Kategorie 'Betriebliches Gesundheitsmanagement'

Sim4BGM ohne Arbeitsschutz?

Sonntag, 6. Juli 2014 - 08:53

In http://www.smartliving.com.de/sim4bgm

BGM-Prozesse unternehmensspezifisch entwickeln und simulieren

Das Vorhaben Sim4BGM (Simulation für Betriebliches Gesundheitsmanagement)
von SmartLiving GmbH, GeoMobile GmbH und paluno – The Ruhr Institute for
Software Technology wurde auf der CeBIT 2014 von Jürgen Graalmann, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes und Ministerialdirektor Professor Dr. Wolf-Dieter Lukas vom BMBF mit dem Förderpreis AOK-Leonardo ausgezeichnet. …

Sehr geehrter Herr Lothar Schöpe, sehr geehrter Herr Dr. Matthias Book, sehr geehrter Herr Jochen Meis,

Warum bieten sie nichts zum Arbeits- und Gesundheitsschutz an, z.B. “Arbeitsschutz-Prozesse im Bereich der psychischen Belastungen unternehmensspezifisch entwickeln und simulieren”? Hier gibt es im IT-Bereich viel größere Defizite (Verstöße gegen das Arbeitsschutzgesetz) als im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Es ist ziemlich ärgerlich, wenn sich Unternehmen werbewirksam mit der Kür des freiwilligen und vorwiegend verhaltenspräventiven Betrieblichen Gesundheitsmanagements befassen ohne vorher ihre Pflichten im verhältnispräventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu erledigt zu haben.

Aus Sicht der Unfallversicherung ist eine grundlegende Voraussetzung für einen »gesunden Betrieb« ein funktionierender Arbeitsschutz, in dem die gesetzlichen Vorgaben des Arbeitsschutzes und weitere relevante öffentlich-rechtliche Verpflichtungen eingehalten werden. Bietet Sim4BGM Arbeitnehmervertretungen die Möglichkeit, vor dem Einsatz des Werkzeug zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind?

Welche Informationen stellen Sie Betriebsräten zur Verfügung, die beim Arbeits- und Gesundheitsschutz, bei der Verhaltenskontrolle mit technischen Mitteln und bei Fragen des Verhaltens und der Ordnung im Betrieb mitbestimmen? Bitte geben Sie einen Link dazu an.

Mit freundlichen Grüßen
Götz Kluge
2014-07-06

 


Subject: AW: Offener Brief zu Sim4BGM
Date: Tue, 8 Jul 2014 11:08:37 +0200

Sehr geehrter Herr Kluge,

vielen Dank für ihre Nachricht.

Nach A. Oppolzer “Gesundheitsmanagement im Betrieb” VSA Verlag Hamburg, 2010 umfasst das betriebliche Gesundheitsmanagement 3 Ebenen (Abbildung 3 auf Seite 31) und die drei Säulen “Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz”, “Betriebliche Gesundheitsförderung” und “Integriertes Management”.

Auf allen Ebenen und in allen Säulen gibt es sicher noch Handlungsbedarf, denn wie sie dargelegt haben sind längst nicht alle Probleme gelöst und der Spagat zwischen Kür und Pflicht längst noch nicht geschlossen.

In unserem aktuellen Vorhaben können wir diese Lücke leider auch nicht schließen; wir haben uns auf ein anderes Problem – der Schaffung einer generellen Akzeptanz für das Thema BGM – fokussiert. Bei Defiziten beim gesetzlich geregelten Bereich “Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz” in Betrieben ist der Gesetzgeber gefragt, damit diese Pflicht auch ordnungsgemäß erfüllt wird.

Mit freundlichen Grüßen

Lothar Schöpe

In seiner freundlichen Antwort weist Lothar Schöpe auf die Rolle des Gesetzgebers hin. Man könnte meinen, dass es die Aufgabe der Überwachungsbehörden (z.B. Gewerbeaufsicht) sei, die Pflichterfüllung der Arbeitgeber zu überwachen. Das ist aber nur Theorie. Lothar Schöpe hat also eigentlich recht, denn praktisch sind die Aufsichtsbehörden mit ihrer Aufgabe seit vielen Jahren und auch heute noch überfordert. Vor zwei Jahren machte ja sogar der Bundestag deutlich, dass 80% der Betriebe psychische Belastungen nicht ordnungsgemäß beurteilten, also ziemlich ungehemmt gegen das Arbeitsschutzgesetz und gegen die im IT-Bereich besonders wichtige Bildschirmarbeitsplatzverordung verstoßen konnten. Da muss nachgearbeitet werden.

