Schlagwort 'Primärprävention'

Begehungen durch Arbeitsschutzfachleute und den Betriebsrat

Samstag, 23. Juni 2012 - 12:40

Hier finden Sie ein paar Hinweise, worauf bei Begehungen von Arbeitsplätzen hinsichtlich der Qualität von Gefährdungsbeurteilungen zu achten ist.

http://blog.psybel.de/wie-die-aufsicht-prueft/#lv52, LV 52, Integration psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Arbeitsschutzbehörden der Länder, darin aus dem Anhang 6 GB-Check Prozessqualität – Arbeitshilfe Interviewleitfaden zur Bewertung des Prozesses der Gefährdungsbeurteilung,  2009, S. 26 und 27:

Beteiligung Führungskräfte: Die mittleren und unteren Führungskräfte wurden bei der Ermittlung und Veränderung psychischer Belastungen beteiligt? 

  • Wie?
  • Melde-/ Beschwerdewesen, durch die Methodenwahl z.B. Fragebogen, Gruppenmoderation, MAG, Einzelinterviews

Planungen: Gefährdungsbeurteilung wurde systematisch geplant.

  • Wer war mit der Umsetzung beauftragt?
  • Wurden Arbeitsbereiche und Tätigkeiten festgelegt?
  • Beurteilungsablauf festgelegt?

Risikofaktoren: Die wesentlichen Risikofaktoren für psychische Fehlbelastung werden berücksichtigt.

  • Abgleich mit Merkmalliste

Vollständigkeit: Alle Arbeitsbereiche und Tätigkeiten wurden auf psychische Belastungen hin beurteilt.

  • Wurden Prioritäten gesetzt?
  • Welche Bereiche wurden ausgelassen?
  • Aus welchem Grund?

Maßnahmenfestlegung: Bei psychischen Fehlbelastungen wurden Maßnahmen festgelegt.

(nachträgliche Anmerkung in eckigen Klammern)
 

Siehe auch:

 
(Aktualisierung: 2012-06-23. Ursprüngliches Datum: 2011-10-21)

Konsequenzen aus dem Burn-out-Ranking

Dienstag, 12. Juni 2012 - 21:49

Fortsetzung von http://blog.psybel.de/2012/06/08/manager-magazin-burn-out-ranking/:

Habe mit heute einmal die Tabelle angesehen: Die Asklepios-Kliniken vermuten, dass von von den mehr als 1,5 Millionen Mitarbeitern in DAX-Unternehmen etwa 47000 bis 100000 Mitarbeiter vom Burn-out betroffen sind. Das sind etwa 3.1% bis 6.4%, also im Durchschnitt 4.7%. Basis ist eine im manager magazin 2012-06 veröffentlichte Tabelle - mit allerdings ziemlich mutigen Extrapolationen möglicherweise etwas magerer Daten.

Auch etwas belastbarere Daten zeigen, dass so abschreckend der angeblich seit schon vielen Jahren mögliche “knallharte Strafkatalog” nicht zu wirken scheint. Es wird vermutlich sogar keine einzige knallharte Strafe für eine von mangelhafter Prävention verursachte psychische Erkrankung gegeben haben.

Die Beunruhigungspille der Ministerin Ursula von der Leyen ist in Wirklichkeit eine Beruhigungspille an die Unternehmer: Ernstaft unternimmt die Politik nichts. Sie wedelt nur ein bisschen mit einem Strafkatalog zur Volksberuhigung, wird die ernsthafte Anwendung dieses Katalogs aber auch weiterhin bremsen.

Die eigentliche Konsequenz aus dem Burn-out-Ranking ist, dass Prävention ernsthafter betrieben und genauer beurteilt werden muss. Das ist zuverlässiger als gewagte Statistiken:

  • Ernsthafte und kompetente Kontrollen der Unternehmen durch Aufsichtsbehörden.
  • Überprüfung der Übereinstimmung der Prozessbeschreibung eines Unternehmens zur Umsetzung der Bildschirmarbeitsverordnung mit der tatsächlichen Umsetzungspraxis.
  • Veröffentlichung der Protokolle von behördlichen Kontrollen eines Unternehmens an alle Mitarbeiter des Unternehmens (also nicht nur an den Betriebsrat).
  • Ernsthafte Überprüfung der vorgeschriebenen Arbeitsschutz-Dokumentation und darin insbesondere der Gefährdungsbeurteilungen. (Kennen und Verstehen die Mitarbeiter den Inhalt und die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilungen zu ihren Arbeitsplätzen inzbesondere hinsichtlich des Einbezugs psychischer Belastungen? Kennen sie die Bildschirmarbeitsverordnung und wird sie tatsächlich eingehalten?)
  • Ernsthafte Überprüfung der vorgeschriebenen Arbeitsschutz-Unterweisungen an das untere Management. (Versucht das Top-Management, Verantwortung in das untere Management zu verlagern, ohne die Mitarbeiter und Vorgesetzten über ihre Pflichten und Rechte aufzuklären? Werden nur Webtrainings gegeben, die wenig wirksame Pflichtübungen zum formalen Abhaken von Vorschriften sind?)
  • Proaktive behördliche Unterstützung der Betriebsräte bei der Ausübung der Pflicht zur Mitbestimmung im Arbeitsschutz. (Betriebsräte sind angesichts der Realität des Umgangs mit dem Arbeitsrecht und mit den Schutzrechten für Arbeitnehmer in Deutschland in einer Zwickmühle: Sprechen sie im Betrieb Regelwidrigkeiten an, dann beschwert sich die Arbeitgeberin, der Betriebsrat würde die harmonische Zusammenarbeit stören und Führungskräfte persönlich angreifen. Halten sie sich zurück - womöglich in Anwesenheit von Aufsichtspersonen der Berufsgenossenschaften oder der Gewerbeaufsicht -, dann missachten sie ihre Pflicht zum Schutz der Mitarbeiter und geben u.U. auch noch stillschweigend ihr Einverständnis zu Dingen, mit denen sie nicht einverstanden sein dürfen.)
  • Stärkung der Unabhängigkeit von Betriebsärzten und Arbeitsschutzbeauftragten. (Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung für eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge zu sorgen. Wie kommt es, dass diese Vorschrift (§3 ArbMedVV) von der Mehrheit der Unternehmen in Deutschland beim Einbezug psychischen Belastungen in den Arbeitsschutz noch nicht beachtet wird? Haben die Betriebsärzte Angst, eine vollständige Gefährdungsbeurteilung einzufordern, obwohl ihnen die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung als Grundlage der Primärprävention bekannt ist? Was haben sie zu befürchten, wenn sie den Arbeitgeber auffordern, ihnen diese Grundlage nicht weiterhin zu verwehren? Entstehen den Arbeitsschutzbeauftragten Nachteile, wenn sie psychische Belastungen (unter Beachtung der betrieblichen Mitbestimmung) in Gefährdungsbeurteilung einbeziehen und damit ihre Aufgabe pflichtgemäß erfüllen?)
  • Haftung des Unternehmens gegenüber psychisch erkrankten Mitarbeitern mit Erschöpfungsdepression schon dann, wenn der Arbeitgeber zwar nur ein möglicher Mitverursacher der Erkrankung ist, aber dazu aktuell oder in den Jahren vor der Erkrankung (deswegen müssen auch vergangene Pflichtverletzungen in den Unternehmen untersucht werden!) noch erhebliche Mängel beim Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz festgestellt wurden. Wichtig wäre es auch, dass Berufsgenossenschaften, Berufsunfähigkeitsversichererer und Krankenversicherer sich leichter Versicherungsleistungen erstatten lassen können, die von fahrlässig ihre Mitarbeiter körperverletzenden Unternehmen verursacht wurden.

