Psycho-Tricks gegen Betriebsräte

Montag, 27. Februar 2012 - 18:57

Am 10. Februar nahmen 190 von 300 Mitarbeiter der Wellpappenherstellers P-Well in Bad Bentheim an einer Betriebsversammlung teil. Auf Grundlage des Betriebsverfassungsgesetzes hatte die Gewerkschaft Verdi dazu eingeladen. Es ging um die Gründung eines Betriebsrates. Die Unternehmensleitung war nicht begeistert.

Mehr dazu können Sie auf der ersten Seite des Wirtschaftsteils der Süddeutschen Zeitung nachlesen: “Was fällt Ihnen ein, hier aufzukreuzen!” Gewerkschafter wollten in einer niedersächsischen Fabrik einen Betriebsrat gründen - und wurden brachial daran gehindert.

Unternehmer scheinen sich in diesem Land beim flexiblen Umgang mit dem Betriebsverfassungsgesetz sehr sicher fühlen zu können.

Detlef Esslinger, der Verfasser des Artikels, schreibt
(http://www.betriebsrat.de/portal/themen/sz/gruendung-betriebsrat-bei-p-well-bad-bentheim.html):

… Generell beobachten Gewerkschaften seit einiger Zeit, dass Unternehmer, die Betriebsräte verhindern wollen, mit Psycho-Tricks arbeiten: Angst verbreiten, Kandidaten isolieren, Belegschaft spalten. Schwierig, das jeweils nachzuweisen. …

Neben dem Betriebsverfassungsgesetz gibt es ja auch noch das Arbeitsschutzgesetz. Wenn die Gewerbeaufsicht ihren Job mit genügend Begeisterung macht, sollte der Nachweis von Verstößen gegen das Arbeitsschutzgesetz in Betrieben, in denen tatsächlich Psycho-Tricks gegen Arbeitnehmer eingesetzt werden, ganz einfach sein. Dazu müssen sich die Aufsichtspersonen nur gründlich die Gefährdungsbeurteilungsprozesse (so es sie gibt) und die im Arbeitsschutzgesetz vorgeschriebene Dokumentation (so es sie gibt) ansehen.

Ursula von der Leyens Bundesministerium teilte kürzlich mit: “Die Aufsichtspersonen werden in Zukunft noch stärker prüfen, ob in den Gefährdungsbeurteilungen die im Betrieb existierenden psychischen Belastungen angemessen aufgegriffen werden und die entsprechenden Maßnahmen veranlasst und umgesetzt sind.” Ob dieses Bundesministerium bei konkreten Anhaltspunkten ein bisschen kräftiger bei den niedersächsischen Gewerbeaufsichtlern anklopft?

Interessant, was in Deutschland trotz Rechtsstaatlichkeit heute immer noch möglich ist.

Siehe auch: http://blog.psybel.de/das-hamsterrad/


1 Kommentar

  1. Trinity

    Ja, in Deutschland ist möglich, dass bei [xxx] 6 langjährige Mitarbeiter ohne Angaben von Gründen einfach fristlos entlassen werden, damit Sie sich nicht zur Betriebswahl aufstellen lassen können. Die Firma muss sich die Gründe erstnoch einfallen lassen, die werden sich schon irgendwas ausdenken, armes Deutschland.

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