Kategorie 'Medizin'

Stress ist Zündstoff

Freitag, 20. Juli 2012 - 08:23

http://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Wie_chronischer_Stress_krank_macht1771015588393.html

Medizin Psychologie

Wie chronischer Stress krank macht

Von Joachim Czichos

Dauerhafte psychische Belastung hemmt die Wirkung entzündungshemmender Hormone

Pittsburgh (USA) – Chronischer Stress macht anfälliger für Infektionen und Herzkrankheiten. Warum das so ist, haben amerikanische Mediziner jetzt näher untersucht: Eine länger andauernde psychische Belastung verhindert, dass Entzündungsreaktionen wieder abflauen. Dann reagieren Immunzellen nicht mehr auf dämpfend wirkende Hormone und produzieren verstärkt entzündungsfördernde Botenstoffe. Die Ergebnisse helfen, die Bedeutung von Stress für die Gesundheit besser zu verstehen und Schutzmaßnahmen zu entwickeln, schreiben die Forscher im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“. …

(Gemeint ist wohl “psychische Fehlbelastung”, nicht “psychische Belastung”.)

Suche. http://www.google.de/search?q=”Sheldon Cohen” “Carnegie Mellon University” stress

Versagensängste

Sonntag, 27. Mai 2012 - 15:30

Das Gesundheitsmagazin in B5 aktuell am 27. Mai 2012

http://www.br.de/radio/b5-aktuell/sendungen/gesundheitsmagazin/27052012-gesundheitsmagazin100.html

… Ulrich S., litt sein ganzes Leben lang unter Versagensängsten. Er stand permanent unter Leistungsdruck und hatte immer öfter Panikattacken. Bis sie schließlich unkontrolliert über ihn herfielen. …

B5 aktuell: Hirndoping mit Smart Pills

Sonntag, 11. März 2012 - 09:43

http://www.br.de/radio/b5-aktuell/sendungen/gesundheitsmagazin/11032012-gesundheitsmagazin100.html

Gefährliches Spiel – Hirndoping mit Smart Pills 

Schüler, Studenten, Angestellte, Manager – immer mehr gesunde Menschen nehmen regelmäßig Medikamenten, um ihre geistige Leistungsfähigkeit zu verbessern und dadurch den hohen Anforderungen im Studium oder im Beruf gerecht zu werden. Die Risiken und Nebenwirkungen beim Hirn-Doping werden oft verharmlost, ignoriert oder in Kauf genommen. Über Wirkung und Nebenwirkungen so genannter Smart Pills. Von Michaela Paul

Siehe auch:

Burnout: Klärendes zur Unklarheit

Mittwoch, 7. März 2012 - 09:54

Aus Franz Engels in Medizinisches Weblog eines Psychiaters und Psychotherapeuten,
http://medblog.franzengels.ch/2012/03/07/stress-im-job-macht-krank-positionspapier-der-dgppn-zum-thema-burnout/:

… Bleibt anzumerken, dass die Behauptung, Burnout sei (noch?) keine Krankheit, sondern eine normale Reaktion, ebenso irreführend ist, wie die Behauptung, es sei eine Krankheit. Denn für beide Behauptungen gibt es keine stichhaltigen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Meine Erfahrung allerdings ist, dass das, was heute geläufig als Burnout bezeichnen, ganz real die Arbeitsfähigkeit zu beeinträchtigen scheint, und dass Depressionen, die im Zusammenhang mit Burnout-Prozessen auftreten zumeist langwieriger verlaufen und schwieriger zu behandeln sind als andere depressive Zustandsbilder. Unabhängig davon, ob man sich auf die Begrifflichkeiten bereits einigen konnte oder nicht.

