Kategorie 'Zitate'

Zermalmt von der Last

Freitag, 30. Dezember 2011 - 06:53

Interessanter Aspekt: Belastung zur Rechtfertigung absurder Einkünfte.

Jean-Martin Büttner, Berner Zeitung, 2010-01-09
Interview mit Thomas Knecht
Sie kommen, nehmen und gehen wieder
http://www.bernerzeitung.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/
Sie-kommen-nehmen-und-gehen-wieder/story/13502254


Oft fühlen sich die Täter [narzistische Manager] als Opfer und reden von ihrer Verantwortung. Damit rechtfertigen sie Jahreslöhne in mehrfacher Millionenhöhe.

Das ist ein kampfrhetorisches Manöver. Um dermassen absurde Einkünfte zu rechtfertigen, reicht der Hinweis auf die Intelligenz und Arbeitsleistung nicht mehr. Man braucht eine pseudomoralische Rechtfertigung, die zugleich die eigene Grandiosität ausdrückt, im Sinne: Wenn ich das nicht täte, würde das ganze System zusammenbrechen. Ich werde als Verantwortungsträger fast zermalmt von der Last, aber ich tue das für euch, nicht für mich. Ich opfere mich auf für die Gemeinschaft.

Ergonomie, ein Begriff schon vor mehr als 150 Jahren

Montag, 12. Dezember 2011 - 05:55

Ergonomie ist ein wissenschaftlicher Ansatz, damit wir aus diesem Leben die besten Früchte bei der geringsten Anstrengung und mit der höchsten Befriedigung für das eigene und das allgemeine Wohl ernten.

Wojciech Jastrzębowski, 1857
(Zitat gefunden in Michael Herczegs Buch Software-Ergonomie, 2009)

Tiere in der freien Wildbahn

Dienstag, 1. November 2011 - 08:23

Byung-Chul Han: Müdigkeitsgesellschaft, 2010, ISBN-13 9783882216165

… Auch die wachsende Arbeitsbelastung macht eine besondere Zeit- und Aufmerksamkeitstechnik notwendig, die sich wiederum auf die Aufmerksamkeitsstruktur auswirkt. Die Zeit- und Aufmerksamkeitstechnik Multitasking stellt keinen zivillsatorischen Fortsschritt dar. Das Multitasking ist keine Fähigkeit, zu der alleine der Mensch in der spätmodernen Arbeits- und Informationsgesellschaft fähig wäre. Es handelt sich vielmehr um einen Regress. Das Multitasking ist gerade bei den Tieren in der freien Wildbahn weit verbreitet. Es ist eine Aufmerksamkeitstechnik, die unerlässlich ist für das Überleben in der Wildnis. … Die jüngsten gesellschaftlichen Entwicklungen und der Strukturwandel der Aufmerksamkeit nähern die menschliche Gesellschaft immer mehr der freien Wildbahn an.

(S. 26-27, Hervorhebung nachträglich eingefügt.)

 
Siehe auch:

Offene Kommunikation

Samstag, 27. August 2011 - 11:40

Das Ineinander zweier heterogener Ursprünge [Notwendigkeit der Gemeinschaftsarbeit, der Kampf zwischen Mensch und Mensch] bleibt der Grundcharakter des Herrschens. Daher wird auch alle irgendwo in Grenzen gelingende wahre Gemeinschaft aus gemeinsamem Zweck doch anderswo als Theorie ein Täuschungsmittel zur Interpretation und Verschleierung der tatsächlichen Gewalt. Immer wieder werden die Dinge durch ihr Gegenteil benannt und verborgen. So wird in dem Schein der Kommunikation – der offenen Aussprache – ausgehorcht und befohlen, im Schein der Freiheit und Freiwilligkeit erzwungen, im Mantel des reinsten Ethos das Böse vollzogen, im Schein der Wahrheit gelogen und betrogen, und alle jeweils gültigen Werte werden je nach Situation in Anspruch genommen oder ignoriert.

Karl Jaspers, Von der Wahrheit, 1948 (2.Teil, 3.Kap., II, B, 3, b)

Psychisches Wohlbefinden seit 1997

Freitag, 19. August 2011 - 18:14

Gefunden in http://www.sifawiki.de/index.php?title=Gesundheitsschutz:

Das Arbeitsschutzgesetz geht von einem weiten Gesundheitsbegriff aus, der auch das psychische Wohlbefinden der Beschäftigten umfasst. (BVerwG 31.1.1997, NZA 1997, 483) der Beschäftigten.

Die Lernkurve ist hier wohl ziemlich flach.

(An vielen Stellen im Internet wird das falsche Datum 31.1.1977 angegeben. So flach ist die Lernkurve nun auch wieder nicht. Siehe auch weiterhin http://blog.psybel.de/tagung-15-jahre-arbeitsschutzgesetz/.)

