, obwohl sie keine mitbestimmt gestalteten Prozesse für den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz vorweisen konnten. Diese Betriebe nutzten ihr Zertifikat dann auch noch dafür, Kritik von Mitarbeitern und Arbeitnehmervertretern an einenem nachhaltig unvollständigen Arbeitsschutz abzuwehren. Mitarbeiter, die Fehlbelastungen meldeten, wurden in zertifizierten Betrieben sogar bedroht oder erlitten sonstige Nachteile. Das ist regel- und gesetzeswidrig, womit eine wichtige Grundlage für eine Zertifizierung entfällt. Die unter Vernachlässigung der psychischen Belastungen erteilten Zertifikate schadeten also den Arbeitnehmern anstatt ihren Schutz zu sichern.

Weil auch heute noch viele Unternehmen psychische Belastungen nicht mitbestimmt in den Arbeitsschutz einbeziehen, verstoßen sie gegen das Arbeitsschutzgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz. Das ist natürlich ein Problem im Zertifizierungsgeschäft, denn vielen Betrieben dürfte deswegen kein Zertifikat erteilt werden. Das beeinträchtigt die Geschäftsgrundlage der Zertifizierer. Darum besteht die Gefahr, dass Betrieben, die zwar auf dem Weg zu einem vorschriftsmäßigen Arbeitsschutz sind, aber die gesetzlichen Vorgaben (Arbeitsschutzgesetz und Betriebsverfassungsgesetz) derzeit noch nicht erfüllen, trotz eines bestehenden gesetzeswidrigen Mangels Zertifikate für ihr Arbeitsschutzmanagementsystem erteilt werden. In den Auditberichtungen werden dann Verbesserungsbestrebungen gelobt, aber Mängel nicht erwähnt.

Die Zertifizierer schwächen in solchen Fällen die Rechtsposition jener Mitarbeiter, denen in der Übergangszeit noch keinen ausreichender Schutz gewährt wird - und denen beispielsweise nach von ihnen abgegebenen Fehlbelastungsmeldungen ohne eine mitbestimmt und gemäß OHSAS 18001 durchgeführte Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsbedingungen sogleich ein niedriger dotierter Job angeboten wird.

Zertifizierungsschema für OHSAS 18001

Donnerstag, 18. Juli 2013 - 18:23

In den Niederlanden gibt es die SCCM, eine Organisation zur Koordination der Zertifizierung von Umwelt- und Arbeitsschutzsystemen. Diese Organisation hat ein Zertifizierungs-Schema veröffentlicht, nach dem in den Niederlanden akkreditierte Zertifizierungsgesellschaften vorgehen können. Man kann daraus (auf Englisch) viel über Zertifizierungsaudits für OHSAS 18001 und den Einbezug von Betriebsräten in solche Audits lernen. In Deutschland wäre es hilfreich, wenn die DAkkS soetwas veröffentlichen könnte.

http://www.sccm.nl/sites/default/files/O11-SCCM_N110830_cert.schema_OHSAS_18001_ENG_7Feb13.pdf (2013-02)

Certification scheme for occupational health and safety (OHS) management systems according to OHSAS 18001
[...]
By entering into an agreement with SCCM (the Association for the Coordination of Certification of Environmental and Occupational Health and Safety Management Systems in the Netherlands), accredited certification bodies can use this certification scheme, which is based on the worldwide standard OHSAS 18001:2007 (OHSAS: Occupational Health and Safety Assessment Series). The certification scheme was developed by a Central Committee of Experts (CCE) operating within SCCM and approved by the board of SCCM. SCCM qualifies as scheme supervisor in conformance with the requirements set by the Council for Accreditation. Certification bodies (CBs) associated with SCCM are obliged to follow the scheme drawn up by the CCE for certification based on the OHSAS 18001 standard. [...]

 
Was ist die SCCM?
http://english.sccm.nl/content/background-and-goal

Background
SCCM was founded in 1995 by the Netherlands Ministry of Infrastructure and Environment (previously VROM), the employers’ organization VNO-NCW, the certification bodies and the environmental movement, in order to arrive at a uniform procedure for the certification bodies, and an unambiguous interpretation of the ISO 14001 standard for environmental management systems. Since 2006, the foundation has also coordinated the certification of occupational safety/health (OHS) management systems (according to OHSAS 18001). At the request of the Ministry of Infrastructure and Environment, SCCM has also taken care of registration for the Eco Management and Audit Scheme (EMAS) since 1995. SCCM has a unique position, as there are no comparable organizations in other countries.

