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Die TAZ sagt auch noch etwas dazu

Mittwoch, 28. Dezember 2011 - 07:45

Mit acht Tagen Verspätung füllt die TAZ (die tageszeitung) auf Seite 6 noch ein kleines Spaltenstückchen mit einer Meldung über die Arbeitsministerin van der Leyen, die jetzt etwas gegen Überlastung am Arbeitsplatz tun will. Zwei Spaltensegmente auf Seite 16 belegte dazu noch Simone Schmollack unter dem Kommentartitel “Ministerin ganz ohne Burnout“. Sehr originell. Schmollack maulte, dass sich die Arbeitsministerin in Themen der Familienministerin und der Gesundheitsministers einmische. Dann widmete sie sich dem Burn-Out als Modebegriff. Das ist nach all den Ungenauigkeiten in der Diskussion zu dem Thema eben im Augenblick die Mode.

Klar, das Thema war in den letzten Monaten populärer geworden, und dann musste nach langer Enthaltsamkeit zu diesem Thema auch die TAZ etwas dazu sagen. Schmollak machte das wie Kristian Weber in der Süddeutschen Zeitung (2011-10-22, S. 24), nur kürzer.

Angesichts ihrer Zuständigkeiten im Arbeitsschutz auf Bundesebene kann man der Arbeitsministerin legitim eigentlich nur vorwerfen, dass sie die Überlastung am Arbeitsplatz erst jetzt aufgreift und nicht deutlich genug macht, dass die Mehrheit der Arbeitgeber seit 1996 (und trotz wichtiger BAG-Beschlüsse im Jahr 2004) ihre Pflichten im ganzheitlichen Arbeitsschutz fortgesetzt und wissentlich mißachtet hatte. Nicht nur die Bundesfamilienministerin und der Bundesgesundheitminister kamen der Bundesarbeitsministerin zuvor, sondern besonders deutlich (hoffentlich auch weiterhin) wurde hier bereits Christine Haderthauer, die Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen.

Es ist zwar ein bisschen verkehrt herum, aber die TAZ könnte vielleicht auch noch nach dem Kommentar etwas recherchieren. In der Redaktion weiß man vermutlich nicht, dass die große Mehrheit der Unternehmen seit Jahren gegen die Arbeitsschutzbestimmungen verstößt, weil diese Arbeitgeber die psychisch wirksamen Belastungen in ihn nicht mit einbeziehen. Wenn man Kommentare über die Arbeitsministerin und Burn-out schreibt, könnte es nicht schaden, die Aufgaben der Arbeitsministerin zu kennen. Möglicherweise ist das Thema der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz aber auch nur uninteressant für die taffe TAZ. Oder vielleicht rafft sich ja doch aus dieser so vorbildlichen Redaktion noch jemand zu einer ordentlichen Recherche auf. (Ich hatte die Redaktion auch als TAZ-Genosse schon früher darum gebeten.) Zu der These “Zu viele Organisationen drücken sich vor dem Arbeitsschutz” könnte die TAZ damit in Berlin beginnen, also noch in Simone Schmollaks Nähe.

Anmerkung: Die Begeisterung der FDP-Gesundheitsminister für das Betriebliche Gesundheitsmanagement ist mit Vorsicht zu genießen. Siehe: Gesundheitsmanagement als Schleier.

Abschreckende Gesundheitspolitik

Samstag, 10. Dezember 2011 - 10:26

http://www.bild.de/geld/wirtschaft/praxisgebuehr/kostet-jeder-arztbesuch-bald-5-euro-21487608.bild.html

Nach Ansicht dieser sechs vermutlich kaum Praxisgebühren zahlenden Leute schrecken die derzeitigen Praxisgebühren nicht genügend vor “unnötigen” Praxisbesuchen ab:

Ob deren Äußerungen redlich oder unredlich sind, kann man daran prüfen, wie deutlich die Sechs sich für Abschreckungsmaßnahmen einsetzen, die es Unternehmen etwas schwerer machen, die Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutzes zu ignorieren. Würde den Arbeitgebern die seit 1996 nachhaltig tolerierte Missachtung ihrer Pflichten etwas wirksamer erschwert, dann gäbe es wohl auch weniger unnötige Arztbesuche.

Von der Techniker Krankenkasse gibt es immerhin sehr gute Veröffentlichungen. Aber die nun wirklich einmal fällige Feststellung, dass jahrelang zugelassene Pflichtverletzungen zur den Kosten im Gesundheitswesen beitragen und die Unternehmen offensichtlich nicht genügend Strafen dafür zahlen müssen, habe ich noch von keiner Krankenkasse gehört.

