Schlagwort 'Der TÜV desinformiert'

Dauerstress: Wenden Sie sich zuerst an den Betriebsrat

Donnerstag, 12. September 2013 - 07:27

http://www.mittelstanddirekt.de/content/f0906-0/internet/website/home/versichern_und_vorsorgen/nachrichten/psychische-belastungen-arbeitsplatz.html

[...] TÜV-Empfehlung: Beratung durch den Betriebsarzt

Die TÜV-Arbeitsmediziner raten Arbeitnehmer andauernden psychischen Stress am Arbeitsplatz sowie Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch ernst zu nehmen und sich an ihren Arbeitgeber zu wenden. Dieser muss im Zuge seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht für die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter sorgen und den Betriebsarzt verständigen. Den medizinischen Grund der Anfrage muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht offen legen. Der Betriebsarzt stellt im Rahmen einer Arbeitsplatz- und Gefährdungsbeurteilung sowie individuellen Untersuchung des Beschäftigten die Ursachen für eine psychische Belastung fest. Ziele der Beratung sind gezielte individuelle Lösungen zur Suchtprävention und Stressabbau. [...]

Es gibt genug Fälle, in denen sich Mitarbeiter an den Arbeitgeber wenden und dann ein niedrigeres Einkommen “angeboten” bekommen. Ich rate fehlbelasteten Arbeitnehmern dringend, sich zuerst an den Betriebsrat zu wenden und zu besprechen, welche Prozesse zur Bearbeitung von Meldungen über fehlbelastenden Dauerstress zwischen dem Betriebsrat und der Betriebsleitung vereinbart worden sind.

Betriebsärzte können durchaus die richtige Adresse für solche Fehlbelastungsmeldungen sein, aber wenn es aus Sicht des Betriebsrates neben der individuellen Beratung durch den Betriebsarzt keinen ordentlichen und vorrangig verhältnispräventiven Arbeitsschutz mit einem mitbestimmten und auditierbaren Prozess für Gefährdungsbeurteilungen gibt, dann könnte das ein Zeichen sein, dass das Unternehmen Fehlbelastungen gleich von Anfang an den Mitarbeitern zuschreiben möchte.

Problematisch wird es natürlich, wenn auch der Betriebsrat keine Ahnung hat und keine ordentlichen Prozesse zur Bearbeitung von Fehlbelastungsmeldungen vereinbart wurden, denn wer bei Fehlbelastungen zu verständigen ist und wie solche Fälle bearbeitet werden, hat im Rahmen der Arbeitsschutzregeln in Betrieben mit Arbeitnehmervertretungen mitbestimmt entschieden zu werden. Zunächst geht es nicht um die fürsorgliche Belagerung von Arbeitnehmern, sondern um den Arbeitsschutz und um die Beurteilung der Arbeitsplätze möglicherweise fehlbelasteter Mitarbeiter.

Hinsichtlich der “individuellen Untersuchung des Beschäftigten” stellen der TÜV bzw. mittelstdanddirekt.de die Prioritäten des Arbeitsschutzes falsch dar. Im Arbeitsschutz ist ganz klar vorgeschrieben, dass individuelle Maßnahmen nachrangig zu allen anderen Schutzmaßnahmen sind. Warum verkehren der TÜV und mittelstanddirekt.de die Prioritäten? Inzwischen sollten sie es wirklich besser wissen: Zunächst sitzten bei der Beurteilung der Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen auf der Couch und nicht die Arbeitnehmer.

Meine Empfehlung für einen ersten Besuch beim Betriebsarzt: Nehmen Sie ein Mitglied des Betriebsrats zu dem Gespräch mit. Wenn Betriebsärzte das mit Hinweis auf die Vertraulichkeit zwischen Arzt und Patient ablehnen wollen, dann weisen Sie darauf hin, dass Sie kein Patient sind. Da bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen persönliche Daten kein Thema sind, gibt es auch keine Vertraulichkeitsprobleme. Die Beurteilung von Arbeitsbedingungen ist kein Geheimnis.

Testen Sie, wie Betriebsärzte sich gegenüber dem Arbeitgeber verhalten: Vertrauen Sie keinen Betriebsärzten, die sich bei Mängeln in der Gefährdungsbeurteilung beim Arbeitgeber nicht für eine wahrheitsgemäße Gefährdungsbeurteilung einsetzen.

Fehlbelastungsmeldung: Der Betriebsrat hilft

Dienstag, 3. September 2013 - 07:58

Pressemeldung des TÜV (TÜV-Arbeitsmediziner vom Arbeitskreis Arbeitsmedizin beim Verband der TÜV e. V. (VdTÜV),
http://www.presseportal.de/pm/65031/2548073/psychische-belastungen-am-arbeitsplatz-nicht-warten-bis-es-zu-spaet-ist):

[...] Die TÜV-Arbeitsmediziner raten Arbeitnehmer andauernden psychischen Stress am Arbeitsplatz sowie Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch ernst zu nehmen und sich an ihren Arbeitgeber zu wenden, der im Zuge seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht für die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter sorgen muss. Der Mitarbeiter sollte den Arbeitgeber beauftragen, den Betriebsarzt anzurufen. Den medizinischen Grund der Anfrage muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht offen legen. Der Betriebsarzt stellt im Rahmen einer Arbeitsplatz- und Gefährdungsbeurteilung sowie individuellen Untersuchung des Beschäftigten die Ursachen für eine psychische Belastung fest. Ziele der Beratung sind gezielte individuelle Lösungen zur Suchtprävention und Stressabbau. Generell sollte der Schutz vor psychischen Belastungen am Arbeitsplatz so selbstverständlich sein, wie der Schutz vor Lärm oder Chemikalien. Die TÜV- Arbeitsmediziner betonen, dass Betriebsärzte gegenüber den Arbeitgebern der Schweigepflicht unterliegen, sodass betroffene Mitarbeiter keine Konsequenzen zu befürchten haben. Die Kosten des Betriebsarztbesuchs hat der Arbeitgeber zu tragen.

Die Arbeitsmediziner der TÜV-Unternehmen kümmern sich in Betrieben und Organisationen um die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, unabhängig von der Berufsgruppe und Hierarchieebene. Sie beraten Arbeitnehmer individuell am Arbeitsplatz und -umfeld sowie Arbeitgeber im Rahmen ihrer gesetzlichen Führsorgepflichten in Bezug auf die Sicherheit der Mitarbeiter im Unternehmen. [...]

So könnte es theoretisch laufen. Praktisch gibt es Betriebsärzte (und Arbeitsschutzverantwortliche), die den fehlenden Einbezug psychischer Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung und ihren Betrieben jahrelang nicht angesprochen haben.

Arbeitnehmer sollten sich also zunächst an den Betriebsrat wenden und dort besprechen, an wen sie sich wenden könnten. Wenn der Betriebsrat aber schon mit den Begriffen “Belastung”, “Fehlbelastung”, “Beanspruchung”, “Verhältnisprävention” und “Verhaltensprävention” nichts anfangen kann, dann wird er seinen Klienten nicht gut helfen können. Ein Warnsignal ist auch, wenn Betriebsräte nicht einmal sicherstellen können, dass ihre eigene Belastungssituation in der Gefährdungsbeurteilung zu ihren Arbeitsplätzen ordentlich beschrieben wird. Solche Betriebsräte verstehen nicht, welche Pflichten der Arbeitgeber jenen Mitarbeitern gegenüber hat, die im sehr konfliktbehafteten Bereich des Personalwesens arbeiten. Wie soll der Betriebsrat Andere schützen, wenn er sich selbst nicht schützen kann?

Wichtig: Der Betriebsrat sollte auch wichtige Prioritäten kennen, die das Arbeitsschutzgesetz festschreibt. Gemäß Arbeitsschutzgesetz gilt: Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen. Zunächst muss der Arbeitgeber also versuchen, den Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Diese Priorität wird in der Pressemeldung des TÜV nicht so recht deutlich.

Versteht der TÜV den Arbeitsschutz nicht?

Montag, 6. August 2012 - 01:34

http://www.tuev-media.de/index.php?anwendung=ebooks&BESTELLNR_TEXT=91496&aufruf=produkte/91496-burnout—eine-gefahr-fuer-die-arbeitssicherheit–e-book-.php&WARENGRUPPE_ID=4

Julia Fleischer und Stefan Poppelreuter
Burnout – eine Gefahr für die Arbeitssicherheit (E-Book)

Dieses E-Book soll helfen, das Krankheitsbild “Burnout” besser einschätzen, erkennen und verstehen zu können.

  • Welche Symptome kennzeichnen Burnout?
  • Welchen Entwicklungsverlauf nimmt Burnout?
  • Welche Gefahren ergeben sich für die Qualität der Arbeitsleistung und die Arbeitssicherheit?
  • Was kann und muss ein Unternehmen tun, um vom Burnout gefährdete Personen zu erkennen und entsprechend zu entlasten?

Die im E-Book enthaltenen Fragebögen ermöglichen es, Anhaltspunkte zu finden, ob man burnoutgefährdet ist bzw. ob ein Mitarbeiter oder Kollege an einem Burnout-Syndrom erkrankt ist

Das Buch findet man bei TÜV-Media in der Rubrik “Arbeitsschutz”. Im Arbeitsschutz muss die Frage lauten: “Was kann und muss ein Unternehmen tun, um Burnout fördernde Arbeitsbedingungen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zur Minderung der daraus resultierenden Gefährdungen zu ergreifen?” Im Arbeitsschutz geht es zunächst um gefährdende Arbeitsbedingungen, nicht um gefährdete Personen.

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