Schlagwort 'ABI'

ISTA – ein Fragebogen zur Verhältnisprävention

Samstag, 2. Juli 2011 - 12:29

Im Gegensatz zum WAI (ABI) und zur MAF, ist das “Instrument zur stressbezogenen Tätigkeitsanalyse” (ISTA[1]) sehr gut für den Einsatz im ganzheitlichen Arbeitsschutz geeignet.

Achten Sie bei Fragebögen generell darauf, wie die BAuA sie in ihrer Toolbox bewertet. Insbesondere muss für im ganzheitlichen Arbeitsschutz angegebene Verfahren unter “Gestaltungsbezug” erkennbar sein, dass das Verfahren der Verhältnisprävention dient.

http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Handlungshilfen-und-Praxisbeispiele/Toolbox/Verfahren/ISTA.html

ISTA: Instrument zur Stressbezogenen Arbeitsanalyse, Version 6.0

Gestaltungsbezug: Quantitative Verfahren der Verhältnisprävention
Analysetiefe: Expertenverfahren

Gütekriterien: Reliabilität und Validität vorhanden

http://de.wikipedia.org/wiki/Instrument_zur_stressbezogenen_Tätigkeitsanalyse, BAuA:

ISTA ist ein Instrument zur Messung von aufgaben-, organisations- und arbeitsumgebungsbezogenen Belastungen. Das Instrument gehört ist ein quantitatives Expertenverfahren der Verhältnisprävention. In der Toolbox der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) erfüllt es die Gütekriterien der Reliabilität und Validität.[1]

Ein Einsatzgebiet des ISTA ist die Untersuchung der von den Arbeitsbedingungen ausgehenden psychischen Belastung im Rahmen der im betrieblichen Arbeitsschutz vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung.

Entwickelt wurde das Verfahren auf der Grundlage der transaktionalen Stresstheorie von Lazarus und der Handlungsregulationstheorie. Es identifiziert förderliche und hinderliche Faktoren für Wohlbefinden sowie Gesundheit und klärt Zusammenhänge zwischen Ressourcen und Stressoren.


 
In den Informationen der Uni Frankfurt (Arbeits- und Organisationspsychologie) zum ISTA gibt es auch eine Liste von Kategorien psychischer Belastungen:
http://web.uni-frankfurt.de/fb05/psychologie/Abteil/ABO/forschung/ista.htm

… Das Instrument zur Stressbezogenen Tätigkeitsanalyse ISTA ist eines der wichtigen deutschsprachigen Instrumente zur Messung von aufgaben-, organisations- und arbeitsumgebungsbezogenen Belastungen am Arbeitsplatz. Theoretische Grundlage sind psychologische Stresstheorien (sensu Lazarus) sowie die Handlungstheorie. Das Instrument wurde in den letzten Jahren mehrfach überarbeitet. Derzeit aktuell ist die Version ISTA 6.0 vom Mai 1998 (vorige Fassung: ISTA 5.1, Okt. 1995). Folgende Merkmale werden erfaßt:

  • Arbeitskomplexität,
  • Handlungsspielraum,
  • Zeitspielraum,
  • Partizipation,
  • Variabilität,
  • Unsicherheit,
  • Arbeitsorganisatorische Probleme,
  • Zeitdruck,
  • Konzentrationsnotwendigkeiten,
  • Arbeitsunterbrechungen,
  • Unfallgefährdung,
  • Umgebungsbelastungen,
  • Kommunikationsmöglichkeiten,
  • Kooperationserfordernisse,
  • Kooperationsspielraum,
  • Kooperationszwang

 
[1] Verwechselungsgefahr: Hier wird über das verhältnisorientierte “Instrument zur Stressbezogenen Arbeitsanalyse” gesprochen, nicht über den verhaltensorientierten “Ich-Struktur-Test nach Ammon”, der später kam. (Man könnte vielleicht sagen, dass dieser “Ich-Struktur-Test” einer “Deutschen Akademie für Psychoanalyse” zwar psychischen Belastungen erforscht, aber dass die Wahl des Akronyms “ISTA” eher psychische Fehlbelastungen, Kopfschmerzen, Augenrollen usw. verursacht. Den im Jahr 1995 verstorbenen Ammon kann man für diese Namenswahl nicht verantwortlich machen. Passen Sie also auf, dass Sie im Arbeitsschutz das ISTA nach Semmer, Zapf und Dunckel erwischen.)

Im Arbeitsschutz ungeeignete Werkzeuge

Montag, 20. Juni 2011 - 19:41

  1. Verhaltensprävention (Stärkung der individuellen Beanspruchbarkeit) und Verhältnisprävention (im Arbeitsschutz vorgeschriebene Vermeidung von Fehlbelastungen) überlappen sich.
  2. Verfahren zur Verhaltensprävention kann man indirekt zur Verhältnisprävention verwenden. Von der Beanspruchungsanalyse kann man indirekt auf Belastungen zurückschließen. Rechtlich ist das wegen der komplizierten Beweislage aber kaum möglich.
  3. Verfahren zur Verhältnisprävention kann man direkt zur Verhältnisprävention verwenden. Von der Beanspruchungsanalyse kann man direkt auf Belastungen zurückschließen. Das ist wohl ziemlich einfach zu verstehen.
  4. Der Arbeitsschutz verlangt Verhältnisprävention. Hinsichtlich der Prävention ist das Arbeitsschutzziel die Vermeidung von Fehlbelastungen.
  5. Der ABI/WAI misst Beanspruchungen und dient gemäß BAuA der Verhaltensprävention.
  6. Belastungen messen beispielsweise ISTA und COPSOQ. Solche Verfahren dienen gemäß BAuA der Verhältnisprävention.
  7. Also ist es nicht so optimal, im Arbeitsschutz den ABI/WAI einzusetzen, wenn doch geeignetere Verfahren verfügbar sind. (Mit Anonymisierung und zusammen mit einem verältnisorientierten Verfahren sind Nutzungen in der Verhältnisanalyse möglich.)

So, das sollte jetzt verstanden worden sein.

Aber trotzdem mögen Arbeitgeber Verhaltensprävention lieber als Verhältnisprävention. Man kann Belegschaften mit fürsorglichen Fragebögen zur Verhaltensprävention so beschäftigen, dass für die Verfahren für die im Arbeitsschutz vorgeschriebene Verhältnisprävention keine Lust übrig bleibt.

Testanbieter bewerben ihre scheinfürsorglichen Testverfahren intensiv und sprechen damit Unternehmen auf deren Flucht vor der ungeliebten Verantwortung an:

Fazit: Verhaltensprävention kann eine freiwillige Leistung der Arbeitgeber sein, aber Verhältnisprävention ist vorgeschrieben. Verhaltensprävention ohne Verhältnisprävention ist ein Indikator für Verantwortungsflucht des Arbeitgebers. Unternehmen, die ihr Gesundheitsmanagement mit Verfahren der Verhaltensprävention (z.B. ABI/WAI) beginnen, fangen bewusst am falschen Ende an. Kompetente Betriebsräte lassen sich hier nicht einseifen, sondern achten darauf, dass sich kein Unternehmen mit fürsorglich aussehenden (aber dem Individuum die Verantwortung zuweisenden) Verfahren zur Verhaltensprävention seinen Pflichten zur Verhältnisprävention entziehen kann.