Unter den Politikern mit Regierungsverantwortung ist mir kürzlich Christine Haderthauer (CSU) positiv aufgefallen. Mal sehen, ob in Bayern nun tatsächlich die angekündigten “Burnout-Detektive” die Unternehmen proaktiver und gründlicher kontrollieren.

Burnout-Detektive

Freitag, 4. November 2011 - 12:29

2011-10-17 (21:45): Hübsche Titelseite in der Abendzeitung (München): “Burnout-Detektive in Münchner Firmen – Arbeitsministerin Haderthauer: Aufpasser sollen psychische Risiken im Betrieb kontrollieren”. Und dann unter dem Artikel “Burnout-Aufpasser für Bayern” das schöne Interview auf Seite 16: “Burnout-Prophylaxe: Hier sagt die Ministerin, wie die Gewerbeaufsicht einschreiten soll”. Das Ganze ist auch gut verständliche Aufklärungsarbeit einer Zeitung und einer Ministerin, die wohl auch innerhalb der CSU ihren eigenen Kopf hat. Kompliment.

2011-11-04: Gestern wählte Horst Seehofer den “mental starken” Markus Söder als Nachfolger von Georg Fahrenschon zum neuen Finanzminister Bayerns aus. An dem Rollenbesetzungstheater nahm auch wieder einmal die Öffentlichkeit teil, also eine Gelegenheit der parteiinternen Gegner von Christine Haderthauer, sie ungefähr als so unbeleckt in Finanzfragen darzustellen, wie Markus Söder es ebenfalls ist. Die Wirtschaftslobby in der CSU will wohl ihren Spezln den Besuch von “Burnout-Detektiven” zwar ersparen, aber im Finanzministerium hätte Haderthauer die Steuerfahndung losschicken können. Christine Haderthauer bleibt nun doch Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, und ich freue mich, dass sie in diesem Amt ihre Arbeit (hoffentlich nicht nur Öffentlichkeitsarbeit im Boulevard) weitermacht.

Siehe auch: http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/47615/Haderthauer_fordert_politische_Initiative_gegen_Burnout.htm.

Nachtrag (2015): Die Entzauberung der Ministerin folgte dann später. Trotz meines Grantelns in diesem Blog sehe ich zunächst das Gute im Menschen.

FOKUS lenkt den Fokus ab

Montag, 24. Oktober 2011 - 06:25

das FOKUS Magazin 43 vom 24. Oktober widmet sich dem Thema Burnout.

  • Endlich mehr Zeit haben. Burnout vermeiden: Wie Sie Ihr Leben klug organisieren
  • Ruhe finden: Wer immer erreichbar ist, erreicht nichts. Wie man seinen Alltag ohne Hektik meistert
  • Langsamkeit wagen: Die Zeitberater Karlheinz und Jonas Geißler über die Illusion, alles im Griff zu haben
  • Zeit gewinnen: Die besten Tipps von Simplify-Lehrer und Bestsellerautor Tiki Küstenmacher

Das Burda-Magazin FOCUS konzentriert sich wieder auf die Beratung seiner Leser zu individuellen Lebensbewältigung. Sie sollen ihre Burnout-Probleme selbst lösen, obwohl bekannt ist, dass die große Mehrheit der Unternehmen sich im Bereich der psychisch wirksamen Belastungen nicht an die Vorschriften des Arbeitsschutzes hält. Statt dessen füllt das Magazin seine Seiten mit angestaubten Binsenweisheiten von Zeit- und Simplify-Gurus, um schnell mal wieder auf der aktuellen Burnout-Welle in den Medien mitsurfen zu können. Auch in einem Online-Artikel zu Markus Söders (CSU) “Burnout-Beauftragten” in Bayern ziehen die Pressemeldungsabschreiber des FOKUS Magazins das Thema im Zusammenspiel mit Söder (“Ich habe zum Glück von Natur aus eine starke Konstitution”) schnell wieder auf die individualpsychologische Schiene. Von den “Burnout-Detektiven” Christine Haderthauers (CSU) will das FOKUS Magazin seine Leser dagegen nichts wissen lassen.

