Kategorie 'BPtK'

DAK-Gesundheitsreport 2012

Freitag, 24. Februar 2012 - 16:20

http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/psychische-b-1.html

20. Februar 2012
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz erhöhen Herzinfarktrisiko

DAK-Gesundheitsreport: Weitere Zunahme psychischer Erkrankungen

Für Menschen mit beruflichem Stress ist das Risiko einer koronaren Erkrankung mehr als verdoppelt. Eine Depression erhöht das Risiko eines Herzinfarktes um 60 bis 100 Prozent. Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen, die nach dem DAK-Gesundheitsreport weiter zunehmen: Im Jahr 2011 gingen 13,4 Prozent der betrieblichen Fehltage bei der DAK auf psychische Erkrankungen zurück. 2010 waren es noch 12,1 Prozent gewesen.

Eine repräsentative Umfrage der DAK bei rund 3.000 Erwerbstätigen zwischen 25 und 65 Jahren belegt die Bedeutung der beruflichen Stressbelastung. …

(Link nachträglich eingefügt)

… Die DAK-Empfehlungen entsprechen der Nationalen VersorgungsLeitlinie zu koronaren Herzkrankheiten, nach der individuelle psychosoziale Risikofaktoren erfasst und Herzerkrankungen durch „geeignete unterstützende, psychotherapeutische und/oder medikamentöse Maßnahmen“ begegnet werden sollen. … 

Wieder versäumt die DAK darauf hinzuweiseņ dass sich die Arbeitgeber in Deutschland 1996 straflos weigern konnten, die psychische Belastung in den Arbeitsschutz einzubeziehen.

 
Auf keiner der 179 Seiten des Berichtes kommt das Wort “Arbeitsschutz” vor:
http://www.dak.de/content/filesopen/Gesundheitsreport_2012.pdf

S. 5

… Schwerpunkt dieses Reportes ist das Thema: „Job, Gene, Lebensstil – Gefahr fürs Herz?“ …

S. 15

Betriebliche Einflussfaktoren auf den Krankenstand:

  • Viele Dienstleistungsunternehmen einschließlich der öffentlichen Verwaltungen stehen verstärkt unter Wettbewerbsdruck bei fortschreitender Verknappung der Ressourcen. In der Folge kommt es zu Arbeitsverdichtungen und „Rationalisierungen“ und vielfach auch zu Personalabbau. Daraus können belastende und krank machende Arbeitsbelastungen (z. B. Stressbelastungen) entstehen, die zu einem Anstieg des Krankenstandes führen.
  • Auf der anderen Seite sind von betriebsbedingten Entlassungen vor allem ältere oder gesundheitlich beeinträchtigte Beschäftigte betroffen. Da in den AU-Analysen nur die „aktiv Erwerbstätigen“ berücksichtigt werden, tritt hierdurch der sogenannte „healthy-worker-effect“ auf. Die Belegschaft erscheint also allein durch dieses Selektionsprinzip „gesünder“ geworden zu sein.
  • Im Zuge umfassender Organisations- und Personalentwicklung haben sich in den letzten Jahren viele Unternehmen verstärkt des Themas „betrieblicher Krankenstand“ angenommen. Insbesondere dem Zusammenhang von Arbeitsmotivation und Betriebsklima in Bezug auf das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen wird im Rahmen von betrieblichen Mitarbeiterzirkeln, -befragungen, Führungsstilanalysen etc. Rechnung getragen. [Der Schwerpunkt lag dabei auf der Verhaltensprävention.]
  • [Etwa 70% der Unternehmen wurde seit 1996 gestattet, die geltenden Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes und der Bildschirmarbeitsverordnung nicht umzusetzen. Dadurch wurden psychische Belastungen nicht in den der Verhältnisprävention Vorrang gebenden Arbeitsschutz einbezogen. Durch die entgegen den Vorschriften fehlenden Beurteilungen der psychischen Belastungen in den Unternehmen wurde auch verhindert, dass der Einfluss der Arbeitsorganisation auf die Gesundheit der Mitarbeiter besser verstanden wird.]