Psychodermatologie

Sonntag, 26. Februar 2012 - 19:48

http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/0,1518,815655,00.html

Wenn Stress unter die Haut geht

Von Angelika Bauer-Delto

Psychische Belastungen können manche Hauterkrankungen massiv verschlimmern. Forscher ergründen, wie Sorgen und Ärger Neurodermitis und andere Entzündungen fördern – und leiten daraus Ratschläge für Betroffene ab. …

Infarktrisiko und Gratifikationskrise

Mittwoch, 22. Februar 2012 - 06:05

http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/psychische-b-1.html

20. Februar 2012
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz erhöhen Herzinfarktrisiko
DAK-Gesundheitsreport 2012: Weitere Zunahme psychischer Erkrankungen

Für Menschen mit beruflichem Stress ist das Risiko einer koronaren Erkrankung mehr als verdoppelt. Eine Depression erhöht das Risiko eines Herzinfarktes um 60 bis 100 Prozent. Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen, die nach dem DAK-Gesundheitsreport weiter zunehmen: Im Jahr 2011 gingen 13,4 Prozent der betrieblichen Fehltage bei der DAK auf psychische Erkrankungen zurück. 2010 waren es noch 12,1 Prozent gewesen.

Eine repräsentative Umfrage der DAK bei rund 3.000 Erwerbstätigen zwischen 25 und 65 Jahren belegt die Bedeutung der beruflichen Stressbelastung. …

… Der DAK-Gesundheitsreport betont zu Recht die psychosozialen Belastungen im Betrieb und empfiehlt, Menschen in einer „Gratifikationskrise“ für betriebliche Präventionsprogramme zu gewinnen. …

Siehe auch: http://blog.psybel.de/2012/02/24/dak-gesundheitsreport-2012/

 
Schon vor 10 Jahren wurde berichtet:
Mitbestimmung bei Stress und anderen psychischen Belastungen, Der Personalrat 10/2002, S. 420-427 (http://www.btq.de/fileadmin/btq/media/Artikel/PR_02-10_420.pdf)

… Nach Untersuchungen der BAuA sind gesundheitlich besonders Beschäftigte gefährdet, die einerseits hohen psychischen Arbeitsbeanspruchungen ausgesetzt sind (durch Zeit- und Leistungsdruck), aber andererseits nur wenig anerkennende Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten erfahren. Solche Personen sind in besonderer Weise durch Erholungsunfähigkeit gezeichnet, was mit erhöhten Herz- und Kreislaufbeschwerden korreliert. …

Burnout und Depression – ein Abgrenzungsversuch

Montag, 20. Februar 2012 - 16:13

http://www.unimedizin-mainz.de/fileadmin/kliniken/ps/Dokumente/Veranstaltungen/VortragMainzLieb.pdf

Burnout und Depression – ein Abgrenzungsversuch
Klaus Lieb, Universitätsmedizin Mainz, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

2012-02-07, Präsentation mit 64 Seiten

Psychische Erkrankungen: BDA und VDBW

Freitag, 10. Februar 2012 - 06:54

Dieser Beitrag betrifft die gemeinsame Erklärung von der BDA und des VDBW zur Bedeutung der psychischen Gesundheit im Betrieb,
http://www.google.de/search?q=VDBW+BDA+%22Bedeutung+der+psychischen+Gesundheit+im+Betrieb%22.
Am 9. Februar gab es in Salzgitter einen Kongress zu psychischen Erkrankungen (das ist ein Unterschied zu psychischen Belastungen) am Arbeitsplatz. dpa/tmn berichteten (http://www.stern.de/wirtschaft/job/ausgleich-von-der-arbeit-suchen-1784493.html und http://www.news.de/wirtschaft/855270967/burnout-vorbeugen-ausgleich-von-der-arbeit-suchen/1/):

… Psychische Leiden sorgen immer öfter für Probleme im Beruf: So sind sie die häufigste Ursache für Frühverrentungen. 2010 sind laut der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) bundesweit 70 000 Arbeitnehmer wegen einer seelischen Erkrankung frühzeitig aus dem Beruf ausgeschieden. Seelische Leiden verursachen zudem jeden achten Krankheitstag: Sie waren 2010 bei den Betriebskrankenkassen Grund für 12 Prozent aller Fehltage. …

Der Artikel wurde auch wieder mit ein bisschen Expertise gefüllt:

… Im Job könne auf Dauer nur derjenige Hochleistungen erbringen, der sich selbst regelmäßig Gutes tut. Das sagte die Ärztin Nadja Behling. So hat ein Burnout keine Chance. Gut zu wissen, denn das Leiden ist die häufigste Ursache für Frühverrentungen.