Die Konsequenzen des ganzheitlichen Arbeitsschutzes gehen wohl auch an’s Eingemachte der FOCUS-Chefredakteure, denn hier kommen Führungsstile auf den Prüfstand. Angesichts der Einstellung des FOCUS zum Umgang mit psychischer Belastung am Arbeitsplatz sollte sich die Gewerbeaufsicht in München die Arbeitsbedingungen in dem Unternehmen doch einmal genauer ansehen: Vielleicht kennen die überwiegend vor Bildschirmen sitzenden FOCUS-Redakteure ihre Rechte überhaupt nicht. Die Gewerbeaufsicht könnte dann (z.B. nach einer Begehung) mit den Chefredakteuren eine Zielvereinbarung treffen, mit der der Arbeitsschutz auch in der Redaktion etwas bekannter würde.

Burnout-Beauftragter für Bayern

Samstag, 22. Oktober 2011 - 15:09

http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/ueberregional/politik_artikel,-Burnout-in-Bayern-_arid,150557.html, Schwäbisches Tageblatt:

Schon vor einem Jahr schlug Söders Staatssekretärin Melanie Huml Alarm: Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer in Bayern arbeite regelmäßig unter Stress, jeder sechste gar oft an der Grenze der Leistungsfähigkeit, und rund zehn Prozent des Krankenstands seien auf psychische Krankheiten zurückzuführen, meldete sie dem Chef. …

In dem Artikel können Sie auch nachlesen, wie die Opposition auf Markus Söders “Burnout-Beauftragten” reagiert: Die Polemik des SPD-Vorsitzenden Florian Pronold macht das Thema kaputt. Das hilft auch nicht weiter.
 

dapd/aerzteblatt.de
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/47759/
Soeder_will_Gesundheitssystem_zukunftsfest_machen.htm

… [Bayern soll] einen Staatsbeauftragten für psychische Erkrankungen bekommen. „Wir werden einen bayerischen Psychiatrie- und Burn-out-Beauftragten berufen“, kündigte der Minister [Markus Söder (CSU) in einer Regierungserklärung zur Gesundheitspolitik] an. Hintergrund sei die Zunahme von psychischen Erkrankungen und Erschöpfungen. Der Beauftragte solle Ansprechpartner für die Akteure in Betrieben und Fachgesellschaften sein und sie beraten. Das Amt sei eine Mittlerfunktion zwischen Praxis, Forschung und Politik. …

Na ja. Meiner Ansicht nach hilft es schon sehr viel weiter, wenn die Gewerbeaufsichten und die Berufsgenossenschaften ihren Job ordentlich ausüben dürfen. Dafür setzt sich Christine Haderthauer ein, eine Kollegin Söders, der wohl auch etwas machen musste, nachdem die “Burnout-Detektive” seiner Kollegin in die Schlagzeilen kamen.

Vorzeitiger unfreiwilliger Ruhestand

Montag, 17. Oktober 2011 - 08:31

http://www.sueddeutsche.de/karriere/
vorzeitiger-unfreiwilliger-ruhestand-aufhoeren-weil-die-seele-leidet-1.1165601

Aufhören, weil die Seele leidet

16.10.2011, 17:23
Von Thomas Öchsner

Psychische Erkrankungen sind mittlerweile der Hauptgrund für den unfreiwilligen Vorruhestand – und der kommt immer früher: Wer vor 30 Jahren vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden musste, war im Durchschnitt 56 Jahre alt. Heute sind vor allem diejenigen, die wegen seelischer Leiden aufhören, wesentlich jünger. Das hat mehrere Gründe. …

Auf Seite 4 (SZ 2011-10-17) gab es dann von “tö” den Kommentar “Wenn Arbeit krank macht”. Der Kommentarschreiber liest anscheinend seine eigene Zeitung nicht. Und er suchte auch nicht in ihrem Archiv: “Wenn Arbeit krank macht” war an gleicher Stelle schon einmal der Titel eines Kommentars, und zwar in der SZ 2010-08-13.

“tö” fragt: “Was zu tun ist?”. Seine Antworten: “Arbeitnehmer müssen lernen, an sich selbst keine überzogenen Ansprüche zu stellen, und die Arbeitgeber dürfen ihre Untergebenen nicht als moderne Arbeitssklaven behandeln …”

Davon, dass diese beiden (die Situation nicht ganz nicht falsch, aber auch nicht ausreichend beschreibenden) Klischees wiedergekäut werden, werden sie auch nicht hilfreicher. Sie lenken von einem ganz anderen Problem ab: Wieso kommt der Kommentator nicht auf die Idee, zu fragen, ob überhaupt ehrlich und diszipliniert gefragt wird, “was zu tun ist”? Einiges, was zu tun ist, ist nämlich seit vielen Jahren vorgeschrieben, wird aber nicht getan. Je nach Quelle kann man erfahren, dass seit Jahren 16% bis (sehr optimistisch geschätzt) 50% der Unternehmer psychisch wirksame Belastungen nicht in die vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen mit einbeziehen. Seit spätestens 2004 verstößt die Mehrheit der Unternehmen gegen die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes und die dazu gehörnden Urteile. Was wäre dagegen zu tun? Aufsicht! Und dass es an Aufsicht fehlt, sollte bei der SZ inzwischen auch bekannt sein.