Wenn Unternehmen einen ordentlichen Arbeitsschutz betreiben, dann braucht sie irgendein “Burn-our Ranking” nicht zu interessieren.

Ich weiß nicht, ob die von Gewerkschaften geforderte Anti-Stress-Verordnung oder sonstige neue Bestimmungen etwas bringen. Eine Stärkung der Arbeitnehmervertretungen könnte helfen, mit den bestehenden Arbeitsschutzvorschriften auszukommen. Es gibt ja bereits seit 1996 ein Gesetz. Es gibt darauf aufbauende Verordnungen und gerichtliche Beschlüsse. Nur wurden die Regeln in der Praxis kaum durchgesetzt obwohl beispielsweise die Bildschirmarbeitsverordnung sehr gut überprüfbar ist. Davon wird aber kaum Gebrauch gemacht. So kann es passieren, dass Aufsichtspersonen in einem Betrieb, von dem sie wissen, das psychische Belastungen nicht ordnungsgemäß beurteilt werden, es durchgehen lassen, dass in Gefährdungsbeurteilungen steht, die Bildschirmarbeitsverordnung werde eingehalten. Uns fehlen keine Schutzgesetze, sondern der Respekt vor ihnen ist abhanden gekommen.

(Nachbearbeitung: 2011-06-17)

Versteht die BAuA den WAI nicht mehr?

Montag, 11. Juni 2012 - 07:43

Verhaltensbeurteilung: Mit dem Arbeitsbewältigungsindex (ABI, Work Ability Index – WAI) soll die individuelle Arbeitsfähigkeit einer Person in einer bestimmten Tätigkeit bewertet werden. Er ist als arbeitsmedizinische Messinstrument zur Bestimmung eines optimalen und gerechten Pensionierungszeitpunktes entwickelt worden.

Verhältnisbeurteilung: Sie ist im Arbeitsschutz die Grundlage der Primärprävention. Für die gesetzlich geforderte Analyse von Arbeitsplätzen (Arbeitsbedingungen usw.) gibt es geeignetere Instrumente zur Erfassung psychischer Belastungen, die nicht erst umgebaut werden müssen, damit man sie für die Verhältnisprävention verwenden kann. Der WAI ist nicht für die Verhältnisbeurteilung geschaffen worden.

Warum bewerben BAuA ind INQA den WAI so intensiv – und dazu noch mit einem irreführenden Text?

http://www.inqa.de/DE/Lernen-Gute-Praxis/Publikationen/why-wai.html (Seite nicht mehr verfügbar)

Unbestritten ist, dass durch verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen die Voraussetzungen für ein längeres Verbleiben von mehr Erwerbstätigen in Beschäftigung geschaffen werden können – und müssen. Denn abgesehen von dem persönlichen Leid und dem Verlust an Lebensqualität, die sich hinter jedem Einzelfall verbergen – leisten können wir uns diese Verschwendung von Wissen, Erfahrungen und Kenntnissen bereits jetzt nicht mehr – und künftig noch viel weniger. Vor diesem Hintergrund ist der Work Abilitiy Index (WAI) ein sinnvolles Instrument, da mit seiner Hilfe sowohl die aktuelle als auch die künftige Arbeitsfähigkeit von älter werdenden Beschäftigten erfasst und bewertet werden kann. Ausgehend vom WAI können konkrete Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit eingeleitet werden.

Darum fördern INQA und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die Anwendung und Verbreitung des WAI. Ausdruck dieser Förderung ist das auf Initiative der BAuA und in Kooperation mit der Bergischen Universität Wuppertal gebildete nationale WAI-Netzwerk. …

(Hervorhebungen nachträglich eingefügt)

Irreführend ist der Text, weil in ihm der WAI sowohl mit Verhältnisprävention wie auch mit Verhaltensprävention so verknüpft wird, dass der Eindruck entstehen könnte, der WAI sei für beide Präventionsarten geeignet. Das WAI-Netzwerk versucht ja auch mit beachtlichem Publikationsaufwand, diesen Eindruck zu erwecken.

Aus Sicht des Arbeitsschutzes ist unbestritten, dass verhältnispräventive Maßnahmen (mit den entsprechenden Erhebungsinstrumenten) Pflicht sind, verhaltenspräventive Maßnahmen sind dagegen eine freiwillige Übung. Unbestritten ist außerdem, dass der WAI kein Instrument der Verhältnisprävention ist. Wer hat es geschafft, die trickreiche Irreführung in die BAuA/INQA einzuschmuggeln? Diese Art von verwirrender Werbung scheint wohl eine der Aufgaben der WAI-”Netzwerkarbeit” zu sein.

 

Die BAuA beschreibt den WAI an einer derzeit noch weniger von Lobbyarbeit verseuchter Stelle richtig:
http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Handlungshilfen-und-Praxisbeispiele/Toolbox/Verfahren/WAI.html

Gestaltungsbezug: Quantitative Verfahren der Verhaltensprävention
Jahr: 1998

Quintessenz: Der Work Ability Index (WAI) ist ein Instrument zur Erfassung der Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten. Er wird auch als Arbeitsfähigkeitsindex oder Arbeitsbewältigungsindex (ABI) bezeichnet. Es handelt sich um einen Fragebogen, der entweder von den Befragten selbst oder von Dritten, z. B. von Betriebsärzten/innen bei der betriebsärztlichen Untersuchung beantwortet wird. Ziel der Anwendung in Betrieben ist die Förderung der Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten.

Der WAI kann angewendet werden
1. im Rahmen der betriebsärztlichen Betreuung,
2. im Rahmen der Betriebsepidemiologie (Querschnitt- und Längsschnittuntersuchungen),
3. im wissenschaftlichen Bereich und
4. zur Evaluierung von Maßnahmen der individuellen und betrieblichen Gesundheitsförderung.

Der Fragebogen ist in den 80er Jahren von finnischen Arbeitswissenschaftlern entwickelt worden. Seither wurde er in 21 Sprachen übersetzt.

Ziel(e): Individualprävention

Methode(n) der Datengewinnung: schriftliche Befragung, mündliche Befragung

Merkmalbereich(e): z. B. momentane und zukünftige Arbeitsfähigkeit, Anforderungsbewältigung

(Hervorhebungen und Kursivsatz nachträglich eingefügt)

Hier werden die Anwendungsgrenzen des WAI klar. Wie ist es gelungen, an anderer Stelle die BAuA und die INQA so für den WAI zu begeistern und dort Desinformation zu plazieren? Arbeitgeber zeigen an der Bewertung der individuellen Arbeitsfähigkeit (ISO 10667) ein größeres Interesse als an der Beurteilung der arbeitsplatzbezogenen psychischen Belastung (ISO 10075). So wie Wissenschaft heute von der Wirtschaft “gefördert” wird, hat die Netzwerkerei für den WAI ein unangenehmes Geschmäckle.