Um einem Burnout vorzubeugen, ist ein Ausgleich von der Arbeit wichtig. Das kann Sport sein, aber auch Treffen mit Freunden sind gut für das seelische Gleichgewicht, sagte Nadja Behling. Diesen Grundsatz ließen viele Burnout-Patienten jedoch außer Acht. …

Wieder einmal bekommen die Betroffenen den schwarzen Peter. Tun Sie sich etwas Gutes! Auch heute (15 Jahre nach Erlass des Arbeitsschutzgesetzes) fällt der Presse selten etwas Anderes ein, als Verhaltensprävention. Verhältnisprävention ist vorgeschrieben. Verhaltensprävention mögen die Arbeitgeber aber lieber. Die BDA hat leichtes Spiel: Die Missachtung des Arbeitsschutzes in der Mehrheit der Betriebe haben die Redaktionen nicht auf dem Radar. Im Arbeitsschutz hat jedoch die Verhältnisprävention Vorrang, auch wenn (und gerade weil) das den Arbeitgebern nicht so liegt.

Was sagt die BDA zu der Veranstaltung? http://www.bda-online.de/www/arbeitgeber.nsf/id/DE_PI-BDA-VDBW:

Psychische Erkrankungen: Abgestimmtes Zusammenwirken unerlässlich

Psychische Gesundheit ist eine unverzichtbare Grundlage, um im modernen Arbeitsleben zu bestehen und sich fachlich und persönlich zu entfalten. Mehr denn je wird körperliche und geistige Gesundheit aber auch als zentrale Grundlage hoher Wettbewerbsfähigkeit verstanden. Die Zunahme an psychischen Erkrankungen und die damit verbundenen Fehlzeiten der Beschäftigten stellen Unternehmen und Betriebsärzte vor neue Herausforderungen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) sehen daher gemeinsamen Handlungsbedarf. Ihnen ist es ein zentrales Anliegen, das Thema Psychische Erkrankungen gezielt und umfassend, d.h. von der Prävention und Früherkennung über die Behandlung bis zur Wiedereingliederung, anzugehen und für nachhaltige betriebliche Lösungen zu werben. Voraussetzung hierfür ist eine gute Kooperation der Betriebs- und Werksärzte mit den anderen betrieblichen Akteuren.

(Link nachträglich eingefügt)

Es scheint so, dass nicht nur die BDA, sondern auch Ärzte auf die Früherkennung von Erkrankungen setzen und nicht auf die Früherkennung von Fehlbelastungen. Aber in diesem Fall täte man dem VDBW unrecht, wenn man ihm Einseitigkeit vorwürfe, denn es gibt auch eine Position von Betriebsärzten und Gewerkschaft, die sich psychischen Belastungen zuwendet.

Es handelt sich hier also um Positionen zu unterschiedlichen Bereichen:

  • Mitarbeiter mit psychischen Problemen: BDA und VDBW widmen sich psychische erkrankten Beschäftigten in den Betrieben, die gerne auch als “auffällige” Mitarbeiter bezeichnet werden. Hier wird ein Modell der Salzgitter AG beworben. Anja Grocholewski beschreibt das in „Drei unter einem Dach“ – Das IV-Konzept von TU Braunschweig, BKK Salzgitter und Salzgitter-AG für Mitarbeiter mit psychischen Problemen. Jahrbuch 2012 “Psychiatrie in Niedersachsen”. “IV” steht dabei für “integriertes Versorgungskonzept”. Der Schwerpunkt liegt auf der Verhaltensprävention und der Versorgung bereits erkrankter Mitarbeiter. (Da entsteht natürlich Neugier, mit was für einer Betriebsvereinbarung der Betriebsrat der Salzgitter AG den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz geregelt hat.) Arbeitgeber kamen mit der fürsoglichen Zuwendung zu einzelnen und als erkrankt darstellbaren Mitarbeitern bisher besser zurecht, als mit der gesetzlich vorgeschriebenen Verhältnisprävention.
  • Psychische Probleme verursachende Arbeitsplätze: Gewerkschaft und VDBW widmen sich psychischen Belastungen, also “auffälligen” Arbeitsplätzen. Hier empfehle ich, von der SICK AG zu lernen. Die Verhältnisprävention kommt hier nicht zu kurz. Für viele Arbeitgeber ist dieser Ansatz immer noch ungewohnt. Die SICK AG gehört eher zu der kleinen Gruppe fortschrittlicher Arbeitgeber.


Das Schweigen der Betriebsärzte

Die BDA weiß, dass die Mehrheit ihrer Mitglieder gegen die Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstößt. Seit 2005 fällt es schwer, das noch als Versehen zu entschuldigen. Vor diesem Hintergrund wird ein Glaubwürdigkeitproblem von Arbeitgebern (z.B. BDA Geschäftsfüherer Alexander Gunkel) und Betriebsärzten (z.B. Bernhard Koch, Betriebsarzt der Salzgitter AG) deutlich. In einem dpa-Artikel Die Seele kann im Rücken und im Magen wehtun schreibt Anita Pöhlig (2012-02-09):

… Die Salzgitter AG mit rund 25 000 Beschäftigten hat bereits reagiert. «Wir hatten schon immer ein Projekt für Muskel- und Skelettprobleme. In den vergangenen Jahren gab es eine wachsende Anzahl von Mitarbeitern, denen wir trotz guter Physiotherapie und Sportangeboten nicht helfen konnten, das hat unser Interesse geweckt», sagt Betriebsarzt Bernhard Koch. Schnell sei klar geworden, das psychische Probleme dahinter stehen.

Bei Vorsorgeuntersuchungen versuchen Koch und seine sieben Kollegen nun, mit den Beschäftigten ins Gespräch zu kommen. Typische Beschwerden wie Schlafstörungen oder Gereiztheit werden abgefragt und wie es mit dem persönlichen Eindruck der Leistungsfähigkeit stehe. …

“Typische Beschwerden wie Schlafstörungen oder Gereiztheit werden abgefragt und wie es mit dem persönlichen Eindruck der Leistungsfähigkeit stehe.” Ohne den von den Arbeitnehmern mitbestimmten Einbezug der psychischen belastungen in den Arbeitsschutz ist diese Art von fürsorglicher Belagerung ein die Mitarbeiter noch zusätzlich gefährdender Angriff auf ihre Persönlichkeit und ihre Rechte. Betriebsärzte sind ein Teil des Problems, wenn sie den Beschäftigten mit Vorsorgeuntersuchungen zu Leibe rücken, aber nicht eingreifen, wenn Arbeitgeber ganz offen die Pflicht zur Verhältnisprävention (d.h. zur an den Arbeitsbedingungen ansetzenden Vorsorge) vernachlässigen. Es ist eine verkehrte Welt: Ausgerechnet Ärzte trugen seit 1996 mit ihrer Toleranz gegenüber dem Rechtsbruch der Mehrheit der Arbeitgeber dazu bei, dass die Unternehmen den Arbeitsschutz ungestraft missachten durften. Das Schweigen der Betriebsärzte verletzte die von ihnen betreuten Mitarbeiter. Und heute helfen noch zu viele Betriebsärzte den Unternehmen, die Verhaltensprävention über die Verhältnisprävention zu stellen und damit den ganzheitlichen Arbeitsschutz zu unterlaufen.

