Schlagwort 'Überlastungskultur'

Wer zahlt?

Montag, 4. November 2013 - 22:48

Aus Hans-Dieter Gimbels Info Psyche und Arbeit (Oktober 2013):

[...] Wer trägt die Kosten, wenn das Wirtschaftssystem krank macht? In seinem Essay “Kapitalistischer Realismus” fordert der britische Wissenschaftler Mark Fisher: Die Gewerkschaften müssen die politische Dimension von Burnout und Depression erkennen.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/mark-fisher-kapitalistischer-realismus-ohne-alternative-a-928145.html#ref=nl-dertag [...]

Kontakt: http://www.systemberatung-gimbel.de/

Nachhaltigkeitsrat: „Wir haben eine Überlastungskultur“

Donnerstag, 23. Mai 2013 - 07:48

http://www.nachhaltigkeitsrat.de/news-nachhaltigkeit/2013/2013-05-23/wir-haben-eine-ueberlastungskultur/

Die Verdichtung von Aufgaben und die Eigenverantwortung im Beruf nehmen zu, gleichzeitig werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den kommenden Jahrzehnten immer länger erwerbstätig sein. Viele leiden unter dem Tempo der Arbeitswelt und empfinden einen wachsenden Druck auf sich selbst. Wie sich die Arbeitskultur ändern muss und welchen Akteuren dabei welche Verantwortung zukommt, diese Fragen standen im Zentrum des Forums „Gute Arbeit statt Burnout – wie erreichen wir eine neue Arbeitskultur?“ bei der Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung. [...]

[...] In den Betrieben komme Führungskräften trotzdem eine besondere Verantwortung zu, vor allem weil viele überlastete Mitarbeiter ihr Problem verdrängten. [...]

Selbst in Großunternehmen sind es auch bis heute nicht nur die Mitarbeiter, die Fehlbelastungen verdrängen, sondern immer noch versuchen Führungskräfte zu vermeiden, dass Fehlbelastungsmeldungen im Bereich der mentalen Arbeitsbelastung (ISO 10075: “mental workload” bzw. “psychische Belastung”) in Gefährdungsbeurteilungen dokumentiert werden. Dazu werden (im Widerspruch zum Arbeitsschutzgesetz) aus Fehlbelastungen resultierende Fehlbeanspruchungen zunächst erst einmal den einzelnen Mitarbeitern als “Einzelfall” zugeschrieben. Das ist natürlich nur möglich, wenn Betriebs- und Personalräte fehlen, die solche Zuschreibungen kompetent in Frage stellen können.

Auch wehren sich Führungskräfte dagegen, dass (durchaus umgesetzte) Verbesserungsmaßnahmen als Arbeitsschutzmaßnahmen eingestuft werden, denn die Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen ist mitbestimmt und setzt eine Gefährdungsbeurteilung voraus.

Eine weitere Hürde: Es ist immer noch für viele Arbeitsschutzfachkräfte befremdlich, mentale Fehlbelastungen bei der Arbeit mit der gleichen Priorität zu verfolgen, wie die “klassischen” technischen Gefährdungen.

Konflikte gibt es auch, wo Arbeitgeber einen Angriff auf ihre unternehmerische Freiheit befürchten: Fehlbelastungsmeldungen im Bereich der mentalen Belastungen berühren oft Fragen der Unternehmensorganisation und der Führungsmethoden und damit auch die unternehmerische Gestaltungs- und Betätigungsfreiheit. Führungskräfte sind es noch nicht gewohnt, hier durch auditierbare Dokumentation stärker in die Verantwortung genommen werden zu können. Das führt natürlich zu einer zusätzlichen Belastung dieser Führungskräfte - bis hin zur Überforderung des Top-Managements. Die Überlastungskultur ist dann selbstverstärkend.