 

http://www.inqa.de/SharedDocs/PDFs/DE/Publikationen/why-wai.pdf?__blob=publicationFile,
Why WAI? – Der Work Ability Index im Einsatz für Arbeitsfähigkeit und Prävention – Erfahrungsberichte aus der Praxis.
(4., aktualisierte Auflage, Oktober 2011), S. 131:

… Individuelle Betrachtung der Arbeitsfähigkeit:
der ABI-Dialog / das WAI-Gespräch

Nach Auswahl und Festlegung der WAI-Fragen etablierte sich das Instrument in der betriebsärztlichen Arbeit – wiederum zuerst in Finnland, dann auch im deutschsprachigen Raum. Ausschlaggebend dafür war die Prognosekraft des WAI: Schon mit wenigen Fragen lässt sich frühzeitig erkennen, bei welchen Beschäftigten die Arbeitsfähigkeit gefährdet ist und wie dringend Präventionsmaßnahmen sind. Es zeigte sich, dass die Durchführung als Interview durch die Betriebsärztin bzw. den Betriebsarzt in mehrfacher Sicht sinnvoll ist: Ein doppeltes Abfragen von Krankheiten (im WAI und in der betriebsärztlichen Anamnese) lässt sich so vermeiden, zugleich ermöglichen die Fragen einen guten Gesprächseinstieg in den Themenkomplex ›Arbeit, Alter und Gesundheit‹. So wird aus dem Diagnoseinstrument ein Interventionsinstrument: der ABI-Dialog, der auch als WAI-Gespräch bezeichnet wird. Die Durchführung dieses Dialogs erfordert betriebsärztliche oder arbeitspsychologische Kompetenz. Wird der ABI-Dialog nicht von Medizinern durchgeführt, kommt in der Regel die WAI-Kurzversion (mit kurzer Krankheitsliste) zum Einsatz. …

WAI-Kurzversion mit kurzer Krankheitsliste, genutzt von Nicht-Medizinern? Da gibt es dann keine ärztliche Schweigepflicht mehr. So beginnt, was ich “fürsorgliche Belagerung der Mitarbeiter” nenne. Der WAI hat vielleicht seine Berechtigung in der betriebsärztlichen Anamnese, ist aber kein Instrument des Arbeitsschutzes. Darüber hinaus soll er sogar im individuellen “Coaching” (und darum letztendlich auch für die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung) verwendet werden. Kompetente Betriebs- und Personalräte werden den WAI nicht als Instrument des Arbeitsschutzes zulassen, sondern die Verwendung direkt für den Arbeitsschutz geeigneter Instrumente durchsetzen.

 

http://www.gesundheitsfoerderung.ch/pdf_doc_xls/d/betriebliche_gesundheitsfoerderung/programme_projekte/A4_Broschuere_Arbeit_Alter_d.pdf
Arbeit und Alter - Grundlagen zur Bewältigung der demografischen Herausforderung in Betrieben,
Ralph M. Steinmann, 2008, Gesundheitsförderung Schweiz, Bern und Lausanne.

… Work Ability Index (WAI)

Dieses inzwischen in vielen Ländern erfolgreich getestete und eingesetzte arbeitsmedizinische Messinstrument zielt darauf, Gesundheitsgefährdungen der Beschäftigten und Risiken der Frühverrentung frühzeitig zu erkennen und diesen entgegenzuwirken. Es ist zwecks Bestimmung eines optimalen und gerechten Pensionierungszeitpunktes entwickelt worden. Ausgehend von den Selbsteinschätzungen der Mitarbeitenden wird von einer arbeitsmedizinischen Fachperson untersucht, ob zukünftig Einschränkungen ihrer Arbeitsfähigkeit drohen und welcher Handlungsbedarf besteht, um die Gesundheit der Befragten über den Erwerbsverlauf zu fördern. Die Fragen betreffen

  • die aktuelle und zukünftige Arbeitsfähigkeit,
  • Krankheiten und
  • die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage im vergangenen Jahr,
  • die geschätzte krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Arbeitsleistung sowie
  • psychische Leistungsreserven.

Aufgrund der Ergebnisse kann gemeinsam überlegt werden, was die Arbeitskraft selber und was das Unternehmen tun kann, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten und zu fördern. Für unterschiedliche Berufsgruppen und Altersklassen liegen inzwischen Durchschnittswerte als Richtwerte vor, die einen betriebsübergreifenden Vergleich erlauben. …

(Hervorhebungen nachträglich eingefügt, Layoutänderungen nachträglich vorgenommen)

 

Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation GmbH
an der Deutschen Sporthochschule Köln
Autoren des Beitrags: IQPR Maike Bohnes, Annette Röhrig
http://www.assessment-info.de/assessment/seiten/datenbank/vollanzeige/vollanzeige-de.asp?vid=436

ABI, WAI, Arbeitsbewältigungsindex, Work Ability Index

Erfassung der Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten
Dimensionen / Analyseeinheiten:
Der WAI besteht aus 7 Dimensionen:
1. Derzeitige Arbeitsfähigkeit im Vergleich zu der besten, je erreichten Arbeitsfähigkeit
(Wenn sie Ihre beste, je erreichte Arbeitsfähigkeit mit 10 Punkten bewerten: Wie viele Punkte würden sie dann für ihre derzeitige Arbeitsfähigkeit geben?)
2. Arbeitsfähigkeit in Relation zu den Arbeitsanforderungen
(Wie schätzen sie ihre derzeitige Arbeitsfähigkeit in Relation zu den körperlichen oder psychischen Arbeitsanforderungen ein?)
3. Anzahl der aktuellen vom Arzt diagnostizierten Krankheiten
(Langversion = 50, Kurzversion = 13 Krankheiten / Krankheitsgruppen)
4. Geschätze Beeinträchtigung der Arbeitsleistung durch die Krankheiten
(Behindert sie derzeit eine Erkrankung oder Verletzung bei der Ausübung ihrer Arbeit?)
5. Krankenstandstage im vergangenen Jahr
(Wie viele ganze Tage blieben Sie auf Grund eines gesundheitlichen Problems (Krankheit, Gesundheitsvorsorge oder Untersuchung) im letzten Jahr (12 Monate) der Arbeit fern?)
6. Einschätzung der eigenen Arbeitsfähigkeit in zwei Jahren
(Glauben sie, dass sie, ausgehend von ihrem jetzigen Gesundheitszustand, Ihre derzeitige Arbeit auch in den nächsten zwei Jahren ausüben können?)
7. Psychische Leistungsreserven / mentale Ressourcen
(Haben sie in der letzten Zeit ihre Aufgaben mit Freude erledigt?
Waren sie in der letzten Zeit aktiv und rege?
Waren sie in der letzten Zeit zuversichtlich, was die Zukunft betrifft?)

Gesamtzahl der Items: 10

Erhebungs- / Analysemethoden: Selbsteinschätzung; Fragebogen;

Frage- und Antwortformate / Beurteilungsskalen: Die sieben Dimensionen des ABI werden über das Ankreuzen einer Anwort bzw. einer Zahl aus den vorgegebenen Antwortformaten bewertet. Die angekreuzten Antworten bzw. Zahlen werden in Zahlen übertragen bzw. übernommen und ergeben einen Gesamtpunktwert zwischen 7 und 49. Der so erzielte Gesamtwert liefert eine Aussage zu der Eigeneinschätzung der Arbeitsfähigkeit. Der Einschätzung sollten beschriebene Interventionen folgen.

Punkte Arbeitsfähigkeit Ziel

7-27 schlecht Arbeitsfähigkeit wiederherstellen
8-36 mittelmäßig Arbeitsfähigkeit verbessern
37-43 gut Arbeitsfähigkeit unterstützen
44-49 sehr gut Arbeitsfähigkeit erhalten

Aufbau: Kurz- und Langform vorhanden ;
Die Kurzversion des ABI unterscheidet sich von der Ursprungsform in der Anzahl der abgefragten Krankheiten/Krankheitsgruppen; statt 50 werden in der Kurzform 13 Krankheiten/Krankheitsgruppen erfragt. …

 
Ohne eine bereits mitbestimmt zustandegekommene und etablierte Verhältnisprävention können Maßnahmen der Verhaltensprävention zu einer Gefahr für die Mitarbeiter werden.
 