Ratschlag an Arbeitnehmer vor dem Besuch beim Betriebsarzt: Trauen sie keinem Arzt, der nicht mit Ihnen zusammen überprüft, ob es zu ihrem Arbeitsplatz eine ordentlich und mitbestimmt erarbeitete Gefährdungsbeurteilung gibt. Das ist nicht vertraulich, denn es geht nicht um ihr persönliches Seelenleben, sondern um Ihre Arbeitsbedingungen. Darum können Sie sich bei der Diskussion der Gefährdungsbeurteilung von einem Betriebsratsmitglied begleiten lassen.

 
Gemeinsame Positionen vom VDBW mit …

Denkt Dr. Pawelzik chinesisch?

Mittwoch, 1. Februar 2012 - 23:07

Markus R. Pawelzik ist Autor von Papieren wie Positive Psychologie, Glück ist machbar!, Mentalisierungsbasierte Psychotherapie, Einführung in die mentalisierungsbasierte Psychotherapie usw. Auch ist der Arzt Leiter der EOS-Klinik für Psychotherapie in Münster, deren Träger die konfessionelle geprägte Alexianer-GmbH ist.

Im MERKUR vom 2. Februar schrieb er von Seite 123 bis 134 in Zur aktuellen Burnout-Epidemie auch Sätze wie diesen:

… Blicken wir nach China, so ist festzustellen, dass es dort unsere Volkskrankheit Depression kaum zu geben scheint. Depressiv zu sein gilt in China als unanständig. Psychosozial belastete Chinesen leiden stattdessen an einer Art Neurasthenie, bei der körperliche Erschöpfungssyndrome im Vordergrund stehen. … 

Es ist festzustellen, dass dort, wo Chinesen freier sprechen dürfen und nicht als Abweichler in die Anstalten linientreuer Psychiater gesteckt werden, zu den körperlichen Erschöpfungssyndromen dann doch noch Äußerungen zum seelischen Befinden dazu kommen. Depressive in Taiwan unterscheiden sich nicht grundsätzlich von Depressiven, sagen wir mal, in Deutschland. Ich glaube, dass man dazu selbst mit Google mehr lernen kann, als mit Chinesenklischees.

Der Beobachtungsansatz in der Volksrepublik ist ähnlich dem Ansatz deutscher Unternehmen: Vermeide zu beobachten, was du nicht sehen willst. In Deutschland ist die Beobachtung von psychischen Belastungen aber vorgeschrieben. Wer sich’s leisten kann, ignoriert die Vorschrift einfach. Sie sind Vorzeigevorschriften, an die sich keiner hält, auch das ist “chinesisch”. Nach Leben mit Chinesen in China und Taiwan, dank guter Freundschaften mit Chinesen in Hongkong, den USA und Deutschland sowie nicht zuletzt dank halbchinesischer Familie ist mir klar, wie unterschiedlich Verhalten von Menschen in unterschiedlichen Umgebungen sein kann und wie schnell Menschen auf einen Wechsel der Umgebung reagieren können. Das gilt auch für Arbeitsumgebungen.

Wie “chinesisch” ist Markus R. Pawelzik bei der Auswahl der Argumente für seine in Münster gepflegte Sichtweise? Warum geht er nicht auf darauf ein, wie Unternehmen die Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz ganz einfach ignorieren? Ist das Burnout vieler Arbeitnehmer nicht schon deswegen wahrscheinlich, weil sich viele Arbeitgeber angestrengt bemühen, mögliche Fehlbelastungen nicht deutlich werden zu lassen?

Da gibt es ein Gegenmittel: Ebenfalls in Münster promovierte ja Niklas Luhmann, von dem man den Trick lernen kann, schwer Beobachtbares durch die Beobachtung der Beobachter herauszufinden. Genau so gut geht das, wenn man beobachtet, wie Leute darauf achten, etwas nicht zu beobachten, zum Beispiel Leichen im Keller. Wer den Burnout-Begriff lächerlich macht und ausgebrannte Patienten “Schicksalsuntauglichkeit” so andichtet, wie der Arzt Markus Pawelzek, der will sich vermutlich gar nicht richtig für die Belastungen interessieren, denen seine Patienten heute ausgesetzt sind.

