Gewerbeaufsicht ist ein Steinbruch

Sonntag, 28. Juli 2013 - 13:55

http://www.aerzteblatt.de/archiv/142796/Interview-mit-Dr-med-Wolfgang-Panter-Praesident-des-Verbandes-Deutscher-Betriebs-und-Werksaerzte-(VDBW)-Entscheidend-ist-das-Fuehrungsverhalten-Fuehren-durch-Vorbild

POLITIK: Das Interview
Interview mit Dr. med. Wolfgang Panter, Präsident des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW): „Entscheidend ist das Führungsverhalten – Führen durch Vorbild“
PP 12, Ausgabe Juli 2013, Seite 300
Bühring, Petra; Osterloh, Falk

[...] Die bisherigen Regelungen fordern bereits eine Gefährdungsbeurteilung sowohl im körperlichen wie im seelischen Bereich, auch wenn Ersteres bisher sehr stark im Vordergrund steht. Wir müssen die Arbeitsabläufe stärker analysieren und schauen, welche Stressfaktoren es in welchen Situationen gibt.

Wir haben aber grundsätzlich weniger ein Regelungs- als ein Umsetzungsproblem. Der Deutsche Beamtenbund hat die Gewerbeaufsicht vor kurzem als Steinbruch bezeichnet, von dem nicht mehr viel übrig ist. Die Gewerbeaufsicht ist aber für die Überwachung der Einhaltung der Regelungen in den Betrieben zuständig. Die Länder haben die Strukturen und Ressourcen vor Ort jedoch so reduziert, dass die Gewerbeaufsicht gar nicht mehr in der Lage ist, die bereits bestehenden Regeln zu kontrollieren. [...]

 
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a11/anhoerungen/2013/134_Sitzung_psych_Belastung/Stellungnahmen_17_11_1152.pdf

DEUTSCHER BUNDESTAG
Ausschuss für
Arbeit und Soziales
17. Wahlperiode
Ausschussdrucksache 17(11)1152
08. Mai 2013

[...] Der dbb hat sich intensiv mit den psychischen Belastungen in der Arbeitswelt befasst und sich in einem Leitantrag dafür ausgesprochen, dass den psychischen Belastungen in der Arbeitswelt und deren Folgen entgegengewirkt werden muss. Dabei steht im Fokus des dbb die Schaffung einer abgestimmten und schlüssigen Rechtslage, deren Umsetzung durch die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder und die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im bewährten dualen System begleitet und überwacht wird.

In Anbetracht des gravierenden Stellenabbaus der letzten Jahre sowohl in der Arbeitsschutzverwaltung als auch bei den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, erlaubt es die gegenwärtige Personalsituation jedoch nicht, dass die mit dem Arbeitsschutz betrauten Kolleginnen und Kollegen diesen Ansprüchen gerecht werden können. Seit 2003 sind dem Bericht Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2011 zufolge bundesweit mehr als 25 Prozent der Zahl der Gewerbeaufsichtsbeamten abgebaut worden (2003: ca. 4.100 Gewerbeaufsichtsbeamte/2011: ca. 3.050). Daneben wurde der Bestand der Gewerbeärzte in den Arbeitsschutzverwaltungen um mehr als 30 Prozent abgebaut (2003: ca. 150/2011: 90). In einigen Ländern geht der massive Personalabbau sogar noch weiter, und es wird Personal beispielsweise zum Verbraucherschutz versetzt. Zusätzlich gibt es seit Jahren die Tendenz, den Arbeitsschutzverwaltungen fachfremde Aufgaben zu übertragen, so dass die zur Verfügung stehende Zeit für die eigentlichen Aufgaben immer weiter schrumpft. Dies spiegelt sich in einer seit Jahren sinkenden Zahl an vorgenommenen Betriebsbesichtigungen wider. So wurden 2010 von der Gewerbeaufsicht der Länder nur 4,9 Prozent der Betriebe besichtigt, während es 2005 noch 6,4 Prozent waren. Die gewerblichen Berufsgenossenschaften erreichten mit 8,2 Prozent zwar eine höhere Besichtigungsquote, haben ihre Kontrollen gegenüber 2005 (11,31 Prozent) aber ebenfalls reduziert. Diese Zahlen verdeutlichen, dass viele Bundesländer den Staatlichen Arbeitsschutz vernachlässigen und die Arbeitsschutzverwaltungen als ,,Steinbruch” für Personalabbau sehen.

Dieser Entwicklung ist dringend Einhalt zu gebieten. Damit die Aufsichtspersonen ihrer gesellschaftlich wichtigen Aufgabe auch nachkommen können, muss der Arbeitsschutz ausgebaut und mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden. Die von allen drei Oppositionsfraktionen erhobene Forderung nach einer Aufstockung des Personals bei den Arbeitsschutzverwaltungen der Länder und bei den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung wird daher vom dbb vollumfänglich unterstützt. Sie ist die unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die in allen Anträgen – auch dem der Regierungskoalition – formulierten Ziele und Vorhaben zur rechtlichen Regelung des Schutzes der psychischen Gesundheit der Beschäftigten auch tatsächlich greifen. Damit würde Deutschland auch seiner Verpflichtung aus der 1950 in Kraft getretenen ILO-Konvention Nr. 81 nachkommen, die sich mit dem Thema Arbeitsaufsicht in Gewerbe und Handel befasst und in Artikel 10 festschreibt, dass die Zahl der Aufsichtsbeamten ausreichen muss, um die wirksame Ausführung der Aufgaben der Arbeitsaufsicht zu gewährleisten. Zutreffend wird in den vorliegenden Anträgen erkannt, dass neben den erforderlichen Neueinstellungen die bereits im Arbeits- und Gesundheitsschutz tätigen Kollegen und Kolleginnen zur besseren Beurteilung von psychischen Gefährdungen entsprechend weitergebildet werden müssen. [...]

 
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a11/anhoerungen/2013/134_Sitzung_psych_Belastung/Wortpro_134_Sitzung.pdf

Deutscher Bundestag
17. Wahlperiode
752 – 2401
Protokoll 17/134
Öffentliche Anhörung
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Wortprotokoll
134. Sitzung

[...] Sachverständiger Niesen (Deutscher Beamtenbund und Tarifunion): [...] Zu den Gewerbeaufsichtsbeamten: Hier stellt sich sicherlich für die Zukunft zu diesem Thema die Frage, ob auch sehr breit Schulungsmaßnahmen vorgenommen werden müssen. Aber eines müsste vor allem gestoppt werden, das ist der Abbau von Stellen. Zur Erklärung: Die Gewerbeaufsichtsverwaltung wird in vielen Ländern als Steinbruch benutzt. In den letzten zehn Jahren allein sind über 25 Prozent der Gewerbeaufsichtsbeamten abgebaut worden. Das ist einfach ein Unding.

Also bei allem Respekt vor dem, was Sie heute hier machen wollen, auch noch fraktionsübergreifend, das ist alles zu begrüßen. Aber ich frage mich, wer soll das draußen noch machen? Da müssten Sie ebenfalls noch den Ländern einiges an Vorgaben machen, dass dort quasi nicht jeder machen kann, was er gerade will. Es müsste auch ein klares Wort zu den Organisationsformen der Gewerbeaufsichtsverwaltung zum Ausdruck gebracht werden. Nämlich das, was seit der teuflischen Reform – so nenne ich das jetzt mal – in Baden-Württemberg mit der Gewerbeaufsichtsverwaltung passiert ist. Das ist für mich schlicht und ergreifend ein Skandal. [...]


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