Kategorie 'BMAS'

Gerd Hoofe, BMAS

Sonntag, 1. Mai 2011 - 20:25

http://www.psykl.med.tum.de/index.php?option=com_content&task=view&id=53&Itemid=37 und
http://www.bmas.de/portal/49270/2010__11__22__kongress__psych__erkrankung.html

Großes Interesse am dritten bundesweiten Kongress “Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz”

In seinem Grußwort erklärte Gerd Hoofe, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]: „Eine innovative und mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur kann nicht per Gesetz verordnet werden. Prävention ist und bleibt der beste Gesundheitsschutz und wirkt am effektivsten, wenn sie systematisch wahrgenommen wird. Deshalb unterstützt das BMAS im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit [INQA] die Entwicklung und Verbreitung von Erkenntnissen, Instrumenten und Gestaltungslösungen für gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen und liegt damit voll auf der Linie der Europäischen Kommission.“

(Abkürzungen in eckigen Klammern und Hervorhebungen nicht im Originaltext)

Gert Hoofes Partei (CDU) schreckt nicht davor zurück, bei der Verteidigung ihrer Vorstellung von christlich-abendländischer Kultur die Gesetzgebung durchaus zu bemühen. Bei Unternehmenskultur fehlt dann der Eifer. Außerdem gibt der Staatssekretär ganz unnötige Ratschläge. Es geht nicht darum, “eine innovative und mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur per Gesetz zu verordnen”, sondern es geht darum, dass sich in einem Rechtsstaat auch Unternehmen an bestehende Schutzvorschriften zu halten haben. Wenn es wirklich wollte, könnte das BMAS viel entschiedener dafür sorgen, dass die Vorschriften des Arbeitsschutzes endlich respektiert werden. Es engagiert sich ja auch tüchtig bei anderen Überwachungsaufgaben.

Die große Mehrheit der Unternehmen missachtet die Vorschriften des Arbeitsschutzes. Das ist einfach nachprüfbar. Klar kann man den Arbeitsschutz nicht verordnen, wenn sogar ein Staatssekretär den Unternehmen die Missachtung grundlegender Pflichten durchgehen lässt. Wer die Verantwortung des BMAS für die schwache Überwachung der Unternehmen durch die Gewerbeaufsicht verstehen will, sollte die Ressourcen für die politisch ausgebremsten Gewerbeaufsichtler einmal mit dem Apparat vergleichen, mit dem Sozialhilfeempfänger bis in ihr Liebesleben hinein kontrolliert werden.

Die INQA leistet hervorragende Arbeit, die aber von den Gewerbeaufsichten nicht ausreichend unterstützt werden kann. Ohne die Durchsetzung des Arbeitsschutzrechtes kann die INQA nicht viel weiterkommen. Der nachhaltige Widerstand vieler Arbeitgeber gegen den Einbezug psychisch wirksamer Belastungen in den Arbeitsschutz seit 1996 (bzw. spätestens seit den BAG-Beschlüssen im Jahr 2004) sollte auch Gerd Hoofe klargemacht haben, dass die guten Argumente der BAuA und der INQA in den Betriebsleitungen kaum jemanden interessieren.

Siehe auch: http://www.google.de/search?q=Gerd-Hoofe+psychische-belastung

 


Wenn Ihnen meine Unternehmerschelte zu pauschal ist: Ich bin dankbar für jeden Hinweis, mit dem ich meine leider immer noch recht knappe Positivliste ergänzen kann.

EIBE

Montag, 11. April 2011 - 22:11

http://www.bmas.de/portal/25022/f372__forschungsbericht.html

F 372 Forschungsbericht: Entwicklung und Integration eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (EIBE)

Stand: März 2008
Verfügbarkeit: als PDF verfügbar
Art.-Nr.: FB372

Grafik: Cover des Bericht zur Umsetzung des Projekts EIBE

Ziel: Inhaltliche Ausgestaltung des § 84 Absatz 2 SGB IX bezüglich standardisierter Kriterien eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.

Siehe auch: http://www.bmas.de/portal/2244/2007__07__02__jobbilanz__praes__eibe.html

Gefährdungen und deren Beurteilung

Mittwoch, 2. März 2011 - 11:01

In dem hier thematisierten Beschluss des BAG geht es um die Mitbestimmung zur “Gefährdungsbeurteilung im Sinne von § 5 ArbSchG und § 3 BildscharbV”.

§ 3 Beurteilung der Arbeitsbedingungen:
Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber bei Bildschirmarbeitsplätzen die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen insbesondere hinsichtlich einer möglichen Gefährdung des Sehvermögens sowie körperlicher Probleme und psychischer Belastungen zu ermitteln und zu beurteilen. 

Es geht also auch um den Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz.

