Das ifaa begrüßt den Koalitionsvertrag

Montag, 16. Dezember 2013 - 22:06

http://www.presseportal.de/pm/82380/2619581/ifaa-kommentiert-koalitionsvertrag-zum-thema-ganzheitlicher-arbeitsschutz/rss:

Das ifaa begrüßt Vorhaben, Arbeitsschutz zum Thema “psychische Belastung und Arbeit” wissenschaftlich zu untermauern [...]

Dem arbeitgebernahen ifaa scheint die in den letzten Jahrzehnten schon aufgebaute wissenschaftliche Untermauerung des Arbeitsschutzes nicht in den Kram zu passen.

[...] Gleichzeitig ist die alleinige Nennung der Arbeitsplatzbedingungen als Grund für die drastische Zunahme von psychischen Erkrankungen nicht richtig”, so Sandrock weiter [...]

Das meint Stephan Sandrock. Er bezieht sich auf den folgenden Absatz im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD:

[...] Der Schutz der Beschäftigten vor Gefahren am Arbeitsplatz und die Stärkung der Gesundheit bei der Arbeit ist ein wichtiges Gebot sozialer Verantwortung. Ein deutlicher Hinweis auf die Herausforderungen, die eine sich wandelnde Arbeitswelt für den deutschen Arbeitsschutz bedeutet, ist die drastische Zunahme psychischer Erkrankungen. Unser Leitbild ist ein ganzheitlicher, physische und psychische Belastungen umfassender Gesundheitsschutz bei der Arbeit. [...]

(Link nicht im Originaltext)

Zurück zum ifaa:

[...] Aktuelle Erkenntnisse zeigen, dass psychische Belastung durch mehrere Faktoren entsteht. Dazu können auch unter Umständen die Arbeitsbedingungen gehören. “Die Gründe sind aber meist vielschichtiger. Zwei der möglichen Faktoren sind z.B. die persönliche und genetische Disposition oder besonders belastende Lebensereignisse,” [...]

Diese richtigen Erkenntnisse gibt es wohl schon seit mehreren Jahrzehnten. Aber “die persönliche und genetische Disposition” sind keine Faktoren für Belastungen, sondern für die Reaktion auf Belastungen, also für Beanspruchungen. Belastungen gehen im Arbeitsschutz von Arbeitsplätzen (einschließlich derer mobilen Erweiterungen) aus, die weder persönliche noch genetische Dispositionen haben. Das ifaa begeht hier einen Kategorienfehler.

Natürlich gibt es “unter Umständen” auch außerhalb der Arbeitswelt psychische Fehlbelastungen. Aber es verlangt ja niemand von den Arbeitgebern, sich auch noch darum zu kümmern. Solange sie aber mehrheitlich nicht einmal in ihrem eigenen Verantwortungsbereich die Arbeitsschutzvorschriften im Bereich der mentalen Arbeitsbelastung beachten, sollten die Arbeitgeber (und deren Institute) sich mit Äußerungen zur “persönlichen und genetischen Dispositionen” der Beschäftigten und zu deren Freizeitverhalten erst einmal geflissentlich zurückhalten.

Sandrock weiter:

[...] “Jeder Betrieb hat unterschiedliche Rahmenbedingungen und Bedürfnisse”, erläutert Sandrock. “Eine gesetzliche Vorschrift, wie sie der Koalitionsvertrag andeutet, ist nicht für alle durchführbar und notwendig. Zur Erhaltung der Gesundheit gehört außerdem auch der eigenverantwortliche Umgang der Beschäftigten mit ihrer Freizeit.” [...]

Die unterschiedliche Rahmenbedingungen und Bedürfnisse jedes Betriebes sind genau der Grund für eine starke Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der betriebsnahen Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes. Hier könnte “eine gesetzliche Vorschrift” die Verantwortung der Betriebsräte und Personalräte bei der Erfüllung ihrer Mitbestimmungspflicht noch weiter stärken - ohne Vorschriften zu machen, die der Unterschiedlichkeit der Betriebe nicht gerecht werden.

Zur Problemlösung verweist die Meldung des ifaa anschließend nur auf das Gesundheitsmanagement und die Gesundheitsförderung. Zur psychischen Belastungen als Thema des Arbeitsschutzes sagt das ifaa wieder einmal nichts. Daran sieht man, wie einseitig dieses Institut der Arbeitgeber arbeitet.

Dass Arbeitgeber auch vernünftigere Stellungnahmen zum Thema der psychischen Belastungen im Arbeitsschutz geben können, zeigte vor noch nicht zu langer Zeit die Bundesvereinigung der Arbeitgeber: Die Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz — Besonderer Schwerpunkt: psychische Belastung — Ein Praxisleitfaden für Arbeitgeber


Kommentare sind geschlossen.