Schlagwort 'Arbeitszeit'

BAuA-Arbeitszeitreport 2016

Montag, 10. Oktober 2016 - 22:39

http://www.baua.de/de/Presse/Pressemitteilungen/2016/10/pm038-16.html

Arbeitszeitrecht als Arbeitsschutz

Freitag, 29. April 2016 - 07:30

In einem großen Unternehmen verteilte die dortige IGM-Gruppe gestern in ihren Mitteilungen an die Belegschaft einen langen Artikel zur psychischen Belastung. “Flexible” Arbeitszeiten im Weltkonzern führen zu psychischen Fehlbelastungen. Das Arbeitsschutzrecht wurde in dem Artikel mit keinem Wort erwähnt, sondern es ging um das Arbeitszeitrecht.

Ich habe Verständnis dafür: Derzeit gibt es in etwa 75% der deutschen Betriebe immer noch keine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. (Im Jahr 2012 waren es 80%.) Die behördliche Aufsicht ist machtlos (oder wird von politischen Führungen machtlos gehalten) und die privatwirtschaftlichen Auditoren von Arbeitsschutzmanagementsystemen sorgen unter den Augen der DAkkS dafür, dass ihre Klienten (die auditierten Betriebe) nicht durch sorgfältige Audits verschreckt werden. Man will ja im Geschäft bleiben.

Bei der Arbeitszeit ist es nicht besser. Undokumentierte Mehrarbeit wird immer wieder versucht. Aber das Thema “Arbeitszeit” ist weitaus weniger komplex, als der Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz. Deswegen habe ich Verständnis dafür, dass die IGM scharf auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes achtet und dass Betriebsräte immer wieder die Arbeitszeitprotokolle der Mitarbeiter überprüfen. Das ist wohl einer der wirksamsten Hebel im Arbeitsschutz.

Ich selbst habe in Korea häufiger öfters auch mal 14 Stunden am Tag gearbeitet und mich dabei sehr wohl gefühlt, fast schon in Trance. Das war Softwareentwicklung “im Flow”, wobei ich überhaupt nicht unterbrochen werden wollte. In bestimmten Fällen ist auch lange Arbeit ein Vergnügen. Wegen solcher Beispiele könnte man au die Idee kommen, die Arbeitszeitregelungen in Deutschland “flexibilisieren” zu wollen.

Aber im Arbeitsschutz herrscht Anarchie. Solange Arbeitgeber sowohl von der behördlichen Aufsicht geduldet und wie auch von unkritisch prüfenden Auditoren abgesichert gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen dürfen, muss jeder Versuch, irgend etwas am Arbeitszeitgesetz zu drehen, mit aller Kraft abgewert werden. Die IGM hat völlig recht: Solange Arbeitgeber im Arbeitsschutz in ihrer großen Mehrheit geltendes Recht brechen dürfen und dabei vor Körperverletzungen nicht zurückschrecken, sind die Betriebsleitungen selbst daran schuld, wenn der Arbeitszeitknüppel immer wieder herausgeholt werden muss.

48 Stunden pro Woche

Dienstag, 28. Juli 2015 - 06:16

Der gewerkschaftliche Bund-Verlag hat es auch nicht begriffen. Er schreibt mir per Rundmail mit dem Betreff “Kampf um den Acht-Stunden-Tag”:

Für die meisten Beschäftigten ist Urlaubszeit. Derweil wollen die Arbeitgeber den Acht-Stunden-Tag kippen und nur noch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden festlegen. Wollen wir das? Hat nicht der 9-to-5 Job seine guten Gründe?

Derzeit haben wir eine gesetzliche Höchstarbeitszeit von 50 Stunden pro Woche! 9-bis-5 (zum Beispiel) ist dagegen tariflich geregelt. An der eigentlichen Frage wird vobeidiskutiert: Welche tägliche Arbeitszeit ist für welche Personen unter welchen Bedingungen körperlich und psychisch fehlbelastend?

Kritik am Vorschlag der Arbeitgeber mag nötig sein, aber dann bitte mit vernünftigen Argumenten.

Den Mensch an die Digitalisierung anpassen?

Freitag, 24. Juli 2015 - 07:11

Die Arbeitgeber wollen angeblich den 8-Stunden-Tag kippen. Der hat aber mit dem Arbeitschutzgesetzt nichts zu tun. Das Arbeitszeitgesetz beschränkt die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden. Arbeitzeitbeschränkungen dienen z.B. dazu, dass übermüdete Ärzte bei Operationen nicht links und rechts verwechseln.