Der kürzlich in das Arbeitsschutzgesetz eingearbeitete Einbezug der psychischen Gesundheit in das Arbeitsschutzgesetz war ja keine wirkliche Änderung, sondern nur eine Klarstellung geltenden Rechts. Da die gesetzlichen Regeln also offensichtlich nicht ausreichen, wäre die viel diskutierte “Anti-Stress Verordnung” eine Möglichkeit, das seit 1996 geltende Recht auch zu einem durchgesetzten Recht werden zu lassen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Stärkung der Betriebs- und Personalräte. Besonders wichtig ist dabei die Förderung ihrer Kompetenz - bis hin zur Fähigkeit, Arbeitsschutzmanagementsysteme auditieren zu können. Gemäß Betriebsverfassungsgesetz ist die Überwachung der Einhaltung von Schutzgesetzen nämlich auch eine Pflicht der Arbeitnehmervertretungen. Die sind oft ebenfalls überfordert. Da es in Deutschland außerdem in der Praxis immer noch möglich ist, straflos die Straftat der Behinderung der Bildung von Betriebsräten zu begehen und existierenden Betriebsräte bei ihrer Arbeit zu behindern, hat der Gesetzgeber auch hier eine bisher noch nicht erledigte Aufgabe.

Dem Sim4BGM-Projekt wünsche ich viel Erfolg. Arbeitnehmer im IT-Bereich können das gut gebrauchen. Solche Tools können die Mängel im Arbeitsschutz nicht beheben, aber Arbeitnehmervertreter, in deren Betrieben diese Tools eingesetzt werden, müssen darauf achten, dass die Voraussetzungen stimmen: ein funktionierender Arbeitsschutz, in dem die gesetzlichen Vorgaben des Arbeitsschutzes und weitere relevante öffentlich-rechtliche Verpflichtungen eingehalten werden.

DGUV: Qualitätskriterien für die Betriebliche Gesundheitsförderung

Sonntag, 6. Juli 2014 - 07:22

http://www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/fachbereiche/fb-gesundheitsdienst/documents/qualitaet_uv_traeger.pdf (April 2014)

Qualitätskriterien im Präventionsfeld
»Gesundheit im Betrieb«
Fachbereich »Gesundheit im Betrieb«
Sachgebiet »Betriebliche Gesundheitsförderung«


1. Ebene: Grundlage
Aus Sicht der Unfallversicherung ist eine grundlegende Voraussetzung für einen »gesunden Betrieb« ein funktionierender Arbeitsschutz, in dem die gesetzlichen Vorgaben des Arbeitsschutzes und weitere relevante öffentlich-rechtliche Verpflichtungeneingehalten werden.
Auf die inhaltlichen Aspekte der ersten Ebene wird in diesem Papier nicht näher eingegangen.

Werbung für Akkreditierung

Dienstag, 20. Mai 2014 - 07:42

http://de.dqs-ul.com/services/audit-campus/veranstaltungen/detail/article/corporate-health-convention-2014.html (nicht mehr aufrufbar)

Corporate Health Convention 2014

Datum: 20.05.2014
Uhrzeit: 09:00
Ort: Stuttgart

Die Corporate Health Convention, 4. Europäische Fachmesse für betriebliche Gesundheitsförderung und Demografie öffnet am 20. und 21. Mai 2014 in Stuttgart ihre Tore.

Am Gemeinschaftsstand der HAWARD-Partner informieren wir Sie über den Stand der Akkreditierung der DQS für die BGM-Norm DIN SPEC 91020, den Aufwand, Ihr BGM-System nach diesem Regelwerk zu zertifizieren, und weitere Möglichkeiten, Sie durch Audits auf dem Weg zur Zertifizierungsreife zu begleiten. Auditoren, die für die DQS tätig werden möchten, können sich über die erforderlichen Qualifikationen informieren.

Nach meiner Kenntnis ist noch gar nicht beschlossen worden, dass die “BGM-Norm DIN SPEC 91020″ (die keine Norm ist), überhaupt akkreditierungsfähig ist.

Gesundheitstraining für Azubis

Dienstag, 6. Mai 2014 - 07:25

Die Motio GmbH berät Arbeitgeber gerne über die nachhaltige Verankerung von “Gesundheitsthemen im komplexen politischen Umfeld einer Organisation”. Hilfe bietet Motio den Unternehmen auch dabei, im Arbeitschutz die Agenda zu bestimmen. Dazu gehören auch Trainings von Mitarbeitern und Azubis.

http://www.motio.de/index.php?id=79

Programme für Auszubildende 

[...] Das Motio-Azubi-Programm unterstützt die Auszubildenden, die eigenen Ressourcen zielgerichtet einzusetzen, um mit arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und privaten Risikofaktoren sinnvoll umzugehen. Der Eintritt in das Berufsleben stellt dafür einen optimalen Zeitpunkt dar, weil sich negative Verhaltensmuster noch nicht durch jahrelange Praxis automatisiert haben. [...]

Gegen arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren hat zunächst der Arbeitgeber eigene Ressourcen zielgerichtet einzusetzen. Das sollte inzwischen doch klar sein.

Hinsichtlich negativer Verhaltensmuster im Arbeits- und Gesundheitsschutz mag man vielleicht die Vergangenheit ruhen lassen wollen. Konzentrieren wir uns auf die Zukunft. Gut gemeint, aber leider geht das nicht, wenn sich die negativen Verhaltensmuster der Arbeitgeber in der Gegenwart fortsetzen, zum Beispiel der Fokus auf negative Verhaltensmuster der Arbeitnehmer.

Zum Training: Nehmen wir einmal an, dass sich ein Unternehmen aufbauend auf dem Motio-Konzept ein eigenes Pflicht-Training für Azubis entwickelt. Das Training der Azubis widmet sich zum größeren Teil den privaten Risikofaktoren und zum viel kleineren Teil den arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Bei beiden Teilen dominiert die Verhaltensprävention; der ohnehin schon magere verhältnispräventive Teil wurde noch weiter verschlankt. Gegenüber dem Betriebsrat wird dargestellt, dass das Training keine Arbeitsschutzmaßnahme sei, damit der Betriebsrat nicht nach § 89 BetrVG mitbestimmt, z.B. bei der inhaltlichen Gestaltung und Durchführung des Trainings. Als Arbeitsschutzthema bleibt nur noch “Arbeitsplatzbeurteilung” übrig. Das wird in weniger als 5% der Gesamtdauer des Trainings abgehandelt.

Zum Schluss sollen die Azubis einen Fragebogen anonym ausfüllen. Der erste Block enthält Fragen, in denen die Azubis subjektiv bewerten können, ob ihnen das Training weitergeholfen hat, Arbeitsplätze beurteilen zu können. Jedoch werden sie nicht gefragt, ob ihnen das Training weitergeholfen hat, mit privaten Risikofaktoren sinnvoll umzugehen. Das stimmt doch etwas nicht:

  • Training:
    95% Verhaltensprävention, 5% Verhältnisprävention
  • Fragen nach subjektiv eingeschätztem Lernerfolg:
    0% Verhaltensprävention, 100% Verhältnisprävention

Offensichtlich dient der Fragebogen gar nicht dazu, festzustellen, ob der Hauptgegenstand des Trainings von den Azubis verstanden wurde. Soll der Fragebogen dem Unternehmer, der das Training durchführt, eben doch der Erhöhung der Rechtssicherheit im Arbeitsschutz dienen, aber ohne lästige Mitbestimmung? Soll mit dem Fragebogen nach Umgehung der Mitbestimmung gegenüber der behördlichen Aufsicht doch vorgezeigt werden können, dass den Azubis im Arbeitsschutzgesetz gefordertes Wissen vermittelt wurde? Ohne Mitbestimmung kann es aber passieren, dass die Azubis bei der Arbeitsplatzbeurteilung vorwiegend lernen, wie sie ihren “Arbeitsplatz” selbst aufräumen sollen. In nicht mitbestimmt gestalteten Unterweisungen wird zu leicht “vergessen”, den Mitarbeitern zu vermitteln, für welche Gefährdungsminderungen der Arbeitgeber verantwortlich ist und dass auch die mentale Arbeitsbelastung zu beurteilen ist.

Die Firma Motio wird übrigens immer gerne von der SBK empfohlen. Es ist für Motio-Mitarbeiter, die zur SBK wechseln und dort Unternehmen (nicht nur Siemens) betreuen, sicherlich nicht einfach, bei der Empfehlung von Gesundheitsdienstleistern an diese Unternehmen neutral zu bleiben.

HAWARD weiß etwas über die DAkkS

Mittwoch, 23. April 2014 - 06:55

http://www.haward.de/index2.php (2014-04-15 00:55:52)

[...] Großes Interesse weckt in der Branche die DIN SPEC 91020 BGM. Ein Standard, der mit hoher Wahrscheinlichkeit noch in diesem Jahr von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditiert wird. [...]

Die DAkkS wird sich sicherlich freuen, dass HAWARD ihr die Ankündigungsarbeit abnimmt und dass man nicht nur Zertifizierer, sondern auch Standards akkreditieren kann.

Praxisleitfaden der Arbeitgeber: Psychische Belastung in der Gefährdungsbeurteilung

Freitag, 7. März 2014 - 07:56

Aktualisierung eines Beitrages vom 30. September 2013

http://www.arbeitgeber.de/www/arbeitgeber.nsf/res/BDA-Gefaehrdungsbeurteilung.pdf/$file/BDA-Gefaehrdungsbeurteilung.pdf (2013-08, 21 Seiten)

Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz
Besonderer Schwerpunkt: psychische Belastung
Ein Praxisleitfaden für Arbeitgeber
[...]

D. Gefährdungsbeurteilung und freiwillige betriebliche Gesundheitsförderung
Bei der Diskussion um psychische Belastung werden vielfach die sehr unterschiedlichen Handlungsfelder Gefährdungsbeurteilung und betriebliche Gesundheitsförderung vermischt. Während es sich bei der Gefährdungsbeurteilung um eine gesetzliche Aufgabe nach dem ArbSchG handelt, sind Aktivitäten in der Gesundheitsförderung ein freiwilliges Angebot des Arbeitgebers. Eine Trennung beider Bereiche im Unternehmen ist daher sinnvoll. [...]


E. Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung
Gesundheit ist nicht teilbar, körperliche und seelische Gesundheit hängen zusammen und bedingen einander. Deshalb gibt es keine Pflicht zu einer gesonderten Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, wie sie gelegentlich in Unternehmen gefordert wird. Vielmehr gilt, dass der Arbeitgeber im Rahmen der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung auch zu prüfen hat, ob eine Gefährdung durch psychische Belastung besteht.
        Zur Klarstellung dieses bereits heute geltenden Grundsatzes soll das ArbSchG in § 5 Abs. 3 Nr. 6 künftig ausdrücklich um den Gefährdungsfaktor „psychische Belastungen bei der Arbeit“ ergänzt werden. Der Bundestag hat den entsprechenden Gesetzentwurf am 27. Juni 2013 verabschiedet. Das nicht zustimmungspflichtige Gesetz wird voraussichtlich Ende September 2013 den Bundesrat passieren.
        Durch die Formulierung „bei der Arbeit“ wird – so die Begründung des Gesetzentwurfs – deutlich gemacht, dass die Klarstellung nicht bezweckt, den Gesundheitszustand der Beschäftigten generell im Hinblick auf alle Lebensumstände zu verbessern. Die Schutzmaßnahmen betreffen ausschließlich Gefährdungen für die physische oder die psychische Gesundheit der Beschäftigten durch die Arbeit. Andere Beeinträchtigungen liegen außerhalb des Schutzzwecks des ArbSchG und können daher nur Gegenstand freiwilliger Maßnahmen des Arbeitgebers sein. [...]

H. Mitbestimmung
Existiert im Unternehmen ein Betriebsrat, steht ihm bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zu. [...]

“Deshalb gibt es keine Pflicht zu einer gesonderten Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, wie sie gelegentlich in Unternehmen gefordert wird. Vielmehr gilt, dass der Arbeitgeber im Rahmen der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung auch zu prüfen hat, ob eine Gefährdung durch psychische Belastung besteht.” Was bedeutet das?

Richtig ist, dass psychische Belastungen eine Belastungsart unter vielen anderen Belastungen sind, die die Gesundheit beeinträchtigen könnten. Allerdings werden mit den anstehenden Änderungen im Arbeitsschutzgesetz physische und psychische Belastungen nun getrennt benannt. Und wenn im Arbeitsschutzsystem eines Betriebes Gefährdungsbereiche explizit benannt werden, dann wäre es etwas erstaunlich, wenn der Bereich der psychischen Belastungen fehlt.

  • Richtig ist auch, dass es keine Pflicht zu einer gesonderten Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung gibt.
  • Aber es gibt keinen Grund, psychische Belastungen gegenüber anderen Belastungen gesondert zu vernachlässigen.

Die BDA verschweigt in ihrem ansonsten sehr gut gemachten Leitfaden den Grund für die “gelegentlichen” Forderungen in den Unternehmen: In Betrieben, in denen es einerseits Gefährdungsbeurteilungen für verschiedene Gefährdungskategorien gibt, aber andererseits die Gefährdungskategorie der psychischen Belastungen fehlt, fordern Betriebsräte konsequenterweise, dass es für psychische Belastungen genau so eine gesonderte Beurteilung gibt, wie für die anderen Belastungskategorien. Gerade wenn ein Betrieb einen guten Arbeitsschutz mit verschiedenen Prozessen für die verschiedenen körperlichen Belastungen hat, fällt nämlich gemessen an den eigenen Maßstäben des Arbeitgebers ein Fehlen der Kategorie ausgerechnet der psychischen Belastungen besonders auf, und zwar mindestens als Ordnungswidrigkeit.

Es gab leider Gewerbeaufsichten und Zertifizierungsunternehmen, die das Fehlen eines Prozesses für die Beurteilung psychischer Belastungen neben den vorhandenen anderen Prozessen wiederholt übersahen und Betrieben trotz dieses auffälligen Mangels sogar noch gute Bewertungen gaben. Sie ließen damit besonders in Betrieben mit vielen Bildschirmarbeitsplätzen eine klare Ordnungswidrigkeit zu. Diesen Systemfehler im Aufsichtswesen gibt es seit vielen Jahren. Das ging so weit, dass Arbeitnehmer, die auf diesen Missstand hinwiesen, unter den Augen der Gewerbeaufsicht und der Zertifizierer Nachteile erleiden konnten. Solch eine Aufsicht schützte die Arbeitgeber und nicht die Arbeitnehmer. Und wo jetzt der Mangel auf Betreiben vor allem der Arbeitnehmervertretung behoben wird, interessieren sich die Gewerbeaufsicht und die Zertifizierer nicht dafür, ob der Mangel in der Vergangenheit Mitarbeitern Schaden zugefügt hat. Diese Auditoren müssten dann ja selbst Fehler in der Vergangenheit zugeben.