[Anmerkung (2016-01-12): Inzwischen wurde das Arbeitsschutzgesetz so überarbeitet, dass eine sich aus dem Arbeitsschutz ergebende Pflicht zum Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz nicht mehr abgestritten werden kann. Im Jahr 2004 diente die BildscharbV noch einigen Betriebsräten als Hebel, da viele Arbeitgeber das Arbeitsschutzgesetz falsch "verstanden". Die Inhalte der BildscharbV wurden inzwischen in die ArbStättV übernommen.]

Sind psychische Belastungen ein Thema des Arbeitsschutzes?
Schon aus dem hier beschriebenen Beschluss des BAG wird deutlich, dass das seit 1997 geltende Arbeitsschutzgesetz die Arbeitgeber zu Einbezug psychischer Belastungen in den Arbeitsschutz verpflichtet. Und das Bundesarbeitsministerium bestätigte im Jahr 2009, dass das Thema der psychischen Belastungen unabdingbarer Bestandteil des Arbeitsschutzes ist. Damit sind psychische Belastungen eine der Gefährdungskategorien des Arbeitsschutzes. Die Arbeitgeber sind seit 1996 verpflichtet, psychische Belastungen zu beurteilen und psychische Fehlbelastungen zu mindern. Die Mehrheit der Unternehmen ignoriert diese Pflicht. Das ist möglich, weil sie nicht ernsthaft beaufsichtigt werden.

Wann tritt eine Gefährdung am Arbeitsplatz ein?
„Eine Gefährdung, die gemäß § 4 Nr. 1 ArbSchG vermieden werden soll, tritt bereits dann
ein, wenn die Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beinträchtigung
ohne bestimmte Anforderungen an deren Ausmaß oder deren Eintrittswahrscheinlichkeit
besteht.“
(Bundestagsdrucksache zur Begründung zu § 4 des ArbSchG)

Was hat das Bundesarbeitsgericht am 8.6.2004 entschieden?
Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) aus Sicht des BAG:
Am 8.6.2004 konkretisierte das Bundesarbeitsgericht die Anforderungen an die
Gefährdungsbeurteilung, wie sie im Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben ist:

  • „Das Mitbestimmungsrecht bei der Gefährdungsbeurteilung setzt nicht voraus, dass eine
    konkrete Gesundheitsgefahr bereits hinreichend bestimmbar wäre.“
  • „Zwar wird durch diese Beurteilung selbst die Arbeit noch nicht so gestaltet, dass
    Gesundheitsgefahren verhütet werden. Es werden vielmehr erste Gefährdungen
    ermittelt, denen ggf. durch entsprechende Maßahmen zu entgegnen ist.“
  • „… diese Beurteilung [ist] je nach Art der Tätigkeit vorzunehmen …“
    „Damit stellt sich bei der Gefährdungsbeurteilung zumindest die Frage, 

    • welche Tätigkeiten beurteilt werden sollen,
    • worin die mögliche Gefahr bei der Arbeit besteht,
    • woraus sie sich ergibt und
    • mit welchen Methoden und Verfahren das Vorliegen und der Grad einer solchen
      Gefährdungsbeurteilung festgestellt werden soll.“
  • Den Spruch einer Einigungsstelle rügt das BAG, weil er:
    „keine konkrete Regelung darüber [enthält], welche Arbeitsplätze auf welche möglichen
    Gefährdungsursachen hin untersucht werden sollen…“
    Es ist festzulegen
    „welche möglichen Belastungsfaktoren an welchen Arbeitsplätzen überprüft werden
    sollen“ und „an 

    • welchen Arbeitsplätzen
    • welche Gefährdungsursachen
    • anhand welcher Kriterien

    zu beurteilen sind.“

  • Der seit 1996 erweiterte Gestaltungspielraum des Arbeitgebers
    begründet das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, und zwar gerade weil es für diesen Gestaltungsspielraum keine engen Vorgaben gibt. Das Mitbestimmungsrecht muss aber auch genutzt werden:
    „Das Mitbestimmungsrecht setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv
    besteht und wegen Fehlens einer zwingenden Vorgabe betriebliche Regelungen
    verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
    zu erreichen.“
  • Der Betriebsrat hat mitzubestimmen, es besteht also eine unabdingbare Mitbestimmungspflicht!
    § 5 ArbSchG und § 3 Bildschirmarbeitsverordnung sind ausfüllungsbedürftige
    Rahmenvorschriften. Sie enthalten keine zwingenden Vorgaben, wie die
    Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ist. Vielmehr lassen sie dem Arbeitgeber
    Handlungsspielräume bei der Umsetzung. … Hierbei hat der Betriebsrat nach § 87 Abs.
    1 Nr. 7 BetrVG
    mitzubestimmen.“


  1. Jens Gäbert, Mitbestimmung im Gesundheitsschutz, 2008
  2. BAG, 2004-06-08: Entscheidungen AZ 1 ABR 4/03 und AZ 1 ABR 13/03
    Siehe auch: http://blog.psybel.de/gefaehrdungsbeurteilung-und-unterweisung/
  3. Bundestagsdrucksachen zum Vorgang Nr. 13020347 der 13. Wahlperiode,
    „Gesetz zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien“

Siehe auch: