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Klischees der Kapitalismuskritik treffen auf Dieter Hundts Hobbypsychologie

Mittwoch, 2. Januar 2013 - 22:17

http://www.bild.de/geld/wirtschaft/dieter-hundt/trotz-burn-out-arbeit-gesund-26111684.bild.html (2012-09-10)

Berlin – Nach der Debatte um immer mehr Burn-out-Kranke Arbeitnehmer hält Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt (73) dagegen.

Hundt zu BILD:

Dass Arbeit psychisch krank macht, ist falsch. Im Gegenteil: Berufstätigkeit schafft Selbstbestätigung und Anerkennung. Sie ist damit eine wichtige Basis für die psychische Gesundheit.

(Kommentare: http://www.bild.de/ka/p/ugc/26111682/comment/dsc)

Hundt hat natürlich recht, bellt aber am falschen Baum: Kein vernünftiger Arbeitsschützer und keine Forschung behauptet, dass Arbeit psychisch krank mache. Nur schlechte Arbeit macht krank. Leider gibt es aber immer wieder Leute, die eristischen Ablenkungsmanövern, wie dem von Hundt, Futter liefern:

http://www.heise.de/tp/artikel/38/38240/1.html

Die kränkelnde Arbeitsgesellschaft
Tomasz Konicz 30.12.2012
Die zunehmende Krisenkonkurrenz führt zu einer raschen Zunahme psychischer Erkrankungen bei Lohnabhängigen

“Arbeit hält gesund” – auf diesen Nenner brachte die Bild-Zeitung die Ausführungen des Präsidenten der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, der in einem Gespräch mit dem Boulevardblatt behauptete, dass Lohnarbeit unter keinen Umständen psychisch krank machen könne.

“Im Gegenteil: Berufstätigkeit schafft Selbstbestätigung und Anerkennung. Sie ist damit eine wichtige Basis für die psychische Gesundheit”, so Hundt. Wenn Lohnabhängige dennoch psychisch erkrankten, dann seien sie selbst daran schuld, führte der BDA-Chef weiter aus:

Die wesentlichen Ursachen liegen dabei in genetischen und entwicklungsbedingten Faktoren, im familiären Umfeld, im Lebensstil und im Freizeitverhalten.

Dabei wandte sich Hundt mit seiner Intervention gegen eine Fülle von Studien und Berichten, die genau das bestätigen, was der Arbeitgeberpräsident so vehement verneint: Arbeit macht krank. Um 120 Prozent sei die Zahl der psychischen Erkrankungen unter Deutschlands “Arbeitnehmern” seit 1994 angestiegen, meldete etwa das Wissenschaftliche Institut der AOK (WidO) Mitte August.

Aufgrund dieser Zunahme seelischen Leidens an den spätkapitalistischen Zuständen …

Und schon möchte ich eigentlich nicht mehr weiterlesen, tu’s aber dann doch. Ich weiß nicht, was Hundts Denken treibt. Vielleicht ein nicht mehr ganz aktueller Kenntnisstand der Psychologie? Aber mit der Ansammlung kapitalismuskritischer Klischees und Gegendummheiten (“Arbeit macht krank”) tut sich der Kritiker an Hundts Dummheiten auch keinen Gefallen. Leider kann das dazu führen, dass die interessanteren Argumente in dem Artikel von Tomasz Konicz vom Leser nicht so gut verdaut werden, wie sie es verdienen.

Nur damit es klar ist: Schlechte Arbeit macht krank. Gute Arbeit trägt dagegen tatsächlich zur Gesundheit bei. Das hilft bei der Definition von “gut” und “schlecht”.

Links:

Gesundheitsmanagement für antiquierte Menschen

Donnerstag, 22. März 2012 - 07:53

http://www.heise.de/tp/artikel/36/36609/1.html

Gesundheitsmanagement für mehr Arbeit und weniger Personal?
Birgit v. Criegern 20.03.2012
Prävention im Betrieb entspricht einer wachsenden Management-Sparte. Während Personal weiter reduziert wird und Arbeitsdruck steigt, fühlt man sich an “Human Engeneering” erinnert

Über den Gesundheitsbericht der Berliner Innenverwaltung im Februar zum Krankenstand im öffentlichen Dienst wurde ausführlich und mit alarmierendem Unterton berichtet: Sieben Wochen im Jahr seien die Bediensteten im Schnitt krankgeschrieben gewesen, das heißt: doppelt so lang wie Berliner Beschäftigte anderer Bereiche. Und für 2010 seien zweieinhalb Fehltage mehr verzeichnet worden als im Jahr davor. Empfehlungen von Gesundheitsmanagement kamen jetzt wieder zum Zug. Der Blick auf Beraterbroschüren zeigt jedoch, dass die betriebliche Prävention von Kosten- und Personalsenkungsplänen begleitet wird. Der allgemeine Trend erinnert an “Human Engeneering” gemäß dem Philosophen Günther Anders. …

… Auffällig ist nach den Gesundheits- (oder Krankheits-) berichten des letzten Jahres, dass man wachsenden Arbeitsdruck sogar allgemein eingesteht, aber strukturelle Änderungen verwirft. Weniger Arbeit kann und soll nicht gedacht werden. Und offenbar soll auch von Mehrbeschäftigung kaum mehr die Rede sein. …

… Mit dem spätfordistisch anmutenden Konzept des Gesundheitsmanagements am Arbeitsplatz könnte eben auch der Anspruch bedient werden, berufliche Sicherheit, gesellschaftliche Wertigkeit und Gesundheit zu vereinbaren.

Human Engineering

Solcher Anspruch erinnert, unter dem heutigen allgemeinen Wachstumszwang und dem akzeptierten höheren Arbeitsdruck, an das “human engeneering”, wie es der Philosoph Günther Anders in seiner kulturell-psychologischen Ausführung “Die Antiquiertheit des Menschen. Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution” (1956, Beck) konstatierte.

Eine tragende These seines Buches ist, dass der Mensch in der Zeit der industriellen Serienproduktion und der technischen Höchstleistungen – und maßgeblich auch der atomaren Forschung – nicht mehr seelisch auf dem Laufenden, “up to date” mit seinen Produkten sei. Antiquiert sei der zeitgenössische Mensch insofern, als er mit der technischen Produktion und mit der Verwertung alles Verwertbaren fortfahre, ohne die menschheitliche Auswirkung dieser Tätigkeit ins Auge zu fassen und sein Tun neu infrage zu stellen, und zurück zu steuern. Vielmehr hegte man, so der Autor, bei der fortgeführten technischen Produktionstätigkeit den Wunsch, sich der Perfektion der Dinge anzugleichen. …

(Hervorhebungen nachträglich eingetragen)

Siehe auch: http://www.google.de/search?q=Günther-Anders+Antiquiertheit

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Gesundheitsmanagement
für mehr Arbeit und weniger Personal?

Mittwoch, 21. März 2012 - 07:14

http://www.heise.de/tp/artikel/36/36609/1.html

Gesundheitsmanagement für mehr Arbeit und weniger Personal?

Birgit v. Criegern 20.03.2012 [Telepolis]

Prävention im Betrieb entspricht einer wachsenden Management-Sparte. Während Personal weiter reduziert wird und Arbeitsdruck steigt, fühlt man sich an “Human Engeneering” erinnert

Über den Gesundheitsbericht der Berliner Innenverwaltung im Februar zum Krankenstand im öffentlichen Dienst wurde ausführlich und mit alarmierendem Unterton berichtet: Sieben Wochen im Jahr seien die Bediensteten im Schnitt krankgeschrieben gewesen, das heißt: doppelt so lang wie Berliner Beschäftigte anderer Bereiche. Und für 2010 seien zweieinhalb Fehltage mehr verzeichnet worden als im Jahr davor. Empfehlungen von Gesundheitsmanagement kamen jetzt wieder zum Zug. Der Blick auf Beraterbroschüren zeigt jedoch, dass die betriebliche Prävention von Kosten- und Personalsenkungsplänen begleitet wird. Der allgemeine Trend erinnert an “Human Engeneering” gemäß dem Philosophen Günther Anders.


Sollte künftig das Gesundheitsmanagement kommen, während Personalreduzierungen öffentlich und privatwirtschaftlich wie gehabt weitergehen, könnte es sich als der andere, nicht vereinbare Weg neben den gewerkschaftlichen Forderungen erweisen; wenn es nämlich nicht als zusätzliches Betreuungsangebot geplant ist, sondern als die wesentliche Gegenmaßnahme für Beschäftigungsdefizite.

Doch das zeichnet sich ab. Es geht für Unternehmensberater wie für die bekannte Firma McKinsey darum, gezielt personalreduzierte Betriebe zu schulen, um “Potenziale zu fördern”. In einer Broschüre Wettbewerbsfaktor Fachkräfte. Strategien für Deutschlands Unternehmen vom vergangenen Jahr ging McKinsey Deutschland vom deutschen Fachkräftemangel in “Schlüsselbranchen wie dem Maschinen- und Fahrzeugbau” aus, für die in den kommenden Jahren Engpässe prognostiziert worden seien. Den Bedarf an Fachkräften zu senken, wird hier geradezu angeraten.

Resilienz durch Mitgestaltung

Sonntag, 10. Juli 2011 - 10:27

http://www.heise.de/tp/artikel/27/27786/1.html

Die Deutschen arbeiten weiter, aber sie tun es offenbar unter Schmerzen
Matthias Becker 23.04.2008
Enthüllungen zur psychologischen Lage der Nation am Arbeitsplatz

“Bis zum Jahr 2000 soll sich in allen Mitgliedstaaten durch Schaffung gesünderer Arbeitsbedingungen, Einschränkung der arbeitsbedingten Krankheiten und Verletzungen sowie durch die Förderung des Wohlbefindens der arbeitenden Bevölkerung der Gesundheitszustand der Arbeitnehmer verbessert haben.” 1991 formulierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Kopenhagen dieses ambitionierte Ziel für die Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung. Gestern wies der Berufsverband der Deutschen Psychologinnen und Psychologen (BDP) in Berlin darauf hin, dass Deutschland davon heute weiter entfernt ist denn je. …

… Nach den Vorstellungen der BDP sollen Unternehmer die Förderung von Resilienz bei der Organisation der Arbeit bedenken. Schließlich sei das in ihrem eigenen Interesse, weil so die Fluktuation der Mitarbeiter gesenkt und Qualität und Produktivität erhöht werden könnten. Diese Empfehlung dürfe nicht als Plädoyer für mehr Antistresskurse und Rückenschulen verstanden werden: “Man muss die Arbeit an die Menschen anpassen, nicht nur umgekehrt.”

In der Praxis könne das beispielsweise bedeuten, die Beschäftigten in Unternehmensentscheidungen einzubeziehen, auf mögliches Scheitern vorzubereiten und ihnen das Gefühl zu geben, sie könnten den Arbeitsprozess mitgestalten.

Kunst autgeßurst

Freitag, 30. Oktober 2009 - 12:52

Auch Kunst kann man outsourcen, und Aktienkurse lassen sich vertonen: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31406/1.html.