Kategorie 'Dr. Nagel & Partner'

Pflicht schon im Jahr 2006 bekannt: Bewertung psychischer Fehlbelastungen

Dienstag, 5. Juni 2012 - 07:54

Natürlich gab es diese Pflicht schon früher. Aber als ich diese Veröffentlich einer Berufsgenossenschaft las, musste ich wieder an die “Unwissenheit und Hilflosigkeit” denken, die unsere Arbeitsministerin den deutschen Unternehmen zubilligte. Das ist einfach nicht glaubhaft.

BGFE und TBBG (seit 2010 in der BG ETEM), Ulla Nagel: Psychische Belastungen am Arbeitsplatz, 2006-06-13, also schon vor der heutigen Ausgabe 2011.

In beiden (2006 und 2011) Ausgaben steht:


Nach dem Arbeitsschutzgesetz (§§ 2,3) und dem Sozialgesetzbuch Sieben (SGB VII, §§ 1, 14, 21) sind Arbeitgeber und Berufsgenossenschaften verpflichtet, nicht nur Unfälle und Berufskrankheiten, sondern auch »arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren« zu verhüten. Dazu zählen psychische Belastungen, soweit sie gefährdend sind. Somit ist die Bewertung psychischer Fehlbelastungen in die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung mit eingeschlossen (§ 5 Arbeitsschutzgesetz). 

Über Pflichten klärt auch die EU-Rahmen-Richtlinie 89/391/EWG zur »…Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes …« Art. 6 Abs. 1 und 2 (1989) auf.

(Das hatten wir doch schon einmal: http://blog.psybel.de/2011/03/24/bg-etem/. So richtig ernsthaft geprüft wurde von der Berufsgenossenschaft aber wohl schon seit 2006 und auch davor nicht.)


Wie gehen Sie bei der Gefährdungsbeurteilung vor?

  1. Bilden Sie ein Team für die Analyse und Lösung der Probleme:
    Zum Team gehören: Arbeitgeber, Führungskräfte, Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft, Sicherheitsbeauftragter,Vertreter der Mitarbeiter. Die Kollegen vor Ort sind Experten für die Bewertung ihrer Tätigkeiten!
  2. Ermitteln Sie den Handlungsbedarf
    Wie grenzen Sie die Problembereiche sinnvoll ein? Werten Sie betriebliche Kennzahlen aus:
    Überdurchschnittlich hoher oder niedriger (!) Krankenstand/Fluktuation, Fehlleistungen, Nacharbeit, Qualitätsmängel, Terminüberziehung, Überstunden, Reklamationen, Unfälle/Beinaheunfälle, gesundheitliche Klagen
  3. Erstellen Sie die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG
    Nutzen Sie dazu hier den psy.Risk®-10-Faktorentest in dieser Broschüre. Leiten Sie Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ab. Mitarbeiter der Präventionsabteilung der BG helfen gern dabei!
  4. Setzen Sie die Maßnahmen um und prüfen Sie die Wirkung.

(Auch das war schon im Jahr 2006 bekannt. Von wegen “unwissend und hilflos“, Frau Dr. von der Leyen.)


Andere Belastungsquellen wirken aus der Freizeit in die Arbeit hinein: aus dem Privatleben (Familie, Freunde), aus nebenberuflicher Betätigung (z.B. Verein) sowie aus den Problemen von Nachbarschaft, Kommune und Gesellschaft (siehe Außenkreis des Modells). Arbeits- und Freizeitbelastungen lassen sich in ihren Wirkungen heute noch nicht völlig trennen. Studien belegen aber, dass die Arbeitsbelastungen das Privatleben nachhaltiger stören als umgekehrt!

(Der letzte Absatz ist auf S. 9/20 in der 2006er Ausgabe und S. 7/20 in der aktuellen Ausgabe.)

Siehe auch: http://blog.psybel.de/analysieren-sie-ihren-arbeitsplatz-selbst/

Suche im Webauftritt der BG ETEM: http://www.bgetem.de/search?SearchableText=psychische+belastungen
 


2015: Psychische Faktoren am Arbeitsplatz, https://www.bgetem.de/medien-service/medienankuendigungen/broschuere-psychische-belastungen-am-arbeitsplatz
 

BG ETEM

Donnerstag, 24. März 2011 - 01:28

Berufsgenossenschaft Energie-Elektro-Textil (2011): Psychische Belastungen am Arbeitsplatz

Inhalt:

Wandel der Anforderungen in der Arbeitswelt
Neue Arbeitsbelastung -> ihre Folgen
Belastungen und Beanspruchungen
Neues Feld für den Arbeitsschutz
Für Eilige: Kurzcheck »Risiken«
Beurteilung psychischer Gefährdungen
  1. Unternehmensleitung
  2. Organisationskultur
  3. Führungsstil
  4. Teamklima
  5. Mitarbeiterförderung
  6. Betriebsorganisation
  7. Arbeitsprozesse
  8. Arbeitstätigkeit
  9. Ausführungsbedingungen
  10. Rahmenbedingungen

S. 5:

Nach dem Arbeitsschutzgesetz (§§ 2,3) und dem Sozialgesetzbuch Teil VII (SGB VII, §§ 1, 14, 21) sind Arbeitgeber und Berufsgenossenschaften verpflichtet, nicht nur Unfälle und Berufskrankheiten, sondern auch »arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren« zu verhüten. Dazu zählen psychische Belastungen, soweit sie gefährdend sind. Somit ist die Bewertung psychischer Fehlbelastungen in die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung mit eingeschlossen (§ 5 Arbeitsschutzgesetz).

Über Pflichten klärt auch die EU-Rahmen-Richtlinie 89/391/EWG zur »…Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes …« Art. 6 Abs. 1 und 2 (1989) auf.

Die DIN EN ISO 9241 und 10075 sowie die Bildschirmarbeitsverordnung geben gesetzliche Anhaltspunkte zur Gestaltung der Tätigkeit.

S. 2

Zwölf Merkmale der neuen Arbeitswelt:

  1. Lebenslanges Lernen
  2. Computer und Internet sind Entlastung, aber auch Fessel
  3. »Patchwork-Lebensläufe« lösen die planvolle Karriere ab
  4. Erwerbs- und Nichterwerbsphasen in Biografien lösen sich ab
  5. Kosten zu sparen ist überlebenswichtig
  6. Normalarbeitsverhältnisse lösen sich auf
  7. Unternehmen sind rund um die Uhr einsatzbereit
  8. Dank Internet: Firmen expandieren weltweit
  9. Wir sind unbegrenzt mobil: Zerfall der Familie
  10. Frauen wollen Karriere ➔ Familien sind höher belastet
  11. Beziehungsmanagement wird zum A und O
  12. Es fehlt an Fachleuten trotz hoher Erwerbslosigkeit

S. 3

Auch Unternehmer sind gefährdet: Physisch und psychisch!

S. 6, “Beobachtungen bei einzelnen Personen”: Das sollte von externen Stellen bearbeitet werden oder externen Beratern, die das Vertrauen vonArbeitgebern und Arbeitnehmern genießen. Die Gefährdungsbeurteilung gilt ja Arbeitsplätzen, nicht individuellen Mitarbeitern. Die individuelle Befindlichkeit von Mitarbeitern kann allerdings schon Rückschlüsse auf Eigenschaften der Arbeitsplätze der Mitarbeiter aussagen.

In der Präsentation gibt es auch einige hilfreiche Checklisten.