Die 8 Stunden oder 7 Stunden usw. sind in tariflichen Vereinbarungen geregelt.

Könnte es sein, dass eine Digitalisierung, die eine Änderung des Arbeitsszeitsgesetzes und eine Erweiterung der ja bereits bestehenden Spielräume verlangt, keine menschengerechte Digitalisierung ist? Will die BDA den digitalisierungsgerechten Menschen mit einem entsprechend angepassten Biorhythmus? Länder, in denen die Menschen etwas chinesischer geführt werden, scheinen ja zu zeigen, dass das geht.

Es geht tatsächlich um viel mehr, als nur um die Arbeitszeit. Die BDA will die Digitalisierung als Hebel zur Systemveränderung im Sinn der Arbeitgeber nutzen. Der Mensch hat sich den “Chancen der Digitalisierung” anzupassen. Ich persönlich arbeite an und mit der Digitalisierung seit 1975, kenne also ihre guten und schlechten Seiten recht genau. Mit dieser Erfahrung lese ich dann das BDA-Positionspapier:
Chancen der Digitalisierung nutzen
Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt

Mai 2015

[...] Im Bereich der körperlichen Belastungen und Gefährdungen sind – ausgehend von einem bereits hohen Niveau – auch weiterhin deutliche Verbesserungen zu erwarten, weil ergonomischere Arbeitsmittel zur Verfügung stehen werden. [...]

[...] Etwas anders ist die Situation bei den psychischen Belastungen. Derzeit ist noch nicht umfassend vorhersehbar, wie sie sich im Zuge der Digitalisierung von Wirtschaft verändern werden. Deshalb muss der Arbeitsschutz zeitnah und flexibel auf Veränderungen reagieren können. Dies ist durch die derzeitigen Handlungsspielräume im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen gewährleistet. Hier würde weitere Regulierung – etwa zur Stressvermeidung oder zur Einschränkung der Erreichbarkeit – keinen zusätzlichen Nutzen bringen, sondern nur mehr Bürokratie, Handlungs- und Rechtsunsicherheit. Der geltende Rechtsrahmen bietet alle Möglichkeiten, innerhalb eines Betriebs potenzielle psychische Gefährdungen für einzelne Tätigkeiten zu ermitteln. Dabei ist es sinnvoll, dass in diese Bewertungen nach und nach gesicherte und allgemein akzeptierte Forschungsergebnisse zu psychischen Belastungen einfließen, ohne dass es deshalb neuer Rechtsetzung bedarf. [...]

So wie Forschung inzwischen finanziert wird, werden die Arbeitgeber schon für die von ihnen benötigten Ergebnisse sorgen.

Zu dem obigen Absatz: Die Arbeitgeber fürchten insbesondere die “Anti-Stress-Verordnung”. Tatsächlich glaube ich auch, dass die bestehenden Vorschriften theoretisch reichen. Praktisch hat sich aber viele Jahre lang kaum ein Arbeitgeber daran gehalten. Zu schnell ist vergessen, dass die Arbeitgeber (unter den Augen der ja bereits sehr laxen Gewerbeaufsichts-Bürokratie) fast 20 Jahre lang gebraucht haben, um heute darüber nachzudenken, ob man sich jetzt vielleicht netterweise nicht doch an diese Vorschriften halten sollte. Darum entsteht schon ein gewisses Geschmäckle, wenn die Arbeitgeber nun die Vorschriften für ausreichend halten, gegen die sie viele Jahre lang verstoßen haben. Offensichtlich konnten die Arbeitgeber nicht mit der Entbürokratisierung, die das Arbeitsschutzgesetz bereits seit 1996 einleitete, anständing umgehen.

