Schlagwort 'Schopenhauer'

Hundts Eristik durchschaut

Mittwoch, 16. Januar 2013 - 06:29

(überarbeitet: 2012-01-30)

Schopenhauer sammelte in weiser Voraussicht seine Kunstgriffe der Eristischen Dialektik, um beispielsweise Dieter Hundts Versuche damit durchschaubar zu machen. Hundts versucht, damit zu argumentieren (http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/stressreport-streit-um-burnout-vorbeugung-a-880314.html),

… dass Beschäftigte seltener an psychischen Erkrankungen leiden als Nichtbeschäftigte. “Daher ist es auch falsch, psychische Erkrankungen vorrangig auf Arbeit zurückzuführen, das Gegenteil ist richtig.” …

Hundt ist intelligent genug, zu wissen, dass er damit das Publikum täuscht. Er weiß, dass es nicht um die Behauptung geht, dass Arbeit krank mache, sondern die an die Arbeitgeber gerichtete Kritik auch des Bundesarbeitsministeriums richtet sich gegen deren langjährige Vernachlässigung der vorgeschriebenen Erfassung und Bewertung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Es geht da noch gar nicht darum, allen psychischen Belastungen eine schädliche Wirkung zuzuschreiben, sondern es besteht die von sehr vielen Arbeitgebern inzwischen wissentlich missachtete gesetzliche Forderung, überhaupt erst einmal genau hinzusehen: Sehr angestrengt versuchen diese Arbeitgeber nun, Gefährdungsbeurteilungen zu vermeiden, mit denen gelegentlich auch einmal Haftungsgründe für eine vom Arbeitgeber zu verantwortende Körperverletzung dokumentiert werden könnten. Von dieser Pflichtverletzung lenkt Hundt beharrlich ab.

Hundts ständig wiederholtem rhetorischen Trick widmet auch Stephan List ein paar Worte: http://www.arbeitstattstress.de/arbeit-und-psychische-erkrankungen/

… Zunächst stellt er fest, dass laut Studien mehr psychische Erkrankungen bei Erwerbslosen vorkämen als bei Erwerbstätigen. Somit sei klar, dass Arbeit gar nicht die Ursache von psychischen Erkrankungen sein könne.

Hier hat einer seinen Schopenhauer sorgfältig studiert (“Die Kunst, Recht zu behalten”). Wenn Sie lange genug suchen, dann werden Sie auch den passenden rhetorischen Trick finden, den Herr Hundt hier angewandt hat. Natürlich ist es unzulässig, diesen Bezug herzustellen, aber im ersten Moment erzielt er Wirkung und darauf kommt es an. …

Siehe auch: http://blog.psybel.de/bewertung-psychischer-fehlbelastungen-ist-pflicht/#Belastungsquellen

Freier Wille

Dienstag, 9. November 2010 - 09:21

Die Daumenschraube eines jeden finden: Dies ist die Kunst, den Willen Anderer in Bewegung zu setzen. Es gehört mehr Geschick als Festigkeit dazu. Man muss wissen, wo einem Jeden beizukommen sei. Es gibt keinen Willen, der nicht einen eigentümlichen Hang hätte, welcher, nach der Mannigfaltigkeit des Geschmacks, verschieden ist. Alle sind Götzendiener, Einige der Ehre, Andere des Interesses, die meisten des Vergnügens. Der Kunstgriff besteht darin, dass man diesen Götzen eines Jeden kenne, um mittels desselben ihn zu bestimmen. Weiß man, welches für jeden der wirksame Anstoß sei, so ist es, als hätte man den Schlüssel zu seinem Willen. Man muß nun auf die allererste Springfeder oder das primum mobile in ihm zurückgehen, welches aber nicht etwa das Höchste seiner Natur, sondern meistens das Niedrigste ist: denn es gibt mehr schlecht- als wohlgeordnete Gemüter in dieser Welt. Jetzt muss man zuvörderst sein Gemüt bearbeiten, denn ihm durch ein Wort den Anstoß geben, endlich mit seiner Lieblingsneigung den Hauptangriff machen; so wird unfehlbar sein freier Wille schachmatt.

Baltasar Grácian, Handorakel und Kunst der Weltklugheit, 1647, Übersetzung: Arthur Schopenhauer