Wie beobachtet der Arzt die Belastungsquellen in der von ihm geführten Klinik? Das Hauptgegenmittel gegen Beobachtungsvermeinder ist natürlich die solide Arbeit der Arbeitsschützer und der Arbeitnehmervertreter - allerding nur dort, wo es sie gibt. Die Beobachtungsinstrumente gibt es schon lange genug.

Markus Pawelzik unterstellt Burnout-Bekämpfern Dinge, die sie gar nicht behaupten, um sie dann zu kritisieren:

… Gleichwohl ist die Unterstellung, Stressoren und Stressreaktionen stünden in einem linearen Zusammenhang, unzutreffend. …

Der Arzt hat wenig Ahnung, wie im modernen ganzheitlichen Arbeitsschutz gedacht und gehandelt wird. Da ist längst klar, das auch Unterforderung ein Stressor sein kann. Wie ein Laie macht es sich der Arzt einfach, auf das “illnes behaviour” zu verweisen, und entdeckt eine zunehmende “Schicksalsuntauglichkeit”. Das ist fast schon eine Frechheit, denn viele Fehlbelastungen im betrieblichen Alltag sind kein Schicksal, sondern Folge von Schlamperei und Unehrlichkeit bei der Planung und der Führung von Prozessen und Projekten. Das schadet nicht nur den Mitarbeitern, sondern dem Geschäft des Unternehmens.

Gut wäre der Artikel, wenn er erläutern würde, dass “Burnout” der falsche Begriff für die richtige Epidemie ist, die aber (erst 15 Jahre nachdem das heutige Arbeitsschutzgesetz erlassen wurde) durch den Burnout-Begriff Aufmerksamkeit erhielt. Das ist einerseits zwar nicht ungefährlich für das Verständnis von Erschöpfungsdepressionen, aber andererseits leider wohl doch notwendig gewesen. Immerhin haben jetzt zwei führende Politikerinnen den gewohnheitsmäßigen Rechtsbruch der Mehrheit der Unternehmen angesprochen. Eine von ihnen rief sogar nach “Burnout-Detektiven“. Wenn wenigstens die Leute von der Gewerbeaufsicht oder der Berufsgenossenschaft kämen und dort genauer hinsähen, dann wäre das auch schon ganz in Ordnung.

Nun kommt der Höhepunkt:

… Ärzte und Lobbyisten sind steht bemüht,
im “Dienste des Volks” neue Geschäftsfelder aufzutun. …

Markus R. Pawelzik ist auch Arzt. Er deutet an, dass hinter der Burnout-Epidemie Geldmacherei stecke. Wie jemand mit dem Burnout-Begriff (in durchaus anständiger Weise) Geschäfte macht, kann Markus R. Pawelzik in der Burnout-Broschüre einer Klinik nachlesen, die von einem Markus R. Pawelzik geleitet wird: http://www.eos-klinik.de/fileadmin/user_upload/burnout_broschuere.pdf

Übrigens: Ein Leiter eines Krankenhauses ist verantwortlich für die vorschriftsmäßige Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes in seiner Klinik. Und im Arbeitsschutz wird nicht nach “auffälligen” Mitarbeitern gefragt, sondern nach auffälligen Arbeitsplätzen. Wie sehr mögen Chefs diese These? Führungskräfte ahnen/wissen, dass es bei ggf. erforderlichen Veränderungen häufig ans Eingemachte geht – Organisation, Personaleinsatz/ -entwicklung, Führung/ Kommunikation – und man dieses (Diskussions-)Risiko scheut. Ich bin neugierig, wie es in der Klinik zugeht, die Markus Pawelzik leitet. Gingen dort mitbestimmte Gefährdungsbeurteilungen ans Eingemachte?

Fürsorge mit Geschmäckle

Samstag, 28. Januar 2012 - 15:39

http://static.dgfp.de/assets/publikationen/2011/Umgang-mit-psychischer-Beanspruchung-Leitfaden.pdf

Mit psychisch beanspruchten Mitarbeitern umgehen –
ein Leitfaden für Führungskräfte und Personalmanager

PraxisPapier 6 / 2011
DGFP e.V. (Hg.)