 
Bedeutung der Arbeitnehmerertretungen

Mit Blick auf die Geschichte der Positionen der BDA ist der Praxisleitfaden der BDA und ihres Instituts (ifaa) aber nun ein deutlicher Fortschritt. Betriebs- und Personalräte sollten sich diesen hilfreichen Leitfaden genau ansehen. Hier verdient die Arbeitgebervereinigung ein Kompliment. Der Abschnitt H zur Mitbestimmung wird Arbeitnehmervertreter besonders interessieren. Er zeigt deutlich, wie wichtig ein Betriebsrat bzw. ein Personalrat ist.

Was machen Arbeitnehmer, wenn es keinen Betriebs- oder Personalrat gibt? Mitbestimmung im Arbeitsschutz kann sogar ein Grund für Betriebsratsgründungen sein. Psychische Fehlbelastungen waren beispielsweise beim Apple Store in München der Auslöser für die Einrichtung eines Betriebsrates im bis dahin in Deutschland “betriebsratsfreien” Konzern.

Das Arbeitsschutzgesetz gibt übrigens von § 15 bis § 17 allen “Beschäftigten” Rechte und Pflichten. Diese Rechte und Pflichten bestehen auch ohne dass ein Betriebsrat existiert, sind aber ohne Betriebsrat in der Praxis natürlich schwerer umzusetzen. Das gilt auch für den § 3:

[Der Arbeitgeber hat] Vorkehrungen zu treffen, daß die Maßnahmen erforderlichenfalls bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden und die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen können.

Ohne einen Betriebs- oder Personalrat kann schon die Feststellung der Erforderlichkeit zu einem Problem für die Arbeitnehmer werden.

 
Gesundheitsförderung als freiwillige Leistungen des Arbeitgebers

Zum Schluss muss noch ein Irrtum korrigiert werden, der sowohl Arbeitgebern wie auch Arbeitnehmervertretern immer wieder gerne unterläuft (Tabelle auf S. 7):

Betriebliche Gesundheitsförderung [...] ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers und daher nicht mitbestimmungspflichtig.

Das ist falsch.

Richtig und logisch zwingend ist nur, dass ein Betriebsrat freiwillige Maßnahmen nicht erzwingen kann, sonst wären sie ja nicht freiwillig. Werden sie jedoch in den Bereichen umgesetzt, die insbesondere in den §§ 87 und 89 BetrVG definiert sind, dann gelten die Mitbestimmungsrechte und Mitbestimmungspflichten des Betriebsrates. Der Betriebsrat kann sich z.B. mit Wohltaten wie Fitness-Trainings oder Psycho-Workshops befassen, wenn sie z.B. als Maßnahmen des Arbeitsschutzes dargestellt werden und/oder wenn damit auch die körperliche oder mentale Leistungsfähigkeit von einzelnen Mitarbeitern erfasst werden soll. Und wo die betriebliche Gesundheitsförderung Schnittmengen mit dem Arbeitsschutz hat, muss der Betriebsrat ebenfalls nach § 89 BetrVG mitbestimmen.

Freiwillige Leistungen, die den Arbeits- und Gesundheitsschutz betreffen, sind zwar nicht erzwingbar, aber trotz Freiwilligkeit mitbestimmungspflichtig. Das gilt für alle Maßnahmen, die der Arbeitgeber der behördlichen Aufsicht als Beitrag zum Arbeits- und Gesundheitsschutz darstellt.

Wer meint, dass die freiwillige Teilahme an einem Spiel berechtigt, die Spielregeln missachten zu können, ist noch nicht so richtig erwachsen.

Gesundheitsförderung bei VW in Kassel

Donnerstag, 6. Februar 2014 - 07:15

http://www.focus.de/regional/hessen/gesundheit-von-steh-sitz-arbeitsplatz-bis-rundum-check-gesundheit-bei-vw_id_3593472.html

[...] Doch was sagt der bei Europas größtem Autobauer traditionell einflussreiche Betriebsrat zu den Angeboten? „Wir sind der Treiber für eine betriebliche Gesundheitsförderung“, betont Betriebsratsmitglied Thomas Frye. „Die Menschen nehmen das an.“ Denn solche Untersuchungen machten dem Arbeitgeber deutlich, dass die Belastung gestiegen sei. „Die Frage ist, was wir mit den Ergebnissen machen. Das ist die Herausforderung der nächsten Monate und Jahre.“ [...]

In vielen Fällen sind die Arbeitnehmervertreter tatsächlich die Treiber.

 

[...] Das BGM ist freiwillig, es gibt keine gesetzliche Grundlage. Doch es gebe Berührungspunkte mit dem Arbeitsschutz bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen, betont Walle. Erst 2013 sei das Thema psychische Belastung im Arbeitsschutzgesetz an eine prominente Stelle gehoben worden. Seitdem seien Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitsbedingungen auch daraufhin zu beurteilen. [...]

Gute Darstellung des Verhältnisses von Arbeitsschutz und BGM (Betriebliches Gesundheitsmanagement). Aber die Darstellung, dass die Arbeitgeber erst seit 2013 zur Beurteilung psychischer Belastungen verpflichtet sind, ist schlicht falsch: Sowohl der Gesetzgeber wie auch die BDA (Arbeitgebervereinigung) haben genügend deutlich gemacht, dass die Hinzunahme psychischer Belastungen im Arbeitsschutzgesetz nur eine Klarstellung bereits geltenden Rechts ist. Die Erweiterung des Arbeitsschutzgesetzes kann daher nicht als Ausrede für Versäumnisse in der Vergangenheit mißbraucht werden.

 

[...] Eine reelle psychische Gefährdungsbeurteilung werde allerdings noch Jahre dauern, betont VW-Werkarzt Nöring. Es gebe noch keine Normwerte, zudem sei beispielsweise nicht objektiv zu ermitteln, wann eine Erschöpfung eintrete und welche Folgen diese habe. „Das ist pures Empfinden.“ [...]

Auch das ist so nicht richtig. Es gibt seit vielen Jahren Testverfahren, die ihrerseits auch wissenschaftlich getestet wurden. Außerdem: Gerade wenn Normen fehlen, entsteht ein Gestaltungsspielraum, in dem der Mensch situationsgerecht entscheidet, was eine Fehlbelastung ist und was nicht. Dafür entstand das Arbeitsschutzgesetz im Jahr 1996 als Rahmengesetz. Innerhalb dieser Vorschrift müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam betriebsgerechte Lösungen erarbeiten, und zwar auch für den Umgang mit psychischen Belastungen seit 1996 (höchstrichterlich bestätigt im Jahr 2004), nicht erst seit 2013. Genau dafür ist die Mitbestimmung der Arbeitnehmer als Pflicht vorgeschrieben. Das Fehlen gesetzlicher Regeln und das Fehlen von Normen ist in der Rechtsprechung sogar ein wesentlicher Bestandteil der Begründung der Mitbestimmungspflicht der Arbeitnehmervertretungen: Wo im Arbeitsschutz Regeln gestaltbar sind, hat der Arbeitgeber sie zu gestalten und dabei die Mitbestimmung zu respektieren.

BGM und BGF

Donnerstag, 16. Januar 2014 - 07:22

Haufe erklärt kurz das “Betriebliche Gesundheitsmanagement” (BGM) und die “Betriebliche Gesundheitsförderung” (BGF). Dabei wird Bezug zum Arbeitsschutzgesetz genommen ()http://www.haufe.de/personal/personal-office-premium/betriebliches-gesundheitsmanagement-zusammenfassung_idesk_PI10413_LI1604823.html

[...] Auch wenn BGM keine direkte gesetzliche Verpflichtung für den Arbeitgeber ist, bilden das Arbeitsschutzgesetz sowie die einschlägigen Rechtsverordnungen, wie z. B. Arbeitsstättenverordnung, Bildschirmarbeitsverordnung oder Gefahrstoffverordnung eine wichtige rechtliche Orientierung. [...]

Das Arbeitsschutzgesetz hilft also beim BGM: BGM kann den Arbeitsschutzes teilweise oder ganz enthalten, muss aber nicht. Weil im Arbeitsschutz eine starke Mitbestimmungspflicht besteht, muss ein Arbeitgeber klar machen, welche Maßnahmen zum Arbeitsschutz beitragen können und welche nicht. Er darf die Möglichkeiten, die eine unklare Abgrenzung hier bietet, nicht dazu benutzen, die Arbeitnehmervertretung zu hintergehen: Werden Maßnahmen als BGM-Maßnahmen durchgeführt, dann aber Auditoren und Zertifizierern ohne Zustimmung des Betriebsrates als Arbeitsschutzmaßnahme verkauft, dann kann das eine vorsätzliche Irreführung der Arbeitnehmervertreter und der Aufsicht sein. Eine gute Arbeitnehmervertretung lässt solche Tricks nicht zu.