Wenn die Leute locker bei Rot über die Ampel fahren dürften, würde sich sich doch auch niemand wundern, wenn mehr Verkehrsunfälle passieren. Es kann da doch keine allzu große geistige Herausforderung sein, zu fragen, wie sich der gewohnheitsmäßige Verstoß gegen die Pflicht der Arbeitgeber zum Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz (schon ganz am Anfang, also beim Fragen nach Gefährdungen) auf psychische Erkrankungen auswirkt.

SZ 2010-08-13, S. 4:

… Die Vorbehalte [der Firmen] gegenüber guter Prävention zeigen auch wieder, dass die Pläne von Gesundheitsminister Philipp Rösler [(damals war er das noch)] falsch sind, den Arbeitgeberanteil am Krankenkassenbeitrag einzufrieren. Damit würden künftig die Arbeitnehmer alleine dafür zahlen, dass Firmen durch schlechte Vorsorge die Gesundheit ihrer Belegschaft gefährden.

 



http://www.tagesschau.de/inland/fruehrente100.html

Zahlen im vergangenen Jahr laut Zeitung angestiegen
Psychische Erkrankungen häufiger Grund für Frührente

Die Zahl der Arbeitnehmer, die wegen einer psychischen Erkrankung vorzeitig in Rente, ist im vergangenen Jahr gestiegen. Das berichtet die “Süddeutsche Zeitung” unter Berufung auf neue Zahlen der Deutschen Rentenversicherung.

Demnach mussten sich im Jahr 2010 bundesweit fast 71.000 Frauen und Männer wegen seelischer Störungen vor Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren in den Ruhestand verabschieden. 2009 waren es noch knapp 64.500 gewesen. …

 


Abendzeitung München / dpa:
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.rente-mit-depression-still-und-heimlich-in-die-fruehverrentung.c4d6a420-17fd-4ca7-878e-15e61e25d746.html
Mit Depression still und heimlich in die Frühverrentung

… Burnout ist kein neues Phänomen, aber es breitet sich aus wie ein Ölfleck auf dem Wasser. Die internationalen Konzern-Verflechtungen bei zunehmendem Konkurrenzdruck führen zu höheren Anforderungen an die Arbeitnehmer. Dabei spielen individuelle Fähigkeiten auch eine wichtige Rolle: Manche sind stress-resistenter als andere, die dann auch früher ans Limit kommen.

Um die fatale Entwicklung zu bremsen, muss nach Überzeugung aller Experten in den Betrieben vorbeugend gegengesteuert werden: Das Bundesgesundheitsministerium will dazu in Zusammenarbeit mit Firmen demnächst ein Stressabbauprogramm für Beschäftigte auflegen. …

Nicht falsch, aber nur die halbe Wahrheit. Warum weist die DPA auf die Bedeutung der individuellen Resilienz hin ohne auch die einfach nachprüfbare Missachtung der Arbeitsschutzregeln durch die Mehrheit der Unternehmen zu erwähnen? Warum will das Bundesgesundheitsministerium ein Stressabbauprogramm auflegen anstatt die Unternehmen endlich durch gründliche Gewerbeaufsicht zur Einhaltung bereits bestehender Vorschriften bewegen?

Die gute Nachricht: Wie man es richtig macht, zeigte jüngstens (entgegen meinen eigenen Vorurteilen) ausgerechnet eine CSU-Landesministerin. Und bereits im Jahr 2009 bohrte (entgegen meinen weiteren Vorurteilen) die FDP in Berlin an den richtigen Stellen nach. Hier sind ein paar Politiker der Presse voraus.