(Den Absatz in eckigen Klammern habe ich nachträglich eingefügt, um zu zeigen, welche Tatsachen die DAK unerwähnt lässt.)

S. 143


Erklärungen für das bei den DAK-Mitgliedern beobachtbare Krankenstandniveau sind jedoch auch auf betrieblicher Ebene zu suchen: Wenn es hier nicht zu einem Anstieg des Krankenstandes kommt, kann dies u. a. auf Aktivitäten der betrieblichen Gesundheitsförderung und die Berücksichtigung von Fragen der Mitarbeitergesundheit bei der Organisations- und Personalentwicklung in Unternehmen zurückgeführt werden.
… 

(Kursivsatz nachträglich vorgenommen)


Wird das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen auf der Ebene von Krankheitsarten betrachtet, zeigt sich im Vorjahresvergleich, dass Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen stark angestiegen sind. Daher sollten Maßnahmen der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung den Fokus u. a. auf den Abbau von psychosozialen Belastungen wie chronischer Zeitdruck, Arbeitsunterbrechungen, Überforderung etc. legen.
… 

S. 144


Auch können je nach Branche strukturelle Aspekte für die Krankheitsquote eine größere Rolle spielen. So fällt auf, dass der Krankenstand in einigen Branchen mit kleinbetrieblichen Strukturen, wie z. B. im Bereich „Rechtsberatung u. a. Unternehmensdienstleistungen“ unterdurchschnittlich ist. Für Groß- und Kleinbetriebe gleichermaßen ist das Betriebsklima, d. h. die soziale Kultur des Unternehmens, eine wichtige Einflussgröße, um den Krankenstand erfolgreich zu senken.
… 

Der mangelhafte Arbeitsschutz in den Betrieben wird inzwischen sogar von der Bundesarbeitsministerin bestätigt. Ein nachhaltig unvollständiger Arbeitsschutz ist nicht nur eine mögliche Ursachen für die Zunahme arbeitsbedingter Fehlbelastungen, sondern er verdeutlicht die unverantwortliche Einstellung der Mehrheit der Arbeitgeber zu ihren Pflichten. Sie scheuten trotz Warnungen nicht vor Rechtsbruch zurück. Viele Unternehmen brauchten mehrere Jahre, bis sie sich nach Einschreiten der Arbeitnehmervertretung mit einer vorschriftsmäßigen Umsetzung des Arbeitsschutzes befassten. Aber die DAK geht mit keinem Wort auf diese Widerwilligkeit ein. Das schadet der Glaubwürdigkeit der DAK-Gesundheitsreports 2012.
 

Siehe auch: http://blog.psybel.de/2012/02/22/dak_infarktrisiko2012/

Infarktrisiko und Gratifikationskrise

Mittwoch, 22. Februar 2012 - 06:05

http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/psychische-b-1.html

20. Februar 2012
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz erhöhen Herzinfarktrisiko
DAK-Gesundheitsreport 2012: Weitere Zunahme psychischer Erkrankungen

Für Menschen mit beruflichem Stress ist das Risiko einer koronaren Erkrankung mehr als verdoppelt. Eine Depression erhöht das Risiko eines Herzinfarktes um 60 bis 100 Prozent. Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen, die nach dem DAK-Gesundheitsreport weiter zunehmen: Im Jahr 2011 gingen 13,4 Prozent der betrieblichen Fehltage bei der DAK auf psychische Erkrankungen zurück. 2010 waren es noch 12,1 Prozent gewesen.

Eine repräsentative Umfrage der DAK bei rund 3.000 Erwerbstätigen zwischen 25 und 65 Jahren belegt die Bedeutung der beruflichen Stressbelastung. …

… Der DAK-Gesundheitsreport betont zu Recht die psychosozialen Belastungen im Betrieb und empfiehlt, Menschen in einer „Gratifikationskrise“ für betriebliche Präventionsprogramme zu gewinnen. …

Siehe auch: http://blog.psybel.de/2012/02/24/dak-gesundheitsreport-2012/

 
Schon vor 10 Jahren wurde berichtet:
Mitbestimmung bei Stress und anderen psychischen Belastungen, Der Personalrat 10/2002, S. 420-427 (http://www.btq.de/fileadmin/btq/media/Artikel/PR_02-10_420.pdf)