Goal
The objective of SCCM is that the ISO 14001, OHSAS 18001 and ISO 50001 certificates have added value in the relations between organizations and their neighbours and other parties such as the government. If this added value is lacking, it can be cause to modify the ‘ground rules’ as laid down in the certification schemes. The certification bodies use the relevant SCCM certification scheme to evaluate the implementation of the standards by organizations.

 
Links:

 
Anmerkungen:

  • SCCM = Stichting Coördinatie Certificatie Milieu- en arbomanagementsystemen: Das ist eine Stiftung zur Koordination der Zertifizierung von Umwelt- und Arbeitsbedingungs-Managementsystemen. Arbo ist eine Kurzform des niederländischen Begriffs Arbeidsomstandigheden (Arbeitsbedingungen) und wird auch mit “Arbeits- und Gesundheitsschutz” übersetzt. Die Kurzform für das Arbeitsschutzgesetz ist Arbowet.
  • Auf das SCCM-Schema bin ich mit der Suche https://www.google.de/search?q=”OHSAS+18001″+”works+council” gestoßen.


Compliance-Risiken messbar machen

Dienstag, 2. April 2013 - 07:12

http://martin-mantz.de/deutsch/presse/aktuelles/compliance-risiken-messbar-machen.html

[...] Ziff. 4.5.2 der ISO 14001/OHSAS 18001 verlangt die regelmäßige Bewertung der Einhaltung „rechtlicher Pflichten“ und anderen Anforderungen. Internationale Konzerne investieren aus guten Gründen viel in ihr Compliance-Management. [...]

Unternehmen, die psychische Belastungen nicht mitbestimmt in ihr Arbeitsschutzmanagementsystem (AMS) einbezogen haben, halten ihre “rechtlichen Pflichten” nicht ein. Trotzdem werden sie zertifiziert, selbst wenn der Betriebsrat beim Zertifizierungsaudit nicht mitwirken kann und so unter den Augen der Auditoren in der Ausübung seiner Mitbestimmungspflicht nach § 89 BetrVG beeinträchtigt wird.

Zertifizierungsgeschäft

Sonntag, 26. August 2012 - 10:37

Mit der Suche nur nach “Zertifizierungsgeschäft” fand ich interessante Artikel von Klaus Lohmann zum Geschäft mit Zertifikaten z.B. für Umweltschutzmanagementsysteme (ISO 14001). Da ist die Umwelt der Kunde, die sich schlecht persönlich gegen Gefälligkeitszertifikate wehren kann.

Bei OHSAS 18001 sind die eigentlichen Kunden die Arbeitnehmer. Gewerkschaften und Betriebsräte können dafür sorgen, dass die Zertifizierung hier glaubwürdiger wird, als im Umweltbereich. Dafür müssen sie allerdings noch aufwachen: Ich habe beim Thema OHSAS 18001 gar nichts gegen das Zertifizierungsgeschäft. Im Gegenteil - Gewerkschaften sollten hier mit eigenen Auditoren einsteigen, die dann auch Mitglieder von Betriebs- und Personalräten für interne Audits ausbilden können. Außerdem generieren Audits Berichte, die wichtig für die Betriebsarbeit sind. Dazu müssen die Arbeitnehmervertreter OHSAS 18001 (und vergleichbare Standards) aber erst einmal verstehen.

Natürlich denke ich auch an ILO-OSH. Bei der Entwicklung und Pflege dieses Standards können die Endkunden besser mitbestimmen. Aber OHSAS hat aufgeholt, besonders bei der Mitbestimmung und der Verantwortlichkeit des Top-Managements. Das liegt wohl auch daran, dass ILO-OSH durchaus erfolgreich ist, in Deutschland z.B. im Bund und in den Ländern. ILO-OSH ist für OHSAS, was Linux für Windows ist: ein Treiber. Schon deswegen wird ILO-OSH weiterhin im Geschäft bleiben. Außerdem können die Endkunden (die Arbeitnehmer) den Text kostenlos lesen. Aber ich glaube, dass die OHSAS zur ISO-Norm wird. Mit OHSAS 18001:2007 und OHSAS 18002:2008 wurde gute Arbeit geleistet und der BS 18004 zeigt, wie es weitergehen kann.

