Schlagwort 'geschwächte Aufsicht'

Schläft die Gewerbeaufsicht in Gladbeck?

Samstag, 5. Juli 2014 - 06:49

http://arbeitsunrecht.de/interclean-im-centro-oberhausen_dreckiger-geht-es-nicht/

… Starker Tobak im Herzen des Ruhrgebiets: Ein autoritärer Chef setzt eine breite Palette von Union Busting Methoden gegen neu gewählten Betriebsrat ein. Gewerkschafter werden systematisch aus der Firma gemobbt. Hinzu kommt eine ungute Verfilzung der Putzfirma mit dem Management des CentrO Oberhausen – laut wikipedia die größte Shopping-Mall Europas, rund 23 Millionen Besucher im Jahr. Wir fragen uns: Was macht eigentlich die zuständige Staatsanwaltschaft? …

Aber dann wird doch noch über den richtigen Weg berichtet:

… Die Interclean-Beschäftigten sollten sich trotzdem zur Wahl aufstellen lassen, denn Helmuth Barkowski und sein Anwalt Martin Löbbecke werden demnächst vermutlich Nachhilfe bezüglich des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) bekommen. Gewerkschaftssekretärin Gerlinde Schenk bereitet einen Strafantrag wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit nach §119 des BetrVG vor. …

Wenn die Betriebsratsarbeit behindert wird, macht die Staatsanwaltschaft von sich aus nichts. Der Betriebsrat muss klagen. Das ist nicht einfach. Soweit der Grund, warum Arbeitgeber auch in Deutschland oft ganz ungehemmt strafbare Handlungen begehen können ohne dass sie bestraft werden. Besser sieht es aus, wenn sich die Gewerkschaft darum kümmert. Das darf sie. Massiv unter Druck gesetzt, würden sich auf sich alleine gestellte Betriebsratsmitglieder in der Praxis kaum ohne Nachteile gegen Schikane wehren können.

Während die Staatsanwaltschaft unbeteiligt zusehen darf, hätte aber eine andere Institutionen die Pflicht, proaktiv einzuschreiten, wenn ein Arbeitgeber Mitarbeiter mit psychischen Fehlbelastungen unter Druck setzt. Physische Fehlbelastungen (ungeheiztes Betriebsratsbüro im Container) entsprechen auch nicht den Anforderungen des modernen Arbeitsschutzes. Die zuständigen Aufsichtsbehörden haben dafür zu sorgen, dass der Arbeitgeber sich an die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetztes hält und sowohl psychische wie auch physische Fehlbelastungenbelastungen mindert anstatt damit Druck auf Mitarbeiter auszüben. Vorsätzliche Verstöße gegen das Arbeitsschutzgesetz sind strafbar. Wir fragen uns: Was machen eigentlich die zuständige Gewerbeaufsicht und die zuständige Berufsgenossenschaft?

 


2014-07-07: Habe heute erfahren, dass inzwischen der Bruder des Arbeitgebers der Arbeitnehmervertreter ist…

DEKRA prüfte Zalando

Mittwoch, 23. April 2014 - 07:42

http://www.zalando.de/zalando-logistik/

[...] Zusätzlich lassen wir einmal pro Quartal an allen unseren Logistikzentren sowie an den Standorten unserer Dienstleistungspartner die Arbeitsbedingungen und Sozialstandards durch die DEKRA als unabhängiges Institut überprüfen. Diese Überprüfungen haben uns in den letzten Jahren stets sehr gute Arbeitsbedingungen bescheinigt. So ergab der letzte DEKRA-Bericht am Standort Erfurt beispielsweise ein Gesamtergebnis von 1,3 (von 1 – sehr gut bis 4 – nicht akzeptabel). [...]

Welche Meßlatte verwendet die DEKRA bei ihren Audits? Zalando arbeitet mit “eigenen Sozialstandards” für die eigenen Standorte und externe Logistik-Dienstleister (dpa 2013-02-18). DEKRA prüfte also nur das, was die Zalando-Unternehmensleitung für nötig hält. Bereiche wie der Arbeits- und Gesundheitsschutz wurden nicht gemäß weitgehend anerkannten Standards geprüft, die Absprachen mit den Mitarbeitern bei der Umsetzung der Standards fordern. Schafft Zalando es nicht, sich an anerkannten Standards zu orientieren?

Außerdem können die DEKRA-Auditoren nur beurteilen, was das Unternehmen ihnen zeigt. Auditoren könnten die Darstellungen der Arbeitgeberseite mit Arbeitnehmervertretern verifizieren, aber nach meiner Erfahrung suchen externe Auditoren leider nur sehr selten das Gespäch mit Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmervertretern. Hier sollten Auditoren von sich aus mehr Eigeninitiative entwickeln.

