Schlagwort 'Managerismus'

Managerismus

Mittwoch, 27. Juli 2011 - 23:16

Bei dem folgenden Link geht es weniger um die psychische Belastung von Arbeitnehmern als vielmehr um eine Geschäftsidee, die auf die psychische Verfasstheit frustrierter Unternehmer (im KMU-Sektor) setzt:
http://www.unternehmer-loge.de/detailinformation/heutige-situation-in-den-firmen.html (Seite gelöscht).

Die Unternehmer-Loge tritt auch ein bisschen als Wutbürgerbund auf (sogar mit einer wohl nicht ganz billigen Fernsehwerbung), mit all den damit verbundenen Vereinfachungen.

Der Nährstoff, der das Geschäftsmodelll der Unternehmer-Loge speist, ist unter Anderem die Wut auf Managementprozesse in Großunternehmen, die sich ja tatsächlich oft zu ausgefuchsten Systemen der Vermeidung von Verantwortungswahrnehmung entwickelt haben. Das ist ein Kennzeichen des Managerismus.

Beispielsweise bei den Siemens-Prozessen am Anfang dieses Jahrhunderts fiel mir auf, dass für je mehr Verantwortung Top-Manager bezahlt werden, desto wichtiger ist es ihnen, Handlungsbedarf sichtbar machendes Wissen zu vermeiden. Ein nicht unwesentlicher Teil ihrer Arbeit schien darin zu bestehen, Haftungspflicht begründendes Wissen in unteren Managementebenen abfangen zu lassen, bevor es ins Top-Management gelangt. Für diese Pufferfunktion gibt es zum Beispiel “Compliance Officers”.

Managerschelte (mit vielen inzwischen populären Klischees, die aber leider zum Teil zutreffen) kommt längst nicht mehr nur aus der “linken” Ecke. Der Konsens ist so breit, dass man damit jetzt auch Geschäfte machen kann. Die Unternehmer-Loge trifft den Nerv – zusammen mit Galaxy-Kapital. Aufmerksamkeit bei der Verfolgung der Entwicklung und Ziele beider Unternehmen kann sicherlich nicht schaden.

 
An der über einen zweiten Link erreichbaren Managerismus-Kritik ist etwas dran: http://www.managerismus.com/themen/managerismus/begriff. Das Problem ist aber, das in beiden Websites Komplexität nicht verstanden wird. Ihre Zunahme ist die natürliche Folge der Art von Wachstum, von dem wir unser Wirtschaftssystem abhängig gemacht haben. Das Wachstum findet aber in einem nur beschränkt offenen System statt, dass sich wachsender Entropie nur in einem begrenztem Maß entledigen kann. Managerismus ist auch so ein System. Besser, als ihm mit Vereinfachungen und der Fehldarstellung afklärerischen Denkens (http://www.managerismus.com/dz16_komplexitaet.html) zu Leibe zu rücken, ist es, die den Managerismus kennzeichnende versteckte Auslagerung von Komplexität in untere Hierarchieebenen zu verhindern. Das einer der Gründe für die häufigen Forderung von Arbeitnehmervertretungen an Unternehmensleitungen nach umfassenden Informationen, also nach Transparenz.

Im ganzheitlichen Arbeitsschutz ist die vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung und die vorgeschriebene Dokumentation eines der Instrumente, mit denen die Transparenz verbessert werden kann. Die Begeisterung für diese Instrumente ist je nach Interessenlage unterschiedlich.