Geschützt: Mitteilung an die GDA

Samstag, 25. August 2012 - 23:26

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OHSAS 18001 hilft auf dem Weg zur Rechtssicherheit, garantiert sie aber nicht

Sonntag, 1. Juli 2012 - 14:54

Es gibt Unternehmen, die nach OHSAS 18001 zertifiziert sind, aber psychische Belastungen nicht in ihr Arbeitsschutzmanagementsystem integriert haben. Obwohl sie damit gegen gesetzliche Arbeitsschutzvorschriften verstoßen, bekommen sie ein Zertifikat für OHSAS 18001:2007. Das ist ein Konflikt mit den im Standard gesetzten Bedingungen.

Linde Corporate Responsibility Report, 2005, S. 95
(Zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz der Linde AG kann ich nichts sagen. Den Text habe ich wegen der klaren Bekenntnis zu einem wichtigen Ziel ausgewählt: Gewinnung von Rechtssicherheit.)
http://boeckler.b-99.de/wp-content/uploads/2008/01/linde_cr_dt_2005.pdf


OHSAS 18001 (Occupational Health and Safety Assessment Series) ist der Standard für ein Sicherheitsmanagementsystem, das unter anderem der Senkung der Unfallzahlen durch Systematisierung aller arbeitssicherheits- und gesundheitsschutzrelevanten Tätigkeiten dient, aber auch der Gewinnung von Rechtssicherheit durch konse­quente Einhaltung aller relevanten rechtlichen Vorschriften.

(Hervorhebung nachträglich eingefügt)

 
http://www.tuev-sued.de/uploads/images/1169631371329739190773/TUV_Thema_Arbeitsschutz_final.pdf


Noch häufig ein Tabuthema: Stress am Arbeitsplatz

Arbeits- und Gesundheitsschutz bedeutet auch, die geistige und psychische Unversehrtheit der Arbeitnehmer zu bewahren und zu fördern. In vielen Firmen ist das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz aber immer noch tabu, so die Erfahrung von TÜV SÜD. Obwohl es nach dem Arbeitsschutzgesetz schon seit 1996 in die Gefährdungsbeurteilung hätte einbezogen werden müssen. Selbst wenn man gesetzliche Verpflichtung und Fürsorgegedanken außen vor lässt: Der Unternehmer profitiert davon, wenn er auch den Komplex “Stress am Arbeitsplatz” umfassend anpackt. Denn: 18 Millionen Arbeitsausfalltage pro Jahr in Deutschland sind größtenteils auf Ängste und Depressionen zurückzuführen. Der Ausfall eines Mitarbeiters kostet ein Unternehmen mindestens 400 bis 500 Euro pro Tag.

Hilfe durch Systematik

Eine immer komplexere Arbeitsausstattung; mehr Flexibilität und mehr Verantwortung durch Deregulierung auf EU- und allen staatlichen Ebenen; neue Anforderungen durch Internationalisierung des Themas Arbeitsschutz – Stichwort International Labour Organisation; psychische Belastung am Arbeitsplatz als Kostenfaktor. Wie soll ein Unternehmen da den Überblick behalten? Mit einem guten Arbeitsschutzmanagementsystem, so die Antwort der Spezialisten von TÜV SÜD.

Unternehmen, die das Thema Qualität mit der Norm ISO 9001 angehen und den Umweltschutz nach ISO 14001, stoßen im Zusammenhang mit Arbeitssicherheit schnell auf OHSAS 18001 (Occupational Health and Safety Assessment Series), die international anerkannte Norm zum Thema Arbeitsschutzmanagement. OHSAS wurde unter der Federführung des britischen Normungsinstituts von einem Konsortium von Normungs- und Zertifizierungsgesellschaften entwickelt. Lutz Wilink von TÜV SÜD Management Service: “OHSAS ist ein Standard, der weltweit beachtet wird.” Der analoge Aufbau zu ISO 9001 und ISO 14001 erleichtere Unternehmen, die mit diesen Managementsystemen arbeitem, die Integration wesentlich. Auch hier ist der kontinuierliche Verbesserungsprozess systemimmanent und baut auf den Säulen Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterorientierung auf. “Immer mehr Unternehmen erkennen, dass Arbeitsschutz eine wichtige Führungsaufgabe ist”, betont TÜV SÜD-Fachmann Wilink.

(Hervorhebungen nachträglich eingefügt)

 
“Selbst wenn man gesetzliche Verpflichtung und Fürsorgegedanken außen vor lässt: Der Unternehmer profitiert davon, wenn er auch den Komplex ”Stress am Arbeitsplatz” umfassend anpackt.” Das zeigt, welche Argumentation der TÜV-SÜD für notwendig hält, um Unternehmer zur Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften zu motivieren.

Ein auf Basis des BS OHSAH 18001 zertifiziertes Arbeitsschutzsystem kann dem Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz dienlich sein. Dieser Einbezug selbst wird mit OHSAS 18001 aber nicht bestätigt, denn es werden auch Unternehmen zertifiziert, die psychische Belastungen noch nicht in vorschriftsmäßiger Weise in ihr Arbeitsschutzmanagementsystem integriert haben. Das ist zwar ein bisschen seltsam, aber heute ist soetwas eben möglich.

Für Arbeitnehmervertreter und die Aufsichtspersonen der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaft kann OHSAS 18001 trotzdem nützlich sein: Die Systematik des BS OHSAS 18001 hilft auf dem Weg zur Rechtsicherheit des Unternehmens und zur Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes, garantiert diese Rechtssicherheit und diese Einhaltung der Schutzvorschriften aber trotzdem nicht. Den Grad der Einhaltung der gesetzliche Arbeitsschutzvorschriften in einem Unternehmen können Arbeitnehmervertreter und Aufsichtspersonen aber mit OHSAS 18001 nun besser überprüfen, soweit sie das auch wollen. Die Systematik des Standards stellt insbesondere auch an die Dokumentation nach § 7 ArbSchG hohe Ansprüche und erleichtert damit den Personalräten und Betriebsräten ihre Aufgabe, “sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden” (§ 89 BetrVG).

Zertifizierung und Mitbestimmung

Samstag, 30. Juni 2012 - 14:04

Eine Zertifizierungsgesellschaft sollte von sich aus darauf Wert legen, Betriebsräte und Personalräte in den Zertifizierungsprozess z.B. für OHSAS 18001 sehr proaktiv mit einzubeziehen. Das ist wichtig für die Interpretation der Ergebnisse von Zertifizierungen und Audits durch Unternehmensleitungen gegenüber dem Betriebsrat.

Mit OHSAS 18001 werden Arbeitsschutzmanagementsysteme zertifiziert. Wenn ein Unternehmen gegenüber Aufsichtsbehörden, Berufsgenossenschaften und Arbeitnehmervertretern behauptet, dass ein Zertifikat nach OHSAS 18001 auch den ausreichenden Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz nachweist, dann sollten sich Aufsichtsbehörden und Arbeitnehmervertreter sehr genau ansehen, was und wie die Zertifizierungsgesellschaft tatsächlich geprüft hat. Dabei hilft der Punkt 4.4.3.2 in OHSAS 18001:2007: Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer.

Sobald aus einer Zertifizierung nach OHSAS 18001 für den Arbeitsschutz relevante Beurteilungen hinsichtlich der Einhaltung von Schutzgesetzen abgeleitet werden, haben die Arbeitnehmer das Recht, das Zustandekommen dieser Beurteilungen nachvollziehen zu können. Der Arbeitgeber muss ihnen die dafür notwendigen Informationen geben.

Die Zertifizierungsgesellschaft sollte auch berücksichtigen, dass die von ihnen erteilten Zertifikate die Gewerbeaufsichten und die Berufsgenossenschaften inaktiver werden lassen. Das ist für Arbeitnehmervertreter, die mit diesen Organen zusammenarbeiten, ein Nachteil. Die Zertifizierungsgesellschaft möchte Unternehmern sicherlich nicht helfen, die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmervertreter zu schwächen.

Siehe auch:

Arbeitsschutzmanagementsystembegründung

Samstag, 30. Juni 2012 - 07:59

Ich habe heute mal einen Schnappschuss von einem Ausschnitt des Wikipediartikels Arbeitsschutzmanagementsystem gemacht.