Welchen Wert hat eine Überprüfung durch DEKRA überhaupt? Ist sie hilfreich für das auditierte Unternehmen oder kann das auditierte Unternehmen dem Ruf der DEKRA-Auditoren auch Schaden zufügen? Wofür geben sich Zertifizierer wie DEKRA her? Zalando hat in Erfurt nicht einmal einen Betriebsrat, mit dem die DEKRA-Auditoren ihre Beobachtungen hätte verifizieren können (wenn sie das überhaupt gewollt hätten). Bei einem derart großen Betrieb schadet das Fehlen einer Arbeitnehmervertretung der Glaubwürdigkeit von Audits sozialer Standards. Kleiner Hinweis: Das Arbeitsschutzthema “psychische Belastungen” war der Anlass für die Gründung des ersten Betriebsrates in einem Apple-Store.

Und welchen Wert hat eine Überprüfung durch die behördlichen Aufsicht? Kann man von der Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaft erwarten, dass sie von ihr übersehene Mängel nachträglich überprüfen oder wird ihnen zur Gesichtswahrung die Verteidigung ihrer bisherigen Beurteilungen wichtiger sein? Wer kümmert sich wirklich um die Arbeitnehmer?

Private dürfen verantwortungslos sein

Dienstag, 28. Januar 2014 - 22:19

http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/kreditwuerdigkeit-bgh-weist-klage-gegen-schufa-ab-a-946013.html

[...] Die Schufa gibt nur über die Ergebnisse der Kreditbewertung von Personen Auskunft. Sie informiert die Verbraucher aber nicht, wie diese Werte errechnet werden, und verweist dazu auf ihr Betriebsgeheimnis. [...]

Das passiert eben, wenn Sicherheitsaufgaben von privaten Wirtschaftsunternehmen durchgeführt werden. Sie können sich leicht ihrer Verantwortung entziehen. Das Geschäftsinteresse hat Vorrang vor Transparenz.

Leider musste ich feststellen, dass die privatwirtschaftlich organisierten Zertifizierer für Arbeitsschutzmanagementsysteme auch nicht transparent arbeiten müssen. Die Arbeitnehmer, die geschützt werden sollen, sind leider nicht die zahlenden Klienten dieser Zertifizierer. An einer Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern sind einige Zertifizierer nicht interessiert, denn die Zeit für Audits ist begrenzt. Wenn Betriebsräte sich einmischen und möglicherweise auch noch die hübschen Präsentationen des auditierten Arbeitgebers in Frage stellen, dann würde das Zeit und Geld kosten. Dabei hilft es den Zertifizierer und ihren Klienten, Auditberichte z.B. als so “vertraulich” einzustufen, dass sie nicht an Betriebsräte weitergegeben werden. So hindern Zertifizierer gemeinsam mit ihren überprüften Klienten die Arbeitnehmervertretungen daran, Audits nachvollziehen zu können.

Die Gewerbeaufsicht und die Berufsgenossenschaften sind auch nicht sonderlich daran interessiert, Audits in Frage zu stellen. Denn die privatwirtschaftlich durchgeführten Audits erleichtert der systemisch überforderten behördlichen Aufsicht ihre Arbeit.

Die Arbeitnehmer haben das Nachsehen.

“Unterfangen, das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz möglichst weit aus den Betrieben herauszuhalten”

Freitag, 10. Januar 2014 - 22:34

Ein großes Problem für die Unternehmen: Sie haben zwar inzwischen begriffen, dass psychische Fehlbelastungen ihrem Geschäft schaden, aber manche Unternehmer stört die Möglichkeit der Arbeitnehmer, über die starke Mitbestimmung im Arbeitsschutz den Führungsstil im Unternehmen wirksam beeinflussen zu können. So kann es dann zum Beispiel bei der Umstellung von Regelwerken für den Arbeitsschutz und bei der Einführung von Formularen zur Gefährdungsbeurteilung zu strafbaren Handlungen kommen, wie z.B. die Behinderung der Mitbestimmung. Das wird wohl einer der wichtigsten Gründe des Widerstandes mancher Arbeitgeber gegen die Thematisierung der psychischen Belastung in den Betrieben sein.

http://www.aerztezeitung.de/news/article/852903/kommentar-dihk-umfrage-gesundheit-bleibt-chefsache.html (2014-01-09)

Kommentar zur DIHK-Umfrage
Gesundheit bleibt Chefsache

Bei der Gesundheitsförderung in Unternehmen hat sich “einiges getan”, lobt der Wirtschaftsverband DIHK. Doch es wachsen Zweifel, wenn es gerade in kleinen Betrieben vor allem vom Chef abhängt, ob Gesundheitsvorsorge angeboten wird.

Von Florian Staeck

Ein Lob vorab: Dass der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) den Stand der Gesundheitsförderung in 1500 Unternehmen ermittelt hat, ist zu begrüßen. Die Umfrage bietet eine Datengrundlage, auf der aufgebaut werden kann.

Freilich nutzen Verbände dieses Instrument auch immer, um pro domo Politik zu machen. Das ist beim DIHK nicht anders. Sein Motto lautet: Das vorhandene Engagement der Betriebe ist beeindruckend, weitere gesetzliche Regelungen schaden nur. Dies zeigt sich besonders deutlich in dem Unterfangen, das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz möglichst weit aus den Betrieben herauszuhalten.

[...]