… Nach Untersuchungen der BAuA sind gesundheitlich besonders Beschäftigte gefährdet, die einerseits hohen psychischen Arbeitsbeanspruchungen ausgesetzt sind (durch Zeit- und Leistungsdruck), aber andererseits nur wenig anerkennende Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten erfahren. Solche Personen sind in besonderer Weise durch Erholungsunfähigkeit gezeichnet, was mit erhöhten Herz- und Kreislaufbeschwerden korreliert. …

Arbeitsbedingte Risiken für Depression

Samstag, 23. Juli 2011 - 21:02

http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/bptk-symposi-1.html

30. Juni 2011
BPtK-Symposium: Psychisch gesund bei der Arbeit
Kooperationen für Prävention, Behandlung und Rehabilitation

Arbeitsbedingte Risiken für Depression

Prof. Dr. Renate Rau, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Marburg, erläuterte den Zusammenhang zwischen Arbeitsbelastungen und dem Auftreten psychischer Erkrankungen. Zahlreiche Studien hätten bisher Zusammenhänge zwischen psychischen Arbeitsbelastungen und psychischen Erkrankungen herstellen können. Bei diesen Studien sei aber nicht auszuschließen gewesen, dass psychisch kranke Menschen stärker über Arbeitsbedingungen klagen, die aus objektiver Sicht nicht überdurchschnittlich belastend sind.

In einer eigenen Studie konnte Prof. Rau jedoch diesen Zusammenhang anhand objektiv erhobener Merkmale der Arbeit und dem Auftreten von Depression nachweisen. Personen mit der objektiv höchsten Arbeitsintensität hatten ein 4,5fach erhöhtes Risiko, an Depression zu erkranken. Eine hohe Arbeitsintensität zeigt sich vor allem durch Zeitdruck und viele Unterbrechungen der Arbeitstätigkeiten. Auch die wahrgenommene soziale Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte war bei Menschen mit Depression ungünstiger. Prof. Rau betonte die Bedeutung der Arbeitsprozesse für die Entstehung psychischer Erkrankungen und regte an, die Kenntnis von Arbeitsanalysen in der Aus- und Weiterbildung der Psychotherapeuten stärker zu berücksichtigen.

 

http://www.bptk.de/uploads/media/20110622_BPtK-Symposium_Psychisch_gesund_bei_der_Arbeit_Vortrag_Prof._Dr._Renate_Rau.pdf

Forschungsprojekt Nr. F1865 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
„Untersuchung arbeitsbedingter Ursachen für das Auftreten von depressiven Störungen“

… Analyse und Bewertung der Arbeitsbelastungen muss mit bedingungsbezogenenobjektivenund subjektivenVerfahren erfolgenTheoretische Basis:Job Demand/Control Modell (Karasek, 1979)Effort/Reward-Imbalance Modell (Siegrist, 1996)Konzept der aktiven Auseinandersetzung mit Tätigkeiten (Hacker, 1986)…

… Beispiel Objektive Arbeitsanalyse
Prinzipieller Ablauf:

  • Beobachtung der Arbeitstätigkeit vor Ort während einer Schicht
  • Ergänzung der Beobachtung durch gezieltes Nachfragen (= Beobachtungsinterview)
  • Einstufung auf verankerten Skalen
  • Erstellen des Tätigkeitsprofils
  • Ableitung von Arbeitsgestaltungsmaßnahmen unter Einbezug arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse

WICHTIG: Nicht der Arbeitnehmer wird bewertet, sondern die Tätigkeit! …

… Zumindest für den Zusammenhang von hoher Arbeitsintensität und Depression kann eineevtl. bestehende störungsimmanente Wahrnehmungsverzerrungnicht verantwortlich sein. …


Berücksichtigung von Arbeitsstress und von Auslösern für Arbeitstress in der Psychotherapie:

  • Ein Großteil der Patienten steht im Arbeitsleben.
  • Arbeitsbedingter Stress kann durch Merkmale der Arbeit, der Organisationerzeugt werden.

ergo:

  • Eine „einseitige“ Veränderung des Verhaltens des Patienten vermindert diesen Stress nicht
  • Die Veränderung des Erlebens (Wahrnehmung der Umwelt inkl. Interaktion) kann sogar kontraproduktiv sein. Problem „Schuldfrage“.