Links (2013):

Ministerium hilft Arbeitgebern bei der Prioritätenverwirrung

Mittwoch, 9. Mai 2012 - 23:27

http://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsschutz/Meldungen/Fachtagung-Gesundheit-Erfolgsfaktor-Arbeitswelt-VW.html (zur bundesweiten Fachtagung “Erfolgsfaktor Gesundheit: Gesundheit in einer sich wandelnden Arbeitswelt” am 9. und 10. Mai 2012 im MobileLifeCampus in Wolfsburg):

… Bei Volkswagen wird Gesundheitsmanagement groß geschrieben. Mit einem freiwilligen Gesundheits-Checkup ermöglicht das Unternehmen jedem Mitarbeiter eine einstündige kostenlose Untersuchung zur Früherkennung gesundheitlicher Risiken. ,,Dieses Angebot wird sehr stark angenommen: Mehr als 74.000 Mitarbeiter im Konzern haben sich schon untersuchen lassen”, so Volkswagen Personalvorstand Dr. Neumann. …

Von der Leyens Ministerium hilft der Industrie offensichtlich gerne beim Agendasetting: Herausgestellt wird die Untersuchung von Mitarbeitern. Das ist verkehrt. Dr. Neuman weiß, dass die Untersuchung der Arbeitsplätze Primärprävention ist. Das heißt, dass sie Vorrang vor der Untersuchung von individuellen Personen hat. Warum stellt er die durchaus vorhandenen Leistungen von VW im Arbeitsschutz nicht heraus?

Es geht ja nicht darum, die Arbeitgeber alleine für die Gesundheit der bei ihnen beschäftigten Menschen veranwortlich zu machen. Genau so falsch ist es aber, die individuelle Verfasstheit von Arbeitnehmern in den Vordergrund zu stellen. Im “Gesundheitsmanagement” rücken die Arbeitgeber diesen Menschen gerne mit individuellen Untersuchungen zu Leibe, und das Bundesarbeitsministerium hilft den Arbeitgebern auch noch dabei, die Prioritäten verkehrt darzustellen.

In einer demokratisch beschlossenen Norm vorgeschrieben (aber missachtet von der Mehrheit der Arbeitgeber) ist, dass die an den Arbeitsbedingungen ansetzende Verhältnisprävention Vorrang vor der am Individuum ansetzenden Verhaltensprävention hat. Die Arbeitsministerin und der Personalvorstand von VW wissen das. Dass sie die Prioritäten verkehren ist also kein Versehen mehr.

Schlag nach im Arbeitschutzgesetz

Freitag, 6. Januar 2012 - 22:22

Bei Otto haben sie’s wohl noch nicht ganz begriffen: Individuelle Schutzmaßnahmen sind im Arbeitsschutz nachrangig zu allen anderen Maßnahmen. Verhältnisprävention hat Vorrang vor Verhaltensprävention. Bevor man Mitarbeitern fürsorglich beibringt, wie sie eigenverantwortlich Burn-out vermeiden, muss erst einmal der Arbeitgeber seine Hausaufgaben machen. Weiter geht es hier: http://www.arbeitstattstress.de/2011/11/artikel-so-koennen-arbeitgeber-bei-burn-out-helfen/. Dr. List hat in seinem Blog die Hoffnung, dass diese Mitarbeiterbetreuung nur eine unter den vielen Maßnahmen ist, die auf Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung ergriffen worden sind. Vielleicht hat er ja recht und ich habe zu unrecht über Otto gemeckert.

Schwitzen für die Firma

Montag, 1. August 2011 - 23:47

http://www.muenchen.ihk.de/mike/WirUeberUns/Publikationen/Magazin-wirtschaft-/Aktuelle-Ausgabe-und-Archiv2/Magazin-04-2010/Betriebliche-Praxis/Gesundheitsmanagement-Schwitzen-fuer-die-Firma.html, IHK-München

Gesundheitsmanagement – Schwitzen für die Firma
Betriebliches Gesundheitsmanagement lohnt sich für jedes Unternehmen. Experten beziffern den Return-on-Investment auf das Drei- bis Sechsfache. …

So ehrlich beginnt die Werbung der IHK-München für das Gesundheitsmanagement der Flughafen München GmbH (FMG). “Schwitzen für die Firma” müsste während der Arbeitszeit und auf Kosten des Arbeitgebers erfolgen. Bei der Werbung für Gesundheitsmanagement wird leider oft nicht klar, ob die Fürsorge des Unternehmens die Freizeit und das Geld der Mitarbeiter nutzt.

Grundsätzlich müssen wir zwischen verschiedenen Arten von gesundheitsfördernden Maßnahmen unterscheiden:

  • Verhältnisprävention (ist Primärprävention und hat Priorität)
    • Vorgeschriebener Arbeits- und Gesundheitsschutz:
      erfolgt während der Arbeitszeit auf Kosten des Arbeitgebers.
      Beispiel: ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung.
    • Nicht im Sinn des vorgeschriebenen Arbeits- und Gesundheitsschutzes:
      erfolgt außerhalb der Arbeitszeit und/oder mit Kostenbeteiligung der Mitarbeiter.
  • Verhaltensprävention (kann die Verhältnisprävention unterstützen)
    • Gesundheitsförderung als freiwillige Leistung des Unternehmens:
      erfolgt während der Arbeitszeit und/oder auf Kosten des Arbeitgebers.
      Beispiel: Rückenübungen während der Arbeitszeit. Ausgleichsgymnastik. Schwitzen für die Firma. Fitnesstraining für Führungskräfte (z.B. mit einem von dem Arbeitgeber z.B. bezahlten “Personal Health Performance Trainer” für den leitenden Angestellten).
    • Gesundheitsförderung in der Freizeit der Mitarbeiter:
      erfolgt außerhalb der Arbeitszeit und/oder mit Kostenbeteiligung der Mitarbeiter.
      Beispiel: Fitnesstraining für Mitarbeiter (in von dem Arbeitgeber organisierten Sporteinrichtungen, aber mit zumindest teilweiser Bezahlung durch die Mitarbeiter).

    (Ja, es kommt vor, dass sich Unternehmen um die Gesundheit ihrer Führungskräfte mit persönlichen Trainern kümmern, aber die Befolgung der Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes um Jahre verzögern.)

Heute beobachten wir eine Privatisierung der Folgen von zu hohem Arbeitsdruck.

Zur Erinnerung: Die Freizeit gehört der Familie – und auch den vielen anderen Aufgaben des täglichen Lebens. Der normale Mitarbeiter kann das nicht so leicht “outsourcen”, wie ein Top-Gesundheitsmanager, der die Freizeit von Mitarbeitern in sein Gesundheitsmanagement mit einplant. Und dann gibt es ja auch die heute fast schon exotischen Menschen, die nach der Arbeit vielleicht auch in einer Partei oder einer sonstigen Organisation mitarbeiten wollen. Diesen Luxus können sich schon genügend “junge Alten”, die Eltern betreuen müssen allerdings so wenig leisten, wie viele Alleinerziehende, die ihre Freizeit für ihre Kinder brauchen. Da gibt es dann keine Zeit mehr, auch noch außerhalb der Arbeitszeit für die Firma zu schwitzen.