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. • Düsseldorf • ISSN 1613-2785

Siehe auch: http://blog.psybel.de/leitfaden-zum-umgang-mit-psychisch-beanspruchten-mitarbeitern/

Das ist ein hilfreiches Papier der DGFP zur Verhaltensprävention (oder für den Fall, das es für Prävention schon zu spät ist).

Genau genommen geht es dabei um alle Mitarbeiter, weil psychische Beanspruchung ein Kennzeichen fast jeder Arbeit ist, genauso wie psychische Belastung. Was wir nicht wollen, ist pychische Fehlbeanspruchung und psychische Fehlbelastung.

Mut ihrem Leitfaden erweckt die DGFP den Eindruck, sie wolle sich fürsorglich und verantwortungsvoll um Arbeitnbehmer kümmern.

Die von der DGFP empfohlene Fürsorge hat ein Geschmäckle: Die Zuwendung zum einzelnen beanspruchten Mitarbeiter verdeckt, dass die meisten Arbeitgeber parallel zur oft überwiegend verhaltenspräventionsorientierten Betrieblichen Gesundheitsförderung ihre im Arbeitsschutz gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten bei der Verhältnisprävention vernachlässigen. Der Focus ist nicht auv auffälligen Arbeitsplätzen, sondern auf auffälligen Mitarbeitern. Das erinnert mich dann doch schon an chinesische Verhältnisse: “Auffällige” Menschen landen da ein bisschen zu schnell in der Psychiatrie. Die Partei darf nicht in Frage gestellt werden. In China würde man das vielleicht “Fürsorge – in chinesischer Färbung” nennen.

Das ist keine Polemik: Es ist auch in Deutschland möglich, dass Unternehmen wider besseren Wissens in ihren Gefährdungsbeurteilungen den Eindruck erwecken, dass sie psychische Belastungen beurteilen, obwohl ihnen klar ist, dass sie psychische Belastungen noch nicht in den Arbeitsschutz einbezogen haben. Anstelle von Minderleistungen im Arbeitsschutz identifizieren sie dagegen gerne (ohne eine mitbestimmte Beurteilung der Arbeitsbedingungen) unter ihren Mitarbeitern “Minderleister”. Wenn diese Mitarbeiter nicht “belastbar” sind, trennen sie sich eher von diesen Arbeitnehmern anstatt ihre Pflichten im Arbeitsschutz zu erfüllen.

Das ist möglich, weil die Gewerbeaufsicht zu schwach ist. Mit einer funktionierenden Gewerbeaufsicht, die sich nicht mit auf Vorzeigbarkeit hin optimierten Maßnahmen des Gesundheitsmanagements abspeisen lässt, könnte das heute nicht mehr passieren. Aber die Aufsicht wird (oder wurde bisher) ausgebremst. Schutzgesetze zu schreiben, aber ihre Ausführung auszubremsen, auch das ist eine Methode der kosmetischen 中国特色的Gesetzgebung. (“Auffällig” ist dann der, der Schutzvorschriften ernst nimmt. Diese Einstellung gibt es allerdings auch wieder in Deutschland.)

Braucht die Gewerbeaufsicht erst Beweise, um nach Beweisen zu sehen? Auditoren und Aufsichtspersonen machen ja nicht einmal von der einfachen Möglichkeit Gebrauch, prinzipiell in Unternehmen mit Bildschirmarbeit die Einhaltung der Bildschirmarbeitsverordnung zu überprüfen und die (manchmal nicht mehr versehentliche) Vorlage unrichtiger Arbeitsschutzdokumente zu ahnden.

Wenn sich ein korrumpierter Arbeitsschutz mit einer auf Vorzeigbarkeit getrimmten Betrieblichen Gesundheitsförderung trifft, dann kann sich Fürsorge schnell in Mobbing verwandeln.