Politik im Bertrieb

Donnerstag, 7. November 2013 - 06:10

Arbeitgeber achten sehr darauf, dass es keine parteipolitische Betätigung im Betrieb gibt. Das ist legitim und vermeidet politische Konflikte am Arbeitsplatz, die ja auch eine psychische Fehlbelastung sein können.

http://dejure.org/gesetze/BetrVG/74.html

[...] Arbeitgeber und Betriebsrat haben Betätigungen zu unterlassen, durch die der Arbeitsablauf oder der Frieden des Betriebs beeinträchtigt werden. Sie haben jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen; die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer, sozialpolitischer, umweltpolitischer und wirtschaftlicher Art, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen, wird hierdurch nicht berührt. [...]

http://www.bavc.de/bavc/web/web.nsf/id/li_prat7embku.html (Die Chemie-Arbeitgeber, 2013-07-30):

“Kein Wahlkampf in den Betrieben

Die nächsten Tage und Wochen bis zu den Bundestagswahlen dürften Zeiten permanenten Wahlkampfs werden. Dabei ist leider nicht auszuschließen, dass manche Politiker versuchen werden, auch die Betriebe in die parteipolitische Auseinandersetzung hineinzuziehen und als Wahlkampfforum zu benutzen. Hiergegen sollten und können sich die Betriebe im Interesse ihrer Leistungsfähigkeit, zur Wahrung des Betriebsfriedens und zum Schutz der freien Willensbildung ihrer Mitarbeiter mit einer Reihe rechtlicher Mittel wenden. Für den Vorgesetzten soll die Rechtslage kurz skizziert werden.

[...]

Was ist Parteipolitik?

“Parteipolitisch” sind nicht nur direkte Betätigungen für oder gegen politische Parteien, sondern auch das Eintreten für oder gegen politische Gruppierungen und Richtungen. [...] Scheinbar parteiübergreifende Themen, wie z. B. die Friedenspolitik können gleichwohl eine parteipolitische Betätigung darstellen. Zwar besteht über die Wahrung und Sicherung des Friedens als Ziel zwischen den demokratischenParteien Einigkeit, nicht aber über den Weg, wie dieses Ziel am besten zu verwirklichen ist. [...]“

Jetzt gibt es Arbeitgeber, die gegen ihre eigenen Prinzipien verstoßen. Die Bundestagswahlen sind vorbei, aber was bedeutet es, wenn Unternehmen den mit Bürgerentscheiden verbundenen Wahlkampf in die Betriebe tragen? Konkret: Es geht um das Bürgerbegehren zu einer Bewerbung bayerischer Gemeinden (darunter München) für die Winterspiele im Jahr 2022. Öffentliche und privatwirtschaftliche Arbeitgeber belästigen ihre Mitarbeiter jetzt mit Werbung am Arbeitsplatz. Diese Werbung ist parteipolitisch, denn die hier involvierten Arbeitgeber unterstützen nur eine der beiden Richtungen, um die es in diesem Kampf um die Stimmen der Bürger geht. Und selbst in der S-Bahn muss man sich diese Propaganda vor und nach der Arbeit noch anhören.

Wir leben jetzt in einem Staat, in dem Briefwahlunterlagen zu einem Bürgerentscheid nur die Werbung einer der beiden Richtungen enthält, zwischen denen sich die Wähler in den betroffenen Gemeinden entscheiden können. Die Kritiker olympischer Spiele in Bayern im Jahr 2022 können diese amtliche “Dienstleistung” nicht in Anspruch nehmen. Hier wird eine wichtige Voraussetzung für Bürgerentscheide beschädigt: Pluralismus mit fairen Bedingungen für beide Richtungen.

 
Die Forschungsstelle Direkte Demokratie in Marburg sollte sich mal genauer ansehen, was bei diesem Bürgerbegehren passiert ist.


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