Der DIHK hat seiner Umfrage die Überschrift “An Apple a Day….” gegeben – wenn das denn mal so einfach wäre mit der Gesundheit im Betrieb.

(Die Kursivschrift und den Fettdruck habe ich nachträglich in den Kommentar eingearbeitet.)

Der Kommentar wurde von einem Durchblicker geschrieben. Davon müsste es mehr geben.

 
http://www.dihk.de/presse/meldungen/2014-01-08-unternehmensbaromter-gesundheitsfoerderung

[...] Verstärkt auf der politischen Agenda stehe das Thema psychische Gesundheit, berichtete der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer [Achim Dercks] weiter. Die Zahl entsprechender Diagnosen und Krankschreibungen steige; mit Blick auf die vielfältigen Einflussfaktoren sei es jedoch “verfehlt, das Arbeitsumfeld für diese Entwicklungen allein verantwortlich zu machen”. [...]

Der Trick, den Dercks hier versucht, wird langsam langweilig. Die Herumweinerei der Arbeitgeber, dass das Arbeitsumfeld “allein” für psychische Erkrankungen verantwortlich gemacht werde, ist unredlich. Dercks weiß natürlich, dass das nicht der Hauptvorwurf an die Arbeitgeber ist. Mit seiner Klage lenkt er nur vom eigentlichen Vergehen der Mehrheit der Arbeitgeber ab: 80% dieser Unternehmer wollen die psychischen Belastungen an den Arbeitsplätzen ihrer Betriebe nicht einmal beurteilen.

Das ist das “Unterfangen, das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz möglichst weit aus den Betrieben herauszuhalten”. Etwa 80% der Arbeitgeber sehen unter den Augen der Gewerbeaufsicht in gesetzeswidriger Weise weg, sind aber sind dreist genug, trotzdem Aussagen zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu machen. Dabei nutzen sie die Überforderung der Auditoren der Gewerbeaufsicht und der Zertifizierungsunternehmen. In einigen Ländern stehen die Aufsichtspersonen der unteren Behörden unter großem Druck unternehmerfreundlicher Ministerien, so dass zur Überforderung der Aufsichtspersonen (durch einen wohl nicht mehr ganz versehentlichen Ressourcenmangel) noch Angst dazu kommt.

Es ist doch klar, dass zum Rechtsbruch bereite Arbeitgeber sich vor strengeren Vorschriften fürchten. Es ist erwiesen, dass im Arbeitsschutz der Zwang, Vorschriften zu beachten, der stärkste Motivator ist. Das Gerede der Wirtschaftsverbände, die Unternehmen seien selbst an gesunden Mitarbeitern interessiert, dient vorwiegend dazu, strengere und deutlichere Vorschriften zu vermeiden. Die Arbeitgeber wehren sich gegen eine Dokumentation, die ihr Haftungsrisiko erhöht. Die Ärztezeitung erkennt:

[...] Nichts fürchten die Wirtschaftsverbände mehr als die von den Gewerkschaften geforderte “Anti-Stress-Regelung” – direkte Interventionen in die Betriebe via Gesundheitsförderung wären dem DIHK ein Gräuel. [...]

Das stimmt übrigens nicht ganz. Bei der “Anti-Stress-Verordnung” geht es um die Durchsetzung des vorgeschriebenen Arbeitsschutzes, nicht aber um die freiwillige Gesundheitsförderung. Direkte Interventionen in die Betriebe via Arbeitsschutz wären dem DIHK ein Gräuel.

Die Unternehmen gehen über den Arbeitsschutz hinaus. Leider ging dabei eine große Mehrheit der Arbeitgeber gleich über wichtige Teile des Arbeitsschutzes hinweg.

Die Unternehmer stellen sich neue Hausaufgaben im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung und des betrieblichen Gesundheitsmanagements, weil sie die ihnen vorgeschriebenen Aufgaben nicht mögen. In der 12 seitigen Schrift des DIHK wird darum auch wieder dieser Trick probiert: Gleich drei mal geht man dort sinngemäß “über den gesetzlichen Arbeitsschutz hinaus”. Die Unternehmen gehen aber nicht nur über den Arbeitsschutz hinaus, sondern die große Mehrheit der Arbeitgeber durfte unter den geschlossenen Augen der Gewerbeaufsicht über wichtige Teile des Arbeitsschutzes hinweg gehen, weil sie das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz möglichst weit aus dem Arbeitsschutz heraushalten wollten. Gehalt und Arbeitszeit sind unangenehm gut mess- und verhandelbar, da blieb den Unternehmen nur noch übrig, mit einer höheren Arbeitsbelastung mehr aus den Leuten herauszuholen. Das ist ein angenehm komplexes Gebiet. Genaueres Hinsehen im Arbeitsschutz stört hier nur.

Die Klientel des DIHK hat in einem freien Land zwar das Recht, Gesetze für schlecht zu halten, aber es muss den von ihr vertretenen Unternehmern wieder abgewöhnt werden, für sich aus ihrer Meinung heraus einfach das Recht abzuleiten, sich über demokratisch beschlossene Gesetze und Vorschriften zu stellen.