Wir brauchen eine laufende Diskussion über eine Anti-Stress-Verordnung, damit wir keine Anti-Stress-Verordnung brauchen :-)

GULMO: Arbeitzzeit, BEM, psychische Belastungen

Freitag, 30. August 2013 - 20:48

http://www.gulmo.de/aktuelles.html, Seminare:

  • Wem gehört die (Arbeits-)Zeit?
    (16. und 17.09.2013 in Heidelberg, Leonardo Hotel)
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement: Handlungsmöglichkeiten zum Schutz der Beschäftigten
    (18. und 19.09.2013 in Heidelberg, Crowne-Plaza)
  • Professionelle Gefährdungsbeurteilung psychisch belastender Arbeitsbedingungen – Wie geht das?
    (23. und 24.09.13 in Heidelberg, Leonardo-Hotel)

Ärztearbeitszeiten

Montag, 11. März 2013 - 21:27

https://www.marburger-bund.de/artikel/allgemein/pressemitteilungen/2013/aerzte-fuehlen-sich-durch-ueberlange-arbeitszeiten-gesundheitlich-beeintraechtigt

Ärzte fühlen sich durch überlange Arbeitszeiten gesundheitlich beeinträchtigt

Berlin, 11.03.2013 – Fast drei Viertel der Klinikärzte fühlt sich durch die Gestaltung der Arbeitszeiten in ihrer Gesundheit beeinträchtigt. Dies ist eines der Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage unter Mitgliedern des Marburger Bundes, die das Institut für Qualitätsmessung und Evaluation (IQME), Landau, durchgeführt hat. An der Online-Befragung im Auftrag des Marburger Bundes beteiligten sich in der Zeit vom 14. Januar bis 15. Februar 2013 insgesamt 3309 Krankenhausärzte. Befragt wurden Assistenz-Ärzte, Fachärzte, Oberärzte, Chefarzt-Stellvertreter und Chefärzte an Kliniken jedweder Trägerschaft. Der MB-Monitor 2013 gibt einen aktuellen, umfassenden Einblick in die Realität der Arbeitszeitgestaltung von Krankenhausärzten. [...]

Mehr Druck durch mehr Freiheit

Montag, 1. Oktober 2012 - 04:45

http://www.neue-arbeitszeit-praxis.de/veranstaltungen/fachtagung/praes_sauer_arbeitszeit_und_betriebliche_leistungspolitik.pdf

Dieter Sauer
Arbeitszeit und betriebliche Leistungspolitik
Fachtagung „Neue Zeiten, neue Arbeitszeiten?“ der Bundesanstalt für
Arbeitschutz und Arbeitsmedizin am 17. November 2011 in Berlin


Vertrauensarbeitszeit
„Mehr Druck durch mehr Freiheit“: Die Beschäftigten arbeiten umso länger und umso härter, je mehr Freiheiten sie in der Arbeit haben. Vertrauensarbeitszeit oder andere Formen flexibler Arbeitszeit führen also gewöhnlich zur Arbeitszeitverlängerung und zur Arbeitsintensivierung.

Das Handlungsdilemma betrieblicher Arbeitszeitpolitik
Neue Zeitökonomie und Indirekte Steuerung bringen die Beschäftigten in eine Lage, in der sie, um ihre Arbeitsanforderungen zu erfüllen, selbst, d.h. von sich aus auf ihnen zustehende Rechte verzichten. Sie unterlaufen von ihnen erkämpfte Regeln der Arbeitszeitgestaltung, in Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen und auch Gesetzen, weil sie ihre Arbeit anders nicht schaffen oder Angst haben, ansonsten ihre Arbeitsplätze zu verlieren.
Betriebsräte und Gewerkschaften geraten in Gegensatz zu den Menschen, deren Interessen sie wahrnehmen wollen.

Die „Herrschaft über den Arbeitsprozess“
Der Kampf um die Zeit wird zum Kampf um die Einflussgrößen des Arbeitsprozesses und um dessen Gestaltung. Zeitpolitik wird integraler Bestandteil von Arbeitspolitik – einer Arbeitspolitik, die sich nicht mehr auf die Abfederung von Auswirkungen auf die Beschäftigten beschränken kann, sondern sich in die Organisation der Rahmenbedingungen von Arbeit einmischen muss, wenn sie Wirkung erzielen will.

Arbeitgeber knausrig mit flexiblen Arbeitszeitmodellen

Mittwoch, 13. Juni 2012 - 23:35

http://www.tagesspiegel.de/meinung/kontrapunkt-ausgleichende-gerechtigkeit/6747134.html

Kontrapunkt
Ausgleichende Gerechtigkeit
14.06.2012 00:00 Uhr
von Anna Sauerbrey …

… Laut dem IT-Branchenverband Bitkom sind bereits 88 Prozent der Arbeitnehmer auch in ihrer Freizeit erreichbar, der DGB spricht von 60 Prozent, die nach Dienstschluss noch verfügbar sind.

