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Merkel gegen, CDA für Anti-Stress-Verordnung

Sonntag, 9. November 2014 - 12:42

Bundeskanzlerin Angela Merkel meinte auf dem Arbeitgebertag (2014-11-04), “dass ich einer Anti-Stress-Verordnung sehr skeptisch bis ablehnend gegenüberstehe”. Betriebliche Lösungen müssten greifen. Auf betriebliche Lösungen setzt auch Sigmal Gabriel. Weil aber Auditoren (obwohl bei der DAkkS akkreditiert) und Gewerbeaufsichten weiterhin mutlos und hilflos sind, wenn psychische Belastungen in von ihnen inspizierten Betrieben nicht ernsthaft erfasst und beurteilt werden, haben die Arbeitnehmer und ihre Vertreter keine guten Möglichkeiten, bei der Minderung pssychischer Fehlbelastungen wenigstens die Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes durchzusetzen. Arbeitnehmer in Betrieben ohne Arbeitnehmervertretungen bleibt leider nur die überforderte behördliche Aufsicht, also können die Arbeitgeber hier ohne mitbestimmte Arbeitsschutzprozesse weiterhin locker gegen Vorschriften verstoßen.

Arbeitgeber wehren sich schon aus Gründen der Haftungsvermeidung dagegen, psychische Fehlbelastungen zu dokumentieren. Ich kenne den Fall einer Mitarbeiterin, die in ihrem Betrieb eine Fehlbelastungsmeldung einreichte. Daraufhin bederohte der Arbeitgeber sie massiv mit einer Abmahnung. Die behördliche Aufsicht und die externen Auditoren rügten das nicht einmal mündlich. Die Mitarbeiteren konnte zuvor durch Klageandrohung die Rücknahme der Abmahnung erreichen; die Aufsicht und die Auditoren meinten, deswegen sei der Fall nicht nur arbeitsvertragsrechtlich, sondern auch arbeitsschutzrechtlich abgeschlossen. Dass die Mitarbeiterin drei Monate lang massivem Druck ausgesetzt war, ließ die Gewerbeaufsicht (und die externen Auditoren des Arbeitsschutzmanagementsystems) kalt. Ohne Rückhalt durch die Aufsicht traute sich dann auch der Betriebsrat nicht, eine Erfassung des Vorfalls als psychische Fehlbelastung durchzusetzen.

Das Hauptproblem im Arbeitsschutz sind immer noch vorwiegend technisch orientierte Aufsichtspersonen, die das Thema der psychischen Belastungen nicht begreifen und auch nicht wissen, wie sie in diesem Bereich eine Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes erreichen können. Die Kontrolle funktioniert im Bereich der Minderung psychischen Fehlbelastungen einfach nicht.

Die Bundeskanzlerin ist eine durchsetzungsfähige Frau, die nicht nur Stress aushalten, sondern Anderen auch bereiten kann. Den könnte der Bundesvize der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, zu spüren bekommen, wenn er seiner Chefin beim Thema Anti-Stress-Verordnung nocheinmal widersprechen sollte. Zurückgezogen hat er seinen Widerspruch bisher aber auch nicht.


Schon im Jahr 2005 wollte Angela Merkel, robust wie sie nun einmal ist, Bremsklötze niederwalzen, die sich dem Wachstum entgegenstellen. Als ich das damals las, kam mir sogleich die Merkelwalze in den Sinn.

 


24. September 2014 – 02:42

http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/anti-stress-verordnung-merkel-will-arbeitnehmer-nicht-vor-mailflut-schuetzen/10731926.html

[...] In ihrem Video-Podcast sagte Merkel am Samstag auf die Frage, ob die Arbeitgeber nach dem Mindestlohn und dem Rentenpaket mit weiteren Regulierungen rechnen müssten, etwa einer Anti-Stress-Verordnung: „Ich glaube, sie müssen nicht mit weiteren Regulierungen rechnen. Ich stehe einer Anti-Stress-Verordnung sehr kritisch gegenüber.“ Jetzt heiße es, in die Zukunft zu blicken – mit den Schwerpunkten Forschung und Investitionen, solide Haushaltspolitik „und, wo immer es möglich ist, auch Bürokratieabbau“

Der Bundesvize der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, will das Nein Merkels nicht hinnehmen. Er hält rechtlich verbindliche Regelungen zur Vermeidung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz für überfällig. „Die steigenden Fehlzeiten und Frühverrentungen wegen psychischen Erkrankungen zeigen, dass politischer Handlungsbedarf besteht“, sagte Bäumler dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Hier werden Kosten aus der Arbeitswelt in die Krankenversicherung und Rentenversicherung verlagert.“ [...]