 
Ein Lob zum Schluss: Es gibt Unternehmer und Arbeitgeberverbände, die den Arbeitsschutz auch im Bereich der psychischen Belastungen respektieren. Die BDA hat dazu sogar einen sehr guten Praxisleitfaden herausgegeben. Achim Dercks hätte sich den gründlich durchlesen sollen.

Schüchterne Gewerbeaufsicht

Montag, 18. November 2013 - 07:30

Die Gewerbeaufsicht in Bayern kneift immer noch: In http://www.stmas.bayern.de/arbeitsschutz/arbeitsmedizin/psychologie.php war einmal (2011-07-13) zu lesen:

[...] Arbeitspsychologie

In der heutigen Arbeitswelt spielen psychische Belastungen eine immer größere Rolle. Angst vor Arbeitsplatzverlust, hoher Zeitdruck, Zunahme der Arbeitsmenge, Informationsmangel- oder Informationsüberflutung, Kommunikationsbarrieren, geringe Qualifizierungsmöglichkeiten oder zu wenig Handlungsspielraum können Kopfschmerzen, Lustlosigkeit, “Ausgebranntsein”, Schlafstörungen oder Erkrankungen verursachen.

Psychische Fehlbelastungen lassen sich vermeiden. Die bayerische Gewerbeaufsicht überprüft die Betriebe und legt die Abhilfemöglichkeiten in einer Zielvereinbarung fest.

In Fällen von Bournout, Mobbing, Gewalt am Arbeitsplatz oder posttraumatischer Belastungsstörung führt die Gewerbeaufsicht keine Konfliktberatungen durch. Sind keine Verstöße im arbeitsschutzrechtlichen Sinne festzustellen, so wird auf externe Berater und Beratungsstellen oder auf das Präventionsnetzwerk verwiesen. [...]

(Hervorhebungen wurden nachträglich vorgenommen)

Mitte 2012 verschwand die “Zielvereinbarung” von der Seite der bayerischen Gewerbeaufsicht. War das Versprechen der Gewerbeaufsicht an die Arbeitnehmer zu mutig? Hielten die Unternehmen in Bayern Zielvereinbarungen für eine Respektlosigkeit? Tatsächlich habe ich heute den Eindruck, dass es für die Gewerbeaufsicht in Bayern gerade bei großen und politisch gut vernetzten Unternehmen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung ist, in diesen Unternehmen das Fehlen mitbestimmter Prozesse zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen als Abweichung zu erkennen. Nicht nur, dass es dann keine Sanktionen gab, sondern nun traute sich die Aufsicht nicht einmal mehr, öffentlich zu schreiben, dass bei Abweichungen Zielvereinbarungen zur Verbesserung der Situation getroffen werden.

Kann es vorkommen, dass die Gewerbeaufsicht Verbesserungsprojekte im Arbeitsschutz lobt und sie dabei mit einem bereits ordentlich implementierten Arbeitsschutz verwechselt? Lob ist eine feine Sache, aber wie dokumentiert die Gewerbeaufsicht, dass in der Übergangszeit von einem bisher unvollständigen Arbeitsschutz zum ganzheitlichen Arbeitsschutz für die Mitarbeiter ein erhöhtes Gefährdungsrisiko besteht?

Falls es das Instrument der Zielvereinbarung noch geben sollte, so kann man auch heute nichts darüber im Webauftritt der bayerischen Gewerbeaufsicht nachlesen. Wer hat den Hinweis streichen lassen? Wie sehen in den Behörden der Gewerbeaufsicht eigentlich die Gefährdungsbeurteilungen für die Arbeitsbedingungen der Aufsichtspersonen aus?

Gewerbeaufsicht ist ein Steinbruch

Sonntag, 28. Juli 2013 - 13:55

http://www.aerzteblatt.de/archiv/142796/Interview-mit-Dr-med-Wolfgang-Panter-Praesident-des-Verbandes-Deutscher-Betriebs-und-Werksaerzte-(VDBW)-Entscheidend-ist-das-Fuehrungsverhalten-Fuehren-durch-Vorbild

POLITIK: Das Interview
Interview mit Dr. med. Wolfgang Panter, Präsident des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW): „Entscheidend ist das Führungsverhalten – Führen durch Vorbild“
PP 12, Ausgabe Juli 2013, Seite 300
Bühring, Petra; Osterloh, Falk

[...] Die bisherigen Regelungen fordern bereits eine Gefährdungsbeurteilung sowohl im körperlichen wie im seelischen Bereich, auch wenn Ersteres bisher sehr stark im Vordergrund steht. Wir müssen die Arbeitsabläufe stärker analysieren und schauen, welche Stressfaktoren es in welchen Situationen gibt.

Wir haben aber grundsätzlich weniger ein Regelungs- als ein Umsetzungsproblem. Der Deutsche Beamtenbund hat die Gewerbeaufsicht vor kurzem als Steinbruch bezeichnet, von dem nicht mehr viel übrig ist. Die Gewerbeaufsicht ist aber für die Überwachung der Einhaltung der Regelungen in den Betrieben zuständig. Die Länder haben die Strukturen und Ressourcen vor Ort jedoch so reduziert, dass die Gewerbeaufsicht gar nicht mehr in der Lage ist, die bereits bestehenden Regeln zu kontrollieren. [...]