Aufsichtspersonen nutzen ihre Möglichkeiten nicht

Montag, 17. Oktober 2011 - 07:57

2011-10-17 (07:57): An Christine Haderthauer, Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
http://www.facebook.com/topic.php?uid=121811334556687&topic=61

Es ist für Gewerbeaufsichtspersonen oft schwierig, in den Betrieben den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz zu überprüfen. Die Überprüfung des § 3 der Bildschirmarbeitsverordnung ist aber ganz einfach. Warum aber nutzen Aufsichtspersonen ihre Möglichkeiten nicht? Bittet sie irgend jemand wirksam um Zurückhaltung?

http://www.gesetze-im-internet.de/bildscharbv/__3.html

 
Siehe auch:

Maybrit Illner verbrät Sendezeit

Donnerstag, 6. Oktober 2011 - 23:06

In Maybrit Illners heutigem Talk zum Burn-Out langweilte die Journalistin. Sie weiß inzwischen, dass die Mehrheit der Arbeitgeber die Regeln des Arbeitsschutzes missachtet. Aber weil das nicht so mediengerecht ist, geht sie das Thema nicht an. Seichtes Geplauder im ZDF. Aber vielleicht überrascht Rechtsbruch inzwischen wirklich nicht mehr, wenn ihn Unternehmen begehen.

Erst eine Chatterin brachte das Thema des Arbeitsschutzes in die Diskussion ein. Christine Haderthauer griff das auf. Und sie sagt es:

Es gibt jede Menge Arbeitsschutzgesetze und trotzdem passiert es, dass sich die Leute nicht an sie halten.

Von allen Diskussionsteilnehmern war die CSU-Politikern die kompetenteste. Das beruhigt, denn sie ist die Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. http://maybritillner.zdf.de/ZDFde/inhalt/4/0,1872,8355812,00.html?dr=1:

Als Beispiel nannte die CSU-Politikerin die Ausweitung der Gewerbeaufsicht von der technischen Kontrolle hin zur Überwachung psychischer Gefahren am Arbeitsplatz. “Die Arbeitsrisiken verlagern sich sehr stark vom körperlichen in den psychischen Bereich”, argumentierte die Ministerin. Auch könne der Staat Unternehmen beim “ganzheitlichen Gesundheitsmanagement” helfen, wie es bereits in Bayern geschehe.

Steghard Bender von der IG Metall griff nicht (wie Christine Haderthauer) das nun doch aufgetauchte Thema Arbeitsschutz auf, sondern macht es gleich wieder kaputt. Er kennt anscheinend auch hier nur das Arbeitszeitgesetz und Tarifrecht. Schade. Es gibt in der IGM Leute, die sich besser mit dem Thema auskennen.

Der Unternehmer Stefan M. Knoll erwähnte die Möglichkeit der Eigenkündigung Betroffener. Mehrfach. Diese Möglichkeit besteht tatsächlich und darf natürlich erwähnt werden. Seine Pflichten als Arbeitgeber im Arbeitsschutz dürfen auch erwähnt werden. Aber der Unternehmer thematisiert sie nicht. Soweit die “ganzheitliche” Betrachtungsweise dieses Arbeitgebers.

Liebe Parteien …

Montag, 27. Juni 2011 - 21:57

Liebe CDU, CSU, FDP, Grüne, Die Linke, Piraten, SPD!

Die große Mehrheit der Unternehmen hat keine Lust, sich an das Arbeitsschutzgesetz zu halten. Es sind überwiegend die Betriebsräte, die sich zum Teil in recht aufreibender Arbeit dieser Anarchie entgegenstellen. Die Aufsichtsorganisationen, auf deren Einsatzfreude Sie, liebe Politiker, durchaus Einfluss haben, kontrollieren offensichtlich nicht in einer sehr wirksamen Weise. Wie werden Sie dieser offenen Missachtung der Regeln des Arbeitsschutzes ein Ende bereiten?

Wenn Sie in einem Ihrer Webauftritte eine Seite zu dem Thema haben, senden Sie mir bitte einen Link.

(Und nein: Das Thema der psychischen Belastung am Arbeitsplatz ist nicht neu und die Messung psychischer Belastung ist nicht kompliziert.)
 


2011-10-20

Es gibt eine Partei zum Thema: Arbeit und Familie. Das Programm ist interessant. Zielgruppe ist wohl die Masse der Angestellten. Der Mitgliederbetreuer der Partei empfiehlt auch Gewerkschaftsmitgliedschaft:

Treten Sie in Ihre zuständige Gewerkschaft ein. Und falls Sie bereits in einer Gewerkschaft sind, dann bringen Sie Ihrem Vertreter eventuelle Überlastungen zur Kenntnis. Dies geht auch anonym, wenn Sie das wünschen.