Siehe auch: http://blog.psybel.de/die-anti-stress-verordnung-jetzt-auf-den-weg-bringen/

Unsere Bundeskanzlerin möchte also jenen Arbeitgebern, die sich straflos über die Vorschriften des Arbeitsschutzes hinwesetzen, unter dem Deckmantel des “Bürokratieabbaus” auch weiterhin keine Hindernisse in den Weg legen. Angela Merkel toleriert damit die bestehende Anarchie im Arbeitsschutz. Sie ist mitverantwortlich dafür, dass die Gewerbeaufsicht weiterhin überfordert bleibt. Es ist von 1996 bis heute ja nicht einmal die “Bürokratie” aufgebaut worden, die für die Aufsicht im ganzheitlichen Arbeitsschutz erforderlich ist. Recht so gestaltet zu lassen, dass auf dem Papier gut aussieht, aber in der Praxis nicht ausreichend wirksam werden kann, ist eigentlich schon ziemlich schäbig.

Arbeitgeber loben Merkel

Mittwoch, 24. September 2014 - 09:10

http://www.gesamtmetall.de/gesamtmetall/meonline.nsf/id/News-GIP-21-2014_DE-Bundeskanzlerin-Anti-Stress

22. September 2014

Dulger: Arbeitgeber begrüßen Merkels Absage an eine Anti-Stress-Verordnung

Anti-Stress-Verordnung hilft keinem Betroffenen

Berlin. Gesamtmetall-Präsident Dr. Rainer Dulger begrüßt die deutliche Absage von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel an eine Anti-Stress-Verordnung. “Die Absage der Bundeskanzlerin ist erfreulich. Eine Anti-Stress-Verordnung hilft keinem Betroffenen”.

Dulger erinnerte daran, dass Arbeitgeber, Gewerkschaften und das Bundesarbeitsministerium erst vor einem Jahr in einer gemeinsamen Erklärung beschlossen hätten, zunächst wissenschaftliche Grundlagenforschung zu unterstützen.

“Wir begrüßen auch die Aussage, dass Unternehmen nicht mit weiteren Regulierungen rechnen müssen”, so Dulger weiter. An dieser Aussage werde man die Arbeit der Bundesregierung in den kommenden Monaten messen.

 
In der von Dulger genannten gemeinsamen Erklärung steht:

[...] Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hält die rechtlichen Grund­lagen für einen umfassenden Arbeitsschutz in Deutschland grundsätzlich für ausreichend. Es wird jedoch im Verlauf der zweiten Arbeitsperiode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie prüfen, inwieweit es im Lichte neuer Erkenntnisse Regelungs­bedarf im Bereich arbeits­bedingter psychischer Belastung gibt. [...]

 
Zur zweiten Arbeitsperiode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (http://www.gda-portal.de/de/pdf/GDA-Dachevaluation_Abschlussbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=2):

[...] Empfehlung für die nächste Periode

Aus der Sicht der Dachevaluation kann das neue übergeordnete Ziel ‚Verbesserung der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes‘ (ORGA) am ehesten mit den vorhandenen in der ersten GDA-Periode entwickelten Instrumenten evaluiert werden. Die Fortschritte und Entwicklungen des ersten Ziels sind voraussichtlich im Rahmen der Strategieperiode 2013 bis 2018 überprüfbar. Es handelt sich um kurz- und mittelfristig erreichbare Ziele (im Sinne von Zeiträumen von 1 – 3 bzw. 3 – 5 Jahren). Viele der dort erhobenen Daten werden sich voraussichtlich mit den Daten, die in der ersten Strategieperiode erhoben wurden, verknüpfen lassen. [...]

Wenn ich es richtig verstehe, dann ist die zweite Arbeitsperiode die die im Jahr 2018 endende “Strategieperiode”. Dass schließt aber nicht aus, dass die Prüfung im Verlauf der zweiten Arbeitsperiode schon vorher zur Erleuchtung des Gesetzgebers beitragen könnte. Eine Durchführungsverordnung zur Stärkung der behördlichen Aufsicht beim Einbezugs psychischer Belastung in den Arbeitsschutz der Betriebe könnte sich dabei als sinnvoll erweisen, ohne dass von den Arbeitgebern zu befolgende Regeln und Vorschriften geändert werden müssten. Wichtig wäre in der Gewerbeaufsicht ein beschleunigter Kompetenz- und Ressourcenaufbau. Regelungsbedarf gibt es aus meiner Sicht auch zur Verbesserungen der Qualifizierung der Arbeitsschutzakteure (einschließlich der Arbeitnehmervertretungen) und der Umsetzung des §87 BetrVG.