 
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a11/anhoerungen/2013/134_Sitzung_psych_Belastung/Stellungnahmen_17_11_1152.pdf

DEUTSCHER BUNDESTAG
Ausschuss für
Arbeit und Soziales
17. Wahlperiode
Ausschussdrucksache 17(11)1152
08. Mai 2013

[...] Der dbb hat sich intensiv mit den psychischen Belastungen in der Arbeitswelt befasst und sich in einem Leitantrag dafür ausgesprochen, dass den psychischen Belastungen in der Arbeitswelt und deren Folgen entgegengewirkt werden muss. Dabei steht im Fokus des dbb die Schaffung einer abgestimmten und schlüssigen Rechtslage, deren Umsetzung durch die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im bewährten dualen System begleitet und überwacht wird.

In Anbetracht des gravierenden Stellenabbaus der letzten Jahre sowohl in der Arbeitsschutzverwaltung als auch bei den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, erlaubt es die gegenwärtige Personalsituation jedoch nicht, dass die mit dem Arbeitsschutz betrauten Kolleginnen und Kollegen diesen Ansprüchen gerecht werden können. Seit 2003 sind dem Bericht Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2011 zufolge bundesweit mehr als 25 Prozent der Zahl der Gewerbeaufsichtsbeamten abgebaut worden (2003: ca. 4.100 Gewerbeaufsichtsbeamte/2011: ca. 3.050). Daneben wurde der Bestand der Gewerbeärzte in den Arbeitsschutzverwaltungen um mehr als 30 Prozent abgebaut (2003: ca. 150/2011: 90). In einigen Ländern geht der massive Personalabbau sogar noch weiter, und es wird Personal beispielsweise zum Verbraucherschutz versetzt. Zusätzlich gibt es seit Jahren die Tendenz, den Arbeitsschutzverwaltungen fachfremde Aufgaben zu übertragen, so dass die zur Verfügung stehende Zeit für die eigentlichen Aufgaben immer weiter schrumpft. Dies spiegelt sich in einer seit Jahren sinkenden Zahl an vorgenommenen Betriebsbesichtigungen wider. So wurden 2010 von der Gewerbeaufsicht der Länder nur 4,9 Prozent der Betriebe besichtigt, während es 2005 noch 6,4 Prozent waren. Die gewerblichen Berufsgenossenschaften erreichten mit 8,2 Prozent zwar eine höhere Besichtigungsquote, haben ihre Kontrollen gegenüber 2005 (11,31 Prozent) aber ebenfalls reduziert. Diese Zahlen verdeutlichen, dass viele Bundesländer den Staatlichen Arbeitsschutz vernachlässigen und die Arbeitsschutzverwaltungen als ,,Steinbruch” für Personalabbau sehen.

Dieser Entwicklung ist dringend Einhalt zu gebieten. Damit die Aufsichtspersonen ihrer gesellschaftlich wichtigen Aufgabe auch nachkommen können, muss der Arbeitsschutz ausgebaut und mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden. Die von allen drei Oppositionsfraktionen erhobene Forderung nach einer Aufstockung des Personals bei den Arbeitsschutzverwaltungen der Länder und bei den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung wird daher vom dbb vollumfänglich unterstützt. Sie ist die unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die in allen Anträgen – auch dem der Regierungskoalition – formulierten Ziele und Vorhaben zur rechtlichen Regelung des Schutzes der psychischen Gesundheit der Beschäftigten auch tatsächlich greifen. Damit würde Deutschland auch seiner Verpflichtung aus der 1950 in Kraft getretenen ILO-Konvention Nr. 81 nachkommen, die sich mit dem Thema Arbeitsaufsicht in Gewerbe und Handel befasst und in Artikel 10 festschreibt, dass die Zahl der Aufsichtsbeamten ausreichen muss, um die wirksame Ausführung der Aufgaben der Arbeitsaufsicht zu gewährleisten. Zutreffend wird in den vorliegenden Anträgen erkannt, dass neben den erforderlichen Neueinstellungen die bereits im Arbeits- und Gesundheitsschutz tätigen Kollegen und Kolleginnen zur besseren Beurteilung von psychischen Gefährdungen entsprechend weitergebildet werden müssen. [...]

 
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a11/anhoerungen/2013/134_Sitzung_psych_Belastung/Wortpro_134_Sitzung.pdf

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode
752 – 2401
Protokoll 17/134
Öffentliche Anhörung
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Wortprotokoll
134. Sitzung

[...] Sachverständiger Niesen (Deutscher Beamtenbund und Tarifunion): [...] Zu den Gewerbeaufsichtsbeamten: Hier stellt sich sicherlich für die Zukunft zu diesem Thema die Frage, ob auch sehr breit Schulungsmaßnahmen vorgenommen werden müssen. Aber eines müsste vor allem gestoppt werden, das ist der Abbau von Stellen. Zur Erklärung: Die Gewerbeaufsichtsverwaltung wird in vielen Ländern als Steinbruch benutzt. In den letzten zehn Jahren allein sind über 25 Prozent der Gewerbeaufsichtsbeamten abgebaut worden. Das ist einfach ein Unding.