Solche “Themen-Parteien” haben es nicht leicht.
 


2012-06-22

Eine grüne Partei in Belgien: Ecolo
 


2012-06-23

SPD und DIE GRÜNEN in NRZ: Ganzheitlicher Arbeitsschutz im Koalitionsvertrag:
http://blog.psybel.de/2012/06/23/nrw-koalitionsvertrag-gute-arbeit-anstaendige-arbeitsbedingungen/
 


2012-10-25

http://blog.psybel.de/bundestagsdebatte-17-201-top-6/
 

Stoiber-Kommission: Arbeitsschutz unter Beschuss

Dienstag, 21. Juni 2011 - 06:38

http://www.wiki-gute-arbeit.de/index.php/Die_europ%C3%A4ische_Arbeits-_und_Gesundheitsschutzpolitik.2#Die_Vorschl.C3.A4ge_der_Stoiber-Kommission

… Vor allem zwei EU-Richtlinien wurden einer Untersuchung unterzogen und Vorschläge zu deren Veränderung vorgelegt. Dies sind die Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz (89/391/EWG) und die so genannte Baustellenrichtlinie (92/57/EWG). Die Vorschläge treffen im Kern zentrale Aspekte des Arbeitsschutzes:

  • Für kleine Firmen soll die Dokumentationspflicht zur Risikobeurteilung suspendiert werden, was in der Konsequenz einen abgestuften Arbeitsschutz je nach Betriebsgröße bedeuten würde;
  • analog zum vorherigen Punkt soll die Verpflichtung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes für Baustellen mit geringen Risiken entfallen;
  • Ebenfalls eines von drei zentralen Dokumenten des Arbeitsschutzes für Baustellen, die Sicherheitsunterlagen (health and safety file), soll für Baustellen mit geringen Sicherheitsrisiken entfallen;
  • es soll eine Unterscheidung zwischen risikoreicheren Betrieben und risikoarmen eingeführt werden (wobei die irrige Aussage getroffen wird, kleine Firmen seien risikoärmer);
  • den Mitgliedsstaaten soll mehr Freiraum bei den Anforderungen bezüglich der Gefährdungsbeurteilung und der Dokumentationspflichten gegeben werden.

Unter Berufung auf eine im Januar 2009 durchgeführte Konsultation von Interessengruppen unterbreitet die HLG weitere Vorschläge auch zu anderen Rechtsbereichen. Unter anderem:

  • die Abschaffung eines Ruhezeitenregimes in der europäischen Arbeitszeitrichtlinie;
  • die Abschaffung oder Revidierung des Anhangs zur Bildschirmarbeitsverordnung mit ihren konkreten Vorgaben für die Gestaltung von Bildschirmarbeit;
  • völlig außer Acht lassend, dass EU-Richtlinien im Arbeitsschutz Mindestanforderungen formulieren, plädiert die HLG für eine „schlanke“ Umsetzung in nationales Recht;

Der EGB hat in einer ersten Stellungnahme seine Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass hiermit die Errungenschaften und die Grundstruktur des europäischen Arbeitsschutzes ausgehebelt werden sollen. In einem Brief an die Europäische Kommission hat die Arbeitnehmergruppe des Beratenden Ausschusses in Luxemburg unter anderem auf die absolute Unzulänglichkeit der Datenerhebung hingewiesen. Demnach sind 89 Prozent aller Kosten in Zusammenhang mit den betrieblichen Tätigkeiten rund um die Gefährdungsbeurteilung vermeidbare administrative Lasten. 3,78 Milliarden Euro könnten angeblich europaweit eingespart werden. Obwohl in dem Bericht der HLG in einer Bilanz der europäischen Arbeitsschutzpolitik für den Zeitraum 1995 bis 2004, also für den relevanten Zeitraum der Einführung der europäischen Rahmenrichtlinie, ein Rückgang der Arbeitsunfälle von 5 Millionen auf 3,9 Millionen ausgewiesen wird, findet sich keinerlei Betrachtung darüber, welches Leid und welche Kosten auf der individuellen, der betrieblichen und der gesellschaftlichen Ebene durch die vermuteten Kosten für die Gefährdungsbeurteilung vermieden wurden. …

(Links zu diesem Blog und Hervorhebungen nachträglich eingefügt)

Siehe auch: http://ec.europa.eu/enterprise/policies/smart-regulation/administrative-burdens/high-level-group/index_en.htm