Psychische Erkrankungen inzwischen 12% aller Arbeitsunfähigkeitsfälle

Montag, 4. Juli 2011 - 07:52

http://www.bptk.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/BPtK-Studien/Arbeitsunf%C3%A4higkeit_aufgrund_psychischer_Belastungen/20110622_BPtK-Studie_Arbeitsunf%C3%A4higkeit_2010.pdf

BPtK-Studie zur Arbeitsunfähigkeit
Psychische Erkrankungen – Keine Frage des Alters

Der Trend ist ungebrochen: Deutsche Arbeitnehmer fehlen immer häufiger aufgrund von psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz. Inzwischen gehen rund zwölf Prozent aller Tage, die Arbeitnehmer krankgeschrieben sind, auf psychische Erkrankungen zurück. 2009 entfielen auf 100 Versicherte durchschnittlich 6,4 Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund psychischer Erkrankungen. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Auswertung der Gesundheitsreporte der gesetzlichen Krankenkassen durch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) für das Jahr 2010. Psychische Erkrankungen führen zu langen Krankschreibungen von drei bis sechs Wochen. Die Dauer der Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen hat sich über die Jahre kaum verändert. Der Anstieg der Arbeitsunfähigkeit (AU) durch psychische Erkrankungen geht somit im Wesentlichen auf einen Anstieg der AU-Fälle zurück. …

(Danke an Hans-Dieter Gimbel für den Hinweis. – Hervorhebung nachträglich eingefügt.)

Suche nach einem Psychotherapeuten häufig vergeblich

Montag, 27. Juni 2011 - 22:22

http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/suche-nach-e.html

… Hintergrund: Der Bedarf an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen ist in den vergangenen Jahrzehnten nachweislich gestiegen und steigt weiter. Die Menschen leiden heute weit häufiger unter psychosozialen Belastungen als früher. Psychische Krankheiten beginnen früher und verlaufen häufiger chronisch als lange Zeit angenommen. Während Arbeitnehmer immer seltener aufgrund körperlicher Erkrankungen arbeitsunfähig sind, steigt die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz. Nach der Auswertung von Daten der Krankenkassen für 2010 durch die BPtK gehen inzwischen rund zwölf Prozent aller Fehltage von Arbeitnehmern auf psychische Erkrankungen zurück. Ein ausreichendes Angebot an Psychotherapie wäre hilfreich. Psychotherapie ist als wirksame Behandlungsmethode allein oder in Kombination mit Pharmakotherapie nach evidenzbasierten Leitlinien und Patientenpräferenzen das Mittel der Wahl. …

Komplexe Abhängigkeiten machen psychisch krank

Dienstag, 30. März 2010 - 20:38

http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/komplexe-abh.html (2010-03-23):

23. März 2010
Komplexe Abhängigkeiten machen psychisch krank
BPtK-Studie zu psychischen Belastungen in der modernen Arbeitswelt

Metaanalysen belegen, dass Erwerbstätige bei der Kombination aus hohen Anforderungen (z. B. Zeitdruck, Komplexität der Aufgaben, Verantwortung) und geringem Einfluss auf den Arbeitsprozess überdurchschnittlich häufig psychische Erkrankungen entwickeln. Weitere Studien zeigen eine Häufung psychosomatischer Beschwerden, wenn ein gravierendes Ungleichgewicht zwischen Einsatz im Beruf (“Verausgabung”) und Entlohnung sowie Anerkennung (z. B. Gehalt, Wertschätzung der Person, Aufstiegschancen, Arbeitsplatzsicherheit) besteht. Neueste Studien weisen nach, dass eine hohe Arbeitsintensität (Zeitdruck, Störung des Arbeitsablaufs und wenig Möglichkeiten, Aufgaben an andere zu delegieren) das Risiko erhöht, an einer Depression zu erkranken.