Also bei allem Respekt vor dem, was Sie heute hier machen wollen, auch noch fraktionsübergreifend, das ist alles zu begrüßen. Aber ich frage mich, wer soll das draußen noch machen? Da müssten Sie ebenfalls noch den Ländern einiges an Vorgaben machen, dass dort quasi nicht jeder machen kann, was er gerade will. Es müsste auch ein klares Wort zu den Organisationsformen der Gewerbeaufsichtsverwaltung zum Ausdruck gebracht werden. Nämlich das, was seit der teuflischen Reform – so nenne ich das jetzt mal – in Baden-Württemberg mit der Gewerbeaufsichtsverwaltung passiert ist. Das ist für mich schlicht und ergreifend ein Skandal. [...]

Wie die Steuerfahndung, so die Gewerbeaufsicht?

Donnerstag, 25. April 2013 - 21:48

SZ 2012-04-25, von Mike Szymanski: Seehofers Leiden, S. 6

[...] Brandaktuell ist und bleibt der Umstand, dass Bayerns Steuerverwaltung seit Jahren chronisch unterbesetzt ist, laut Gewerkschaft fehlen 2000 Männer und Frauen. Als Steuerhinterzieher kann man sich in Bayern sicherer fühlen als in anderen Bundesländern. Diesen Schluss legen die Statistiken nahe. Wirklichen Ehrgeiz, daran etwas zu ändern, hat die Staatsregierung trotz Dauerkritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofes nicht erkennen lassen [...]

Und welchen Ergeiz zeigt die bayerische Staatsregierung im Arbeitsschutz? Was hilft OHRIS, wenn die Kontrolle fehlt? Was helfen Fachleute, denen die Hände gebunden sind? Mir scheint, dass es den bayerischen Unternehmen nicht gerade schwer gemacht wird, gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes zu verstoßen. Es sind wohl nicht die Arbeitnehmer, die die bayerischen Politiker wirklich schützen wollen.

Prävention im Bundesrat

Sonntag, 21. April 2013 - 15:40

909. Sitzung des Bundesrates, 2013-05-03 (http://www.bundesrat.de/cln_340/nn_2385280/DE/parlamentsmaterial/to-plenum/909-sitzung/to-node,param=true.html?__nnn=true):

TOP 25 [wurde später zu TOP 32]

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Prävention

217/13
Drucksache  [pdf, 355 KB]: Download

Hier geht es um einen Entwurf der schwarz-gelben Bundesregierung. Etwas für Prävention zu tun ist zwar lobenswert und sieht auch gut aus, aber das über die betriebliche Gesundheitsförderung zu tun bekommt ein Geschmäckle, wenn gleichzeitig offensichtliche Mängel in Arbeitsschutz aufrecht erhalten werden. Insbesondere bleiben die Gewerbeaufsichten geschwächt, weswegen die Unternehmen ohne große Sorge im Bereich der psychischen Belastungen gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzes verstoßen können - und das mehrheitlich auch tun. Bevor Steuergelder in Gesetze mit guten Absichten gesteckt werden, müssten damit vorher die Aufsichtsbehörden gestärkt werden. Jedoch hat speziell die FDP ein eher geringes Interesse an einer strengeren Kontrolle ihrer Klientel.

Parallel wird derzeit noch an einer Änderung des Arbeitsschutzgesetzes gerbeitet. Zwar werden psychische Belastungen dann im ArbSchG ausdrücklich thematisiert. Aber gleichzeitig wird die Aufsicht weiterhin so schwach gehalten, dass die Umsetzung des ArbSchG nur mit starken Arbeitnehmervertretern möglich ist.

Siehe auch: http://blog.psybel.de/praevention-im-bundestag/

Änderungen des Arbeitsschutzgesetzes: Kosmetik?

Sonntag, 14. April 2013 - 12:08

Wie geht es eigentlich den vorgesehenen Änderungen des Arbeitsschutzgesetzes?

Ohne eine Verbesserung der Ressourcen der Gewerbeaufsicht für die Kontrolle des Einbezugs psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz wären die vorgesehenen Änderungen des Arbeitsschutzgesetzes nur Kosmetik.

Außerdem müssten die Ressourcen und Durchsetzungsmöglichkeiten der Akteure im Arbeitsschutz (Arbeitsschutzbeauftragte, Betriebsärzte, Personaler, Arbeitnehmervertretungen) so gestaltet werden, dass sie dem komplexen Thema der psychischen Belastungen auch gerecht werden können.

Ministerium nimmt Personalvertretungen und Betriebsärzte in die Pflicht

Samstag, 23. März 2013 - 22:00

Auf eine Anfrage hin hat mir das Bayerische Staatsministerium für Arbeit- und Sozialordnung, Familie und Frauen (Referat II 3; Arbeitsmedizin, Arbeitsschutzorganisation, sozialer Arbeitsschutz) eine freundliche und ehrliche Antwort geschickt.