Siehe auch: http://blog.psybel.de/instrumentalisierung-der-dakks-fuers-zertifizierungsgeschaft/

Goinger Kreis verwendet das Wort “Arbeitsschutz” anscheinend nicht so gerne

Mittwoch, 15. Januar 2014 - 23:15

http://www.goinger-kreis.de/50-0-Gesunde+Unternehmen.html

Wir stehen für [...] ein Verständnis von Gesundheitsmanagement im breiteren Sinne: die Prävention von Unfällen und arbeitsbedingter Krankheit müssen [sic!] über die gesetzlichen Vorschriften und arbeitsmedizinischen Vorschriften hinausreichen. Vielmehr sind wir überzeugt, dass Unternehmen auch präventiv-medizinische Handlungsfelder der Gesundheitsförderung identifizieren und sich selbst zu Aktivitäten für Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz verpflichten müssen. [...]

Sachte sachte. Bevor über den Arbeitsschutz hinausgereicht wird, sollte man erst einmal die Anforderungen des Arbeitsschutzes erfüllen. Wo finde ich im Webauftritt des Goinger-Kreises etwas dazu?

[...] Wir brauchen [...] mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung durch das Top Management, um die Relevanz des Themas im mittleren Management und bei den Mitarbeitern zu verdeutlichen. [...]

Die Initiative für gesunde Arbeit geht erfahrungsgemäß eher von den Betriebsräten aus, als vom Top-Management. Wenn das Top-Management nun diejenigen von gesunder Arbeit überzeugen will, die das Thema zuerst auf den Tisch gebracht haben, dann nennt man das wohl “Chuzpe”.

Soweit zur Personaler-Vereinigung “Goinger Kreis”. Und nun wieder (wie in letzter Zeit so oft, wenn ich Äußerungen von Arbeitgeberorganisationen kritisiere) der Hinweis auf einen guten Beitrag der Arbeitgeber: Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz - Besonderer Schwerpunkt: psychische Belastung - Ein Praxisleitfaden für Arbeitgeber. Die BDA hat hier gute Arbeit geleistet.

“Unterfangen, das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz möglichst weit aus den Betrieben herauszuhalten”

Freitag, 10. Januar 2014 - 22:34

Ein großes Problem für die Unternehmen: Sie haben zwar inzwischen begriffen, dass psychische Fehlbelastungen ihrem Geschäft schaden, aber manche Unternehmer stört die Möglichkeit der Arbeitnehmer, über die starke Mitbestimmung im Arbeitsschutz den Führungsstil im Unternehmen wirksam beeinflussen zu können. So kann es dann zum Beispiel bei der Umstellung von Regelwerken für den Arbeitsschutz und bei der Einführung von Formularen zur Gefährdungsbeurteilung zu strafbaren Handlungen kommen, wie z.B. die Behinderung der Mitbestimmung. Das wird wohl einer der wichtigsten Gründe des Widerstandes mancher Arbeitgeber gegen die Thematisierung der psychischen Belastung in den Betrieben sein.

http://www.aerztezeitung.de/news/article/852903/kommentar-dihk-umfrage-gesundheit-bleibt-chefsache.html (2014-01-09)

Kommentar zur DIHK-Umfrage
Gesundheit bleibt Chefsache

Bei der Gesundheitsförderung in Unternehmen hat sich “einiges getan”, lobt der Wirtschaftsverband DIHK. Doch es wachsen Zweifel, wenn es gerade in kleinen Betrieben vor allem vom Chef abhängt, ob Gesundheitsvorsorge angeboten wird.

Von Florian Staeck

Ein Lob vorab: Dass der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) den Stand der Gesundheitsförderung in 1500 Unternehmen ermittelt hat, ist zu begrüßen. Die Umfrage bietet eine Datengrundlage, auf der aufgebaut werden kann.

Freilich nutzen Verbände dieses Instrument auch immer, um pro domo Politik zu machen. Das ist beim DIHK nicht anders. Sein Motto lautet: Das vorhandene Engagement der Betriebe ist beeindruckend, weitere gesetzliche Regelungen schaden nur. Dies zeigt sich besonders deutlich in dem Unterfangen, das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz möglichst weit aus den Betrieben herauszuhalten.

[...]

Der DIHK hat seiner Umfrage die Überschrift “An Apple a Day….” gegeben – wenn das denn mal so einfach wäre mit der Gesundheit im Betrieb.

(Die Kursivschrift und den Fettdruck habe ich nachträglich in den Kommentar eingearbeitet.)

Der Kommentar wurde von einem Durchblicker geschrieben. Davon müsste es mehr geben.

 
http://www.dihk.de/presse/meldungen/2014-01-08-unternehmensbaromter-gesundheitsfoerderung

[...] Verstärkt auf der politischen Agenda stehe das Thema psychische Gesundheit, berichtete der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer [Achim Dercks] weiter. Die Zahl entsprechender Diagnosen und Krankschreibungen steige; mit Blick auf die vielfältigen Einflussfaktoren sei es jedoch “verfehlt, das Arbeitsumfeld für diese Entwicklungen allein verantwortlich zu machen”. [...]