Erst einmal eine Vorbemerkung: Mit einem Zertifikat einer geeigneten Zertifizierungsgesellschaft kann einem Unternehmen bestätigt werden, dass es im Umweltschutzmanagementsystem nach ISO 14001:2004 und im Arbeitsschutzmanagementsystem nach BS OHSAS 18001:2007 verfährt.
        Zum Britischen Standard OHSAS 18001 gelangt man (ziemlich grob gesagt) so: In ISO 14001/9001 wird “Umwelt und Qualität” durch “Sicherheit und Gesundheit” ersetzt, dann kommt zum großen Teil OHSAS 18001 dabei heraus. OHSAS steht dabei für “Occupational Health and Safety Assessment Series”. Und OHSAS 18002 bietet “Leitlinien zur Umsetzung von OHSAS 18001″.
        OHSAS 18001 ist derzeit nur in Großbritannien und in Polen ein regulärer Standard. Damit kann man Arbeitsschutzmanagementsysteme zertifizieren. Das Ganze ist ziemlich unspezifisch und soll im Wesentlichen die Transparenz der vom Unternehmen praktizierten Prozesse bestätigen. Es geht um Dokumentation, Qualitätsmanagement und kontinuierliche Verbesserung. Was im Unternehmen innerhalb seines Gestaltungsspielraumes als im Arbeitsschutz zu berücksichtigende Gefährdungskategorie definiert wurde, wird jedoch nicht zertifiziert. (In Betrieben mit Personalräten oder Betriebsräten wird das wegen des Gestaltungsspielraumes des Arbeitgebers mitbestimmt entschieden.) Das Zertifikat bestätigt also weder den Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in das Arbeitsschutzgesetzes noch die Umsetzung der in der Bildschirmarbeitsverordnung vorgeschriebenen Beurteilung psychischer Belastungen. So ein Zertifikat bestätigt nur, dass wenn psychische Belastungen in den Arbeitsschutz einbezogen wären, das gemäß dem BS OHSAS 18001 gehandhabt würde.

So eindrucksvoll ein OHSAS 18001 Zertifikat also auch aussehen mag, das zertifizierte Unternehmen kann das Zertifikat nicht als Nachweis verwenden, dass psychisch wirksame Belastungen vorschriftsmäßig in den Arbeitsschutz einbezogen werden. Wenn psychische Behandlungen jedoch in den Arbeitsschutz einbezogen werden sollen, dann hilft OHSAS dabei, dass das in einer verifizierbaren und prozesshaften Weise erfolgt. Darum müssen Arbeitnehmervertreter sich damit auskennen.

Nun zur Wikipedia. Da hat sich anscheinend schon etwas Ironie in den Artikel eingeschlichen:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Arbeitsschutzmanagementsystem&oldid=105666417#Gründe_für_ein_AMS

Gründe für ein AMS

Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (bspw. Einzelnachweisen) ausgestattet. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst entfernt. Hilf bitte der Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst. Näheres ist eventuell auf der Diskussionsseite oder in der Versionsgeschichte angegeben. Bitte entferne zuletzt diese Warnmarkierung.

Unfallursache Nummer 1 sind heutzutage Verhaltens- und Organisationsmängel. Diese sind am besten mit einem AMS zu bekämpfen. Betriebe, die ein AMS vorweisen können, werden von den Aufsichtsbehörden seltener und ungenauer kontrolliert. Das ist vorteilhaft für beide Seiten. Mittelfristig reduziert sich die Unfallhäufigkeit sehr, was wiederum zu weniger Ausfallzeiten, Störfällen und Störungen im Betriebsablauf führt. Engagement und Loyalität der Beschäftigten, sowie die Attraktivität des Unternehmens für potenzielle neue Mitarbeiter steigen. Das Unternehmen kann besser an den demographischen Wandel angepasst werden. Die oberste Leitung wird in ihrer Rechtssicherheit gestärkt.