Vielen Dank für Ihre E-Mail vom 18. Februar 2013 an Staatsministerin Christine Haderthauer, in der Sie über Probleme bei der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich der Einbeziehung psychischer Belastungen berichten. Frau Staatsministerin hat uns, als das für die Arbeitsmedizin zuständige Fachreferat, mit der Beantwortung Ihrer E-Mail beauftragt.

Seit dem Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) im Jahre 1996 hat der Arbeitgeber alle erforderlichen Maßnahmen zur Wahrung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit zu treffen. Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen muss der Arbeitgeber auch die Gefährdung durch „psychische Belastungen“ mit einbeziehen.

Der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) hat auf seiner 54. Sitzung im September 2009 in Kiel die Veröffentlichung der LV 52 „Integration psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Arbeitsschutzbehörden“ beschlossen. Basierend auf dieser LASI-Publikation wird künftig in Bayern durch technisches und ärztliches Personal der Gewerbeaufsicht die Beratung zu und die Überwachung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz in den Unternehmen von Seiten der Arbeitsschutzbehörden erfolgen. Diese Handlungshilfe wird es dem Aufsichtspersonal in der Praxis ermöglichen, grob orientierend Anhaltspunkte für psychische Fehlbelastungen in Betrieben zu erkennen und erforderliche betriebliche Maßnahmen anzustoßen.

Derzeit werden die bayerischen Gewerbeaufsichtsbeamtinnen und -beamten entsprechend geschult.

Zentraler Ansatzpunkt ist die Kontrolle der Gefährdungsbeurteilung. Allerdings ist festzustellen, dass es für die Gewerbeaufsicht oft nur sehr schwer möglich sein wird, auch bei vorhandener Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich psychischer Belastungen, im Rahmen einer Betriebsüberprüfung zu erkennen, ob (in bestimmten Bereichen) erhöhte psychische Belastungen vorliegen und ob ausreichende Maßnahmen getroffen wurden, diesen entgegenzuwirken. Einfacher wird es sein in Branchen, in denen es bekannter Weise zu erhöhten psychische Belastungen kommt.

Deshalb und in Anbetracht der sehr limitierten Personalressourcen wird es den bayerischen Arbeitsschutzbehörden nur möglich sein, die Unternehmen für die Belange psychischer Belastungen zu sensibilisieren und eine „Anstoßberatung“ durchzuführen. Kontrollen werden nur in Ausnahmefällen in die Tiefe gehen können.

Es steht außer Frage, dass Gefährdungsbeurteilungen auch in Hinblick auf psychische Belastungen „gelebt“ werden müssen. Die Verantwortung dafür trägt der Arbeitgeber. Sollte es hier Mängel geben, so gibt es ja gerade in großen Betrieben die Möglichkeit Probleme intern, über eine starke Personalvertretung oder den Betriebsarzt anzugehen. Die Behörde wird tätig, sobald ihr Defizite bekannt werden.

(Link und Hervorhebungen nachträglich in den Text eingetragen)

Die “Burnout Detektive” der Ministerin Haderthauer waren dann wohl eher eine Erfindung der Presse.

Es geht vermutlich nicht nur um Ressourcenprobleme, sondern auch um eine Gewerbeaufsicht, die sich gegenüber den Unternehmen nicht wirklich durchsetzen darf. Noch Anfang 2012 traute sich die Gewerbeaufsicht, zu schreiben:

[...] Psychische Fehlbelastungen lassen sich vermeiden. Die bayerische Gewerbeaufsicht überprüft die Betriebe und legt die Abhilfemöglichkeiten in einer Zielvereinbarung fest. [...]

Der Text ist inzwischen verschwunden.

Die Überforderung der Gewerbeaufsicht ist übrigens kein ausschließlich bayerisches Problem, sondern sie gefährdet die Arbeitnehmer bundesweit.

 


Vier Anmerkungen zu dem Brief:

Arbeitnehmervertretungen und Betriebsärzte in der Pflicht: Die offene und ehrliche Antwort des Staatsministeriums ist hilfreich, denn sie zeigt eine Lösung auf: Die Arbeitnehmervertretungen und die Betriebsärzte werden in die Pflicht genommen. Diese Lösung gibt es natürlich schon seit es das Betriebsverfassungsgesetz und das heutige Arbeitsschutzgesetz gibt! Aber es ist gut, wenn sich Betriebs- und Personalräte auch einmal von einer eher konservativen Staatsregierung anhören müssen, dass die Gewerbeaufsicht ohne engagierte Arbeitnehmervertretungen und Betriebsärzte auf einem verlorenen Posten steht. Wenn diese Akteure zu schüchtern und zu schlecht ausgebildet sind und die Gewerbeaufsicht nicht auf Defizite hinweisen, dann funktioniert die Kontrolle der Gefährdungsbeurteilung nicht.