Der Trick, den Dercks hier versucht, wird langsam langweilig. Die Herumweinerei der Arbeitgeber, dass das Arbeitsumfeld “allein” für psychische Erkrankungen verantwortlich gemacht werde, ist unredlich. Dercks weiß natürlich, dass das nicht der Hauptvorwurf an die Arbeitgeber ist. Mit seiner Klage lenkt er nur vom eigentlichen Vergehen der Mehrheit der Arbeitgeber ab: 80% dieser Unternehmer wollen die psychischen Belastungen an den Arbeitsplätzen ihrer Betriebe nicht einmal beurteilen.

Das ist das “Unterfangen, das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz möglichst weit aus den Betrieben herauszuhalten”. Etwa 80% der Arbeitgeber sehen unter den Augen der Gewerbeaufsicht in gesetzeswidriger Weise weg, sind aber sind dreist genug, trotzdem Aussagen zu psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu machen. Dabei nutzen sie die Überforderung der Auditoren der Gewerbeaufsicht und der Zertifizierungsunternehmen. In einigen Ländern stehen die Aufsichtspersonen der unteren Behörden unter großem Druck unternehmerfreundlicher Ministerien, so dass zur Überforderung der Aufsichtspersonen (durch einen wohl nicht mehr ganz versehentlichen Ressourcenmangel) noch Angst dazu kommt.

Es ist doch klar, dass zum Rechtsbruch bereite Arbeitgeber sich vor strengeren Vorschriften fürchten. Es ist erwiesen, dass im Arbeitsschutz der Zwang, Vorschriften zu beachten, der stärkste Motivator ist. Das Gerede der Wirtschaftsverbände, die Unternehmen seien selbst an gesunden Mitarbeitern interessiert, dient vorwiegend dazu, strengere und deutlichere Vorschriften zu vermeiden. Die Arbeitgeber wehren sich gegen eine Dokumentation, die ihr Haftungsrisiko erhöht. Die Ärztezeitung erkennt:

[...] Nichts fürchten die Wirtschaftsverbände mehr als die von den Gewerkschaften geforderte “Anti-Stress-Regelung” – direkte Interventionen in die Betriebe via Gesundheitsförderung wären dem DIHK ein Gräuel. [...]

Das stimmt übrigens nicht ganz. Bei der “Anti-Stress-Verordnung” geht es um die Durchsetzung des vorgeschriebenen Arbeitsschutzes, nicht aber um die freiwillige Gesundheitsförderung. Direkte Interventionen in die Betriebe via Arbeitsschutz wären dem DIHK ein Gräuel.

Die Unternehmen gehen über den Arbeitsschutz hinaus. Leider ging dabei eine große Mehrheit der Arbeitgeber gleich über wichtige Teile des Arbeitsschutzes hinweg.

Die Unternehmer stellen sich neue Hausaufgaben im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung und des betrieblichen Gesundheitsmanagements, weil sie die ihnen vorgeschriebenen Aufgaben nicht mögen. In der 12 seitigen Schrift des DIHK wird darum auch wieder dieser Trick probiert: Gleich drei mal geht man dort sinngemäß “über den gesetzlichen Arbeitsschutz hinaus”. Die Unternehmen gehen aber nicht nur über den Arbeitsschutz hinaus, sondern die große Mehrheit der Arbeitgeber durfte unter den geschlossenen Augen der Gewerbeaufsicht über wichtige Teile des Arbeitsschutzes hinweg gehen, weil sie das Thema psychische Belastung am Arbeitsplatz möglichst weit aus dem Arbeitsschutz heraushalten wollten. Gehalt und Arbeitszeit sind unangenehm gut mess- und verhandelbar, da blieb den Unternehmen nur noch übrig, mit einer höheren Arbeitsbelastung mehr aus den Leuten herauszuholen. Das ist ein angenehm komplexes Gebiet. Genaueres Hinsehen im Arbeitsschutz stört hier nur.

Die Klientel des DIHK hat in einem freien Land zwar das Recht, Gesetze für schlecht zu halten, aber es muss den von ihr vertretenen Unternehmern wieder abgewöhnt werden, für sich aus ihrer Meinung heraus einfach das Recht abzuleiten, sich über demokratisch beschlossene Gesetze und Vorschriften zu stellen.

 
Ein Lob zum Schluss: Es gibt Unternehmer und Arbeitgeberverbände, die den Arbeitsschutz auch im Bereich der psychischen Belastungen respektieren. Die BDA hat dazu sogar einen sehr guten Praxisleitfaden herausgegeben. Achim Dercks hätte sich den gründlich durchlesen sollen.