Chinesen lassen sich nicht so leicht veralbern

Samstag, 21. Mai 2011 - 09:09

Es gibt “Leader”, die Mitarbeiter als erwachsene Menschen respektieren, es gibt aber auch welche, die meinen, sie selbst seien Mami und Papi. Letztere beglücken ihre Mitarbeiter mit unehrlicher Unternehmenskommunikation, mit Unterhaltungsspielen und mit Kinderbüchern: “Die Mäusestrategie für Manager” (“Who Moved My Cheese?“) ist ein intelligent geschriebenes und zugleich strunzdummes Buch, das seine Leser doofer, den Autor aber viel reicher gemacht hat. Der Markt dieses Buches sind die Hilflosen unter den Personalern, die Bestätigung ihrer simplen Menschenbilder suchen und ihre Ansichten auch in den Köpfen ihrer Mitarbeiter verankern wollen. Wichtig: Was die schwächeren unter den Personaler verstehen und dann ihren Mitarbeitern einträufeln sollen, muss einfach sein.

Das Marketing des Buches ist genial: Gerne verteilen Personaler und Führungskräfte den Mäuse-Schrott haufenweise in ihren Betrieben und zeigen ihren Mitarbeitern damit, für wie wenig erwachsen sie sie halten. Sie sollen eifrig irgendeinem Käse hinterherrennen anstelle ihn (und den Käseklau) zum Beispiel selber in den Griff zu kriegen. Solche Bücher erklären den Zustand der immer noch “zeitgemäßen” Führungskultur. Hinterher- und Mitläufer mögen das Buch. Es gibt aber auch Leute, die sich nicht verblöden lassen:

  • Richard Templar: I don’t want any more cheese…, 2004, ISBN 0273675435
  • Chen Tong, Augustine Quek (Übersetzung): Whose Cheese Can I Move?, 2003, ISBN 9812445056 (Eine sehr schöne Antwort einer Chinesin aus Xi’An auf “Die Mäusestrategie für Manager”)

Harper’s Magazine berichtete 2003 von weiteren Antworten aus China:

  • “Whose Cheese Should I Move?” von He Jun,
  • “Can I Move Your Cheese?” von Chen Tong,
  • “Who Dares to Move My Cheese?” von Kang Yanning,
  • “Agitating, Alluring Cheese” von Lian Yuming,
  • “No One Can Move My Cheese! The New Allegory of Cheese! The New Enlightenment of Allegory” von Zhang Xiaofeng,
  • “Make the Cheese Yourself!” von Dong Huangfu,
  • “A Piece of Cheese: Reading World Famous Fairy Tales with Mom” von Yi Su,
  • “Management Advice 52 from the Cheese” von Fang Yuan,
  • “No More Cheese!” von Lin Zhanxian, “Chinese People Eat Cheese?–Who Took My Meat Bun?” von Chuan Xiang.

In den USA, dem Ursprungsland des Buchs für Mäusegehirne, gibt es auch deftige Parodien auf die Mäusestrategie. Die meisten sind eher plump, wie zum Beispiel “Who cut my cheese?” (Idiomalarm!). Ganz lustig fand ich den Titel ” Who Moved my Soap?”, mit dem sich Manager auf Gefängnisaufenthalte vorbereiten können. Aber die meisten Titel der Gegenliteratur finden sich im chinesischen Sprachraum. Sie sind von den vielen kritischen Chinesen überrascht? Vielleicht sind Chinesen gar nicht so willig und folgsam, wie Sie das meinen. China bietet immer noch beste Bedingungen für die Pflege der Kunst der Satire und der Parodie. Mit paternalistscher Führung kennen sich die Chinesen seit tausenden von Jahren aus. Entsprechend gut können sie diesen Mäuse-Unsinn durch den Kakao ziehen.


2 Kommentare

  1. Stephan List

    Es gibt ganze Wagenladungen voll Managementkinderbüchern, hier z. B. http://www.weblog.drlist.de/?p=1736

  2. Goetz.Kluge

    Danke für den Link.

Keine Trackbacks/Pingbacks