Mehrbelastung von Arbeitnehmervertretern und Betriebsärzten: Hier sind Aufgaben auf die Arbeitnehmervertretungen und die Betriebsärzte (aber auch auf die Fachkräfte des Arbeitsschutzes) zugekommen, denen möglicherweise existierende Richtlinien zur Budgetierung nicht mehr gerecht werden. Sie müssen ja nun die Ressourcenprobleme der Behörden kompensieren. Für mutige Arbeitnehmervertretungen ist das kein unlösbares Problem: Zwar gilt weiterhin ein Betriebsverfassungsgesetz mit heute zu wenig Freistellungen, aber auch dank der ehrlichen Darstellung von behördlichem Ressourcenmangel durch Staats- und Bundesministerinnen werden Arbeitsrichter die Ressourcenprobleme der Personal- und Betriebsräte, der Betriebsärzte und der Fachkräfte für den Arbeitsschutz besser verstehen. Allerdings gibt es leider auch Arbeitnehmervertretungen, die zu schwach und zu kleinmütig sind, angemessene Ressourcen (z.B. Weiterbildung, externe Auditoren und Experten usw.) für sich durchzusetzen und Freistellungszeiten über das gesetzlich garantierte Mindestmaß hinaus auszudehnen.

Arbeitnehmervertreter zuständig für die Beurteilung der Arbeitsschutzqualität: Die Antwort des Staatsministeriums erlaubt noch eine weitere Schlussfolgerung: Gibt es nach einer Kontrolle durch die Gewerbeaufsicht keinen Mängelbericht, dann können Betriebe (in Bayern, aber wohl auch in anderen Ländern) trotzdem nicht behaupten, dass die Gewerbeaufsicht ihnen bestätigt habe, dass sie psychische Belastungen pflichtgemäß in den Arbeitsschutz einbeziehen. Das Ministerium verweist uns hier an die Arbeitnehmervertretungen und an die Betriebsärzte.
        Von den beiden genannten Akteuren im Arbeits- und Gesundheitsschutz haben nun wiederum die Arbeitnehmervertretungen die besseren Durchsetzungsmöglichkeiten. (Für die Fachkräfte der Arbeitsschutzes in den Betrieben ist das nicht so einfach.) Wehe den Mitarbeitern der Betriebe, in denen die Betriebsräte oder der Personalräte zu schüchtern oder/und zu schlecht ausgebildet sind, um Ihrer Mitbestimmungspflicht im Arbeitsschutz gerecht zu werden!

Falsches Verständnis von vertrauensvoller Zusammenarbeit: Angesichts der Bedeutung der Betriebs- und Personalräte für die Kontrolle des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ist es besonders bedenklich, wenn der Arbeitgeber und die Arbeitnehmervertretung vertrauensvolle Zusammenarbeit falsch verstehen und gemeinsam bei Besichtigungen durch Auditoren, durch die Gewerbeaufsicht und durch die Berufsgenossenschaft jene Vorfälle und Gefährdungen verheimlichen, die als arbeitsbezogene Ereignisse auftraten oder auftreten können, obwohl diese Vorfälle und Gefährdungen zum Beispiel physische und psychische Verletzungen oder Erkrankungen (bei OHSAS 18001 ohne Berücksichtigung der Schwere!) zur Folge hatten oder hätten zur Folge haben können. (Erkrankungen sind in diesem Zusammenhang erkennbare, nachteilige physische oder mentale Zustände, die durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation entstanden sind und/oder verschlechtert.)
        Solche Arbeitnehmervertretungen sind vielleicht sogar gefährlicher als gar keine Arbeitnehmervertretungen, denn sie nehmen den von ihnen vertretenen Mitarbeitern grundlegende Rechte im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Ein ziemlich entsetzliches Beispiel: Von konkreten Fällen starker psychischer Fehlbelastung betroffene Mitarbeiter werden alleine gelassen, damit die harmonische Zusammenarbeit zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat bei gemeinsamen Projekten nicht gestört wird.
        Betriebsräte, die (vielleicht in guter Absicht) einer Betriebsleitung helfen, Fälle psychischer Fehlbelastngen und das Fehlen wirklich wirksamer Beurteilungen psychischer Belastungen unter den Teppich zu kehren, werden am Ende zum Dank auch noch über den Tisch gezogen: Wenn der Arbeitgeber sich nach geschickter Vorbereitung und Vertuschungsarbeit in kleinen und unauffälligen Schritten sicher genug fühlt, wird er behaupten, dass sein Arbeitsschutz schon lange ganzheitlich gewesen sei, denn der Betriebsrat hätte ja in der Vergangenheit bei Besuchen der Gewerbeaufsicht die Aufsichtspersonen pflichtgemäß auf Defizite aufmerksam machen können. “Offensichtlich” habe es aber keine Defizite gegeben. Zum Schluss können der Arbeitgeber und die Gewerbeaufsicht den schwarzen Peter so zum Betriebsrat schieben - und zwar zu Recht!

Andererseits: Auch Betriebsräte können ausbrennen.

Noch einmal der Hinweis: LASI-Veröffentlichungen