Haftungsrisiken im Arbeitsschutz

Die wichtigsten Rechtsquellen für mögliche strafrechtlich relevante Verstöße im Arbeits- und Gesundheitsschutz sind:

Der Arbeitgeber hat nach § 3 Arbeitsschutzgesetz unter anderem ,,für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen”. Verletzt er seine Pflichten vorsätzlich, so entfallen die im Sozialgesetzbuch VII genannten und oben aufgeführten Haftungsbeschränkungen. Bei grob fahrlässigem Handeln haftet der Arbeitgeber gegenüber den Sozialversicherungsträgern für die entstandenen Aufwendungen. Näheres regelt § 110 SGB VII.

AMS nach OHSAS 18001:2007

Grundlage der OHSAS 18001 sind die Normen ISO 9001 und ISO 14001.

Arbeitsschutz- und Gesundheitsschutz Politik (A&G-Politik)

Die erste Forderung des AMS ist die Erklärung des Unternehmers oder der obersten Leitung über die Einführung eines Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsystems, von der alle Beschäftigten in Kenntnis gesetzt werden sollen. Dies kann durch Aushänge oder auch durch Merkkärtchen erfolgen, die an alle verteilt werden. Die A&G-Politik muss nach OHSAS 18001 auch die Verpflichtung enthalten, die geltenden rechtlichen Auflagen einzuhalten. Weiterhin muss die A&G-Politik der Öffentlichkeit zugänglich sein.

Planung

Die Gefährdungserkennung, Risikoeinschätzung und darauf folgende Festlegung der Lenkungsmaßnahmen (siehe zum Beispiel:Maßnahmenhierarchie) sind wichtigster Bestandteil der Planung der A&G-Politik. Sowohl alltägliche Abläufe als auch seltene Tätigkeiten sind auf Gefahren und Risiken zu prüfen. Verfahrensanweisungen sollen sicherstellen, dass rechtliche Anforderungen an den Betrieb regelmäßig erhoben, bewertet und umgesetzt werden. Ziele und Programme zur ständigen Verbesserung des Arbeits-und Gesundheitsschutzes müssen festgelegt und aktiv ausgeführt werden. Von besonderer Bedeutung sind Schulungen für alle Hierarchieebenen.

Umsetzung

Verantwortlichkeiten (unter anderem Befähigte Person, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator, Sicherheitsbeauftragter, Strahlenschutzbeauftragter) und Programme des AMS müssen aufgestellt und dementsprechend ausgeführt werden. Wichtige Beispiele sind Beschaffung von Arbeitsmitteln und Persönlichen Schutzausrüstungen, der Umgang mit Fremdfirmen, Kommunikation und Beratung mit den Beschäftigten und ihren Vertretern sowie Notfallvorsorge und Gefahrenabwehr (u.a. Erste Hilfe, Explosionsschutz). Hier ergibt sich eine breite Schnittmenge zum Risikomanagement.

Controlling

Nach der Einführung muss das AMS regelmäßig überprüft werden. Ähnlich wie im finanziellen Sinne ist nach OHSAS 18001 ein Controlling einzuführen, bei dem die wichtigsten Kennzahlen und sonstigen Daten erhoben und bewertet werden. Bei Abweichungen sind entsprechende Korrekturmaßnahmen durchzuführen. Wie beim QMS, UMS oder bei der internen Revision sind interne Audits durchzuführen. Ist das System zertifiziert, müssen jedes Jahr zusätzliche externe Audits abgehalten werden.

Bewertung durch das oberste Management

Die oberste Leitung ist verpflichtet die Eignung des AMS in festgelegten Abständen zu bewerten. Ein derartiges Management-Review wird auch im QM – und UM-System durchgeführt.

Merken die Arbeitnehmer (vom obersten Management ganz zu schweigen) eigentlich etwas von solchen Sachen oder dient das vorwiegend zur formalen Absicherung von Unternehmen gegen Haftungsansprüche? Betriebsräte und Personalräte sollten da vorsichtshalber einmal genauer hinsehen, auch wenn das Wortmonstrum Arbeitsschutzmanagementsystem doch schon ziemlich abschreckend klingt. Weiterbildung hilft. Es gibt nämlich Betriebe, die sich die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften nach OHSAS 18001 zertifizieren lassen, aber von dem im Arbeitsschutz vorgeschriebenen Einbezug psychischer Belastungen hat da (trotz Punkt 4.4.3.2 in OHSAS 18001:2007) noch kein Mitarbeiter wirklich etwas gemerkt.

 
Zum Wikipedia-Artikel:

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