Außergewöhnlicher Glaube

Sonntag, 17. Juli 2011 - 20:26

Kapitalismus ist der außergewöhnliche Glaube, dass die widerwärtigsten Männer aufgrund der widerwärtigsten Motive irgendwie für den Nutzen Aller arbeiten.

John Maynard Keynes (1883 – 1946)

Solange die Vorraussetzungen für diesen Glauben stimmen, gilt auch hier zunehmend die Gleichberechtigung.

Fachkräftemangel

Samstag, 25. Juni 2011 - 14:23

http://www.betriebsrat.de/portal/themen/sz/aengstliche-suche-nach-fachkraeften.html

Wer rasch viele Akademiker treffen möchte, sollte zum Taxistand am örtlichen Bahnhof gehen.

Ingrid Sehrbrock, stellvertretenden DGB-Vorsitzende

Wenn Arbeit krank macht

Mittwoch, 11. Mai 2011 - 07:13

Wenn Arbeit krank macht
Süddeutsche Zeitung, 2010-08-13, Seite 4

Gut beobachtet: Arbeitgeber vernachlässigen einerseits den Gesundheitsschutz im Bereich der psychischen Belastungen, versuchen aber andererseits, sich von den steigenden Krankenversicherungskosten abzukoppeln:

… Die Vorbehalte [der Firmen] gegenüber guter Prävention zeigen auch wieder, dass die Pläne von Gesundheitsminister Philipp Rösler falsch sind, den Arbeitgeberanteil am Krankenkassenbeitrag einzufrieren. Damit würden künftig die Arbeitnehmer alleine dafür zahlen, dass Firmen durch schlechte Vorsorge die Gesundheit ihrer Belegschaft gefährden.

TAZ, 2011-05-11:

… Nun wird der Mann, der abseits von Polittalkshows und Parlamentsdebatten wenig bekannt ist, auch offiziell einer der mächtigsten Politiker des Landes: Er soll Rösler im Amt des Bundesgesundheitsministers folgen.

[Daniel] Bahr gilt ohnehin als Mann hinter den Reformen des Ministers. Als Experte für die zähen Debatten mit Pharmafirmen und Krankenkassen, als Mann für die entscheidenden Details.

Siehe auch: Vorzeitiger unfreiwilliger Ruhestand, 2011-10-17

Hyperhumane Omnipotenz

Sonntag, 24. April 2011 - 13:03

http://www.psychologie-heute.de/das-heft/archiv/detailansicht/news/laenger_wach_die_dynamik_des_neurokapitalismus-3/:

… Trotz weiter Verbreitung der heute als neuropsychiatrisch verstandenen Störungen wächst die Illusion einer hyperhumanen Omnipotenz des mentalen Vermögens. War es in der libertären Phase des Kapitalismus noch wichtig, die äußere Erscheinung und den Status zu optimieren, so breitet sich nun der innere Zwang aus, auch kognitive und emotionale Ressourcen zu verbessern. Die heute schon bestehende Möglichkeit der unkontrollierten Beschaffung von Neuroenhancern, die Kommunikation von Anwendungserfahrungen im Internet und eine individual-utilitaristische Ethik bereiten den Boden für den Markterfolg von Substanzen, an denen heute bereits ganze Armeen von Neurowissenschaftlern in den Laboratorien arbeiten.

Länger wach: Die Dynamik des Neurokapitalismus
PSYCHOLOGIE HEUTE, 04/2010, Hennric Jokeit, Ewa Hess

Anständiger Querkopf

Sonntag, 17. April 2011 - 10:15

Auch wenn es schwerer wird, haben wir immer noch die Wahl, unsere Illusionen zu China zu begraben. Dafür brauchen wir unbequeme Leute wie Hans-Olaf Henkel (Deutsche Welle, www.dw-world.de/dw/article/0,,6501110,00.html, 2011-04-12):

Hans-Olaf Henkel hat Vertreter aus Politik und Wirtschaft aufgefordert, sich für die Freilassung Ai Weiweis einzusetzen. Auf Reaktionen von Seiten der Wirtschaft wartet er bislang vergeblich. Das ist für den langjährigen Amnesty-International-Unterstützer Henkel nicht nur enttäuschend, sondern auch kurzsichtig. Im Gespräch mit der Deutschen Welle betont er nachdrücklich seine Erfahrung. “Das Eintreten für die Menschenrechte – auch vor Ort – im klaren, richtigen Ton schadet der deutschen Wirtschaft nicht.”

Hoffen wir, dass Henkel durchhält. Es gibt hier leider auch schlechte Beispiele: So verstummte Rupert Murdochs Chinakritik, damit er Zugang zum Satelliten-Fernsehen in China bekommen konnte.

Aus eigener Erfahrung in China kann ich sagen, dass es durchaus psychisch belastend sein kann, mit jemandem Geschäfte zu machen, von dem ich mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen muss, dass er den chinesischen Despotismus für seine Karriere zumindest als Mitläufer unterstützt hatte. Ein Ansatz wie der von Henkel kann hier beiden Seiten helfen, Geschäfte mit mehr Anstand zu machen.