Das kann Fluch oder Segen sein, zurzeit ist es für die Arbeitnehmer eher noch ein Fluch. Zwar erwarten viele Arbeitgeber ein hohes Maß an Flexibilität (Reisen, unorthodoxe Arbeitszeiten, lebenslanges Lernen), sind aber mit flexiblen Arbeitszeitmodellen eher knausrig. Zu lesen war dieser Tage die Geschichte der Leiterin des Marburger Kulturdezernats. Die Alleinerziehende möchte sich den Job gern teilen, der Oberbürgermeister ist einverstanden, doch das Regierungspräsidium sagte nein. Das ist Alltag.

Hier sollte Arbeitsmarktpolitik ansetzen. Statt den Chefs Anrufe bei ihren Mitarbeitern nach 18 Uhr zu verbieten, sollte von der Leyen sie dazu bewegen, bei Arbeitszeitmodellen endlich kreativer zu werden. …

Arbeit in und an der Forschung

Donnerstag, 1. September 2011 - 01:59

Der Goinger Kreis unterstützt die Wissenschaft, z.B. zusammen mit einem “Institut für Strategisches Personalmanagement” der Leuphania-Universität in Lüneburg (http://www.goinger-kreis.de/files/humankapitalmessung_homepage_gk.pdf, S. 11; Patrick Kalke, Flavio Passaro; 2010-09-30):

Für den Faktor Mitarbeiter soll eine vergleichbare Transparenz entstehen, wie sie in Bezug auf den Faktor Kapital vorliegt.

http://www.leuphana.de/institute/ispm/forschung-projekte.html (2011-08-25):

Das Institut für Strategisches Personalmanagement hat sich die Aufgabe gestellt, eine international konkurrenzfähige Managementforschung in Lüneburg aufzubauen. Um dies zu erreichen, arbeiten die Institutsmitglieder intensiv in nationalen und internationalen Projekten, die sowohl die Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen als auch global tätigen Unternehmen mit einschließt. Die Finanzierung der Projekte erfolgt in vielfältiger Form.

Die vielfältige Form der Finanzierung des Institutes verdient Aufmerksamkeit in Bezug auf die Transparenz des Faktors Kapital.

Unabhängige Wissenschaft ist nicht immer erwünscht. Eine vergleichbar vielfältige Finanzierung fehlte möglicherweise z.B. Friedhelm Nachreiners unabhängigem Lehrstuhl für Organisationspsychologie in Oldenburg. Den Lehrstuhl gibt es in einer Zeit der zunehmenden Bedeutung der Organisationspsychologie nun nicht mehr.

Aber die GAWO e.V. forscht transparent weiter. In diesem Blog wies ich bereits darauf hin: http://blog.psybel.de/arbeitszeit-in-der-gefaehrdungsbeurteilung/

… Seit Mai 2008 läuft die von der Gawo selbst finanzierte Onlineumfrage “Arbeitszeit und Gesundheit”, um den Zusammenhang zwischen der Dienstplangüte, weiteren Belastungs- und Arbeitsbedingungen sowie persönlichen Merkmalen und gesundheitlichen Beschwerden genauer beschreiben zu können.

Siehe auch:

 
2012-03-17:
Ursula von der Leyen: im Interview mit dem SPIEGEL (Februar 2012)
Thema: psychische Belastungen am Arbeitsplatz
in: SPIEGEL WISSEN, Patient Seele – Wie die Psyche wieder ins Gleichgewicht kommt,
(132 Seiten, Druckauflage: ca. 240000, Feb. 2012), Nr. 1/2012, S.49


Das Thema wird in der Wirtschaft noch nicht ernst genug genommen, nicht aus bösem Willen, sondern aus Unwissen und Hilflosigkeit.

Gibt es vielleicht auch eine gepflegte Unwissenheit?

Deutsche arbeiten länger als im Tarifvertrag vereinbart

Montag, 6. Juni 2011 - 07:38

EU-Kommission: Deutsche arbeiten deutlich länger als im Tarifvertrag vereinbart

http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2011-06/20439507-eu-kommission-deutsche-arbeiten-deutlich-laenger-als-im-tarifvertrag-vereinbart-003.htm

http://www.welt.de/wirtschaft/article13413560/Urlaub-und-Rente-bleiben-Sache-der-Staaten.html