Beispiele für Firmen, die sowohl Verhältnisprävention (alternsgerechte Produktionsprozesse) wie auch Verhaltensprävention (z.B. Ausgleichsgymnastik) auf Firmenkosten betreiben: Audi (“Silver Line” in Neckarsulm), Loewe (Kronach)

Nun aber weiter im Text der IHK:

Das Unternehmen Flughafen München GmbH (FMG) darf sich seit Neuestem “Bayerns fittestes Unternehmen” nennen. Mit dem “Top Gesundheitsmanagement Award 2009″ ausgelobt von der Münchner TG LifeConcept GmbH in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatministerium und der Techniker Krankenkasse wurde das “herausragende Engagement” des Unternehmens in Sachen Gesundheitsmanagement belohnt.

Sportliche Aktivitäten können dabei viel erreichen. Und so macht es Sinn, dass Laufveranstaltungen, Yoga, der jährlich stattfindende Power-Lauf oder seit Neuestem besonders angesagt Spinning zu den gut besuchten Angeboten an die FMG-Mitarbeiter gehören.

(Link nachträglich in das Zitat eingefügt)

Es herrscht sicherlich kein Mangel an “Gesundheitsmanagement Awards”, mit denen man in die Presse kommen und sich auch sonst werbewirksam darstellen kann. Vielleicht sollte man einmal ein “Award” für “Awards” herausgeben. Das wäre wohl gar nicht so schwer, denn Preisverleiher, die ernsthaft(!) die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften überprüfen und zur einer der Grundvoraussetzungen für die Teinahme von Unternehmen an ihren Wettbewerben machen, sind mir nicht bekannt. (Bitte melden!) Im “Kulturaudit” sehen die Awardanbieter einfach nicht hin, wenn ihr Klient das Arbeitsschutzgesetz bricht.

Yoga, Laufveranstaltungen, Power-Lauf und Spinning: Dürfen die Mitarbeiter der FMG das während der Arbeitszeit machen, oder müssen die Mitarbeiter dafür Freizeit (oder vielleicht sogar Geld für Trainer und Sporteinrichtungen) zahlen? Das verrät die IHK nicht. (Liebe Journalisten, bitte bei Pressemeldungen oder Pressekonferenzen das Nachfragen nicht vergessen, vielleicht auch mal beim Betriebsrat und nicht nur bei den eifrigen Unternehmenskommunikatoren.)

Doch das ist nur die eine Seite eines professionellen Gesundheitsmanagements. Ganzheitlich bedeutet mehr. Wenn bei der FMG über Gesundheitsmanagment geredet wird, dann umfasst das Leistungsspektrum ein ganzes Bündel von Bausteinen von der betrieblichen Gesundheitsförderung über den Arbeitsschutz zu Präventivmaßnahmen etwa im Suchtbereich, dem gesundheitsfördernden Führungsverhalten der Vorgesetzten, die Unterstützung bei akuten sozialen Problemen über eine Sozialberatungsstelle auch die Einrichtung eines Betriebskindergartens mit 30 Plätzen und die Planung für weitere 48 Plätze.

Gesundheitsförderndes Führungsverhalten der Vorgesetzten kann nur dann eine als Arbeitschutzmaßnahme geltende Verhältnisprävention sein, wenn es die von den Arbeitsbedingungen ausgehende Fehlbelastungen mindert. Zu einem gewissen Grad kann das zwar auch an Mitarbeitern (die die “Arbeitsbedingungen” anderer Mitarbeiter sind) verhaltensorientiert ansetzen, Aber insgesamt gibt der Arbeitsschutz jedoch der Verhältnispräwntion den Vorrang.


Mehr noch: Mit dem neuesten Projekt “Mensch im Mittelpunkt” – eine Kooperation mit der AOK – geht die FMG weit über die gesetzlichen Verpflichtungen eines Arbeitgebers hinaus. …

“Mensch im Mittelpunkt” ist sicherlich ein Motto, das sich jahrzehntelang bewährt hat. Schwamm drüber. Interessanter ist “geht … weit über die gesetzlichen Verpflichtungen eines Arbeitgeber hinaus“. In der Innen- und Außenkommunikation von Unternehmen liest man das jetzt häufiger, und zwar auch bei Unternehmen, die Regeln des Arbeitsschutzes nachhaltig missachten und dabei auch die Mitbestimmung zu umgehen versuchen. Sehen Sie also genau hin, wie die Umsetzung gesetzlicher Vorschriften in Unternehmen, die “weit über die gesetzlichen Verpflichtungen eines Arbeitgeber hinausgehen”, in der Praxis tatsächlich aussieht. (Fragen sie mal die Mitarbeiter von “weit über die gesetzlichen Verpflichtungen eines Arbeitgebers hinausgehenden” Unternehmen, wie die psyche Belastung an ihren Arbeitsplätzen in der Gefährdungsbeurteilung zu ihrem Arbeitsplatz konkret aussieht. Bei Bildschirmarbeitsplätzen ist das besonders interessant. Oft reicht als Antwort schon der überraschte Gesichtsausdruck der Befragten, die sich gar nicht mehr vorstellen können, dass Arbeitsschutzvorschriften wirklich eingehalten werden müssen.) Außerdem sollte man auch hier genau hinsehen: Beanspruchen die über die gesetzlichen Verpflichtungen eines Arbeitgebers hinausgehenden Maßnahmen die Freizeit und das Geld der Mitarbeiter?

Im folgenden Abschnitt finden wir wieder ein Beispiel für die Vermeidung des Begriffes “Gefährdungsbeurteilung”. Wir lesen von einer “Bestandsaufnahme”. Wichtig: Wenn diese z.B. gegenüber der Gewerbeaufsicht und/oder Berufsgenossenschaft als Gefährdungsbeurteilung verkauft werden soll, dann hat auch hier die Arbeitnehmervertretung mitzubestimmen.


Als die drei wesentlichen Erfolgsfaktoren einer gelungenen Implementierung gelten

  • die Bestandsaufnahme und damit die Schaffung einer fundierten Grundlage über bestehende Risiken, Belastungen, Potenziale und Ressourcen sowie Nutzung und Ergebnis aktueller Maßnahmen,
  • die Einbeziehung der Führungskräfte, weil aus Erfahrung bekannt ist, dass Veränderungen im Unternehmen nur dann nachhaltig erfolgreich sind, wenn die Führung diese positiv und persönlich unterstützt,
  • das professionelle Marketing. Nach dem Motto “tue Gutes und rede darüber” spielt die unternehmensspezifische innerbetriebliche Kommunikation eine wichtige Rolle. Hier werden Weichen gestellt, um auch die Mitarbeiter zu erreichen, die sich bisher diesen Themen verschlossen haben.

Ach ja, die “verschlossenen” und widerspenstigen Mitarbeiter! Wo Arbeitgeber, wie vorgeschrieben, die Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen tragen, gibt es kaum verschlossene Mitarbeiter. Bei der oft einseitigen (top-down) Kommunikation zu Mitarbeitern ist es allerdings kein Wunder, dass nicht gehört und ernst genommen wird, was Widerstand bei den Mitarbeitern begründen könnte. Wenn die innerbetriebliche Kommunikation vorwiegend nur in eine Richtung von oben nach unten läuft, dann verschließen sich die Mitarbeiter eben.

BAuA: Verhältnisprävention hat Vorang

Dienstag, 24. Mai 2011 - 07:15

http://www.baua.de/de/Presse/Pressematerialien/Dresdner-Treffpunkt/Psychische-Belastung.pdf?__blob=publicationFile&v=2

… „Maßnahmen der Verhältnisprävention am Arbeitsplatz sollten dabei Vorrang vor Maßnahmen der Verhaltensprävention beim Beschäftigten haben, am besten ist eine Kombination“, so Dr. Richter. Dafür sollten Betriebe ihre Beschäftigten in Planungs-und Entscheidungsprozesse einbinden, starre und autoritäre Strukturen aufheben, mit flexiblen Arbeitszeiten unterstützen und Neuorganisationen sowie die Einführung neuer Hard- und Software mit Schulungen und Weiterbildung begleiten. Neben einem guten Projekt- und Zeitmanagement werden die sozialen und kommunikativen Kompetenzen der Beschäftigten in allen Bereichen der Wirtschaft zunehmend wichtiger. Auch sei es flankierend wichtig, mit betrieblichem Gesundheitsmanagement einen gesunden Lebensstil zu vermitteln. … 

(Hervorhebungen nachträglich eingefügt)

Siehe auch: Verhältnisprävention ist wirksamer

Verhaltens- und Verhältnisprävention

Montag, 4. April 2011 - 07:41

http://www.leitbegriffe.bzga.de/bot_angebote_idx-90.html:


Verhältnisprävention steht für Strategien, die auf die Kontrolle, Reduzierung oder Beseitigung von Gesundheitsrisiken in den Umwelt- und Lebensbedingungen, auf die Verringerung oder Beseitigung von Krankheits- und Unfallursachen in den allgemeinen Lebens-, Arbeits- und Umweltverhältnissen bzw. auf die Herstellung gesunder Verhältnisse abzielen. Es gibt viele klassische Felder der Verhältnisprävention, zum Beispiel

  • die Veränderung der Arbeitsbedingungen in den Betrieben (Arbeitsschutz, Humanisierung der Arbeit, Betriebliche Gesundheitsförderung),
  • die kommunalen Aktivitäten zur Verbesserung der öffentlichen hygienischen, Wohn-, Verkehrs- und allgemeinen Sicherheitsbedingungen (Bäderaufsicht, Kanalisation),
  • die überregionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten im Bereich der Sozial-, Gesundheits-, Bildungs-, Steuer-, Arbeitsmarkt-, Wirtschafts-, Städtebau-, Verkehrs-, Umwelt- und Verbraucherpolitik bzw. des Gesundheits-, Umwelt-, Arbeits- und Verbraucherschutzes.


Verhaltensprävention ist ein Sammelbegriff für Strategien, die die Beeinflussung von gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen beinhalten. Verhaltensprävention kann abzielen auf

  • die Initiierung und Stabilisierung von gesundheitsfördernden Verhaltensweisen (gesunde Ernährung, körperliche Bewegung, safer sex) oder
  • die Vermeidung und Veränderung von gesundheitsriskanten Verhaltensweisen (Rauchen, Alkoholmissbrauch, falsche Ernährung).

(Absätze über Verhaltens- und Verhältnisprävention in diesem Zitat w.g. Reihenfolge im folgenden Zitat vertauscht)

 
http://www.sifawiki.de/index.php?title=Gesundheitsschutz:


Verhältnisprävention

Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen ist Grundlage für die gesundheitsgerechte Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe. Das Arbeitsschutzgesetz verlangt, dass Belastungen etwa durch Gefahrstoffe, Lärm aber auch durch mögliche psychische Überlastung in einer Gefährdungsbeurteilung identifiziert werden. Mit geeigneten Maßnahmen müssen Gefährdungen verringert oder ganz beseitigt werden. Für die Maßnahmen ist im Arbeitsschutzgesetz eine Wirksamkeitskontrolle vorgeschrieben. Ergonomische Faktoren wie Beleuchtung, Raumklima oder Arbeitsplatzmaße können optimiert werden.

Verhältnisprävention bedeutet das Verändern der Umgebung, um damit sowohl die physische wie auch die psychische Integrität der Mitarbeiter zu sichern. Zum Beispiel kann die Arbeit so gestaltet werden, dass der Arbeitende mehr Handlungsspielraum hat und damit seine Tätigkeit selbständiger gestalten kann. Mehr Arbeitszufriedenheit kann Stress, Depressionen oder anderen Beschwerden vorbeugen.

Verhaltensprävention

Die Information über Gesundheitsgefahren und das Einüben gesundheitsgerechten Verhaltens gehören ebenfalls zu den betriebsärztlichen Aufgaben. So sehen etwa die Gefahrstoffverordnung und die Biostoffverordnung verbindlich die Aufklärung und Beratung der Beschäftigten durch den Betriebsarzt vor.

Beispiele für weitere Maßnahmen der Verhaltensprävention sind etwa Trainings für richtiges Sitzen, richtiges Tragen (Rückenschule), ein Hautschutzplan oder richtiges Verhalten im Straßenverkehr (Wegeunfall). An Bedeutung gewinnen auch Angebote zur Stress-Bewältigung und zum Umgang mit Mobbing. Ebenso dazu gehören der aktive Nichtraucherschutz und Angebote zur Rauchentwöhnung.

 

Freistaat Sachsen: Psychische Fehlbelastungen in der Arbeitswelt vermeiden, 2007, S. 12
http://www.arbeitsschutz-sachsen.de/publications/broschueren/psycho.pdf

  1. Verhältnispräventive Maßnahmen: Eine nachhaltige Verbesserung der psychischen Gesundheit Ihrer Mitarbeiter setzt die Gestaltung der Arbeitsbedingungen voraus.
    • Beteiligen Sie Ihre Mitarbeiter von Anfang an! Als Experten in eigener Sache sind sie die wichtigsten Ratgeber.
    • Gemeinsam entwickelte Lösungen erhöhen zudem die Akzeptanz der Maßnahmen und Motivation der Beschäftigten.
  2. Verhaltenspräventive Maßnahmen: Maßnahmen, die das gesundheitsgerechte Verhalten der Mitarbeiter stärken, dienen als sinnvolle Ergänzung.

 
http://blog.psybel.de/2011/02/14/wie-die-aufsicht-prueft/#lv52, LV 52, 2009,
aus “Anhang 6 GB-Check Prozessqualität – Arbeitshilfe Interviewleitfaden zur Bewertung des Prozesses der Gefährdungsbeurteilung”, S. 27:

Maßnahmenfestlegung: Bei psychischen Fehlbelastungen wurden Maßnahmen festgelegt.

  • Vorrang Verhältnisprävention vor Verhaltensprävention eingehalten?

 

PS: Danke für die Blumen :-)

Verhältnisprävention wirksamer

Sonntag, 3. April 2011 - 01:03

http://gesundheitsmanagement.kenline.de/html/konzepte_zur_bewegungsfoerderung.htm

Konzepte gesundheitsförderlicher Arbeitsgestaltung:
Verhaltens- versus Verhältnisprävention

Gesundheitspräventive Maßnahmen können danach unterschieden werden, auf wen oder was sich diese beziehen:

  • Verhaltensprävention beruht auf der Annahme, dass jeder Mensch mit Hilfe seines eigenen Verhaltensrepertoires Krankheiten und Stress vorbeugen kann. Die Maßnahmen richten sich demnach mit einer zur Vermittlung geeigneter Präventionstechnik an den einzelnen Mitarbeiter, durch Angebote wie beispielsweise Kurse zu rückengerechtem Arbeiten, Entspannungs- und Fitnesstraining und Ernährungsberatung.
  • Durch die Maßnahmen der Verhältnisprävention wird andererseits versucht, die Ursachen von Krankheiten und Stress in der Arbeitssituation selbst zu beseitigen bzw. zu vermeiden. Es ist damit an Maßnahmen der Gestaltung von Arbeitsplätzen, Arbeitsaufgaben oder Arbeitsorganisation gekoppelt.

Die betriebliche Gesundheitsförderung wird meist mit Maßnahmen der Verhaltensprävention gleichgesetzt, ohne dabei eine Verhältnisprävention weiter in Betracht zu ziehen. Dies liegt vor allem daran, dass verhaltenspräventive Maßnahmen kostengünstiger erscheinen und in der Regel schneller umgesetzt werden können. Zum anderen bleibt damit die Verantwortung für die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden bei jedem Beschäftigtem selbst und die möglichen Ursachen im Unternehmen können ausgespart werden. Ein Problem der einseitig verhaltenspräventiven Maßnahmen ist, dass sie kompensatorisch ausgerichtet sind, wenn gesundheitsrelevante betriebliche Schwachstellen weiter bestehen. Die Verhältnisprävention als gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung, die an den Wurzeln gesundheitsrelevanter Probleme ansetzt, dürfte die wirksamere Form der Verbesserung sein, denn ihre Wirkung bietet mehr Aussicht auf Nachhaltigkeit. …

http://gesundheitsmanagement.kenline.de/html/gesundheitsfoerderung_im_unternehmen.htm

Gesundheitsförderung – Umsetzung im Unternehmen

Ernährungsseminare und Rückenschulen werden häufig in Unternehmen als ausschließliche Maßnahmen zur Gesundheitsförderung angesehen, allerdings kommt dabei die verhältnisbezogene Perspektive zu kurz. Werden in einem Unternehmen mehrere Rückenschulkurse durchgeführt, so besitzen die Mitarbeiter ein umfangreiches theoretisches Wissen über die Grundlagen der gesunden und damit physiologischen Haltung. Wenn nun aber die organisatorische Seite nicht für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgt, kann das theoretische Wissen der Mitarbeiter nicht erfolgreich umgesetzt werden, da dazu auch Änderungen am Arbeitsplatz jedes Einzelnen notwendig sind. Wenn das nicht beachtet wird, kann nicht von einer dauerhaft erfolgreichen Verhaltensänderung ausgegangen werden. Das zeigt die Notwendigkeit, dass Maßnahmen zur Gesundheitsförderung des Einzelnen an dessen Verhalten, an die Umgebungsbedingungen im Arbeitsumfeld und im Sinne der Worklife-Balance darüber hinaus ansetzen müssen.

Anmerkung: Die Bulletpoints und Hervorhebungen sind nicht im Originaltext von Ken Erdrich. Ich habe die Texte aus gesundheitsmanagement.kenline.de zitiert, einem sehr empfehlenswerten Webprojekt zum Thema “Betriebliche Gesundgeitsförderung”. Es geht um Web-Design, aber nicht nur im Optik, sondern auch um Inhalt. Das ist einmal etwas Anderes als der übliche Augenzucker in der Branche. Kompliment!

Position von Betriebsärzten und Gewerkschaft

Montag, 10. August 2009 - 22:11

In dem folgenden Positionspapier von Betriebsärzten und Gewerkschaft fand ich einen wichtigen Begriff: Primärprävention. Gemäß Arbeitsschutzgesetz hat Verhältnisprävention Vorrang vor der Verhaltensprävention. Die Verhältnisprävention auf Basis der Gefährdungsbeurteilung ist die Primärprävention. “… Sowohl aus sozialer, ökonomischer als auch aus medizinischer Sicht spricht alles dafür, der Primärprävention eine zentrale Bedeutung zu geben. … Dazu kann auch die betriebliche Gesundheitsförderung beitragen. Sie ist eine wichtige ergänzende Maßnahme zur Primärprävention …”. Es steht nicht im Belieben irgendwelcher Arbeitgeber, hier die Prioritäten zu verändern. Aus meiner Sicht kann Verhaltensprävention ohne Verhältnisprävention die Arbeitnehmer sogar zusätzlich gefährden.

 
http://www.ak-sozialpolitik.de/dukumente/2009-05-28-igm-vdbw.pdf und http://www.vdbw.de/Aktuell-Detailansicht.27+M579eb13db28.0.html?&tx_ttnews[year]=2009

Gemeinsames Positionspapier von IG Metall und VDBW

“Psychische Gesundheit in der Arbeit – eine gemeinsame Herausforderung der Arbeitswelt von morgen”

Angesichts dramatisch steigender Zahlen psychischer Erkrankungen und Beeinträchtigungen bei berufstätigen Menschen stehen die Betriebe vor großen Herausforderungen. Betriebsärzte und IG Metall setzen sich für die nachhaltige Verbesserung der psychischen Gesundheit in den Betrieben ein. Für die IG Metall und den Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW) ist dies zu einem Schwerpunktthema geworden.

  1. Veränderungen in der Arbeitswelt
    IG Metall und VDBW sehen Gründe dieser Gefährdungen auch in den neuen Belastungen in der Arbeitswelt. Diese werden angesichts der Krise noch verschärft. Permanente Reorganisationsprozesse in den Unternehmen, die Weitergabe des Markt- und Kostendrucks an die Beschäftigten, der Einsatz von Informationstechnologien, die eine permanente Erreichbarkeit der Beschäftigten gewährleisten, tragen zu einer Entgrenzung von Arbeitszeiten und Leistung bei. Sie erhöhen insbesondere auch in den indirekten Tätigkeitsbereichen und in den Büroberufen den arbeitsbedingten Stress. Gegen gesundheitsgefährdende Belastungen, vor allem viele psychische Belastungen, kann insbesondere das Management in den Betrieben eine Menge tun. Denn Personalpolitik, Führungsstile und eine Arbeitsorganisation, die Menschen weder unter- noch überfordert, humane Arbeitszeiten und damit die gesamte Unternehmenskultur sind zentrale Aufgaben unternehmerischer Entscheidungen.
    Das Arbeitsschutzgesetz enthält deshalb auch eine eindeutige Verpflichtung für die Arbeitgeber, nicht nur Arbeitsunfällen und anderen arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren vorzubeugen, sondern auch die Arbeit menschengerecht zu gestalten. Dazu gehört auch, sich den psychischen Belastungen in der Arbeitswelt zu stellen. Unbestritten ist, dass sowohl betriebliche als auch außerbetriebliche Faktoren Ursache für psychische und psychosomatische Erkrankungen sein können. Ob die eigenen Ressourcen der Beschäftigten ausreichen, die Belastungen zu bewältigen, hängt auch von der persönlichen Situation, vom Lebensstil und dem Freizeitverhalten ab. Gemeinsamer Ansatzpunkt von IG Metall und VDBW ist vor allem der Betrieb als gemeinsames Handlungsfeld. Neben diesen betrieblichen Aktivitäten muss es für Menschen in Arbeitslosigkeit spezifische Maßnahmen zum Erhalt der psychischen Gesundheit geben.
  2. Neue Volkskrankheit
    IG Metall und VDBW stellen mit großer Besorgnis fest, dass die Auswirkungen der tiefen Krise und die Bedrohung von Arbeitsplätzen zu einer zusätzlichen Belastung der psychischen Gesundheit der Beschäftigten werden. Schon in den letzten Jahren haben Erkrankungen wie Depressionen und Burnout erheblich zugenommen und die Ausmaße einer neuen ,,Volkskrankheit” angenommen. Dies stellt zugleich nur die Spitze eines Eisberges von Gesundheitsgefährdungen dar. Sieht man sich die Arbeitsunfähigkeitsstatistiken an, so ist eine deutliche Zunahme der Erkrankungen aus dem psychischen Bereich zu erkennen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei vielen somatischen Erkrankungen eine wesentliche Mitursache in der Psyche liegt.
    Sowohl aus sozialer, ökonomischer als auch aus medizinischer Sicht spricht alles dafür, der Primärprävention eine zentrale Bedeutung zu geben. Dies verhindert menschliches Leid, erspart sowohl betrieblich als auch gesellschaftlich hohe Kosten und verhindert, dass die Belastungen, die auf den Menschen einwirken, letztlich zu manifesten Erkrankungen werden. Für die Entwicklung psychischer und auch psychosomatischer Erkrankungen sind die chronischen Auswirkungen psychischer Fehlbelastungen entscheidend. Nur durch umfassende Prävention und frühzeitige Intervention kann einer weiteren bedrohlichen Entwicklung entgegen gewirkt werden.
  3. Gefährdungsbeurteilung
    IG Metall und VDBW sehen angesichts dieser bedrohlichen Entwicklung Handlungsbedarfe und Interventionsmöglichkeiten vor allem in folgenden Bereichen: 

    1. In den Unternehmen sind Frühwarnsysteme für psychische Fehlbelastungen zu entwickeln, die auf allen Ebenen geeignete Interventionsmöglichkeiten schaffen. Schon beim Vorliegen von Befindlichkeitsstörungen bei den Beschäftigten wie z.B. Erschöpfungsgefühle, Gereiztheit, Kopfschmerz oder innere Unruhe, sind Reaktionen erforderlich. Ziel dabei ist es, Fehlbelastungen zu beseitigen und individuelle Bewältigungsfähigkeiten und Ressourcen der Beschäftigten zu stärken. Hierbei kommt den Betriebsärzten, beispielsweise im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen eine wichtige Aufgabe zu.
    2. Wir setzen uns dafür ein, das Thema psychische Gesundheit in der Arbeit zu enttabuisieren. Über Risikofaktoren und Gesundheitsgefährdungen muss in den Betrieben offen geredet werden können. Betriebsklima und Unternehmenskultur müssen dies befördern.
    3. Stressprävention muss in alle betrieblichen Entscheidungen eingebaut und Teil einer präventiv gestalteten Arbeitsorganisation werden. Insbesondere eine ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung, die auch psychische und soziale Belastungen ermittelt, ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Einleitung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Die Gefährdungsbeurteilung ist die Basis – die individuelle Beratung muss dies ergänzen. An dieser Stelle sind die Betriebsärzte besonders gefragt.
    4. Um die individuellen Bewältigungsfähigkeiten der Beschäftigten im Umgang mit Belastungen zu entwickeln, ist eine Stärkung ihrer Gesundheitsressourcen eine wichtige Aufgabe. Dazu kann auch die betriebliche Gesundheitsförderung beitragen. Sie ist eine wichtige ergänzende Maßnahme zur Primärprävention und trägt der komplexen Verursachung von Gefährdungen der psychischen Gesundheit Rechnung. Hinweise an die Beschäftigten für ihr Freizeitverhalten und die Motivation zu einem gesundheitsfördernden Lebensstil sind wichtige Bestandteile der ärztlichen Beratung und dürfen dabei nicht fehlen, um die Eigenaktivität der Menschen für Ihre Gesundheit zu stärken.
  4. Gute gesetzliche Basis
    In allen Fällen, in denen Beschäftigte länger erkranken, bietet das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 SGB IX ein wichtiges Instrument, um Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, einer erneuten Erkrankung vorzubeugen und chronische Krankheiten zu verhindern.
  5. Betriebsärztliche Versorgung sichern
    Bei allen Beschäftigten, die ernsthaft psychisch erkrankt sind, ist eine fachliche Versorgung durch Betriebsärzte und andere Fachleute unabdingbar. Eine entsprechende Erweiterung der Qualifikation für alle Fragen der psychischen und psychosomatischen Faktoren ist dabei Voraussetzung.
    Wir stellen fest, dass die arbeitsmedizinische Betreuung an vielen Stellen derzeit nicht ausreichend ist und die ernste Gefahr besteht, dass das Niveau des Gesundheitsschutzes vor allem in kleinen und mittleren Betrieben weiter sinkt. Die Politik ist aufgefordert, die geeigneten rechtlichen Grundlagen zur Stärkung der betriebsärztlichen Vorsorge zu schaffen, die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen und die arbeitsmedizinischen Lehrstühle auszubauen, anstatt einen weiteren Abbau zuzulassen .
  6. Zusammenarbeit notwendig
    Auf all diesen betrieblichen Handlungsfeldern halten IG Metall und VDBW eine gute Zusammenarbeit von Betriebs- und Werksärzten und den betrieblichen Interessenvertretungen der Beschäftigten für unerlässlich. Ohne eine gute Beratung, Information und Betreuung der Beschäftigten, ohne ihre aktive Einbeziehung in die Bewältigung der gestiegenen Anforderungen und die Nutzung ihrer Kompetenzen als ,,Experten ihrer eigenen Arbeit” werden die Probleme nicht zu lösen sein. Gerade bei dem sensiblen und nach wie vor tabuisierten Thema der psychischen Gesundheit ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Betriebs- und Werksärzten und betrieblichen Interessenvertretungen erforderlich. Da in der gegenwärtigen Krise die Gefahr droht, dass der Druck auf Kranke und weniger Leistungsfähige in den Betrieben steigen kann, treten VDBW und IG Metall für einen Schutz auch erkrankter Beschäftigter ein und setzen sich gemeinsam für eine Stärkung der Prävention ein.
    Medizinische Daten sind sensible und schützenswerte Informationen, deren Umgang geregelt ist. Betriebsärzte unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht in vollem Umfang; Verletzungen der ärztlichen Schweigepflicht sind nach § 203 Strafgesetzbuch strafbewehrt. Beschäftigte können sich darauf verlassen, dass Betriebsärzte mit den ihnen anvertrauten gesundheitlichen Informationen sorgfältig umgehen und diese nicht weitergeben.
  7. Krise als Chance
    Die psychische Gesundheit in der Arbeit ist nach Meinung von IG Metall und VDBW auch für Politik und Wissenschaft eine Herausforderung für die Gesellschaft von morgen. Das Ziel, Erkrankungen zu vermeiden und zum Erhalt psychischer Gesundheit in der Arbeit beizutragen, bedarf der politischen Unterstützung wie auch der Weiterentwicklung von Erkenntnissen über Zusammenhänge und wirksame Gegenstrategien.
    Mittlerweile werden auf europäischer Ebene wie auch hierzulande etwa im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) und der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) die Förderung der psychischen Gesundheit und die Prävention von psychischen Erkrankungen als wichtige Aufgaben betrachtet. Entsprechende Netzwerke und Kooperationen sind im Entstehen, benötigen aber ausreichende Ressourcen. Bei der jetzt von der Bundesregierung gestarteten Initiative ,,Neue Kultur der Arbeit” sollte das Thema ,,Psychische Gesundheit in der Arbeit” einen prominenten Stellenwert erhalten.
    Gerade in der aktuellen Situation muss an die Betriebe das Signal gehen, dass auch in Krisenzeiten die Gestaltung der Arbeitsbedingungen und die Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen weiterhin eine hohe Priorität erfordern. Die Bewältigung der Krisenfolgen wird nur mit motivierten und kompetenten Beschäftigten möglich sein. Dazu muss man deren Interesse an gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen ernst nehmen.

Karlsruhe/Frankfurt a.M., im Mai 2009

Siehe auch: